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Torn
#1
//ooc:
hier nochmal die Geschichte von meinem frühern Char 'Torn';
Torn und Norix haben zwar einen ähnlichen Charakter und ein paar gemeinsame Eckpunte in ihren Geschichten, sind aber zwei komplett unabhänige Personen. Mehr über Norix könnt ihr nur in einem direkten Gespräch mit ihm erfahren.

also dann: viel Spaß beim lesen (Vorsicht: über 10 000 Wörter)


Schnee begann zu fallen.
Im eisigen Bergwind begannen die Flocken einen seltsamen Tanz aufzuführen. Noch waren es einige wenige, die sich anscheinend fast schwerelos vom Wind treiben ließen. Sie gingen auf die Geröllbrocken nieder, um sich kurz danach wieder vom Wind aufnehmen zu lassen und ihren Geistertanz weiterzuführen. Hier in dieser unwirtlichen Gegend, voller Steine und Geröll ohne jegliche Deckung, wirkten die Schneeflocken fast aggressiv; als wollten sie allem was sie trafen etwas Böses. Durch den stärker werdenden Wind brannten sie ein wenig auf der Haut, wenn sie auftrafen. Torn zog seinen schweren Pelzmantel fester um seine Schultern und kniff die Augen zusammen. Gleichzeitig zog er etwas stärker an den Zügeln seines Pferdes, welches leicht nervös geworden war. Er drehte sich zu seinem Pferd um und streichelte ihm leicht über die Nüstern. Er versuchte es durch beruhigende Worte zu besänftigen. Sein Tier hieß Akrat und war ein schwarzer, zwar etwas kleinwüchsiger aber ausdauernder und kräftiger Hengst. Akrat trug den Rest Torns bescheidener Habe. Viel war es nicht, was Torn von seinem alten Leben in Rekkis mitgenommen hatte, als er in größter Eile aus der Stadt vor dem wütenden Mob und dem sicheren Tod floh.Der Schneefall wurde immer heftiger. Torn fluchte in sich hinein, denn es würde sich sputen müssen noch rechtzeitig über den Pass zu kommen. Zumindest war er nicht alleine unterwegs. Er fand immer wieder Spuren, dass zumindest ein Ochsengespann vor ihm war. Aufgrund von Ochsendung den er gefunden hatte, vermutete er, dass das Gespann ihm höchstens zwei Stunden voraus war. Er würde sie also gegen Tagesmitte eingeholt haben. Torn marschierte weiter und mit dem heraufziehenden Schneesturm verdüsterten sich auch seine Gedanken und gingen zurück in die Zeit und an den Ort an dem sich sein Schicksal entschied.


Der Winter in Rekkis neigte sich dem Ende zu. Der Schnee zog sich immer weiter ins Gebirge hinauf und in den Tälern Blühten die ersten Blumen und Bäume. Dem gesamten Land ging es einigermaßen gut, es lag eine sanfte Briese des Wohlstandes in der Luft. Der Winter war mild gewesen und es waren genug Vorräte übergeblieben. Der König, ein alter aber ehrbarer Herrscher, der noch an Werte wie Ehre und Gerechtigkeit glaubte, hatte das Land, durch seine geschickte Politik zu einem der Wohlhabensten des Ostens gemacht. Auch die Erbfolge war gesichert. Des Königs ältester Sohn, Tanis, war bereits Landesherr der größten Provinz des Landes, Goudlande. Tanis hatte auch noch einen jüngeren Bruder, Samel, welcher als Stadthalter der Hauptstadt von Rekkis eingesetzt war. Ta’Rekkis lag im Herzen des Landes und gehörte auch zur Provinz Goudlande. Der König selbst regierte das Land von Hohenherz aus. Die gewaltige Festungsanlage nur zwei Tagesritte entfernt von Ta’Rekkis.
Auch Torn war in Ta’Rekkis stationiert gewesen. Er führte ein ehrbares Leben als einer der 5 Stadtkommandanten. Der Ostbezirk war sein Gebiet. Drei der andern Kommandanten waren für die übrigen Nord-, West-, und Südbezirke zuständig; und dann gab es noch den Kommandant der Palastwache, welcher auch gleichzeitig der Sicherheitsberater des Stadthalters, also des Prinzen Samel, war.
Zu Torns und seiner Leute Aufgaben gehörte das Einheben des Zolls an dem Östlichen Stadttor, Kontrolle der Sperrstunden in den Wirts- und Schankhäusern, das Eintreiben überfälliger Steuern, der ewige Kampf gegen Verbrechen doch auch die Verteilung von Gaben an die Ärmsten seines Viertels. Auch kümmerte er sich um die Sicherheit der Freudenmädchen – sie kamen zu ihm wenn sie von ihren Freiern genötigt und geschlagen worden waren. Dies gehörte zwar nicht zu seinen offiziellen Befehlen, doch Torn wusste um das harte Leben auf der Straße und sein Erfolg die Kriminalität niedrig zu halten bestätigte die Richtigkeit seines Handelns.
Torn hatte sein Viertel gut im Griff obwohl hier alle Bevölkerungsschichten vertreten waren. Bürgerliche, Händler, Handwerker, ein paar Bauern die unmittelbar vor der Stadt das Land bestellten und natürlich Jene, die nicht soviel Glück im Leben hatten wie gemeine Arbeiter, Bettler und Huren.
Nur Adelige ließen sich nicht im Ostviertel blicken. Die blieben alle im Norden der Stadt in ihrem Bezirk und frönten den Vorzügen des Reichtums. Sie hatten auch das Privileg das frische Wasser aus dem Fluss zu schöpfen, der von Norden in die Stadt floss, unterhalb des Palastes sich nach Südosten wandt, um die Stadt in eben dieser Richtung wieder zu verlassen. Natürlich hatten sie auch das Privileg ihren Unrat und Fäkalien in den Selbigen zu leiten. Sodass nur mehr die Gerber im westlichen Bezirk und die Mühlen im Süden das Wasser nutzen konnten.
Torn war zufrieden mit seinem Leben und fühlte sich sicher. Doch es sollte sein letzter Winter in Ta’Rekkis gewesen sein.


Torn schrak aus seinen Gedanken auf. Akrat war plötzlich nervös geworden und seine Ohren waren in ständiger Bewegung. Torn hielt an und lauschte in den Sturm hinein. Erst vernahm er nichts doch dann konnte er merkwürdige Gerausche hören, die so gar nicht hier in diese unwirtliche und stille Gegend passten. Erst konnte er nichts genaues wahrnehmen, doch dann begann er immer lauter und lauter das Quietschen und Rattern eines Fuhrwerks zu vernehmen. Hatte er das Ochsengespann schon eingeholt? Es war vielleicht eine Stunde vor Mittag und er hatte sich nicht mit besonderer Eile durchs Geröll gekämpft. Außerdem wurde das Geräusch immer lauter, obwohl er sich nicht bewegte. Das Ochsengespann kam also zurück, aber aus welchem Grund? Torn befürchtete, dass der Weg zum Pass versperrt sein konnte. Es wäre das Ende dieser Reise; nein - dieser Flucht.
Torn zog ein wenig fester an den Zügeln Akrats, der sich plötzlich nur mehr widerwillig vorwärts bewegte. Er stierte in den Nebel und das Schneetreiben - Akrats Nevösität hatte nun auch von ihm Besitz ergriffen. Plötzlich lichtete sich der Vorhang aus Neben und Schneeflocken gab preis, was Akrat so beunruhigte - Torn erstarrte.
Der Ork, welcher vor einem hohen Kastenwagen, gezogen von zwei schweren Ochsen, ging, war nur etwas größer als Torn und wirkte auch etwas schwerer und stärker. Noch nie hatte Torn eine solches Wesen gesehen; davon gehört – ja: in Legenden und Märchen. Torn konnte daher eigentlich nur vermuten, dass es sich um eine Ork oder ein ähnliches Wesen handelte. Diese schwere Gestallt die immer näher auf ihn zustampfte war in dicke Lumpen gehüllt, nur der Kopf war frei. Ein breiter Schädel saß auf den beiden mächtigen Schultern. Die Haut war ein helles Gemisch aus braun und grün, der breite Mund, die platte große Nase und die kleinen funkelnden Augen ließen Torn bei dem ersten Anblick schaudern. Ein hässlicheres Wesen hatte er noch nie gesehen – es musste sich also um einen Ork handeln – zumindest den Erzählungen nach.
Torn zerrte Akrat an den Wegrand um dem Gespann Platz zu machen. Eigentlich war er neugierig zu erfahren warum es zurückkam. Doch anstatt den Ork anzusprechen sah er nur still zu wie der Ork an ihm vorüber ging und ihn mit einem finsteren Blick musterte. Als der Wagen bereits einige Meter weiter gefahren war wurde Akrat ruhiger und auch Torn entspannte sich ein wenig. Erst jetzt war ihm bewusst, dass seine Hand während der ganzen Begegnung um den Schwertknauf geklammert war. Er führte Akrat weiter – er würde wohl selbst herausfinden müssen, was den Ork zum Umkehren bewogen hatte.
Endlich zur Mittagszeit schritt er über den Silberzackenpass. Hier hörten Torns Kenntnisse über das Land auf. Er war nun seit drei Wochen ununterbrochen gegen Südwesten gereist. Ständig mit dem Ziel, über den Pass des Silberzackengebirges zu gehen, sich in der nächsten Hafenstadt auf ein Schiff zu setzen und so weit gen Westen zu fahren wie es nur möglich war.
Etwas riss Torn plötzlich aus seinen Überlegungen. Blut. Das Rot war im Schnee und dem Grau der Felsen deutlich zu erkennen. Er hastete zu der Stelle und fand einen dünnen, ausgemergelten und leblosen Körper. Solche armen Gestalten hatte er schon zuvor genügend gesehen.

In jenem Frühling entschied sich der König an die südöstliche Grenze zu begeben und der Bedrohung durch die Wüstenstämme entgegenzutreten. Auch Prinz Tanis begleitete ihn und Samel nahm seine Stelle als Landsherr während dessen ein.
Nun war das Erste was Samel in seiner neu erworbenen Funktion befahl, war die Steuern zu erhöhen. Er gab bekannt, dass er das eingenommene Geld und die Güter dafür benötigte die Armee des Königs zu versorgen, und er somit im direkten Sinne seines Vaters handelte. Die Stadt musste den Gürtel immer enger schnallen und die Bürger mussten immer härter arbeiten, denn die Steuern wurden im Monatstakt nach oben gesetzt.
Zwar stand ein ertragreicher Sommer vor der Türe, doch da das Volk wusste, dass vieles ihrer Arbeit an den Herrscher fallen würde, war es demotiviert und Missmutig. Auch Torn bekam das zu spüren. Immer öfter musste er überfällige Steuern eintreiben und wurde oft persönlich mit dem keimenden Hass auf Samel konfrontiert. Besonders schlimm traf es die Ärmsten. Gelder für deren grundlegende Versorgung war gestrichen worden. Immer mehr hungernde Gestalten taumelten durch die Straßen auf der Suche nach Essbaren.
An einem regnerischen Sommertag wurde trafen sich alle Kommandanten zur Besprechung – wie jede Woche. Samel gab erneut bekannt, dass er die Abgaben der Stadtbewohner erhöhen müsse – mit der Begründung, dass die königlichen Mienen immer weniger Erz förderten und er deswegen mehr Arbeiter einstellen - und mehr Werkzeuge schmieden lassen müsste. Torn und Barim, der Kommandant des Südbezirks, begehrten dagegen auf und gerieten in einen scharfen Wortwechsel mit Samel bis die Sitzung durch das Erscheinen eines Hofbediensteten unterbrochen wurde. Dieser und Samel wechselten kurz ein paar flüsternde Worte und der Bedienstete entfernte sich wieder. Samel würgte jeden weiteren Versuch die Diskussion wieder aufzunehmen, seitens der beiden Kommandanten ab. Nach einigen Momenten belanglosen Gesprächs kam ein weiterer Bediensteter in den Raum und beschied Torn ihm zu folgen. Er führte den Kommandanten in die Schreibstube wo Torn einen Bericht seines Stellvertreters noch einmal unterzeichnen musste, da ein Schreiber angeblich versehentlich Tinte über seine alte Unterschrift geleert hatte. Als er wieder zurückkam war die Sitzung bereits beendet und außer ihm und Barim niemand mehr anwesend. Auf die Frage, was Barim hier noch suchte, bekam Torn zu hören, dass man auch Barim aus dem Saal geholt hatte da sein eigenwilliges Pferd sich losgerissen hatte und für Auffuhr in den Stallungen gesorgt hatte.
Beide waren sich einig, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, da sie als sie Opposition gegen den Stadthalter ergriffen, von der Versammlung entfernt wurden. Torn machte sich ernsthaft Sorgen um Barim. Dieser hatte als Kommandant über seinen kleinen Bezirk den Großteil des Armenviertels zu verwalten und saß somit auf einem unberechenbaren Vulkan.


