Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Delaila - im Feuer des Drachen
#1
Thread geöffnet für Delaila.
Hf beim schreiben Wink
Zitieren
#2
Delaila - im Feuer des Drachen

Prolog - aus Rauch und Asche

Wie ein Leichentuch legte sich die graue Asche über die skelettartigen Überreste der kleinen Stadt. Hier und da glühte die Erde noch, züngelten einzelne Flämmchen gierig an dem, was die Untiere übrig gelassen hatten, um auch dies zu verschlingen. Der einzelne Sonnenstrahl der durch die tiefschwarzen Wolken brach, wirkte fremd. Ebenso wie das Menschenkind, das ängstlich die Nase in den nach Rauch riechenden Wind streckte. Die Augen waren schreckensweit, wanderten von den Überresten des Tisches, unter dem sich das Mädchen versteckt hatte hinüber, dahin, wo einmal das Haus der Familie gestanden hatte. Mama? eine schüchterne, leise Frage, die nicht auf eine Antwort wartete. Eine Windhose, die fast nur aus Asche zu bestehen schien, tanzte über die Trümmer.

[SIZE=16]I. -das Mädchen


Zoegerlich blieb ich einen Augenblick stehen, doch nichts tat sich. So setzte ich meinen Weg fort. Die Dorfstraße unter der Schicht aus Asche schien das Echo meiner leisen Schritte wie Donner auf mich zurueck zu werfen. Verstohlen blickte ich mich immer wieder um, in der Hoffnung auf einen Schatten, der sich aus dem Rauch schälen würde. Doch ich sah nichts. Keine Leichen. Kein Blut. Keine Menschenseele.

Es wirkte unwirklich. Wieder huschte mein Blick zu den verkohlten Resten des Tisches. Noch am Morgen hatten wir hier gefrühstückt. Die Mutter, der Vater, die Brüder und ich. Delaila. Seit zehn Jahren hatte ich jeden Morgen hier gefrühstückt.

Nach endlosen Schritten durch die Straßen der Stadt, mal hektisch, mal vorsichtig, blieb ich stehen und nun traute ich mich auch, die Vermutung, die sich in meinem Hinterkopf angebahnt hatte, meinen Verstand betreten zu lassen: Die Stadt war leer, von allem Leben verlassen. Geisterstadt. Wie leergefegt. Ausgeräuchert. Ein Reich aus Asche.

Und da nahm ich es zum ersten mal wahr... Das einzige Geraeusch, das die Stadt erfuellte, war mein eigener Atem. Nun, da ich mir der Stille bewusst war, droehnte es wie ein Wasserfall in meinem Kopf und der Klang der Luft, die mein Koerper einsog und wieder herauspresste steigerte sich in der Abwesenheit jedes anderen Geraeusches zu einem Laerm, der mich scheinbar taub werden ließ. Die Luft selbst, der allgegenwärtige Windhauch, von Rauch und Arsche geschwängert, schien stehen zu bleiben. Nur bewegt durch meine kleinen Lungen. Der Hustenreiz wurde beinahe quälend. Ich war allein.

Von Angst ergriffen begann ich loszulaufen. Wohin war mir egal. Nur fort von diesem; meinem; Grausen . Entkommen. Ich lief und lief, durch Straßen und Gassen, bis mir meine Lungen; voll Rauch wie sie waren; meinem Koerper mir weiteres Laufen untersagten und ich erschoepft in die Knie ging.

Was war richtig, und was falsch? Meine Gedanken drehten sich im Kreis und wollten nicht anhalten. Aussichtslos. Ich spürte wie mein Verstand entschwindete. Hinaus. Nur hinaus...

Ich hob den Kopf ob der Schritte, die sich ihren Weg durch die Trümmer bahnten. Schnell war ich wieder auf den Beinen, schlüpfte hinter den Überresten eines Steinkamins. Versuchte meinen Atem zu entschleunigen. Ihn eins mit der gespenstischen Stille werden zu lassen. Lauschte. Spähte dann vorsichtig zu der Gestalt, dort im Rauch.

