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Einsame Wege.
#1
Die Augen, die dem Menschen-Händler gen der dunklen Stadt folgten, waren voller Gleichgültigkeit, der Jagdtrieb darin erloschen. Kyorlin lockerte die angespannte Haltung, in der er auf dem Ast des Baumes kauerte, ließ sich rittlings darauf nieder, ungeachtet einiger herbstlicher Blätter, die bei der Bewegung den Weg zu Boden suchten. Kurz blickte er ihnen nach, den Kreisen, die sie zogen. "Vergänglich... xas, das ist diese Welt. Wie viele Jahrhunderte musst du erst zählen, um dies zu begreifen, lotha'wiu?" - ein strafender Unterton klang in der leisen, rauhen Stimme mit, die diese Worte in den Herbstwind flüsterte. Der Angesprochene kein anderer, als er selbst.
Und es hatte eine lange Zeit gebraucht, bis auch ein Kyorlin del Barra'Kal'Dakan begriffen hatte, dass die Wölfe weiter gezogen, es kein Zurück in ein Leben gab, welches verstrichen war. Wie ein Meißel hatte die Information die Sturheit des Dunklen durchbrechen müssen - es nicht zu wissen, sondern zu verstehen. Und damit seinen Frieden zu schließen. Der Ring am Finger, in dessen Innenseite die Wolfsrune schimmerte, der Dolch mit Rune und Stein des Rudels... Es waren keine Zeichen der Zugehörigkeit mehr, nun gar noch Zeichen der Erinnerung. Er konnte sich an ihnen klammern, doch zurückholen, das konnte er sie nie. So sehr er suchte, wünschte, betete.
Von der Kälte klamme Finger streiften den Handschuh fort, nachdenklich besah er sich die größeren und kleineren Narben. Zeichen, die der ewige Kampf auf ihm hinterlassen hatte. Schmerzen, an die die Erinnerung längst verblasst war. Doch kein Schmerz, kein Dolch, kein Gift, keine Magie war schlimmer als die Gewissheit, dass sie Recht gehabt hatten - alle jene, die ihm von dieser Suche abgeraten hatten. Die Wölfe waren fort. Ihr Herz hier schlug nicht mehr. Und das seine ward müd. Die Suche war beendet - die Jagd gescheitert. Zurück blieb Leere, die sich wie Säure durchs Hirn fraß. Vergessen ließ, wen er kannte. Erinnerungen verblassten. Wer ihm noch wichtig war, zerfiel vor dem inneren Auge zu Staub, ward namenlos, verschwand.
Ein Wolf ohne sein Rudel war doch nichts als ein Streuner. Dobluth. Er kannte diesen Namen. Er selbst hatte ihn getragen, einst.
Er zog den Handschuh wieder an und löste nachdenklich den Dolch aus der Scheide. Strähne für Strähne fiel das rotschwarze Haar herab. Der Dolch wanderte zurück an seinen Platz. Der Menschen-Händler war mittlerweile am Tor der Stadt angekommen, zwei Wächter hatten ihn umringt. Gelangweilt wandte Kyorlin den Blick ab. Sollten sich andere darum kümmern.
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