Torn beugte sich über den, halb vom Schnee zugewehten Körper. Als er mit seinen Fingern den Hals dieser armen Kreatur abtasten wollte, schob er dessen die Kapuze beiseite und erschrak. Es handelte sich um eine Frau; aber nicht um einen Menschen. So spitzen Ohren hatte kein Mensch – hatte er tatsächlich eine Elfe gefunden? Doch Elfen waren den Märchen nach helle, leuchtende Gestalten. Doch die Haut dieses Wesens war von auffällig dunkler, grauer Farbe. Er fühlte noch einmal an ihre Hals und spürte, dass noch ein wenig Leben in dem reglosen Körper pochte. Er seufzte in sich hinein. Sich nun um eine halbtote Vielleichtelfe zu kümmern passte so gar nicht in seinen Plan. Orke und Elfen – Torn fühlte sich plötzlich wirklich mehr und mehr wie ein Fremder und hatte eine dunkle Vorahnung, dass er auf seiner Reise noch mehr Ungewöhnliches und Neuartiges stoßen würde.
Natürlich konnte er dieses Wesen hier nicht einfach krepieren lassen. Er hob den erstaunlich leichten Körper hoch, wuchtete ihn auf Akrats Rücken und bedeckte ihn notdürftig mit ein paar Leinenfetzen. So zogen sie nun zu dritt weiter den Gebirgspass hinunter.
Nach einigen stillen Stunden monotonen Trotts in Richtung Süden begann das wenige Sonnenlicht immer schwächer zu werden und eine kalte Nacht kündigte sich an. Torn hatte bereits die Baumgrenze unterschritten und suchte einen Unterschlupf im dichten Geäst hoher Nadelsträucher. Nachdem er eine windgeschützte, auf natürliche Weise gewachsene Höhle gefunden hatte, versorgte er Akrat und begann sogleich Holz für ein Feuer zu sammeln. Er nahm seinen kleinen zerbeulten Kochtopf und schmolz darin über der immer heller lodernden Flamme Schnee. Als das Wasser kochte, warf Torn zerriebene Ingwawurzeln dazu. Von dem so erhaltenen würzigen, scharfen aber ungemein belebenden Getränk erhoffte er sich, dass es die Lebensgeister seines unfreiwilligen Begleiters wecken würde.
Torn flößte dem Wesen, von dem er immer noch nicht genau wusste, was es eigentlich war, ein wenig des Gebräus ein, indem er einfach mit einer Hand den Kiefer auseinanderdrückte und mit der anderen den Schöpflöffel führte. Er wollte gerade den nächsten Löffel füllen als seine Patientin zu husten begann – anscheinend tat der Tee bereits seine Wirkung. Zuerst wollte sie sich gegen das Trinken wehren, doch sie war zu schwach um wirklich Widerstand zu leisten und als Torn ihr erneut den Löffel an die Lippen setzte begann sie erst zögerlich doch dann immer gieriger zu trinken. Und so führte Torn einen Löffel nach dem anderen bis sein Kessel leer war. Als er den letzten Löffel von ihren Lippen nahm öffnete sie kurz die Augen. Torn hatte noch nie so tiefblaue Augen gesehen.
Kurz darauf war sie wieder eingeschlafen. Sie atmete regelmäßig und Torn lauschte dem Geräusch während er ein karges Mahl aus getrocknetem Fleisch und Hartbrot hinunterwürgte. Danach fiel auch er in einen unruhigen Schlaf – die sonderbaren Ereignisse dieses Tages streiften durch seine Träume.

Ein Monat war seit jenem Vorfall im Stadtpalast vergangen. Für Torn begann das Leben unangenehm zu werden. Da er ja den Herrscher in seinem Viertel repräsentierte, wurde er mit Beschwerden und Beschimpfungen belagert. Er hatte immer mehr Mühe seinen Status als Respektsperson auf friedliche Art aufrecht zu halten. Auch musste er immer öfter losziehen um ausgebliebene Steuern einzutreiben.
Eines Abends war er in einer Schenke gewesen um zwei Streithähne davon abzuhalten sich die Kehlen durchzuschneiden und Recht zu sprechen. Nachdem er dies erledigt hatte, blieb er ein wenig und lauschte beifällig an einem Gespräch von Mienenarbeitern. Es wurde über die schlimmen Arbeitsbedingungen geklagt und die Verantwortlichen gelästert. Es widersprach dem, was ihm der Stadtherr, Samel, damals gesagt hatte – nämlich dass er durch die Erhöhung der Steuern die Minenarbeiter unterstützen wolle. Torn beschloss in das Gespräch einzusteigen, um Details zu erfahren. Zwar gaben die Bergleute ihre Informationen ihm gegenüber nicht leichtfertig heraus und er musste sich auch ein paar provozierende Bemerkungen gefallen lassen, doch was er am Ende herausgefunden hatte, machte ihm noch mehr Sorgen. Die Lage der Minenarbeiter lag im argen Gegensatz zu dem was Samel eigentlich vorgegeben hatte zu verhindern. Die Männer mussten länger arbeiten, oder der Lohn wurde gekürzt, verletzte oder verunfallte Arbeiter wurden kaum ersetzt und das meiste Werkzeug war alt und stumpf.
Auch als Torn einmal seine Rüstung zum flicken zum Schmied brachte, erführ er auch erschreckende Tatsachen. Der Schmied jammerte zwar über die viele Arbeit, doch Werkzeug schmiedete er keines mehr – sogar die letzte vom Hof bestellte Lieferung an Hämmern und Brecheisen war nicht abgeholt, geschweige denn bezahlt worden.. Der Schmied stand von Früh bis Spät zwischen der Esse und dem Ambos und fertigte Waffen. Darauf, warum Samel die Waffen bestellt hatte, konnte sich auch Torn keinen Reim machen – für den Krieg an der Wüstengrenze waren sie sicher nicht gedacht, denn der König hatte Feldschmiede vor Ort stationiert und auch eigene Händler für Rohstoffe.
Torn bereitete diese Entwicklung immer mehr Unbehagen, doch er konnte sich an niemanden seiner Kollegen wenden, außer Barim, der ähnliche Erfahrungen gemacht hatte. Die anderen Kommandanten wichen ihm aus und auch bei den Sitzungen wurden er und Barim außer Acht gelassen – es wurden aber auch nur Belanglosigkeiten besprochen. Doch Torn konnte sich gut ausmalen, dass die restliche Führung der Stadt etwas im Schilde führte.


Als Torn erwachte, war bereits am Horizont ein schwacher Lichtstreif zu erkennen. Die Sonne würde erst in einer Stunde aufgehen. Auch die Elfe war erwacht, kurz nur öffnete sie die Augen. Torn begann wieder das Feuer zu entzünden und den Ingwatee zu kochen. Diesmal reichte er der Elfe einen Becher den sie selbst zu halten sie bereits im Stande war. Wieder trank sie gierig Becher für Becher, auch Torn genehmigte sich ein paar Schlucke. Er stellte den Topf sogar ein zweites Mal auf das Feuer und füllte das Gebräu für die Mittagszeit in seinen Trinkschlauch.
Als er schließlich Akrat für die Weiterreise vorbereitete, viel ihm auf, dass sein Dolch fehlte. Für Torn bestand kein Zweifel, dass ihn die Elfe genommen hatte. Sie musste in der nach an die Satteltasche gekommen sein. Torn überlegte nur kurz. Er hatte zwei Möglichkeiten: die Elfe zu stellen und ihr den Dolch notfalls gewaltsam abzunehmen oder es dabei zu belassen und zu sehen, wohin das führen würde. Er entschied sich für letzteres, denn wenn seine Gefährtin an den Dolch gekommen war, wäre es ihr auch ein leichtes gewesen ihn im Schlaf zu töten. Doch er lebte noch, allerdings beobachtete er die Elfe von nun an auf Schritt und Tritt.
Er verteilte das Gepäck so, dass jemand noch auf Akrat reiten konnte. Sichtlich gestärkt konnte die Elfe sogar alleine aufstehen und ein wenig hin und her laufen. Auch ihre Hautfarbe hatte sich ein wenig verändert, doch anstatt einen hellen Hautton anzunehmen, wie es Torn erwartet hätte, wurde sie noch dunkler und kräftiger. Torns Trank schien an diesem Wesen ein Wunder vollbracht zu haben – anscheinend konnte der Körper dieser Elfe die geheimen Kräfte der Natur besonders gut aufnehmen. Als Torn fertig war mit seinen Vorbereitungen, hieß er sie in knappen Worten aufs Pferd zu steigen. Er reichte ihr die Hand als Hilfe, doch sie ignorierte diese und zog sich selbst hoch – mit einiger Anstrengung zwar – aber sie schaffte es auf Anhieb aufzusteigen.
Alsbald ging Torn voran und Akrat folgte ihm – wortlos im ruhigen Trott immer den Berg hinab Richtung Süden.

ENDE
Now the problem about making yourself stupider than you really are, is that you often succeed C.S. Lewis
Norix - DarkAvanger
Rauvaonar - RP-DE
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#2
große klasse =)
hab die geschichte regelrecht verschlungen
war aber für meinen geschmack etwas kurz...na gut wenn ich was lese,dass mir gefällt isses mir immer zu kurz wenns vorbei ist^^
danke für die schöne geschichte
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#3
Also das ist echt der Hammer!

Bereits der erste Absatz ist so schön malerisch beschrieben, dass man am liebsten nicht weiter liesst, um den zauberhaften verspielten und doch bedrohlichen Moment weiter auskosten zu können. Doch da ist diese närrische Eigenschaft in uns Lesern, die sich Neugier nennt und ich konnte einfach nicht anders als herausfinden zu wollen, was du als Schreiber sonst noch zu bieten hast.

... ich kam aus dem Staunen nicht raus. Die Geschichte ist klasse komponiert. Die sich abwechselnden Stränge der aktuellen Handlung und der Rückblicke gehen nahtlos ineinander über, egal ob Torn nun grad in Gedanken versinkt oder beginnt selber zu erzählen. Es ist als würde man die Vergangenheit des Protagonisten mit ihm teilen.

Du hast einen sehr menschlichen und realitätsnahen Plot geschaffen. Keine Fantasterei und Mirakel, sondern lebensnahe und tiefgründige Probleme behandelt, wie Gier und Rassenhass. Es ist eine nachvollziehbare und vor allem nachfühlbare Welt. Deine starke Wortwahl und Beschreibungen setzen dem ganzen das I-Tüpfelchen auf.

Man merkt, dass Du sehr gerne Fantasy- oder zumindest mittelalterliche Romane liesst.

Leg die Bücher bei Seite! Schreibe selber son Teil! Das ist ein orkischer Befehl! xD

Aja... und Torn... *seufz* Torn, Torn, Torn... wieso hast du Keenah gehen lassen?! Ich hoffe die beiden sehen sich sehr bald wieder.

Eine völlig weggetretene, Lia
[Bild: siggi3.jpg]
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#4
danke für die lieben Kommentare,
- vielleicht werd ich tatsächlich da noch weiterschreiben, ein paar einfälle zu Torns Schicksal hätt ich schon noch parat ...

... vielleicht werde ich dann noch genauer erläutern warum Torn Keenah verlassen musste

mfg
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#5
Zitat:... vielleicht werde ich dann noch genauer erläutern warum Torn Keenah verlassen musste

hm er ist ihr vater?^^ aber nein das würde zwar eventuell zu ihrer vorgeschichte passen aber definitiv nicht zu seiner(er ist ja weder aus rekkis rausgekommen noch hat er je angehörige eines anderen volkes gesehn)
hmm....sind die beiden vieleicht halbgeschwister?
ach verdammt ich hör besser auf zu spekulieren(die spekulationen würden wie ich mich kenne nur immer verrückter werden^^) und warte geduldig auf den nächsten teil und lese dann selbst Wink

aber bitte lass uns nicht zu lange warten...zumindest nicht länger als nötig^^
am ende kriegt noch jemand nen herzkasper weil er jeden morgen völlig nervös aufwacht,zum pc stürzt und vor sich hinbetet:"lass den nächsten teil fertig sein...lass den nächsten teil fertig sein..."
Wink
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#6
Der Nebel floss rasend schnell an ihm vorbei. Weiße, treibende Fetzen nahmen ihm die Sicht. Er versuchte den Boden auszumachen, doch ab seiner Hüfte starrte er in sich ständig veränderte Formen und Schemen. Nichts außer Nebel und diesem Namen den er nicht verstand. Kein Wind und keine Stimme die den Namen nannte. Unwohlsein stieg in ihm auf. Fliegender Nebel und kein Wind. Ein Name der in seinem Kopf dröhnte, den er aber von keiner Stimme vernommen hatte. Wo war der Wind, wie klang die Stimme? Angst breitete sich in ihm aus. Er musste weg, er musste diesem schrecklichen Ort entkommen, an dem er wusste, dass hier Wind sein musste, den er aber nicht Spüren konnte – an dem er wusste das er etwas hören musste, es aber nicht tat. Er musste weg von hier. Doch wohin sollte er seinen ersten Schritt setzen? Noch stand er fest, doch er fürchtete sich davor einen Schritt in diesem weißen, undurchsichtigen Meer zu tun. Aus der Angst wurde Panik. Er hatte Angst vor diesem Ort, aber er hatte auch Angst davor einen einfachen Schritt nach vorne zu machen. Die Panik wuchs und in letzter Verzweiflung zwang er sich sich Gewicht auf das linke Bein zu verlagern, das recht Bein anzuspannen, es hochzuheben und …