Es war ein Mann, breit und kräftig gebaut, ein etwas untersetztes Pferd am Zügel führend. Der Schimmel schien bemüht, nicht auf die verkohlten Reste der Häuser zu treten, hob die Beine so vorsichtig, dass es fast grotest schien. Der Mann; er schien schon alt zu sein, ein langer weissgrauer Bart bedeckte seinen Oberkörper; bückte sich ächzend, tauchte die Finger der Rechten in die Ascheberge. Roch an der Asche, zerrieb sie zwischen Zeigefinger und Daumen. Verfluchte Bestien! entschlüpfte es knurrend seiner Kehle. Das Pferd schnaubte. Die aufgewirbelte Asche zeichnete spielerisch ein Muster auf der Leinenhose des Alten. Nun sah ich sie, die langstielige Axt, sie am Sattel des Pferdes befestigt war. Die rostrote Klinge schien nahezu die Gestalt eines Drachens zu haben, der flügelschwingend sein Opfer mit heißem Blick fixierte. Erstarren ließ. Das Schild, dass den Stiel halb verdeckte, war filigran gearbeitet. Die Schädelknochen eines kleinen Drachens schälten sich daraus hervor und sprangen den Betrachter beinahe an. Schwer ließ sich mein Blick von jenem lösen.

Der Mann war währenddessen mit seinen Beobachtungen fertig. Er befeuchtete den Finger mit der Zunge und hielt in die rauchige Luft. Nachdenklich gruben sich Falten in die Stirn. Dann machte er endgültig kehrt und verließ schleppenden Schrittes die Ruinen. Er nahm die Antworten zu meinen Fragen mit sich.

Ich folgte ihm.[/SIZE]
[Bild: dela2v2blue.jpg]
Zitieren
#3
(( *hinsetz und platz halt*
mag mehr ... *zum ava schiel* gothicfan :x

rhy))
Leider bin ich selbst nicht in der Lage eine vernümpftige und vor allem nicht angreifende Signatur zu pflegen - daher habe ich nun diese.
Zitieren
#4
Ein schönes Frühstückspausen-Kapitel.
*versucht rhy zu imitieren* ...mag mehr...
---------------------
Getötet im RP:
Aadieson - † 21.04.2007

Auf Eis:
Abgondrafn Syonisthil
Zitieren
#5
Bittö mehr!

*Aadiesons Versuch Rhy nachzuahmen belustigt anschaut*

Zitieren
#6
II.- im Kreise der Krieger

Die fast unnatürlich breiten Schultern des Pferdes hoben und senkten sich mit jedem Schritt auf dem steinigen Boden. Fast mit kindlicher Neugierde in den Augen blickte ich mich um. Die neue Welt, in die ich meine Füße setzte. Es war schon Wochen -ja beinahe Monate- her, dass ich von meinem Meister aufgebrochen war, Hallebarde, Kurzstiel- und Langstielaxt und Massen an Vorräten auf den kleinen Karren gelegt. Mitlerweile waren die Vorräte aufgebraucht. Es blieben nur noch die Waffen und die Rüstung, die nun ohne Polsterung auf der Ladefläche aneinander klirrten. Und die Rüstung aus Drachenleder, die ich am Körper trug. Aus einem schillernden Blau waren die Schuppen - einfach bequemer für die lange Reise auf dem Kutschbock. Kauf dir eine ordentliche Plattenrüstung, Kind -jenes waren die Worte, die der Meister mir hinterher gerufen hatte. Einige Stunden später hatte ich eine schöne Summe an Goldstücken in einem der Säcke gefunden. Ja in der Tat, die Drachenschuppenrüstung hielt nicht viel an Schlägen ab, doch eher war sie eine Art Souvenier. Mein erster Drache. Vor garnicht so langer Zeit. Nun bist du reif, fortzuziehen. Nun hast du alles gelernt, was ich dir mit auf deinen Weg geben konnte. Die Worte des Lehrmeisters noch in den Ohren ratterte der Karren über die Straße, so dass die Äxte klirrten. Ich maß nun 21 Sommer. Ja, es war an der Zeit.