Durch deutliches Klopfen schreckte Torn auf. „Skip?“ Torn befand sich in seiner Kabine und richtete sich reflexartig von seinem Lager auf. „Skip?“ wiederholte eine vertraute Stimme am Schott. „Ja, Rulkos?“ gab Torn ebenso reflexartig von sich. „Wir sind da.“
Das war eine gute Nachricht für Torn. Vor seiner Kabine hörte er wie sich Schritte entfernten und dann die Treppe hinauf polterten. Er schwang die Beine aus der Koje und rieb sich mit den Händen den Schlaf aus Augen und Gesicht. Einen Moment lang blieb er noch sitzen und ließ die Gedanken baumeln, die sich zum größten Teil um die bevorstehende Landung im Hafen von Aurien drehten. Sein Blick streifte ohne Ziel durch seine Eignerkabine. Groß war sie nicht, bot aber Platz für einen Tisch mit zwei einfachen Holzstühlen, einem tiefen Regal zur Aufbewahrung der Seekarten, einer Kommode für Torns persönliche Habe und einer, für normale Seeleute ungewöhnlich geräumigen Koje. Zwei kleine runde Fenster ließen von der Steuerbordseite und Achtern etwas Licht in den sonst mit dunklen Holz getäfelten Raum fallen. Einzig ein geborstenes Stück einer Planke zierte den Raum als Dekoration. Die Aufschrift 'ell of Ade' erinnerte an vergangene Tage.
Torn stand auf, ging zum Regal und schnallte sich den Säbel um der darin gelegen hatte. Normalerweise trug er an Bord keine Waffe, denn sie behinderte ihn nur bei der täglichen seemännischen Arbeit. Danach nahm er seinen hellblauen Gehrock aus der Kommode und schlüpfte hinein. Auch dieses, nur mit an den Ärmeln mit silbernen Stickereien verzierte Kleidungsstück trug er nur bei besonderen Anlässen. Sein Dreispitz den sich Torn in die Stirn Zog, machte sein offizielles Erscheinungsbild komplett. Jeder würde nun sofort erkennen, dass er der Kapitän auf diesem Schiff war.
Er verließ die Kabine und stieg die Treppe zum Deck hinauf. Helles Sonnenlicht ließ ihn zuerst blinzeln, doch nach einigen Augenblicken hatte sich seine Augen an das Licht gewöhnt und er blickte über das Deck der Sigmar.
Die Sigmar war für diese Gewässer ein sehr untypisches Schiff, dass nach den Plänen aus einem fernen Land weit im Osten gebaut wurde. Für ihre Länge von 60 Schritt über Deck war sie mit knapp 16 Schritt Breite eher schlank und ihr vorderer Mast war kleiner als der hintere. Vorne standen drei kleine dreieckige Segel, die zwischen dem langen, flachen Bugspriet und dem vorderen Masten angeschlagen waren. An diesem vorderen Schonermasten war ein großes Gaffelsegel – und darüber noch zusätzlich ein kleineres Rahsegel gesetzt. Am hinteren Großmast war ebenfalls das mächtige Großsegel gesetzt und darüber wiederum ein Gaffeltoppsegel.
Die beeindruckende Segelfläche und Art der Takelung machte sie zu einem der schnellsten Schiffe entlang diesem Teil der Küste und trotzdem konnte sie mehr Höhe fahren als jedes andere Schiff. Sie trug den Namen ihres ersten Eigners, der aber nie einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatte, da er verstarb bevor das Schiff fertiggestellt war.


[Bild: Baltimore_Pride3.jpg]


Der Bleekman war trotz der einsetzenden Dämmerung noch gut zu sehen. Die mächtige Karavelle hing noch einige hundert Schritt steuerbord achteraus der Seeshell of Aden und schob sich aber langsam näher an das deutlich kleinere Frachtschiff heran, auf dessen Deck Torn mit besorgter Mine das Piratenschiff beobachtete.
„Torn, der Kapitän will dich sehen.“ Rulkos, der Bootsmann der
Seashell of Aden, war im Niedergang erschienen und winkte Torn zu sich. Rulkos war ein groß gewachsener Mann mittleren Alters. Sein gutmütig wirkendes Gesicht war von dunkeln Haaren umrahmt, die ihm bis auf die Schultern vielen. Torn folgte Rulkos in das finstere Innere der Seashell. Als Torn die Kabine des Kapitäns betrat, saß dieser an seinem Tisch und verstaute eine schmale Schriftrolle in einer Schatulle. „Kapt'n ?“ fragte Torn wie gewohnt. „Wie sieht es draußen aus?“ fragte Kapitän Sigmar fast beiläufig, während er die Ritzen der Schatulle mit Wachs versiegelte. „Der Pirat kommt näher, ich weiß nicht ob wir die Insel erreichen können, bevor wir in die Reichweite seiner Feuerwerfer kommen.“ meldete Rulkos. Der Kapitän verzurrte die Schatulle in den Riemen eines Depeschenhalfters und erhob sich vom Tisch. Sigmar war um einiges älter als Torn oder Rulkos. Seine Statur war eher schmächtig und wegen seinem, mittlerweile angegrauten, krausen Haar wirkte er etwas fehlproportioniert. Doch seine Augen und sein oft verschmitztes Grinsen ließen auf seine Intelligenz und Lebensfreude schließen. „Torn, ich habe eine Aufgabe für dich. Im Falle dass mir etwas zustoßen sollte, bringst du diese Schatulle ungeöffnet zum Werftmeister DeVichile in Darbos. Du weißt, dass ich dort ein Schiff bauen lasse, und die Dokumente die diese Schatulle enthält Regeln, wie in weiterer Folge mit diesem meinen Besitz verfahren werden soll.“ Er reichte Torn den Depeschenhalfter. „Steht's so schlimm um uns, Kapt'n ?“ frage Torn, als er das Ledergeschirr an sich nahm. „Es gibt viele Piraten die den Ruf haben, grausam zu sein, aber nicht alle sind es. Kapitän Fliesbreet allerdings gehört zu den Piraten auf die es auch tatsächlich sind. Ich habe hier am Schiff nicht einmal vierzig Seelen, die wenigsten wissen eine Waffe im Kampf zu führen. Fliesbreet hat auf der Schwarzen Koralle mindestens 70 Mann, die alle nur darauf warten jemanden das Messer anzusetzen. Er hat wahrscheinlich drei schwere Geschütze pro Seite und vermutlich noch einmal so viele Schwärmer. Wir als Kauffahrer verfügen nicht einmal über Armbrüste. Hier auf See haben wir nicht den Funken einer Möglichkeit eine Enterung zu überstehen. Verdammt diese Hurensöhne würden sogar die Ratten messern wenn nachdem sie uns alle die Kehle gespalten haben. Wenn wir das Schiff an Land setzen und uns im Unterholz der Insel verkriechen stehen unsere Chancen zwar nicht gerade gut, aber besser als hier auf offener See.“ Kapitän Sigmar versuchte zwar gelassen zu wirken, doch war ihm seine Unruhe durchaus anzusehen. Einen Moment lang herrschte Stille in der nur mit einer rußenden Öllampe spärlich ausgeleuchteten Kabine. „Kapt'n, …“ meldete sich Torn zögernd zu Wort. „Warum soll ich euren Nachlass verantwortlich sein und nicht, ...“ - “Rulkos?“ vervollständigte Sigmar Torns Satz. “Rulkos und du sind die beiden besten Seemänner an Bord dieses Schiffes.“ Torn wollte bereits zum Widerspruch ansetzen wurde doch vom Kapitän mit einer Geste davon Abgehalten. „Rulkos ist der bessere Seemann wenn es um seemännisches Handwerk geht, da gebe ich dir Recht Torn. Du allerdings bist der bessere Seemann, in den Belangen der Disziplin und der Fähigkeit eine Mannschaft zu führen und zu motivieren.“ Mit einem Blick gegen Rulkos fügte er hinzu „Keine Sorge, Rulkos weiß das auch.“ Sigmar atmete tief durch. „Außerdem hat Rulkos bereits einen anderen Auftrag erhalten.“ Torn bemerkte bei diesen Worten wie Rulkos und der Kapitän sich einander ansahen. Den Blick den die Beiden austauschten hatte Torn zuvor noch nie zwischen den Beiden gesehen. Es war als ob den Kapitän und den Bootsmann in diesem Moment mehr verband, als nur die Stellung ihrer Ränge auf diesem Schiff. Doch Torn kam nicht dazu sich mehr Gedanken darüber zu machen. Sigmar straffte sich und Torn Fiel erst jetzt auf, dass der Kapitän seine offizielle Kleidung angelegt hatte. „Nun, dann werden wir mal zusehen, ob wir unsere Ärsche diesmal noch aus der Schlinge ziehen können.“ Mit diesen Worten verließ der Kapitän das letzte Mal seine Kabine und die beiden Seeleute folgten ihm aufs Deck.

Auf der Sigmar war für das kommende Anlegemanöver die gesamte Mannschaft an Deck um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. Es herrsche gelassenes Treiben vor. Vor ihnen lag die Bucht von Aurien, deren Einfahrt von den beiden Leuchttürmen flankiert wurde. Dahinter waren bereits die Masten der anderen Schiffe im Hafen und die höheren Gebäude der Stadt deutlich zu erkennen. Besonders deutlich war die Festung von Aurien auszumachen, die oben auf der sich erhebenden Küste über der Stadt thronte.
Aurien lag westlich der Meerenge von Karbien und war eine der großen Hafenstädte des Königreichs Eridelien. Dieser Teil der Westmeerküste bot wegen seiner hohen Klippen aus fast weißem Stein immer eine besondere Kulisse. Weiter im Landesinneren wurde dieser weiße Stein abgebaut und in Aurien auf Schiffe verladen. Deswegen wurde Aurien auch manchmal Stadt der Steine genannt. Die beiden Leuchttürme waren ebenfalls auf solch weißen Klippen gebaut – der Turm auf der Steuerbordseite um ein Drittel Höher als der auf der Backbordseite. Diese Bauweise sollte den Schiffen dazu dienen, die Türme zu unterscheiden, um somit die Einfahrt in die Bucht in der richtigen Richtung durchzuführen. Da aber jeder ernsthafte Kapitän eines Schiffes Karten aller Häfen der Westmeerküste besaß, besaßen die Türme bei den Seefahrern eher den Status eines netten Wahrzeichens der Stadt.
Die schwache Briese ließ die Sigmar gemächlich über die ruhige See gleiten. Torn ging aufs Achterdeck und ließ Streek, seinen zweiten Steuermann, das Ruder übernehmen um das Anlegemanöver durchzuführen. Streek war ein gewitzter junger Bursche, der immer gut aufgelegt war und somit wesentlich zur guten Stimmung und Moral an Bord beitrug. Der junge Seemann hatte erst vor kurzem die Stelle des Steuermanns übernommen, da sein Vorgänger überraschend beim letzten Landaufenthalt, natürlich wegen einer Frau, das Schiff verlassen hatte.
„Wie werden wir bei dem Anlegemanöver vorgehen?“ fragte Torn Streek etwas oberlehrerhaft. „Wir werden auf jeden Fall vor der Hafeneinfahrt halsen müssen und anschließend nur unter Klüvern und Fock an die Pier gehen.“ Torn versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber insgeheim war er Stolz auf Streek. „Sehr gut, Streek“ lobte er seinen Steuermann knapp. „Rulkos, lass klar machen zur Halse!“ befahl er seinem Bootsmann, der sich nun ebenfalls am Achterdeck eingefunden hatte. „Aye Kapitän!“ nickte dieser und begab sich umgehend auf das Mitteldeck um den übrigen Seeleuten entsprechende Anweisungen zu geben. Befehle wurden gebrüllt und die Mannschaft begab sich auf ihre Posten. „Los geht’s.“ ließ Torn seinen Steuermann wissen, dass er das Manöver einleiten konnte. Langsam drehte das Boot so, dass der Wind immer mehr aus Richtung Achtern kam. „Vorsegel fällt!“ kamen Rufe vom Vordeck – das Zeichen, dass sich das genau vor dem Wind befand und dieser nun Exakt von Achtern in die noch weit aufgefierten Segel fiel. Ein weiteres Kommando ertönte und die Männer an den Schoten holten die Segel dicht an die Mittschiffslinie während Streek mit gefühlvollen Bewegungen am Steuerrad versuchte das Schiff exakt auf Kurs zu halten. Dann drehte er das Schiff etwas, und der Wind, der nun wieder etwas von der Seite kam, ließ die Segel auf die andere Schiffsseite schlagen. Gleichzeitig drehte der junge Rudergänger heftig am Rad, um das so entstandene Moment auszugleichen. Die Segel wurden wieder gefiert und das Schiff nahm nun Kurs auf den Hafen. Eine Halse wie aus dem Lehrbuch fand Torn und lobte seinen neuen Steuermann mit einem Zwinkern „Gut gemacht.“ Torn musste sich keine Sorgen um das Anlegen machen. Streek kannte das Boot sehr gut, schließlich war er ein Mitglied der Crew seit Torn das Schiff als sein Kapitän übernommen hatte.

Die Seashell of Aden und die Schwarze Koralle hetzten in der frischen Brise unter voller Besegelung irgendwo im Norden der Inselgruppe der Vierlinge auf die Küste des Eilandes vor ihnen zu. Die Sonne war vermutlich bereits hinter dem Horizont verschwunden und hinterließ auf dem bewölkten Himmel einen schwindenden Schimmer. Die Mannschaft hatte sich an Deck gesammelt und bereitete sich vor, das Schiff zu verlassen oder um ihr Leben zu kämpfen – oder sogar beides. Die Stimmung war gedrückt, kaum jemand sprach. Die Segel und der Kurs waren gesetzt, außer dem Steuermann hatte niemand mehr etwas an Bord zu tun. Die Männer kauerten an den Masten oder am Schanzkleid und starrten abwechselnd zu näher rückenden Insel voraus oder zu dem sich ebenfalls nähernden Piratenschiff hinter ihnen.
Kapitän Sigmar bestieg das Achterdeck und hieß den Steuermann den Platz am Ruder frei zu machen. Der Kapitän würde selbst am Steuer stehen wenn sein Schiff auf Grund aufsetzte. Torn legte sein Hemd ab um sich den Depeschenhalfter anzulegen. Danach streifte er sich sein Hemd wieder über und sorgte dafür, dass das Ledergeschirr auf den ersten schnellen Blick nicht zu erkennen war. Danach schnallte er sich sein Schwert um die Hüften. Er war der einzige an Bord der eine echte Kriegswaffe besaß. Die an Bord übliche Bewaffnung waren meist zweckentfremdete Werkzeuge wie Messer oder die Beile der Zimmerleute. Die Zeit floss nur zäh dahin bis der dunkle Umriss der Insel in der Dämmerung fast das gesamte Blickfeld einnahm. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell.
Jemand an Bord rief „Er dreht ab!“ Darauf hin wendeten sich alle Köpfe dem Heck zu, wo man tatsächlich sehen konnte wie das Piratenschiff seien Kurs nach Backbord änderte und sich dem Kielwasser der
Seashell näherte. Augenblicke später rief der Kapitän aus „Klar zum anlegen! Festhalten!“ Der Galgenhumor des Kapitäns ließ Torn grinsen und weckte auch die Mannschaft restlos aus ihrer Lethargie. Vor dem Bug sah man deutlich den weißen Streifen eines Strandes, hinter dem sich das Dunkel des Waldes ausbreitete. Torn suchte sich schnell einen Platz bei den Wanten und hielt sich dort an den Belegnägeln fest. Rulkos folgte seinem Beispiel.
Es begann mit einem unauffälligen Scharren im Rumpf, das aber schnell zu einem ohrenbetäubenden Rauschen, Knacken und Bersten wurde. Torn musste sich mit aller Kraft halten um nicht über das Deck geschleudert zu werden, als das Schiff innerhalb von wenigen Augenblicken aus voller Fahrt zum Stillstand abgebremst wurde.Das Schiff legte sich leicht zur Seite als es von dem sandigen Untergrund aus dem Wasser gehoben wurde. Planken, Spieren und Taue gaben der plötzlichen Belastung nach und brachen oder bersteten. Der Rumpf erzitterte unter der Last, die der weiterhin unverminderte Wind in der Takelage erzeugte. Rahen polterten aufs Deck, Leinen, Taue und Beschläge wurden über das Deck geschleudert, Männer schrien. Der achterliche Besanmast brach auf halber Länge und erschlug zwei Seeleute als er auf das Deck schlug.
Zwischen all dem Getöse hörte Torn gerade noch ein dreimaliges Schnalzen weit hinter dem Heck des brechenden Schiffes. Umgehend wurde Torn sich dem ganzen Ausmaß der Situation bewusst in der sie sich befanden. Nicht nur wurden sie durch die Kräfte dieser brutalen Landung bedroht, sondern da das Schiff nun still stand, waren sie für die Geschütze der
Schwarzen Koralle nur allzu leichte Beute. Als Torn aufsah, konnte er die drei Leuchtspuren gegen den dunklen Himmel deutlich erkennen. Einen Wimpernschlag später schlugen zwei davon ans Heck der Seashell. Die Explosion der Tongefäße übertönte alles. Grellstes Licht tauchte das Achterdeck für einen Moment in eine bizarre Kulisse in deren Mitte man nur die Schemen des Kapitäns, der immer noch das Steuerrad in der Hand hielt, ausmachen konnte. Dann verschwand der Kapitän im wabernden Schein der ausbrechenden Feuersbrunst.
Neben Torn schrie Rulkos auf, der die Szenerie mit größten Entsetzen mitverfolgt hatte. Er ließ seinen Halt los, und wollte zum Achterdeck rennen, welches nun ganz und gar in Flammen stand. Torn bekam ihn aber noch rechtzeitig zu packen und hielt ihn so gut es ihm gelang zurück. Rulkos wehrte sich nach Kräften, aber als er den Blick mit Torns kreuzte beruhigte er sich schlagartig. Für einen Moment starrte Rulkos Torn mit einem vor Schmerz verzerrten Gesicht an, dass Torn schauderte. Dann tat Rulkos etwas, das Torn ganz und gar nicht erwartet hatte. Rulkos ergriff nun hingegen Torn am Arm und und zerrte ihn in Richtung des Buges über das Deck an dem das absolute Chaos regierte. Torn begriff schnell – sie musste runter von dem Schiff, bevor die Piraten eine weitere Salve Feuerkugeln abfeuern konnten. Ein leises aber penetrantes zischen in der Luft verriet Torn, dass auch bereits die Schwärmer ihre Bolzen auf den Weg geschickt hatten. So bahnten sich die beiden mehr stolpernd ihren Weg über das Deck während sich um sie herum Bolzen in Planken,Schanzkleid und Leiber bohrten.
An einer der tiefergelegenen Stellen am Bug sprangen sie ins hüfthohe Wasser und waten eilig den Strand hinauf, hetzten über den Sand und sprangen in das Dickicht des Waldes.



Das Anlegemanöver an der Pier von Aurien war ebenso problemlos verlaufen. An der Pier stand schon ein Trupp der Stadtgarde bereit um das Schiff und die Zollpapiere zu inspizieren. Die Sigmar hatte edle Stoffe und Zierutensilien, wie silbernes und goldenes Garn und edle Hölzer, für feine Kleidung geladen. Die Ladung sollte an ein Handelshaus übergeben werden, deren Vertreter bereits mit ein paar Trägern wartete um die Waren abzutransportieren.
Die Inspektion wurde gründlich durchgeführt und die Papiere sorgsam durchgesehen. Torn empfand, dass die Gardisten gründlicher arbeiteten als sonst, wurde aber nicht sonderlich misstrauisch. Nachdem die Soldaten das Schiff verlassen hatten, kam der kleinwüchsige und fettleibige Kommis an Bord und befahl seinen Trägern barsch, beim Ausladen nicht zu trödeln. Während die Mannschaft der Sigmar die Ballen, Säcke und Kisten durch die Ladeluke mit dem kleinen Schiffskran aus dem Frachtraum aufs Deck beförderten, wo diese von den Trägern aufgenommen wurde, saß der Handelsvertreter auf einem eigens mitgebrachten Schemel und trieb seine Träger weiter an oder verglich seine Inventarlisten mit den tatsächlich ausgeladenen Waren. Torn betrachtete das Treiben recht gelassen während er mit Koch besprach wie viel und welcher Proviant besorgt werden musste und mit Bootsmann und Segelmacherin diverse Schäden sichtete und Reparaturen oder andere Besorgungen anordnete.
Das Entladen dauerte gute zwei Stunden, und die Sonne stand bereits recht tief, als Torn mit dem Kommis endlich Listen und Rechnungen austauschen konnte und sein Geld für den geleisteten Transportdienst erhielt.
Er ließ umgehend die Mannschaft an Deck kommen, um sich bei ihnen für die Reibungslose Überfahrt zu bedanken und zu loben. Eigentlich war er kein großer Redner, er suchte eher das Gespräch mit den einzelnen Männern und Frauen an Bord, aber gelegentliche Ansprachen mussten sein um seine Autorität aufrecht zu erhalten und die Moral und Motivation seiner Seeleute als Gruppe zu stärken. Er teilte die Wachen ein und genehmigte dem Rest der Mannschaft Landgang bis zur zehnten Stunde des nächsten Tages.
Nachdem der Großteil der Seeleute bereits von Bord gegangen waren um die Vorzüge der Stadt zu erkunden und zu genießen, sprach Torn noch einmal mit den für die Wache eingeteilten Männern und machte sich selbst bereit dazu das Schiff zu verlassen. Er freute sich schon auf ein anständiges Mal und das eine oder andere Glas guten Weins. Als er seine Kapitänskleidung gegen eine anderes gesellschaftsfähiges Gewand getauscht hatte und seine Kabine verließ, wartete schon Rulkos an Deck. Beide machten sich auf, das Schiff zu verlassen als sie an der Pier von einem großen und schwer gebauten Mann in Marineuniform angehalten wurden. Es war Kapitän Graum vom königlichen Schlachtschiff Smaragt. Ein vorbildlicher Offizier der königlichen Marine mit grimmigen und scharfen Blick. Und er war einer der wenigen Freude, die Torn unter seinen seefahrenden Kollegen hatte.