Mein Ziel - Giran - war schon nahe, als es dunkel wurde. Der alte Meister hatte mich gewarnt, in der Dunkelheit weiter zu ziehen. Kaum die Hand vor den Augen konnte ich erkennen, nur ein leichter Feuerschein am Rande des Waldes. Neugierig zügelte ich das Pferd und trat auf die Männer zu, die dort schwatzend am Feuer saßen. Große Krieger schienen sie zu sein, so rauh der Umgangston, als auch rauh ihre Seelen. Sie behandelten mich nicht als Frau, als sie meine Rüstung sahen, sondern fast als Knabe, baten mir einen Platz am Feuer an. Ich nahm dankend an und wir kamen ins Gespräch. Drachenjägerin, mhm? Dann habe ich etwas, das Ihr Euch ansehen müsst! Einer der Kerle erhob sich und erzündete eine Fackel am Lagerfeuer. Ich folgte ihm.

Die Schritte hallten durch die Höhle, so dass ich fürchtete, jeder Drache im Umkreis von Meilen müsste von dem Geräusch wach werden. Pssst... machte der Krieger, unsinnigerweise. Ich hielt mich dicht hinter ihm und fragte mich, ob es wohl klug gewesen war, die Axt im Karren zu lassen. Die Luft schien zu stehen und Wärme schlug mir entgegen. Rauchige, stickige Luft, wie Atem einer sehr großen, uralten Kreatur. Der Drache schlief. Die roten Schuppen glänzten im Schein des Feuers, das an einigen Ecken der Höhle loderte. Gewollt?

Drachenjägerin, mhm? Trotz der Dunkelheit konnte ich das hähmische Grinsen des Kriegers erkennen. DAS ist ein Drache, Kindchen! Nicht so eine Eidechse, wie du sie da erlegt hast! Und tatsächlich maß das Tier beinahe die ganze Höhle ein. Der Atem aus den riesigen Nüstern qualmte und stank moderig. Ich hatte das Gefühl ersticken zu müssen.

Wohin führt dich dein Weg, wenn nicht in diese Höhle, Drachenjägerin? Ich war froh über die frische Nachtluft, sog sie gierig ein, soviel, wie meine Lungen nur zu fassen vermochten. Giran.

Ahh, die Handelsstadt! Dann pass auf: Er reichte mir eine Pergamentrolle, von der ein unheimliches blaues Glühen aus ging. Ich blickte ihn verständnislos an. Ja, aufmachen! Zögernd zerbrach ich das Wachssiegel, löste die Schleife des blauen Bandes, das die Rolle zusammen hielt. Langsam entrollte ich das Pergament und sogleich stiegt mir ein merkwürdiges Kribbeln in die Fingerspitzen. Dann, urplötzlich, sprang geißendes blaues Licht aus der Rolle hervor, hüllte mich ein. Entfürhrte mich, bevor ich auch nur schreien konnte. Als das Licht verblasste, fand ich mich in mitten einer Stadt wieder, in der ein fast untypisches Treiben herrschte. Einige Händler schliefen halb über ihre Ware, während Zwerge geschäftig von einem zum anderen huschten. Giran. Die Handelsstadt. Zufrieden sah ich mich um, jedoch in Gedanken noch immer bei dem Karren mit den Waffen, der irgendwo in der Nacht stand.
[Bild: dela2v2blue.jpg]
Zitieren
#7
*nen harhar-nicht-sterben-platzhalter-platzhalterschild hinstellt*
[Bild: 231677.png]
Zitieren
#8
III. -Aufbruchstimmung

Du wirst keine neuen Meere entdecken,
solange du nicht den Mut hast,
die Küste aus den Augen zu verlieren.


Nun war es also an der Zeit, das Vergangene Gegenwart werden zu lassen. Er hatte Recht gehabt, von Anfang an. "Drachenjägerin" - welch irrtümlicher Name für meine Berufung. Dennoch dachte ich immer, dass es der wohl Passenste war. "Drachenforscherin". Ja, das war es wohl eher. Aber eigentlich war es nur eine Art Flucht, vor dem Geschehenen. Dem Trauma eines kleinen Kindes, das nicht wusste wohin. Alleingelassen, auf sich gestellt, zwischen Trümmern der Vergangenheit. Das jemanden brauchte, der ihm seinen Weg zeigte, damit es ihn gehen konnte. Den Weg zurück - obgleich ich doch kaum angekommen war.