Na endlich haben sich die Leichtwindmatrosen dazu entschieden doch auch mal von ihrer Spielzeugschiffchen herunter zu kriechen!“ rief Graum mit volltönender Stimme zu den beiden Seeleuten hinüber. „Sieh einer an, die Süßwassernase hat auch mal seinen Zuber verlassen!“ konterte Rulkos fröhlich. Sie schüttelten einander herzlich die Hände und scherzten über einander. „Leute es gibt Neuigkeiten.“ berichtete Graum und deutete mit einer einladenden Geste ans uferseitige Ende der Pier. „Suchen wir uns ein nettes Plätzchen zu plaudern – ich kenne eine Stube, wo ein Tisch auf uns wartet.“ Graum schritt voran und Torn und Rulkos folgten ihm.
Während die Drei durch den Hafen in Richtung Stadtinneres spazierten, begann Graum zu erzählen. „Jungens, ich hoffe ihr habt nicht vor in nächster Zeit über die Meerenge oder nach Flaadern zu fahren.“ Torn und Rulkos sahen Graum nur fragend an. „Es riecht verdammt nach Krieg. Der König von Eridelien hat alle seine Diplomaten aus Flaadern abgezogen. Anscheinend haben flaadernsche Schiffe die Karbschen Inseln abgeriegelt und von Handelsschiffen Zoll erpresst. Der Graf von Karbien hat Eridelien bereits um Beistand gebeten. Wie es aussieht war der Prinz von Flaadern schon länger auf Krieg aus und ist nun drauf gekommen, wie er eine Konfrontation provozieren kann.“ erklärte dieser grimmig. „Aber was soll dem Prinzen das bringen?“ warf Torn ein „Die eridelische Flotte ist die Größte in diesem Teil des Westmeeres. Ihr könntet Flaaderns Hafenstädte allesamt in rauchende Ruinen verwandeln wenn ihr wolltet - selbst wenn Flaadern die Karbischen Inseln einnehmen würde“ „Ich weiß Torn – und mit jeder neuen Nachricht aus Flaadern will ich das auch immer mehr. Aber dass der Prinz gerade jetzt die Muskeln spielen lässt, lässt auch darauf schließen, dass er irgend ein Ass im Ärmel hat.“ erklärte Graum und fügte hinzu „Unser Geheimdienst weiß zwar genau die Haarfarben der Huren die sich der Prinz täglich ins Gemach kommen lässt, aber welches Süppchen er nebenbei köchelt haben diese Amateure noch nicht herausgefunden. Es wird aber gemunkelt, dass er sich ein paar gierige Zwerge aus den Bergen im Norden geangelt hat.“ Rulkos warf ein, dass sich Zwerge aber bisher noch nie in die Politik der Menschenreiche eingemischt haben. Graum nickte bedeutend und fuhr fort „Passt mir jedenfalls gut auf, ihr fahrt immer noch nicht unter Flagge, das macht euch im Kriegsfall noch mehr zum Freiwild als ihr es ohnehin schon seid.“ Graum hatte Recht. Torn hatte bisher darauf verzichtet sein Schiff in einem Flottenregister eines Landes eintragen zu lassen. Es war eigentlich üblich, dass sich jedes Schiff eben so registrieren ließ und darauf hin ermächtigt war, die Flagge dieses Landes zu führen. Zwar mussten entsprechende Abgaben an das Heimatland entrichtet werden, doch dafür stand man im Fall des Falls unter militärischen oder diplomatischen Schutz. Torn hatte es bisher noch nicht notwendig gefunden, sein Schiff zu registrieren. Kaum ein anderes Schiff war schneller oder wendiger als die Sigmar. Also hatte Torn auf See nichts zu fürchten und die Häfen die er ansteuerte waren weitestgehend sicher. Außerdem empfand er für keines der bisher angesegelten Länder soviel Sympathie um mit deren Flagge seine Takelage zu schmücken.
Schließlich führte Graum die Truppe zu einer, auf einem Hügel gelegenen Schenke, von der man im goldenen Abendlicht den ganzen Hafen überblicken konnte. Sie setzten sich an einen Tisch und während ihnen der Wirt Speisen und Getränke servierte fragte Graum mit heiterer Stimme „Also Torn, wann stellst du mir denn nun deine Frau vor?“ Torn seufzte. Natürlich wusste Graum, dass Torn keine Frau hatte, aber er liebte anscheinend Torn damit aufzuziehen. „Die hab ich heute im Schrank gelassen.“ entgegnete Torn resigniert. „War sie denn nicht artig?“ hakte Graum mit übertrieben besorgtem Gesicht nach. „Sie hat zu viel geredet.“ erklärte Torn gelassen. „Was hat sie denn gesagt, dass es dich so erzürnt hat?“ wollte Graum natürlich wissen. „Das Wort mit 'L'.“ gab Torn trocken zurück. „Nein!“ rief Graum künstlich aufgeregt, „du meinst …“ und formte mit seinen Lippen das Wort Liebe nach. „Doch, doch.“ bestätigte Torn. „Wie gemein aber auch!“ rief Graum. Nun konnte er sich nicht mehr halten vor Lachen. „Und da hast du sie in den Schrank gesperrt?“ brach er lachend hervor „Auf meinem Schiff hätte ich sie kielgeholt - wenn bei uns Frauen am Schiff erlaubt wären!“ Er lachte schallend während Rulkos leise kicherte. Torn grinste auch. Natürlich hatte er keine Frau in den Wandschrank gesperrt, sondern sich die Geschichte ausgedacht um Graum etwas zum Lachen zu geben. Tatsächlich konnte Torn mit Frauen eigentlich nicht so recht etwas anfangen, außer sie waren in seiner Mannschaft – dann waren sie Seeleute wie jeder andere auch. Während seiner Zeit im fernen Land Aden hatte er zwar durchaus Bekanntschaften mit netten Mädchen und Frauen, aber keine hatte es damals geschafft, dass er sich in sie verliebte. So hielt ihn auch nichts, als er nach nicht einmal zwei Jahren in diesem seltsamen Land, auf dem Handelsschiff mit dem er ursprünglich angereist war, anheuerte und zum Seemann wurde. Torn ging die Gesellschaft einer Geliebten auch nicht ab, er kam recht gut mit sich alleine zurecht. Seinen Seeleuten gestand er natürlich zu, sich bei Landgang entsprechend zu unterhalten und zu amüsieren. Er selbst war einmal, in einer Zeit bevor er Kapitän wurde, nach einer recht wilden durchzechten Nacht im Bett einer Hure erwacht. Allerdings konnte er sich nicht recht erinnern ob ihm diese Episode Vergnügen bereitet hatte oder nicht. Als Kapitän wollte er es sich nicht erlauben, dass ihn die Mannschaft unter Umständen besoffen sah und deshalb hielt er sich bei Wein, Bier und Schnaps eher zurück und kam daher auch nicht in die Stimmung oder Verfassung um sich erneut auf so ein Erlebnis einzulassen. Und doch – jedes mal wenn dieses Thema aufkam, musste sich Torn unwillkürlich an das einzige Wesen erinnern, das bei Torn vielleicht mehr als nur reines Interesse geweckt hat. Doch diese Hand hatte er damals losgelassen, so wie er auch seine Vergangenheit loslassen hatte müssen.
Graum und Rulkos witzelten weiterhin über die Frauen und das Bordleben, während Torns Gedanken abglitten, an einem dämmrigen Ort in der Vergangenheit – über fünf Jahre war es jetzt her ...


Zwei Tage später war die Sigmar wieder bereit zum Auslaufen. Diesmal war das Schiff schwer mit Weinfässern beladen die schnellstmöglich in den Hafen der Stadt Ferens im Norden geschafft werden mussten. Torn hatte den Auftrag von einem eifrigen Weinbauern fast aufgedrängt bekommen. Die Fässer waren für den Tromdenschen Hof bestimmt. Entsprechend hoch war die Qualität des Weines und entsprechend hoch auch die Entlohnung, die Torn erhalten würde.
Zwar war die Ladung schon am Vortag gebunkert worden, doch das Ausfertigen der notwendigen Listen, Rechnungen und Papiere zog sich bis Mittag hin. Als die Taue von der Pier losgemacht wurden, setzte leichter Regen ein, doch die frische Briese ließ ein rasches Vorankommen erwarten. Nachdem sie nur unter dem vorderen Schonersegel die Hafenausfahrt hinter sich gelassen hatten, ließ Torn das Großsegel und die Vorsegel setzten. Der Wind blies aus nordwestlicher Richtung und so musste die Sigmar gegen den Wind kreuzen um ihr Ziel zu erreichen. Torn entschied die beiden Topsegel aufgrund von Wetter und Kurs nicht setzten zu lassen, da diese das Schiff auf diesem Kurs nur unwesentlich schneller machten und aber das Boot leichter zu steuern war.
Das Schiff lag mit mäßiger Krängung in den Wellen und erzeugte im Auf und Ab der Dünung Gischt am Bug die Teilweise über das Deck geweht wurde. Torn hatte, wie der Rest der arbeitenden Mannschaft eine langen Seemannsmantel aus Leder übergeworfen um sich vor Nässe und der ihr folgenden Kälte zu schützen. Er übernahm kurz das Ruder um zu fühlen ob das Schiff gut im Wasser lag. Das Schiff wollte leicht nach Backbord drehen, doch aufgrund der Verhältnisse war das ein Zeichen dafür, dass mit dem Schiff alles in Ordnung war. Die Segel waren gut getrimmt und das Gewicht der Ladung gut verteilt. Er ließ die Steuerfrau wieder an das Ruder und blieb aber noch eine Weile am Achterdeck stehen und beobachtete die Szenerie. Es waren Momente wie diese, warum Torn die Seefahrt liebte.
Obwohl es leicht regnete war es ideales Wetter zum Segeln. Der kräftige Wind zerrte an Torns Haaren und rauschte in seinen Ohren, je nachdem wie er den Kopf drehte. Der Druck in den Segeln, die Bewegung des Schiffsrumpfes in den Wellen, das aufstoben der Gischt, das knarren in der Takelage und das Knacken des Rumpfes – all das ließ Torn jedes mal aufs neue gewahr werden, welchen Kräften das Schiff und die Mannschaft trotzten. Es war ein erhebendes Gefühl das Wirken dieser Kräfte zu steuern und zu beobachten.
Seid Torn damals vor über fünf Jahren das erste Mal auf ein Schiff gestiegen war, um in das ferne Land Aden zu reisen, hatte ihn das Seemannsleben in den Bann gezogen. Torn hatte gehofft an diesem fernen Ort seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, doch er hatte diese Erlösung dort nicht gefunden. So heuerte er eines Tages dem Schiff mit dem fremd klingenden Namen Seashell of Aden an und wurde Seemann. Torn lernte in kurzer Zeit alles was es auf dem Handelsschiff zu lernen gab – von der Bezeichnung der einzelnen Planken über das richtige Trimmen der Segel und das fahren der notwendigen Manöver bis hin zur Navigation mit Hilfe der Sonne und der Gestirne. Obwohl Torn am Land, weit entfernt von jeglichen größeren Gewässer aufgewachsen war, bezeichnete ihn der alte Kapitän Sigmar oftmals als 'wahres Kind der See'. Trotzdem war Torn mehr als nur überrascht, als er erfuhr, dass ausgerechnet er das Erbe von Kapitän Sigmar antreten sollte.

Die Nacht im Wald war kühl und feucht und Torn fand wenig Schlaf. Spät in der Nacht erst hatten sie ein Versteck gefunden in dem sie sich einigermaßen sicher fühlten.Unruhig warteten Rulkos und Torn bis die Dämmerung einsetzte. War die Nacht noch verhältnismäßig ruhig gewesen, wurde der Tag zum Alptraum. Die Piraten hatten vor der Insel geankert und waren an Land gekommen, um auf die Überlebenden der Strandung der Seashell of Aden Jagt zu machen. Kapitän Sigmar hatte bei seiner Beschreibung von Fliesbreets Meute ganz und gar nicht übertrieben. Den ganzen Tag über waren auf der nur wenige Quadratmeilen großen Insel Schreie und Gebrüll zu hören. Rulkos und Torn mussten mehr als einmal das Versteck wechseln, um den Piraten zu entgehen. Erst als die Sonne auf dem halben Weg zum Horizont war, kehrten die Piraten zurück auf ihr Schiff und lichteten den Anker. Auch Torn und Rulkos kehrten zurück zum mittlerweile ausgebrannten und geplünderten Wrack der Seashell. Als die beiden den Strand betraten, bot sich ihnen ein grausames Bild. Leichen lagen am Strand verteilt, Trümmer des gestrandeten Schiffes trieben im Wasser während das Schiff noch qualmenden und geschändet schräg auf der Seite Lag wie ein Monument des Grauen.
Rulkos überquerte den Strand und steuerte auf das Wrack zu. Torn folgte ihm. Rulkos kletterte auf das Schiff und ging auf den geschwärzten Planken dorthin, wo einmal das Achterdeck gewesen war. Die Halterung des Steuerrads war nur noch ein verkohlter Stumpf, dahinter gähnte ein Loch – das Heck fehlte komplett. Torn blieb wenige Schritte hinter Rulkos stehen, als sich dieser umdrehte. Noch nie hatte Torn einen Menschen so verzweifelt und zerstört gesehen. Rulkos bot einen erbärmlichen Anblick. Tränen liefen über das schmerzverzerrte Gesicht. „Er war mein Bruder.“ flüsterte Rulkos, dann sank er auf die Planken nieder und Weinte verbittert. Torn war erschrocken und entsetzt. Auch wenn er gewusst hatte, dass sich Rulkos und Sigmar nahe standen, so hätte er es nie für möglich gehalten, dass die beiden tatsächlich Brüder waren. Umsomehr wurde ihm gerade bewusst was Rulkos durchmachen musste, als sie am Abend zuvor Kapitän Sigmar sterben sahen und das Schiff verlassen mussten. Torn stand da und schämte sich, seiner Unfähigkeit Rulkos auch nur ein Wort des Trostes zu spenden – er selbst fand keines für sich. Es gab nichts was er für den gebrochenen Seemann tun könnte, außer ihn um seinen Bruder trauern zu lassen. Nach einiger Zeit wandte er sich ab, kletterte vom Wrack und begann die am Strand zu begraben. Nachdem die Sonne untergegangen war, kam Rulkos zu ihm – ein Schatten seiner selbst. Wortlos trugen sie solange das Licht reichte die Leichen zusammen, um sie im Sand am Waldrand zu verscharren.
Von den insgesamt 37 Männern der Seashell hatten nur 8 überlebt.
Vier Tage brachten die Überlebenden auf der Insel zu, bis die von einem Kauffahrer aufgenommen wurden.
Nachdem Torn und Rulkos sich von den Strapazen einigermaßen erholt hatten, machten sie sich auf nach Darbos. In der Südstadt hatte Kapitän Sigmar in einer der berühmten Werften ein Schiff in Auftrag gegeben, dass er nach besonderen Plänen aus dem Osten bauen ließ. Die finanziellen Mittel hatte er dem Erbe eines reichen Onkels zu verdanken, doch das Geheimnis, wie er an die Pläne gekommen war, hatte er mit in seinen Tod genommen.
Der dunkelhäutige Werftmeister DeVichile nahm die Nachricht vom Tod des Kapitän mit ehrlicher Bestürzung auf. Mit zeremonieller Sorgsamkeit öffnete dieser die Schatulle die ihm Torn überreichte. Darin befand sich eine Pergamentrolle, die DeVichile bedächtig vorlas. Nachdem der Werftmeister aufhörte zu lesen, herrschte eine Zeit lang Stille im Raum. Torn zitterte, denn er war gerade durch das Testament des verstorbenen Kapitän Sigmars zum Eigner und Kapitän des neuen Schiffes geworden. Viel Zeit um das ganze zu Begreifen blieb Torn allerdings nicht, da DeVichile bereits darauf drängte den beiden Seeleuten das Schiff, welches er selbst immer wieder als 'wahres Schmuckstück' bezeichnete, zu zeigen.
Während sich Torn staunend auf Deck des neuen Schiffes, auf dem noch immer gehobelt, gesägt und gehämmert wurde, umsah, klopfte ihm Rulkos anerkennend auf die Schulter. „Und weißt du schon einen Namen für sie?“...



((so weit so gut - es kommt noch mehr, keine Sorge! Es folgen Karte, Begriffserklärungen, etc... ))

1 Schritt -> 0.5 Meter
1 Meile -> 1 Kilometer

Steuerbord – Richtung rechts wenn man am Schiff nach vorne blickt
Backbord – Richtung links wenn man am Schiff nach vorne blickt
(blickt man auf einem Schiff nach Achtern ist entsprechend Steuerbord links und Backbord rechts)
Achtern – hinten
Steuerbord achteraus – der halbe Winkel zwischen Richtung Achtern und Steuerbord, also 45° 'schräg nach hinten' Richtung Steuerbord
Backbord voraus – 45° in Richtung vorne und Backbord
Bug – vorderer Bereich des Schiffes
Bugspriet - Stange die den Bug nach vorne hin verlängert
Schonermast – vordere Mast auf einem Schoner
Gaffelsegel – viereckiges Segel, dessen Oberliek an einer Spiere, der sog. Gaffel – und dessen Vorderliek am Masten angeschlagen ist
Liek – Kante eines Segels (folglich Vor-, Achter-, Unter-, Oberliek)
Spiere – Stange, Rundholz
Gaffel – Spiere des Gaffelriggs
Rahsegel – viereckiges Segel, welches an zwei Rahen (eine unten, eine oben) quer zum Masten steht
Rah – Spiere, an welche das Ober - bzw. Unterliek eines Rahsegels festgemacht wird
Großmast - auf einem Schoner der hintere, größere Mast
Takelung – Art und Weise wie Segel auf einem Schiff gefahren werden
Höhe – Weg den ein Segelschiff gegen die Windrichtung zurücklegen kann
Bleekman – Totenkopfflagge eines Piraten auf Beutezug
Karavelle – klassisches altertümliches Segelschiff mit 2-4 Masten
Feuerwerfer – schweres Torsionsgeschütz, dessen Munition meist aus Tonkugeln, gefüllt mit gut brennbarer Flüssigkeit, besteht
Schwärmer – mittelschweres Torsionsgeschütz, welches bis zu einem Dutzend Bolzen in schneller Abfolge verschießt
Bootsmann – erster Offizier oder auch erster Maat, erster Stellvertreter der Kapitäns auf einem Schiff
Schanzkleid - massive, brüstungsartige Fortsetzung oder Erhöhung der Bordwand über das Deck hinaus
Want – Taue oder Taunetze die den Masten seitlich stützen
Belegnagel – Holzzapfen an dem Taue oder Leinen festgemacht – 'belegt' – werden
Besanmast – achterlicher, meist kleinerer Mast hinter den Hauptmast
Wende – Manöver, bei dem das Schiff mit dem Bug durch den Wind dreht und der Wind in weiterer Folge von der anderen Seite in die Segel bläst.
Halse – wie Wende, nur dass das Heck durch den Wind gedreht wird
Rudergänger - Steuermann
Außenklüver – vorderstes der drei Vorsegel
Innenklüver – mittleres Vorsegel
Fock – größte und hinterste der drei Vorsegel
fieren – die Segel so bedienen, dass sie einen größeren Winkel zum Mittschiffslinie einnehmen können
Dicht holen – das Gegenteil von fieren
Schoten – jene Leinen mit denen die Segel bedient werden
Kommis – Handelsangestellter
kielholen – eine Strafe bei dem der Bestrafte unter dem Schiff mit einer Leine durchgezogen wurde. Wegen dem meist starken Bewuchs des Unterwasserschiffs, endete die Strafe meist tödlich.
Topsegel – Segel die am Masttop gesetzt werden (Gaffeltopsegel, Rahtoppsegel am Schonermast)
Krängung – Schräglage des Schiffes auf Grund des Winddrucks in den Segeln und der bremsenden Wirkung des Rumpfs im Wasser
Dünung – Wellengang
Gischt – zerstäubtes Wasser

Windstärke in Bft / Bezeichnung der Windstärke / Bezeichnung des Seeganges und Wirkung auf dem Wasser

3 schwache Brise / Anfänge der Schaumbildung
4 mäßige Brise / leicht bewegte See / kleine, länger werdende Wellen, überall Schaumköpfe
5 frische Brise / mäßig bewegte See / mäßige Wellen von großer Länge, überall Schaumköpfe


[Bild: Karte_Westmeerkueste.jpg]
Now the problem about making yourself stupider than you really are, is that you often succeed C.S. Lewis
Norix - DarkAvanger
Rauvaonar - RP-DE
[Bild: Nbanner9.jpg]
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#7
*Platzhalter hinstell*
Es gibt Maler, die aus der Sonne einen gelben Fleck machen .
Und es gibt Maler, die machen aus einem gelben Flecken eine Sonne.
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#8
Mit dir würd ich gern mal RPn... ^^
[Bild: banner2.jpg]
Lady Galenya v. Drachenfels / Galenya Draug
~Das letzte Kapitel online~
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#9
Zitat:Original von Taliciana
Mit dir würd ich gern mal RPn... ^^

^^ danke für das Kompliment!
Wenn ich Zeit habe für RP sitze ich meistens in Giran auf der Treppe ...

(aber erst muss ich noch ein paar lästige Prüfungen erledigen ...)

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((so, die Ferien sind fast vorbei und ich kann endlich den 2. Teil der Geschichte Posten. Leider wird das gute Stück insgesamt etwal länger als gedacht, also folgt er entgültige Abschluss mit dem 3. Teil))


Fünf Tage später machte die Sigmar an der Pier von Ferens im Königreich Tromden fest. Seid ihrer Abfahrt in Aurien war der Schoner in Richtung Nordwesten gegen Wind und Wetter gekreuzt. Der viele Regen hatte Feuchtigkeit in jede Ritze des Schiffes gebracht, welche die wenigen Sonnenstunden nicht zu trocknen vermochten. Den Sturm hatte die Sigmar relativ unbeschadet überstanden. Lediglich ein paar Bändsel und Halteleinen mussten erneuert werden.
Der Himmel über Ferens war nach wie vor bedeckt, doch am Horizont konnte man schon Flecken blauen Himmels erkennen und der Wind flaute ab.
Das Verladen ging zügig von statten und die Stimmung der Mannschaft war gut. So regten sich die einen scherzhaft darüber auf, dass sie den guten Wein wieder hergeben mussten, während die anderen sich ebenso aus Jux über die angeblich ausufernden Saufgelage ihrer Kameraden brüskierten. Erst als das letzte Fass von Bord gerollt wurde, war sich auch Torn sicher, dass sich keiner der Seeleute an der Fracht gütlich getan hat. Der Abend hatte schon begonnen als Torn seiner Mannschaft Landgang erlaubte – er selbst würde heute Nacht am Schiff bleiben und einen Teil der Wache übernehmen.
Er begab sich in seine Kabine und ordnete dort Frachtpapiere und Karten. Die erhaltene Bezahlung gab er in eine wuchtige, mit Eisen beschlagene Kassette, welche selbst ihren Platz in der Kommode hatte. Es war ein guter Monat gewesen, und in der Kassette befand sich genug Geld, dass er seinen Seeleuten diesmal einen kleinen Bonus zukommen lassen würde. Am nächsten Tag würde er seine Mannschaft auszahlen und ihnen vielleicht ein paar Tage länger hier im Hafen bleiben.
Es wurde immer ruhiger am Schiff als die Besatzung nach und nach das Schiff räumte. Torn stand eine Zeit lang am offenen Bullauge und blickte über die Hafenbucht aufs Meer hinaus. Sonnenstrahlen fielen durch die Wolken und man konnte ihrem Verlauf folgen, bis sie auf die See trafen, wo sie einen strahlende glitzernde Streifen erzeugten - Möwen kreisten über der Hafenausfahrt.
Torn verspürte wie wieder einmal Müdigkeit in ihm hoch kroch. Er fluchte innerlich, gab aber schließlich nach und streckte sich dann aber doch auf seiner Koje aus.


Nebel zog durch seine blassen Träume – und eine Stimme …


Ein Klopfen an der Türe riss Torn wieder aus seinem Schlaf. „Ja?“ rief er und bemühte sich um eine feste Stimme. „Kapitän, da will jemand mit dir sprechen ...“ kam die Stimme von der anderen Seite der Türe.. „Ja“ gab Torn kurz zu Antwort. Wer könnte das wohl sein? Dass jemand so spät noch auch das Schiff kam um Geschäfte zu machen, konnte sich Torn nicht vorstellen. Und sonst fiel Torn auch niemand ein, der ihn aus reiner Zuneigung besuchen würde – nicht in dieser Stadt. „Ich komme gleich!“ rief Torn und machte sich daran den Schlaf abzuschütteln.
Fahles Licht drang in die Kabine. Die Sonne musste schon untergegangen sein und an Land brannten sicher schon die Lampen und Laternen. Torn kontrollierte seine Kleidung , sorgte dafür, dass sein Hemd ordentlich im Bund der Hose steckte und begab sich an Deck.
Im dämmrigen Licht erkannte er neben den beiden Seeleuten, die gerade Wachdienst hatten, eine hagere Gestalt, die in einem langen, mit Fell besetzten Mantel steckte. Die Kapuze war zurückgeschlagen und Torn konnte die harten Züge des Mannes erkennen. Sein Haupt war rasiert und an den Seiten zierten schwarze Muster seinen Schädel.
„Ihr seid Torn – Kapitän dieses Fahrzeugs?“ fragte der Mann gerade heraus. „So ist es.“ gab Torn etwas verhaltener als er es wollte, zurück. Er traute diesem seltsam anmutenden Mann nicht. „Mein Name ist Tomscha und ich komme aus dem Nordreich um euch eine Botschaft zu überbringen.“ Der Fremde griff unter seinen Gewand und holte einen Zylinder aus Leder heraus. Er nahmdessen Kappe ab, zog eine versiegelte Schriftrolle heraus und reichte sie Torn. Dieser war ehrlich überrascht, da er sich absolut keinen Reim darauf machen konnte, warum er eine Schriftrolle aus dem entfernten Nordreich erhalten sollte. Er zögerte einen Moment. Doch dann wies er einen der Wachen an eine Lampe zu bringen. „Kapitän, in dieser Botschaft steht im wesentlichen, dass ein hochrangiges Mitglied vom Hofe des Königs des Nordreiches gedenkt, euer Schiff und natürlich dessen fähige Mannschaft, für eine Überfahrt, in diplomatischer Mission, zu mieten.“ Torn fragte sich ob der Fremde diesen Satz wohl auswendig gelernt hatte. „Fähige Mannschaft – hast du das gehört?“ fragte Torn die Wache neben ihm. Der Seemann grinste breit. „Ich dachte das Nordreich wird von einer Art Ratsversammlung regiert ...“ harkte Torn nach. Er selbst war noch nie so weit im Norden gewesen um in einem nordreichischen Hafen festzumachen. Er hatte bisher nur sehr wenig über das Nordreich gehört – unter anderem, auch dass es eben einen Rat gab, der das Land verwaltete. Unvorstellbar hier in den Ländern eingefleischter Monarchie und Königstreue. „Mein Herr, ihr mögt viel gehört haben über das Reich im Norden, doch würde ich fast wetten, dass das meiste nur Gerüchte und fehlerhafte Information ist. Ich kann euch allerdings versichern, dass das Anliegen, welches ich vorzubringen habe, durchaus wahr und ernst gemeint ist.“ Endlich kam der zweite Seemann mit einer brennenden Laterne an Deck und Torn brach das Siegel der Schriftrolle auf. Er tat sich schwer die feine Handschrift im Laternenlicht zu entziffern, doch es stellte sich heraus, dass das Schreiben genau das enthielt, was der Bote bereits erzählt hatte. Eine gewisse fei'ir Sharess Kelinidia Ken'khaliizi, welche anscheinend die Schwester des Königs von Nordreich war, wollte die Sigmar für eine Reise in das ferne Land Aden in Anspruch nehmen, und bot dafür eine Summe, die Torn nicht so wirklich glauben konnte. „Die Sharess ist sich der Risiken bewusst, die eine Überfahrt über das offene Meer bietet.“ erklärte Tomscha der Bote. „Angeblich ist dieses Schiff das schnellste und zuverlässigste in diesen Gewässern. Die Sharess bietet sicher einen angemessene Entlohnung.“ „Ich werde das Geschäft erst mit meinen Bootsmann besprechen.“ erklärte Torn, dem die Sacher noch immer nicht geheuer war. „Kommt morgen zur Mittagszeit vorbei, dann werde ich euch mitteilen können, ob wir den Auftrag annehmen.“ Tomscha verbeugte sich und verabschiedete sich äußerst höflich.
Torn blickte dem Fremden nach, bis diesen die Dämmerung verschluckte – ein seltsames Gefühl hatte sich in ihm ausgebreitet. Diese weite Reise erst in den Norden und dann über das Westmeer nach Aden erschien ihm ein aufregender Gedanke. Natürlich bot so eine Reise etliche Gefahren, aber auch neue Chancen und Gelegenheiten. Er würde morgen mit Rulkos darüber beraten, aber in seinem Innersten hatte er die Entscheidung bereits gefällt.