"Kriegerin". Noch so ein Begriff. Ein Wort, das so viel aussagte, doch auch irgendwie... garnichts offenbarte von dem, was es für mich bedeutete. Was machte eine Kriegerin aus? Die beiden Äxte an meinem Gürtel? Die Wurfäxte in den Stiefelschaften? Oder die Hallebarde in der Rückenhalterung? Nein... das war nicht alles. Dennoch das Erste, was man sah. Arlin hatte mich einst für eine Stadtwache gehalten... Welch groteske Idee! Dennoch... das Erste, was man sah...

Meine Gedanken schweiften ab, als ich betont langsam meinen schmalen Reiseproviant packte. Er hatte es tatsächlch geschafft, dass ich endlich meinen Mut gesammelt hatte, mich dem Geist der Vergangenheit zu stellen. Abzuschließen. Vielleicht offene Fragen zu klären. Zu verstehen.
Es würde kein leichter Schritt werden, nein. Das war es nie - nicht bis hier hin. Ich hatte Angst. Was würde mich erwarten? Wie würde ich darauf reagieren? Ich wusste es nicht. Es war diese Ungewissheit, die ich fürchtete. Nicht planen zu können. Ich war nicht alleine. Doch diese Tatsache nahm mir meine Angst nicht. Nein, sie war eher der Grund dazu, dass ich diese Reise überhaupt antrat.

Die Angst war gegenwärtig, begann krampfend im Magen und zog hoch, bis sie meinen Hals verschloss, mich würgte. Sie wuchs. Doch fast.. genoss ich sie. Sie ließ mich reisen, noch bevor ich aufgebrochen war.
Ließ mich wieder durch die Augen eines Kindes sehen, dass auf die Überreste seiner Heimat blickte. Den Blick über die rauchenden Ruinen wandern ließ und begriff, dass nichts mehr wie vorher war. Dass es die Liebsten nie wieder sehen würde. Auf eigenen Beinen stand. Ganz plötzlich... allein war.

Ich war nie wieder zurück gekehrt - nach Hause. Nach Hause! - wie das klang! - Warum? Ich wusste es nicht. Aus Angst? Vielleicht. Vielleicht auch, weil ich abgeschlossen hatte, mit der Vergangenheit. Abgeschlossen mit Dingen, die doch für mich immernoch Gegenwart waren. Die eben nicht abgeschlossen waren.

Ich war nicht allein. Dass Arlin mir angeboten hatte, mich auf dieser besonderen Reise zu begleiten, hatte mich überrascht. Ich kannte den auffällig; jedoch nicht ungesund; bleichen Mann zu wenig um zu sagen zu können, warum er mir jenes angeboten hatte. Ich kannte ihn gut genug, um ihm zu vertrauen. Auch wenn ich noch immer das Gefühl hatte, dass er jemand... anderes war, als er zugab. Dieses Gefühl beschlich mich bereits bei unserer ersten Begegnung. Er wusste zu viel, auch über Dinge, die keiner sagte. Die verborgen bleiben sollten. Er sprach sie aus, als Selbstverständlichkeit. Und machte sie zu Selbstverständlichkeiten. Und diese Kenntnisse über Magie und die Kreaturen, die sie hervorbrachte. Über die Menschen und darüber, was Magie aus ihnen machen konnte. Oder vielmehr die Macht, Magie zu beherrschen... Vielleicht täuschte ich mich auch und Arlin war nicht mehr, als ein belesener Wanderer, der einfach schon recht viel herumgekommen war. Jedenfalls war meine Neugierde immerfort geweckt, einem möglichen Geheimnis auf die Spur zu kommen. Nicht, dass es mich störte, dass er mich begleiten wollte - geradezu erfreut über die Reise zu sein schien. Ich wusste, dass er mir Kraft geben wollte und - wie ich immerwieder erstaunt feststellte - schon gab. Ich werde dir alles an Trost und Unterstützung geben, zu dem ich in der Lage bin. Ich erinnerte mich seiner Worte gut, da sie ehrlich waren, da das Schmunzeln seine Lippen bei ihnen verlassen hatte. Bei jedem Anderen wär ich sicherlich aufgefahren, hätte ihn gefragt, was beim Namen der Götter ihm den Anschein gab, ich würde Trost nötig haben. Doch nicht bei Arlin, der mit jedem forschenden Blick in mich hineinzusehen schien - in meine Seele - und sah, dass ich Angst hatte. Eure Furcht ist ein Zeichen, dass Ihr auf dem richtigen Weg seit... Ich würde ihn bei Gelegenheit fragen, auf welchem Weg er war...