Zwölf Tage später kreuzte die Sigmar in den Gewässern vor Glacia, der großen Küstenstadt des Nordreichs. Torns Befürchtungen bezüglich Schnee und Eis hatten sich nicht bestätigt – eher das Gegenteil war der Fall. Das Klima war überraschend mild. Der Himmel war klar an diesem Tag und die frische Briese, die von den Bergen herunter wehte roch nach Schnee.
Die von der See her wuchtig wirkende Stadt, lag in einem der vielen Fjorde dieser Küste und bot trotz des Windes eine flache Dünung und eine entsprechend bequeme Anfahrt.
Da Torn diesen Hafen nicht kannte, entschied er in der Hafenbucht den Anker zu werfen und mit einem der beiden Langboote ans Ufer zu rudern um die Formalitäten auszuhandeln. Gerade als er den Befehl geben wollte den Anker zu werfen, wurde er von einer der Seeleute darauf aufmerksam gemacht, dass an Land signalisiert wurde. An der Stirnseite einer leeren Pier stand eine große Gestalt und schwenkte Signalwimpel. Anscheinend wurde die Sigmar bereits erwartet. Torn gab die Anweisung an der besagten Pier festzumachen.
Bereits beim Anlegemanöver konnte Torn vom Schiff aus erkennen, dass sich auf der Pier immer mehr Menschen tummelten. Aber nicht nur Menschen – er erkannte große, schlanke Männer mit aschfarbener Haut und langen, zugespitzten Ohren, die unter den meist hellgrauen oder weißen Haaren zu erkennen waren. Dunkelelfen hatte Torn bereits während seines Aufenthaltes in Aden kennen gelernt – und auch an der Westmeerküste war er schon einer begegnet, damals … Doch auch kleinwüchsige Kreaturen tummelten sich am Hafen herum, die Torn noch nie zu vor gesehen hatte. Er er hatte auch schon einige Zwerge gesehen – aber diese Wesen waren noch einmal etwas kleiner und zierlicher von Gestalt. Als die Festmacher übergeworfen wurden und die Rampe ausgelegt war, hatte sich schon ein Trupp Träger mit Kisten und Truhen auf der Pier versammelt. Eine kleine Kreatur kam die Rampe hoch, und betrat mit einem Satz das Deck.
Torn hatte sich wieder in seine offizielles Gewand gekleidet und versuchte eine ernste Miene zu zeigen, während der Rest der Mannschaft mit unverhohlenen Staunen und tuschelnd die Szenerie beobachtete. Das kurze Wesen war anscheinend von gehobenen Stande, denn es trug reichlich mit Gold und Silber besticktes Gewand und hatte einen langen, leicht gekrümmten, spitzen Hut auf seinem Haupt. Das runde Gesicht war von Falten durchzogen und über den roten Wangen saßen schelmisch blinzelnde kleine Augen. Torn schätzte dass ihm das Wesen ohne den Hut gerade bis zur Hüfte reichte.
Die Gestalt machte eine höchste elegante Verbeugung vor Torn und erhob die Stimme „Laurenz von Weitelshausen, Kammermeister der Sharess Kelinidia Ken'khaliizi, bittet um die Erlaubnis die Räumlichkeiten auf diesem Fahrzeug als Quartier für die Sharess und ihrem Gefolge einzurichten.“ Torn war leicht verwundert ob der kleinen Gestalt vor ihm und deren förmliche Anfrage. Er versuchte aber sich davon nichts anmerken zu lassen und antwortete so gelassen wie möglich. „Mein Name ist Torn, ich bin der Kapitän auf diesem Schiff. Aus wie vielen Personen besteht denn das Gefolge der Sharess?“ „Neben der Scharess werden auch noch ihr engster Berater und sechs Leibwächter die Reise Antreten.“ antwortete der Diener mit heller Stimme. Das waren also insgesamt acht Personen folgerte Torn. Vier davon hatten in den Gästekabinen Platz, der Rest musste sich mit dem Lagerraum als Behausung zufrieden geben. „Wir haben zwei Gästekabinen und den Lagerraum, die ihr nutzen könnt um euch einzurichten. Mein Bootsmann Rulkos wird euch die Räumlichkeiten zeigen.“ erklärte Torn und gab Rulkos einen Wink, welcher darauf hin nur nickte und mit einer Geste dem Diener andeutete ihm zu folgen. „Ausgezeichnet“ rief der Kammermeister und winkte den Trägern hinter sich zu und der Tross folgte Rulkos unter Deck.
Als der Einrichtungstrupp im Bauch der Sigmar verschwunden war, kam bereits der nächste Besucher über die Planke an Bord. Weißes aber volles Haar und ein mächtiger Vollbart umrahmten das faltige, menschliche Gesicht. Man hätte ihn gut als alten Mann bezeichnen können, wenn nicht sein aufrechter Gang und seine geschmeidigen Bewegungen dagegen gesprochen hätten. Er verneigte sich knapp aber vornehm vor Torn. „Kapitän, mein Name ist Bering Astelanor. Ich bin der persönliche Berater der Sharess und werde sie auf dieser Reise begleiten.“ Torn nickte. „Willkommen an Bord“ Bering fuhr umgehend mit seiner leicht heiseren Stimme fort. „Während die Quartiere eingerichtet werden, möchte ich euch über die besonderen Umstände dieser Reise und die nötigen Gebräuche unserer Gesellschaft aufklären.“ „Ich bitte darum.“ sagte Torn. „Wenn die Sharess an Bord kommt, wird sie drei Tage in ihrem Quartier verweilen und einen Schleier tragen. Ich bin mir sicher, dass sie danach gerne mit euch reden wird und mehr über das Schiff erfahren will. Während dieser ersten drei Tage diene ich als Sprecher der Sharess. Stellt das ein Problem für euch dar?“ Torn kam dieser Brauch etwas seltsam vor, doch er hatte gelernt, dass es in fremden Ländern fremde Gebräuche gab. Der selbst auferlegte Zimmerarrest der Sharess würde die Arbeit an Bord alles andere als beeinträchtigen, insofern konnte er gut damit leben. „Nicht im geringsten.“ antwortete er dem Berater entsprechend. „Gut – ich kann euch natürlich erklären was es mit unseren Bräuchen und Regeln auf sich hat, wenn ihr wünscht – allerdings erst später wenn weniger wichtige Dinge zu besprechen sind.“ Torn nickte. „Ein Hofdiener wird sich an euren Koch wenden, um geeignete Speisen und Zutaten für die Sharess auszusuchen und zu besorgen. Wie lange wird die Reise nach Aden eurer Einschätzung nach dauern?“ fragte Bering. „Etwa drei Wochen – vielleicht auch vier, wenn wir ungünstigen Wind erwischen.“ schätzte Torn. Der Alte nickte „Das deckt sich gut mit unseren Einschätzungen. Wann wird das Schiff bereit sein, abzulegen?“ „Sobald wir ausreichend Vorräte gebunkert haben – also morgen zu Tagesbeginn. Das ist zwar nicht Zeit der Ebbe, aber wir können die Bergwinde nutzen um von der Küste los zukommen.“ „Gut, die Sharess wird bei Sonnenaufgang bereit sein, an Bord zu kommen. Ich werde mich nun verabschieden, denn ich muss mich auch noch um andere administrative Aspekte dieser Reise widmen. Einen schaffensfrohen Tag, Kapitän Torn.“ Der Berater verneigte sich zum Abschied und auf eine entsprechende Grußgeste Torns verließ er das Schiff.
Den restlichen Tag war Torn von einem seltsamen Gefühl beherrscht. Üblicherweise war der Hafenaufenthalt der Sigmar für ihn Routine: Ladung löschen, Papierkram erledigen, neue Ladung bunkern und mehr Papierkram erledigen. Dazwischen galt es anstehende Reparaturen zu erledigen und Vorräte zu besorgen. Hier in diesem Hafen lief es zwar ähnlich ab aber trotzdem war vieles anders. Die selbstverständliche Höflichkeit, die ihm entgegengebracht wurde, das ruhige aber heitere Treiben an der Pier und die Atmosphäre, die die Stadt ausstrahlte, gaben Torn das Gefühl an einem besonderen Ort zu sein. Die Häuser am Ufer waren gepflegt und meist mit Stuck oder Schnitzereien verziert. Hinter der Stadt erhoben sich erst sanfte, grüne Hügel und mit wachsender Entfernung zur Stadt wurden diese Hügel zu Bergen, und die Berge zu Gebirge, deren Gipfel ewiger Schnee bedeckte.
Der Nachmittag verging auf der Sigmar recht geschäftig. Der Kammermeister verbrachte fast die gesamte Zeit unter Deck um das Quartier für die Sharess einzurichten und verließ das Schiff am späten Nachmittag, nicht ohne sich überschwänglich und höflich von Torn zu verabschieden. Schließlich brach der kühle Abend an und Torn ließ die Mannschaft an Deck zusammenkommen. Er erklärte seinen Seeleuten, dass in diesem Land gewisse Bräuche galten, die den Männern und Frauen aus dem Süden fremd und seltsam scheinen mochten. Er gab Anweisungen diese Gebräuche zu respektieren und den kommenden Reisenden entsprechenden Freiraum zuzugestehen, sofern diese nicht die Arbeit an Bord behinderten. Er erlaubte Landgang bis Mitternacht, da die Sigmar am nächsten Tag früh auslaufen würde.
Als sich die Mannschaft verstreute, kam Rulkos zu ihm und hieß Torn, ihm unter Deck zu folgen. Als Torn den Lagerraum betrat, konnte er gar nicht glauben in einem Schiff zu sein. Der Boden war mit weichen Teppichen belegt und die Wände mit bestickten Tüchern und Vorhängen verhängt. Der Lagerraum war mit schweren Stoffvorhängen in drei Bereiche unterteilt worden. Im Größeren stand ein großes aber fragil wirkendes Bett, welches anscheinend in Einzelteilen an Bord geschafft wurde und hier aufgebaut worden war. Eine kleine Kommode stand in einer Ecke und darüber war ein Spiegel aufgehängt. Ein Sessel und ein Kleiner Tisch standen in einer anderen Nische. In den beiden anderen Bereichen waren insgesamt drei schlichte Feldbetten aufgestellt worden. Der Bereich mit nur einem Bett enthielt außerdem noch ein kleines Regal mit gut zwei duzend Büchern darin. Die kleinen Gastkabinen waren ebenfalls dekoriert worden, wenn auch nicht ganz so ausgiebig wie der Frachtraum. Der Kammermeister und seine Gehilfen hatten ganze Arbeit darin geleistet, den Frachtraum in ein gemütliches Gemach zu verwandeln. Rulkos, der die Arbeiten überwacht hatte, war ebenso begeistert. „Witziges Kerlchen diese Gnom. Der hat mich gefragt wie viel die Reparatur wohl kosten würde, wenn seine Leute Nägel in die Wände schlagen würden.“ Er lachte laut, da es üblicherweise kein Problem war in der Schiffswand einen Nagel einzuschlagen. „Torn, ich würde dir vorschlagen, öfter mal in diesem Land vorbei zu schauen. Mit solchen Leuten lässt sich sicher gut Geschäfte machen...“ Torn konnte diesem Gedanken tatsächlich einiges abgewinnen.
Er verbrachte den Rest des Abends damit, alleine durch die fremde Stadt zu flanieren. Rulkos war mit der Wache an Bord des Schiffes geblieben. In einer schmucken Schänke nahm er ein einfaches aber köstliches Abendessen ein und spazierte danach in einer Gegend herum, die ihm der Wirt dieser Schenke als Zentrum beschrieben hatte. Es war nicht viel los auf der Straße da der kühle Wind die meisten Bewohner in Schenken, Tavernen oder Gasthäuser trieb. Die wenigen Leute, die sich auf den Straßen herum trieben, waren meist Menschen und weniger Gnome. Dunkelelfen sah Torn kaum. Das Bild, dass die Stadt vom Hafen aus vermittelt hatte, bestätigte sich auch hier. Die meist zweistöckigen Häuser waren meist sorgfältig verziert und zeugten von großer Handwerkskunst. Überhaupt schien Glacia eine Stadt des Handwerks zu sein. In Schaufenstern konnte man sauber verarbeitete Kleider, Schmuck, Werkzeuge und sonstige Erzeugnisse bewundern. Außerdem schienen Uhren hier eine ganz besondere Rolle zu spielen – auf jedem größeren Herrenhaus war ein verschnörkelter und kunstvoll gearbeiteter Zeitmesser montiert. In den Reichen rund um die Grüne See im Süden sah man Uhren höchstens auf den Stadt- oder Marktplätzen. Nach diesem ausgiebigen Stadtbummel kehrte Torn auf sein Schiff zurück und begab sich zur Nachtruhe.

Torn ließ am nächsten Morgen die Mannschaft schon im Morgengrauen vor dem Sonnenaufgang aus den Kojen läuten um das Deck auf Vordermann zu bringen und das Schiff zum Auslaufen klar zu machen. Pünktlich zum Sonnenaufgang erschien eine Prozession von ungefähr 20 Dunkelelfen, Menschen und Gnomen am Hafen. Am beginn der Marschordnung schritten Flaggen- und Standartenträger, gefolgt von ein paar berittenen dunkelelfischen Soldaten in blanken Rüstungen. Dahinter wurde eine Sänfte getragen, worin sich nach Torns Einschätzung die Sharess befinden musste. Es folgten der Berater Bering, den Torn an seinem weißen Haupt erkannte, sechs in langen, dunklen Gewändern und Kapuzen gewandte Gestalten und schließlich eine Gruppe aus Trägern, die wie Torn an der Kleidung erkannte, von dem Gnom und Kammermeister Laurenz von Weitelshausen angeführt wurde. An der Pier machte der Tross, bis auf die Träger und deren Anführer, halt. Die Träger scherten aus und folgen dem Kammermeister zum Schiff. Dieser stiefelte die Planke hinauf und verbeugte sich wieder höchste elegant vor Torn, der ihn in Empfang nahm. „Kapitän Torn, es ist mir eine Freude euch erneut an diesem herrlichen Tag zu begrüßen. Ich bringe die persönliche Habe der Sharess und ihrer Garde an Bord, sofern mir dies gestattet ist.“ Torn konnte sich ein breites Grinsen nicht verhalten „Seid gegrüßt, Meister Laurenz - natürlich ist es euch gestattet eurem Dienst nachzukommen.“ Er trat beiseite um den Gnom und seine Träger vorbei zu lassen, die umgehen unter Deck verschwanden. Es dauerte nicht lange bis der Trupp die Kisten und Truhen verstaut hatten und das Schiff wieder verließen. Bevor er das Schiff verließ wandte sich Laurenz noch einmal an Torn. „Eine wenig strapaziöse, aber lehrreiche Reise und dass die Alten mit euch sein mögen!“ Torn erwiederte höflich „Auf dass wir uns bald und unversehrt wiedersehen!“ Der Gnom verbeugte sich tief und verließ das Schiff.
Nachdem er als letzter zum wartenden Gruppe an der Pier zurückgekehrt war, teilten sich die Reiter zu einem Spalier und die Sänfte gefolgt von den Gestalten in Kutten wurde an die Planke getragen. Torn war angespannt und etwas aufgeregt. Die Inszenierung des Auftrittes der Sharess tat seine Wirkung. Nun erkannte er den Berater Bering, welcher der Person in der Sänfte beim Aussteigen half. Die Sharess war ein einem schlichten, langen, weißen Gewand gekleidet. Auch hier verhinderten eine Kapuze und ein Schleier, dass man das Gesicht der Adeligen erkennen konnte. Ohne jeden Befehl lösten sich von dem Gefolge zwei Gestalten und beraten die Planke um auf das Schiff zu gehen. Torn nahm an, dass es sich um die Leibgarde der Scharess handeln musste. Er machte sich darauf bereit sie dem Anstand entsprechend zu grüßen. Die beiden Leibwächter bezogen links und rechts der Planke an Deck Stellung. Ihr Gesicht war ebenfalls durch einen Schleier, bis auf die Augen, verdeckt. Torn konnte aber erkennen, dass es sich um Dunkelelfen handelte. Sie starrten soldatisch gerade aus und ignorierten Torn, der es sich darauf hin sparte die Beiden an Bord willkommen zu heißen. Nun schritten Bering und die Sharess die Planke herauf, gefolgt von den vier restlichen Leibwächtern. Als die Sharess das Deck betrat wurde sie umgehend von ihren Wächtern umringt – nur Bering kam lächelnd auf Torn zu. „Kapitän Torn, den Alten zum Gruß - bitte entschuldigt das unfreundliche Auftreten, aber wie ihr wisst, müssen gewisse Regeln befolgt werden. Die Sharess wird sich umgehend bis auf weiteres in ihr Quartier begeben. Wann ist das Schiff bereit zum Auslaufen?“ „Willkommen an Bord.“ antwortete Torn laut und mit fester Stimme. Innerlich war er allerdings etwas angespannt. „Wir sind bereit das Ablegemanöver sofort durchzuführen.“ „Gut. Dann werden wir die Arbeiten hier nicht weiter verzögern. Wir besprechen alles Weitere, wenn ihr danach Zeit habt.“ Torn nickte zustimmend und winkte Rulkos, um die Gäste zu ihren Kabinen zu führen. Dunkelelfen verschwanden Einer nach dem Anderen im Niedergang ohne ein Geräusch zu machen – nur das Rascheln von Stoff war zu hören.
Nachdem Rulkos zurückgekehrt war, ließ Torn umgehend Ablegen. An der Pier begannen Hafenarbeiter das Schiff rückwärts mit Stangen und Leinen von der Pier weg zu schieben. Die Rudergängerin drehte sorgsam am Steuerrad, um den Bug der Sigmar in den Wind zu drehen, der auch an diesem Tag kühl von den Bergen herunter wehte. Als das Schiff freies Wasser erreichte, begann die Mannschaft auf ein scharfes Kommando hin sämtliche Segel zu setzen. Die gute Vorbereitung hatte sich gelohnt und das Segelsetzen dauerte nur wenige Augenblicke. Danach fiel das Schiff ab, und die Segel wurden gefiert. Bald lief das Schiff mit achterlichen Wind aus dem Fjord in die offene See Richtung Westen.

Torn begab sich unter Deck in seine Kabine um sein offizielles Gewand gegen ein praktischeres einzutauschen. Dann ließ er nach Bering schicken, um den weiteren Ablauf der Reise zu besprechen. Dieser betrat alsbald in Begleitung eines, immer noch verhüllten, Leibwächters die Kapitänskabine. Torn deutete ihm, sich mit ihm an den Tisch zu setzen und sie begannen die notwendigen Regeln für die Reise an Bord zu besprechen. Dazu gehörte die Einteilung zur Benutzung des Salons zum Kochen und Essen, wo sich sanitäre Einrichtungen befanden und welcher Bereich des Schiffes für Gäste nicht zugänglich war. Torn erklärte das Wachensystem an Bord und welche Anweisungen er seiner Mannschaft im Bezug auf die Gäste an Bord gegeben hatte. Bering seinerseits teilte Torn weitere Regeln und Gebräuche mit, welchen der Besuch der Sharess unterlag. Torn kam erleichtert zum Schluss, dass diese das übliche Bordleben kaum beeinträchtigen würde. Nachdem sie alles notwendige beredet hatten, wandte sich Bering zum gehen, um die Sharess über das Besprochene zu informieren. Doch bevor er die Kabine verließ, nickte der Berater der Wache zu, die während der ganzen Zeit regungslos stillgestanden hatte. Als Bering die Kabinentüre hinter sich schloss, waren Torn und die Wache alleine in dem kleinen Raum.
Torn wusste im ersten Moment nichts mit der Situation anzufangen. Er hatte erwartet, dass die Unterredung mit Bering vorerst Alles gewesen wäre. Gespannt wartete er ab, was der Dunkelelf als nächstes tun würde. Doch vorerst rührte sich dieser nicht und erwiderte nur Torns Blick. Zum ersten Mal sah Torn, dass einer der Wächter nicht nur stoisch gerade aus starrte, sondern ihn tatsächlich ansah. Was wollte dieser Dunkelelf von ihm – was war hier los? Torn spannte sich unwillkürlich und Blickte ernst. „Ja?“ fragte er den Gardisten auffordernd. Dieser bewegte sich zum ersten mal merklich und führte die Hände zum Schleier und entfernte ihn langsam. Torn war erstaunt und erstarrte. Zumal hatte er sich in dem Geschlecht der Wache geirrt – es war eindeutige eine Dunkelelfin. Und nicht nur dass erstaunte ihn. Er kannte dieses Gesicht! Im ersten Augenblick wusste er nicht, ob er es tatsächlich schon einmal gesehen hatte – er wusste nur, dass er es kannte. Als die Dunkelelfin auch noch die Kapuze abstreifte, durchfuhr es Torn wie ein Blitz. Ein kalter Schauer rannte seinen Rücken hinab und Tränen füllten seine Augen. „Keenah!“ keuchte er.

((Wie schon angekündigt, kommt noch ein dritter Teil. Es folgen Karte, Begriffserklärungen, etc... ))

1 Schritt -> 0.5 Meter
1 Meile -> 1 Kilometer

Steuerbord – Richtung rechts wenn man am Schiff nach vorne blickt
Backbord – Richtung links wenn man am Schiff nach vorne blickt
(blickt man auf einem Schiff nach Achtern ist entsprechend Steuerbord links und Backbord rechts)
Achtern – hinten
Steuerbord achteraus – der halbe Winkel zwischen Richtung Achtern und Steuerbord, also 45° 'schräg nach hinten' Richtung Steuerbord
Backbord voraus – 45° in Richtung vorne und Backbord
Bug – vorderer Bereich des Schiffes
Bugspriet - Stange die den Bug nach vorne hin verlängert
Schonermast – vordere Mast auf einem Schoner
Gaffelsegel – viereckiges Segel, dessen Oberliek an einer Spiere, der sog. Gaffel – und dessen Vorderliek am Masten angeschlagen ist
Liek – Kante eines Segels (folglich Vor-, Achter-, Unter-, Oberliek)
Spiere – Stange, Rundholz
Gaffel – Spiere des Gaffelriggs
Rahsegel – viereckiges Segel, welches an zwei Rahen (eine unten, eine oben) quer zum Masten steht
Rah – Spiere, an welche das Ober - bzw. Unterliek eines Rahsegels festgemacht wird
Großmast - auf einem Schoner der hintere, größere Mast
Takelung – Art und Weise wie Segel auf einem Schiff gefahren werden
Höhe – Weg den ein Segelschiff gegen die Windrichtung zurücklegen kann
Bleekman – Totenkopfflagge eines Piraten auf Beutezug
Karavelle – klassisches altertümliches Segelschiff mit 2-4 Masten
Feuerwerfer – schweres Torsionsgeschütz, dessen Munition meist aus Tonkugeln, gefüllt mit gut brennbarer Flüssigkeit, besteht
Schwärmer – mittelschweres Torsionsgeschütz, welches bis zu einem Dutzend Bolzen in schneller Abfolge verschießt
Bootsmann – erster Offizier oder auch erster Maat, erster Stellvertreter der Kapitäns auf einem Schiff
Schanzkleid - massive, brüstungsartige Fortsetzung oder Erhöhung der Bordwand über das Deck hinaus
Want – Taue oder Taunetze die den Masten seitlich stützen
Belegnagel – Holzzapfen an dem Taue oder Leinen festgemacht – 'belegt' – werden
Besanmast – achterlicher, meist kleinerer Mast hinter den Hauptmast
Wende – Manöver, bei dem das Schiff mit dem Bug durch den Wind dreht und der Wind in weiterer Folge von der anderen Seite in die Segel bläst.
Halse – wie Wende, nur dass das Heck durch den Wind gedreht wird
Anluven – das Schiff so steuern, dass sich der Bug in die Richtung dreht, von der der Wind kommt
Abfallen – das Gegenteil von Anluven
Rudergänger - Steuermann
Außenklüver – vorderstes der drei Vorsegel
Innenklüver – mittleres Vorsegel
Fock – größte und hinterste der drei Vorsegel
fieren – die Segel so bedienen, dass sie einen größeren Winkel zum Mittschiffslinie einnehmen können
Dicht holen – das Gegenteil von fieren
Schoten – jene Leinen mit denen die Segel bedient werden
Kommis – Handelsangestellter
kielholen – eine Strafe bei dem der Bestrafte unter dem Schiff mit einer Leine durchgezogen wurde. Wegen dem meist starken Bewuchs des Unterwasserschiffs, endete die Strafe meist tödlich.
Topsegel – Segel die am Masttop gesetzt werden (Gaffeltopsegel, Rahtoppsegel am Schonermast)
Krängung – Schräglage des Schiffes auf Grund des Winddrucks in den Segeln und der bremsenden Wirkung des Rumpfs im Wasser
Dünung – Wellengang
Gischt – zerstäubtes Wasser
Bändsel – kurzes Stück Leine oder Seil
Wimpel – kleine Flagge, Fähnchen

Windstärke in Bft / Bezeichnung der Windstärke / Bezeichnung des Seeganges und Wirkung auf dem Wasser

3 schwache Brise / Anfänge der Schaumbildung
4 mäßige Brise / leicht bewegte See / kleine, länger werdende Wellen, überall Schaumköpfe
5 frische Brise / mäßig bewegte See / mäßige Wellen von großer Länge, überall Schaumköpfe


[Bild: Karte_Westmeerkueste.jpg]
Now the problem about making yourself stupider than you really are, is that you often succeed C.S. Lewis
Norix - DarkAvanger
Rauvaonar - RP-DE
[Bild: Nbanner9.jpg]
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#10
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Es gibt Maler, die aus der Sonne einen gelben Fleck machen .
Und es gibt Maler, die machen aus einem gelben Flecken eine Sonne.
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