Ich hatte seltsam tief geschlafen diese Nacht. Die durchwachten Stunden über den Karten, den Plänen der Reise hatten ihre Wirkung gezeigt. Doch war es kein Schlaf einer Erschöpften, sondern ein seltsam tiefer, traumloser Schlaf. Ich fühlte mich weitaus erholter und wacher, als schon seit langem. Der Tatendrang und die Aufbruchsstimmung verdrängten die Angst vor dem Ungewissen.

Ich warf einen Blick auf die Karte, die auf dem kleinen Tisch in meinem gemieteten Zimmer lag, zog in Gedanken die Linien nach, die meine Feder auf ihr gezogen hatte... Die Tinte war an einigen Stellen verwischt, die Linie zittrig, doch wurd sie sicherer, je dichter sie ihrem Ziel kam...
Ich knotete den kleinen Beutel mit Brotlaibern und Schinken an meinen Gürtel, nahm den Wasserschlauch und hängte ihn mir quer über den Torso. Ein prüfender Blick an mir herunter... die dünne braune lederne Rüstung schmiegte sich fest an meinen Körper, schmeichelte - und ersetzte die Drachenlederrüstung für diese Reise gut. Die Schuhe fest aber bequem, fast kniehoch fixierten sie die beiden Wurfäxte an meinen Waden. Der Aufbruch nahte. Das spürte ich mit jedem Blick zur Tür heraus, mit jedem Schritt durch das Gasthaus, mit jedem Luftzug, den ich nahm, als ich schließlich auf den Stufen der Haustür stand. Es war soweit. Die Reise begann. Wohin? Eine merkwürdige Frage. Doch ich bin mir sicher das die einzig wirklich passende und sichere Antwort darauf wäre: "in die Vergangenheit."


Wie reißt das wilde Spiel
an meinem müden Herz,
wie weit entfernt und unbewußt
ruht nun der sanfte Schmerz.
Ist jene Stimmung Spielerei,
so spült sie mich doch hin.
Gelöst von Trauer
-beinah frei
vergeß ich wer ich bin.
Fast glaub ich dieses Ungewiss
ist mehr als ich ertragen kann.
Mich treibt das Blut nun fort.
Ich taumel, stürze, halte mich
doch wehe voller Zuversicht
zurück - an jenen Ort.

[Bild: dela2v2blue.jpg]
Zitieren
#9
Auf Wunsch spiele ich natürlich gern Platzhalterchen! Bitte schön, Deli!

...aber das Weiterschreiben nciht vergessen... Rolleyes
[Bild: banner2.jpg]
Lady Galenya v. Drachenfels / Galenya Draug
~Das letzte Kapitel online~
Zitieren
#10
IV. -Auf der Reise

Delajla und Arlin waren bereits aufgebrochen – hatten den Wasserweg zur sprechenden Insel und von dort weiter gen Gludin genommen. Auf einer kleinen Plattform im Rücken des verlassenen Leuchtturmes schlugen sie ihr Nachtquartier auf…
---------------------------------

Der Himmel barg viele Sterne in dieser Nacht. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.

Langsam stand ich auf und schälte mich aus dem wollenen Umhang, den ich über mich ausgebreitet hatte. Ich blickte zum Haus. Es schien verlassen, wie schon gestern, als ich es zusammen mit Arlin von außen erkundet hatte. Er hatte enttäuscht gewirkt, dass Ismarel, mein alter Lehrmeister, nicht mehr dort lebte.
Jedoch schien jenes alte Haus Augen und Ohren zu haben – ein Gefühl, das mir nicht behagte.

Vorsichtig warf ich einen Blick gen Arlin, der sich neben mir zusammengerollt hatte und scheinbar tief und fest schlief. Ich legte sacht eine Hand auf seine Wange, bemüht, jenes so vorsichtig zu tun, dass ich ihn ja nicht wecken würde. Seine Haut fühlte sich kalt an, wie immer – Körperwärme schien etwas zu sein, was dem Manne fremd zu sein schien - und besorgt breitete ich meinen Umhang auch noch über ihn, ehe ich eine meiner Laternen entzündete und über die Hängebrücke auf das Haus zu ging, eine kleine Wurfaxt im Gürtel. Wer oder was diesem Hause Augen und Ohren gab, würde sicherlich auch Zähne haben.

Die Tür war nicht verschlossen und knarrte leise in den Angeln. Den verlassenen Anschein, den das Haus von außen gemacht hatte wurde mir sogleich im Inneren bestätigt. Pergamente lagen überall verstreut und raschelten vom Wind, der sich durch die Ritzen der Wände geschlichen hatte. Kerzen, Kerzenhalter, eine Axt mit geborstenem Griff und ein altes Schild, gespalten durch eine lange Kerbe. Die wenigen Möbel waren alt und verkommen, und es schien mir eines Testamentaufschriebes gleich, sich auf sie zu setzen.

Leisen Schrittes stieg ich die alten Holzstufen empor ins Obergeschoss. Doch das Quietschen und Knarren der Treppe kündigte mich besser an, als jeder Wachhund. Ein rötliches Glimmen kündigte Leben an. Ich hob Laterne und Axt vor mich, doch es geschah nichts. Eine lauernde Stille lag über dem Raum und da niemand dort zu sein schien, blickte ich mich um. Was ich sah, überraschte mich zu tiefst: der verfallene und verlassene Eindruck beschränkte sich nur auf den unteren Teil des Gebäudes – einige Fakeln beläuchteten den Raum, ließen mich einen Blick auf ein reichliches Arsenal von unterschiedlichsten Waffen werfen, die an der Wand hängend und lehnend darauf zu warten schienen, begutachtet zu werden. Ich ließ die Axt sinken, und mein Blick setzte seine Wanderung fort, über Strohballen, die teils als Bett, teils als Stühle zu dienen schienen. Ein alter, aber gut gepflegter Tisch stellte den Mittelpunkt des Raumes dar. Auch hier stapelten sich Pergamente, jedoch sorgfältig geordnet. Nur die Fenster waren auch von innen so dunkel – vielleicht durch Ruß – dass das obere Stockwerk von außen uneinsichtig war.

Kein Zweifel – dieses Haus war in der Tat bewohnt. Doch seltsamerweise schienen sämtliche Sinne und Impulse in mir gelähmt zu sein. Ja, sogar jegliches Denken. Ich wollte mich gerade über die Pergamente beugen, als ich im Augenwinkel eine Bewegung am Boden vernahm, die mich letztlich aus dem Bann riss. Ich wirbelte herum, die Axt in der Hand, bereit mich zu verteidigen.

Das Drachenbaby schaute mich aus wissenden, beinahe spöttischen Augen an. Ich ließ die Axt abermals sinken und schon trottete es auf mich zu, fast wie ein Hund – es war auch keinen Deut größer als ein solcher es gewesen wäre – und rieb die beschuppten Flanken an meinen Beinen.

„Nun, hast du meinen stillen Ruf erhört, Delajla? Bist meiner unausgesprochene Bitte ereilt?“

Einen Augenblick überkam mich der fast lächerliche Gedanke, der Drache hätte gesprochen. Dann hob ich den Blick und erkannte im Schatten der Fakeln eine Gestalt, auf einem der Strohballen sitzend, den Blick aus dem Fenster gerichtet und mir so den Rücken zu wendent. Ich kam noch nicht einmal auf die Idee, die Axt abermals zu erheben. Dann erhob der Schatten sich und wandte sich langsam, fast schwerfällig, zu mir herum. Ich erkannte ihn sofort, obgleich er sich verändert hatte. Das Haar war weiß, glatt und sehr lang geworden und das weise Gesicht durchzogen sehr viele neue Furchen, Falten und Narben. Das linke Auge war schwarz und blind wie eh und je, doch das Rechte blitzte mich in einem hellen Blau an, zweifelslos hocherfreut – auch wenn dieses Lächeln nicht bis zu den blassen Lippen reichte. Obgleich seines Alters – er mochte nun wohl schon um die 80 Sommer auf dem Buckel haben – hielt er sich aufrecht und das Haupt stolz erhoben, die Muskeln unter der faltigen Haut schienen erschlafft, doch noch immer trug er diesen Hauch von Krieg, Kampf und Ruhm. Ismarel musterte mich fast wie ein von ihm geschaffenes Kunstwerk. “Du bist eine Frau geworden, seit ich dich in jenem Sommer fort schickte, Delajla. Eine wahrhaftig prächtige Frau…“

Jene Worte brachen den Bann und ich schluckte schwer. Die Ehrfurcht vor ihm war zu gross, als dass ich ihn einfach umarmt hätte – obgleich er nicht mehr mein Lehrmeister war. “Ich dachte du wärst…“ begann ich hilflos. “Tot?“ ergänzte er trocken, begann dann, als er meinen Gesichtsausdruck sah, haltlos zu kiechern, ein Geräusch, das bei alten Männern oft an ein ganz leises, aber intensives Husten erinnert – rauh, kehlig. “Wenn ich dich eins gelehrt habe, dann das, dass Unkraut nicht vergeht, oder?“ Ich lächelte müde, zu mehr war ich schier zu verwirrt. “Dennoch verbieten meine mürben Knochen es mir, stundenlang herum zu stehen.“ sprach er, drehte sich um und setzte sich wieder auf den Strohballen. So, mit dem Rücken zu mir, wies er mit einer Geste neben sich. Ich trat heran und setzte mich zu ihm, blickte hinaus und sah das letzte leichte Glimmen unseres Lagerfeuers, Arlins schlafende Gestalt, und die Lichter eines Schiffes, das gerade den Hafen verließ – unten, weit unter uns.

“Mir scheint du hast den Verlust von Berold nun endlich verkraftet?“ Ismarel deutete mit ernster Mine auf Arlin. Der Alte schien zu wissen, was ihn erwartete, denn er war nicht überrascht, als ich auffuhr: “Ich werde jenes niemals verkraften und das weißt du! Ich bin Schuld an seinem Tode!“ Ismarel lächelte nur müd’. “Meinst du nicht, dass dir, solltest du wirklich Schuld gewesen sein, der Vater des Jungen längst den Kopf von den Schultern geschlagen hätte?“ Doch ich hörte gar nicht mehr zu.

Ich sah das Szenario so deutlich vor mir… die Schuppen des Drachen hatten in allen erdenklichen Blautönen geschimmert, das Auge geleuchtet wie die Flammen, die er uns entgegenlodern ließ. Die Echse war groß, jedoch nicht riesig. Das Duzend Männer das ich unter meinem Befehl wusste, würde langen.
Der Kampf war lang und schwer. Immerwieder ließen Feuerszungen die Luft um uns siedentheiß brennen. Ich war 16, Berold, der Mann den ich liebte gerade 18 – und etwas langsamer und unbehänder als sonst durch den kaum verheilten Bruch in seinem Bein.
Es war mein erster Drache. Dass es der Einzige bleiben würde, wusste ich nicht. Zu blind war ich in dem Gedanken meine Eltern zu rächen. Zu blind im Kampfe. Dass Berold getroffen wurde, sah ich zu spät. Ich wollte zu ihm, doch ich konnte nicht. Die Männer hatten sich in Sicherheit gebracht und so gab es nur noch mich und den Drachen, der mir den Weg zu Berold versperrte. Die Bestie war bereits schwer verwundet und daher umso wütender, verzweifelter. Aus dem Schnitt an meinem Hals rann Blut in Ströhmen. Viel Blut, zu viel, das mir fast das Bewusstsein raubte. Doch auch ich war verzweifelt, wütend. Und jenes Gefühl gab mir die Kraft erst in dem Moment zusammen zubrechen, in dem mein Schwert bis zum Heft in der Brust des Drachens steckte. Meine Gedanken waren längst nicht mehr auf dem Schlachtfeld um die blaue Echse. Sie waren bei ihm, bei Berold, den ich liebte. Und den ich trotz seines verletzten Beines nicht davon abgehalten hatte, mit in meine Schlacht zu folgen.

Ismarel berührte mich an der Schulter und riss mich so in die Gegenwart zurück. Ich spürte, dass meine Wangen feucht waren und wandt fast automatisch den Kopf ab, die Zähne tief in die Unterlippe schlagend, um mich zu sammeln. Ismarel gab mir diese kurze, kostbare Zeit, ehe er mich ansprach: “Er hätte es nicht ausgehalten, dich nicht zu begleiten, dass weißt du. Es war sein Wille, sein Risiko. Du konntest nicht über ihn entscheiden. Sogar ICH konnte es nicht.“ kurz atmete er schwer durch, ehe er weitersprach: “Es ist nie deine Schuld gewesen, Delajla. Es gibt Dinge, die in einer gewissen Art und Weise vorbestimmt sind… Die man nicht ändern kann, selbst wenn man es will. Selbst wenn man sein Leben geben würde…“
Ich nickte leicht, jedoch nicht, weil ich ihm zustimmte. “Ich hätte ihm helfen können, ihn verteidigen…“ Ismarel schüttelte das weisse Haupt, auch er schien jetzt aufgebracht. “Wie denn? Du warst schwer verletzt, bist uns beinahe verblutet! Es ist ein Wunder dass du den Drachen noch töten konntest, bevor er DICH töten konnte!“ Und dann wurde seine Stimme leise, gefährlich leise: “Wäre es deine Schuld gewesen so hätte ich dich dem Henker vorgeführt, als Schuldige am Tod meines Sohnes. Zweifle nie wieder meine Fähigkeit an, über Menschen zu richten, Delaila.“ Er verstummte, schwer atmend, und ich gab auf, senkte den Blick und nickte nur. Vielleicht hat er Recht. Ein jeder bestimmt sein Schicksal selbst, doch letztendlich gibt es Wege, die vorherbestimmt sind. Die man nicht beeinflussen kann.

Wir schwiegen einige lange Minuten, ehe Ismarel – nun wieder sichtlich entspannt – auf meinen Reisegefährten deutete, der sich just in diesem Augenblick im Schlaf auf die andere Seite drehte. “Du bist also bereit, die Schatten der Vergangenheit zu besiegen?“ Ich nickte leicht, “Ja, ich bin bereit an den Ort meiner Kindheit zurück zukehren.“ Er schüttelte den Kopf. “Das war es nicht, was ich meinte, denn sonst wärst du nicht hier. Nein, ich meine…“ – er deutete abermals auf Arlin – “Der Bursche. Du scheinst Gefallen an ihm gefunden zu haben… was ich beobachten konnte, scheint auch er einen deutlichen interessierten Eindruck...“ Ich unterbrach ihn: “Wie kommst du denn auf diesen törichten Einfall? Er begleitet mich doch nur!“ Ismarel begann abermals zu kiechern. “Und nur ein kurzer Blick in deine Augen strafen jene Worte Lügen. Du bist noch immer eine sehr schlechte Schauspielerin, Delajla!“ Ich seufzte. Er kannte mich zu gut, als dass ich es weiter hätte abstreiten können. Auch wenn ich noch immer nicht wusste, was genau ich über Arlin denken sollte – das Gefühl, dass er weit mehr war, als er zugab, wurde ich ohnehin nicht los – ich war mir schmerzlich dessen bewusst, dass er mehr füt mich war, als eine Reisebegleitung. In wie fern – ich konnte es nicht sagen.

“Er ist nicht Berold…“ begann ich, doch Ismarel war schneller: “Na zum Glück! Wer kennt besser die Schwächen eines Mannes als sein eigener Vater?“ Er lächelte das traurige Lächeln eines Mannes, der seinen Sohn verloren, aber nie vergessen hatte. Dann legte er mir eine Hand auf die Schulter. “Tu das, was ich als Vater nicht tun kann… Öffne dein Herz und geb ihm die Möglichkeit, es zu erwärmen. Du musst ja nichts erzwingen oder ereilen… Wer weiss, vielleicht wird auch er noch lange brauchen. Vielleicht genauso lange wie du…“
Ich blickte Ismarel überrascht an. “Aber du kennst ihn doch gar nicht…“ Er lachte leise. “Natürlich kenne ich ihn nicht. Nun schau dir das Kerlchen doch mal genau an, Kleines… Du wirst doch nicht den Frevel begehen zu glauben, dass er das ist, das er zu sein scheint, oder?“
[Bild: dela2v2blue.jpg]
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste