29.07.2007, 14:50
OOT: Danke Lelwani.
Ich hatte wirklich Bedenken und Mühen bei diesem Schreibstil. Aus der Ich-Perspektive im Präsens zu schreiben ist gänzliches Neuland für mich und dazu kommt, dass es teilweise wirklich nicht leicht zu lesen ist.
Gerade bei dem zweiten Teil kann ich mir gut vorstellen, dass es Mühe bereitet es zu lesen. Durch die Traumwelt und die Ohnmacht folgen viele Impressionen, die nahezu erschlagend wirken und nicht immer leicht zu deuten sind. Sowohl für die Protagonistin als auch für die Leser. Ich hoffe man kann sich dadurch gut in Lia's Lage versetzen und habe nicht all zu viele Leser vergrault. *gg*
Ich gelobige auch Besserung, für die folgenden Teile. Versprochen! Wenngleich die Ich-Perspektive natürlich erhalten bleibt. *Selber gespannt ist*
Für die Zukunft heisst es: Nicht ganz so viele Impressionen und eine größerere Menge tatsächliche Handlung =)
Heute hat die Zeit leider nicht gereicht einen weiteren Teil zu schreiben. Aber die Zeit die ich hatte, habe ich genutzt um ein kleines Bild zu überarbeiten, das ursprünglich als Signatur gedacht war (deswegen die Größe):
"Sucherin der Wahrheit" hätte ich schöner gefunden, vor allem im Kontext mit dem Thema "Anamnesis". Allerdings fiel mir ein, dass es ja bereits einen gleichnamigen Clan gibt, was natürlich für Irritationen gesorgt hätte *gg*
Der Gamma-Wert darf nicht zu Groß sein, sonst wirkt es zu überbelichtet.
Hoffe es gefällt.
________________________________________________
Edit:Nachtrag:
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Der vierte Tag meiner Reise. Das Klima hatte sich weitestgehend geändert. Vom Schnee ist kaum eine Spur mehr zu sehen und die Bäume werden von Schritt zu Schritt belaubter. Der Verlorene ist nach wie vor an meiner Seite. Schweigsam wie gewohnt, doch das macht mir nichts aus. Es lässt Raum für eigene Gedanken. Meinem Urteilsvermögen nach sind wir meinem Zielort bereits sehr nahe gekommen.
"Wir werden beobachtet." Der Verlorene deutet mit einem kaum merklichen Kopfnicken in das entfernte Gestrüpp zu seiner Linken.
Gerade noch kann ich eine Gestalt erkennen, ehe sich der nächste Baumstamm in mein Sichtfeld drängt. Erleichterung überkommt mich.
"Das ist ein Grubentroll.", gebe ich erklärend zurück. "Derer soll es hier eine ganze Menge geben, doch sie sind harmlos. Lass Dich von ihrem beachtlichen Gebiss nicht abschrecken. Sie sind kleiner als es den Anschein hat und ernähren sich von Ratten und andrem Kleinvieh."
Er schaut mich fragend an. "Dafür, dass Du das erste Mal hier bist weisst Du erstaunlich gut bescheid."
"Ich habe es nachgelesen. In einem Tagebuch."
"Und in diesem Tagebuch steht auch, wohin die Reise geht?", mutmaßt er.
Ich nicke. "Ein sonnenbeschienenes idyllisches Menschendorf zwischen den Bergen."
Er schaut mich ungläubig an. "All die Mühe, für einen Besuch in einem Menschendorf?!"
Ich grinse in mich hinein. "So schaut es aus."
Ich ernte ein missbilligendes Grummeln auf diese Antwort, doch folgen keine weiteren Fragen. Das Tagebuch, das ich gefunden hatte war das eines einfachen Reisenden. Ein Mensch, mit einer übertriebenen Liebe für jedes Detail. Ich hätte das Buch nie gelesen, hätte das lederne Einband nicht meine Aufmerksamkeit gefangen. Ein altertümliches Orksymbol zierte die Deckseite. Es war das Monsterauge der Gandi, nur mit einem entscheidenden Unterschied: Die Pupille bildete ein Dreiecksmuster.
Der Mensch erwähnt in seinen Aufzeichnungen immerzu das Auge und beschreibt ebenso das Muster der Pupille. Er schien zwar keine Ahnung davon zu haben, worum es sich dabei handelte, dennoch konnte es sich also um kein Versehen handeln. Es muss so sein: Irgendwo hier war die Präsenz eines Zweiges der Gandi sehr ausgeprägt. Eines Zweiges der Gandi, der eigentlich nicht existieren dürfte.
Der Verlorene muss es nicht wissen. Zum einen habe ich noch keine eindeutigen Belege für meine These, zum anderen hat er so oder so seine Gründe mir zu folgen. Welche auch immer es waren...
- - - - -
Das erste Zeichen für zivilisiertes Leben: Ein Trampelpfad. Aus dem Trampelpfad wurde ein gut begehbarer Fussweg und der führte uns geradewegs zu einem kriegerisch anmutendem Fort.
Wir stehen vor tiefen ausgehobenen Gräben, die mit Pfählen gespickt sind. Dahinter hölzerne Palisaden, so hoch, dass selbst der Verlorene nicht darüber hinweg schauen kann. Vor uns eine hochgezogene Zugbrücke.
"Hallo?!", rufe ich die befestigte Anlage hinauf.
Pulsschläge vergehen, dann hört man einige Schritte, als würde jemand Holzstufen hinaufeilen. Ein dunkelhaariger Menschling mit gelocktem Bart schaut mit verdutzter Miene zu uns hinab.
"Was wollt Ihr hier!?", krächzt er in forderndem Tonfall.
Einen Moment lang weiss ich nicht, ob ich lachen oder losbrüllen soll. Mir bietet sich für einen Oroka absurdes Bild dar und die Miene des Verlorenen verrät mir, dass in ihm ähnliche Gedanken Einzug halten. Ich verkneife mir eine bissige Antwort. Letztlich will ich nur nach dem Weg fragen und keinen Kleinkrieg vom Zaun brechen.
"Ich... ich meine wir... suchen ein Dorf, dass zwischen den Gebirgen gelegen ist. Es dürfte nicht weit von hier entfernt sein."
"Das nächste Dorf ist einen Sechs-Tage-Marsch von hier entfernt.", entgegnet er mit seiner unangenehmen Stimme und zeigt in die Richtung, aus der wir gekommen sind.
Der Verlorene beugt sich zu mir herunter und flüstert mir zu: "Er meint sicherlich vier Tage."
Ich grinse. "Für einen Menschen sechs Tage.", dann wende ich mich wieder mit ernster Miene dem Torhüter zu. "Wir kommen von dort. Das Dorf das wir suchen muss hier sein."
Der Mann mit der unangenehmen Stimme schweigt. Offenkundig kann er mir nicht ganz folgen. Bei Paagrio, dieses Volk scheint wahrlich nicht das klügste zu sein! Ich verdrehe die Augen und krame entnervt in meiner Tasche, ehe ich das Tagebuch des Menschen zu greifen bekomme und es energisch hoch halte.
"Es steht in diesem Tagebuch, ganz genau beschrieben!Soll ich es laut vorlesen oder reicht es, wenn ich es Euch mit Euren eigenen Holzpfählen in Eure Spatzenhirne schlage!?"
Der Torwächter starrt mich aus weit aufgerissenen Augen an. Ist ist klar, dass er mit so einer barschen Antwort nicht gerechnet hat und im gleichen Moment bereue ich meine Ungeduld. Beleidigt steigt der Mann von den Stufen und verschwindet hinter der Palisade.
Ich seufze schwermütig und wende mich ab. "Lass uns gehen. Es ist zwecklos..."
Der verlorene hebt eine Hand. "Warte."
Und tatsächlich erklingt im nächsten Augenblick das Gerassel von schweren Ketten. Ich wende mich um und sehe wie die Zugbrücke heruntergelassen wird.
- - - - -
Die Palisaden zäunen ein weitläufiges Gebiet ein, in dem dutzende hölzerner, sehr stabil wirkender Bauten stehen. Sie sind alle fenster- und schmucklos und dienen scheinbar nur einem Zweck. Sie sollen Zuflucht bieten.
Man hat uns zur frühen Abendstunde in das größte der Gebäude zum gemeinsamen Essen eingeladen. Die Leute wirken alle sehr freundlich, bis auf den Griesgram mit der unangenehmen Stimme, der uns seit unsrer Ankunft oder besser gesagt seit meinem Wutausbruch nicht mehr aus den Augen lässt. Und trotz aller Freundlichkeit wirkt die allgemeine Stimmung doch eher beklemmend.
Nun sitzen wir an einer runden Tafel. Der Griesgram, ein alter grauhaariger Greis, ein stämmiger dunkelhäutiger Mensch mit kurzem Stoppelhaar und ein älterer Rothaariger, der mit dem Griesgram verwandt schien, blicken erwartungsvoll auf den Verlorenen, mich und das Tagebuch, welches auf der Tafelmitte lag. Eine junge Frau mit langem blondem Haar bewirtet uns und scheint vor allem Interesse an meinem Begleiter zu Haben. Dieser hat zu meiner Überraschung den Alkohol abgelehnt und stattdessen einen Krug Wasser erbeten.
Der Rothaarige, der das Sagen zu haben scheint ergreift das Wort, nachdem jeder aufgegessen hat und die Getränke nachgegossen wurden: "Ich kenne den Verfasser dieses Tagebuches. Ich traf ihn damals als Jugendlicher in diesem Dorf, dass darin genannt wird, ebenso wie die alle andren, die hier außer Euch an der Tafel versammelt sind."
Seine Miene wird nachdenklich, fast so, als schwelge er tief in Erinnerungen. "Dieses Dorf existiert bereits seit Jahren nicht mehr. Die Idylle, die in dem Buch beschrieben wird ist unlängst trister Fassade und dem bitteren Beigeschmack des Krieges gewichen..."
Ich schaue ihn ungläubig an. "Mit wem solltet Ihr im Krieg sein, wenn weit und breit kein andres Dorf steht?"
Der Greis, der der Älteste des Forts zu sein scheint, ergreift das Wort: "Mit den Bergen."
Zeitgleiches Nicken geht durch die Runde der Menschen. Der Verlorene zeigt keine Regung. Einzig und allein ich scheine diejenige zu sein, die von allen nicht zu verstehen scheint was gemeint ist.
"Im Krieg mit den Bergen...", wiederhole ich ungläubig.
Der Greis nickt bekräftigend. "Tagsüber vertreibt die Sonne alle Schatten aus diesem Tal, doch in der Nacht öffnen sich die Berge und lassen das Grauen frei. Das friedliche Leben hier nahm vor Jahren ein jähes Ende, als sich die Götter gegen uns wandten. Seither Leben wir hier in Terror."
"Wieso seid ihr dann nicht von hier weggezogen?", wirft der Verlorene ein.
Der dunkelhäutige mit den Stoppelhaaren, der vom Krieg und Kämpfen am meisten zu verstehen scheint antwortet: "Weil der nächste Ort Tage entfernt ist. Wir würden beim ersten Nachteinbruch hilflos sein."
"Also wir kamen ohne große Probleme durch..."
Verschwörerische Blicke gehen durch die Runde, doch dann ergreift der Greis wieder das Wort: "Der Fluch lastet auf uns und schickt in jeder Nacht Kreaturen der Hölle nach uns. Sie mögen nicht einmal einen Schritt groß sein, doch sie haben mächtige Kiefer, mit denen sie einen Bullen reissen können, und Pranken, mit denen sie Knochen brechen, wie Streichhölzer!"
"In etwa so?!", mein Begleiter hebt seinen Krug an, so dass alle ihn sehen können. Der massive hölzerne Trinkbehälter knarzt beschwerend unter dem Druck des Griffes und zersplittert kurz darauf, den flüssigen Inhalt auf der Tafel verteilend. Der Verlorene grinst schelmisch in die Runde. Es wird klar, dass er sich von den Erzählungen des Alten nicht sonderlich beeindruckt gibt. Ich selber halte von den theatralisch dargebotenen Schauergeschichten ähnlich wenig. Doch diese Menschen haben ihre Gründe. Und eines steht fest:
Heute Nacht werden wir Zeugen dessen, was diese Menschen so sehr fürchten.
To be continued
Ich hatte wirklich Bedenken und Mühen bei diesem Schreibstil. Aus der Ich-Perspektive im Präsens zu schreiben ist gänzliches Neuland für mich und dazu kommt, dass es teilweise wirklich nicht leicht zu lesen ist.
Gerade bei dem zweiten Teil kann ich mir gut vorstellen, dass es Mühe bereitet es zu lesen. Durch die Traumwelt und die Ohnmacht folgen viele Impressionen, die nahezu erschlagend wirken und nicht immer leicht zu deuten sind. Sowohl für die Protagonistin als auch für die Leser. Ich hoffe man kann sich dadurch gut in Lia's Lage versetzen und habe nicht all zu viele Leser vergrault. *gg*
Ich gelobige auch Besserung, für die folgenden Teile. Versprochen! Wenngleich die Ich-Perspektive natürlich erhalten bleibt. *Selber gespannt ist*
Für die Zukunft heisst es: Nicht ganz so viele Impressionen und eine größerere Menge tatsächliche Handlung =)
Heute hat die Zeit leider nicht gereicht einen weiteren Teil zu schreiben. Aber die Zeit die ich hatte, habe ich genutzt um ein kleines Bild zu überarbeiten, das ursprünglich als Signatur gedacht war (deswegen die Größe):
"Sucherin der Wahrheit" hätte ich schöner gefunden, vor allem im Kontext mit dem Thema "Anamnesis". Allerdings fiel mir ein, dass es ja bereits einen gleichnamigen Clan gibt, was natürlich für Irritationen gesorgt hätte *gg*
Der Gamma-Wert darf nicht zu Groß sein, sonst wirkt es zu überbelichtet.
Hoffe es gefällt.
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Edit:Nachtrag:
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Der vierte Tag meiner Reise. Das Klima hatte sich weitestgehend geändert. Vom Schnee ist kaum eine Spur mehr zu sehen und die Bäume werden von Schritt zu Schritt belaubter. Der Verlorene ist nach wie vor an meiner Seite. Schweigsam wie gewohnt, doch das macht mir nichts aus. Es lässt Raum für eigene Gedanken. Meinem Urteilsvermögen nach sind wir meinem Zielort bereits sehr nahe gekommen.
"Wir werden beobachtet." Der Verlorene deutet mit einem kaum merklichen Kopfnicken in das entfernte Gestrüpp zu seiner Linken.
Gerade noch kann ich eine Gestalt erkennen, ehe sich der nächste Baumstamm in mein Sichtfeld drängt. Erleichterung überkommt mich.
"Das ist ein Grubentroll.", gebe ich erklärend zurück. "Derer soll es hier eine ganze Menge geben, doch sie sind harmlos. Lass Dich von ihrem beachtlichen Gebiss nicht abschrecken. Sie sind kleiner als es den Anschein hat und ernähren sich von Ratten und andrem Kleinvieh."
Er schaut mich fragend an. "Dafür, dass Du das erste Mal hier bist weisst Du erstaunlich gut bescheid."
"Ich habe es nachgelesen. In einem Tagebuch."
"Und in diesem Tagebuch steht auch, wohin die Reise geht?", mutmaßt er.
Ich nicke. "Ein sonnenbeschienenes idyllisches Menschendorf zwischen den Bergen."
Er schaut mich ungläubig an. "All die Mühe, für einen Besuch in einem Menschendorf?!"
Ich grinse in mich hinein. "So schaut es aus."
Ich ernte ein missbilligendes Grummeln auf diese Antwort, doch folgen keine weiteren Fragen. Das Tagebuch, das ich gefunden hatte war das eines einfachen Reisenden. Ein Mensch, mit einer übertriebenen Liebe für jedes Detail. Ich hätte das Buch nie gelesen, hätte das lederne Einband nicht meine Aufmerksamkeit gefangen. Ein altertümliches Orksymbol zierte die Deckseite. Es war das Monsterauge der Gandi, nur mit einem entscheidenden Unterschied: Die Pupille bildete ein Dreiecksmuster.
Der Mensch erwähnt in seinen Aufzeichnungen immerzu das Auge und beschreibt ebenso das Muster der Pupille. Er schien zwar keine Ahnung davon zu haben, worum es sich dabei handelte, dennoch konnte es sich also um kein Versehen handeln. Es muss so sein: Irgendwo hier war die Präsenz eines Zweiges der Gandi sehr ausgeprägt. Eines Zweiges der Gandi, der eigentlich nicht existieren dürfte.
Der Verlorene muss es nicht wissen. Zum einen habe ich noch keine eindeutigen Belege für meine These, zum anderen hat er so oder so seine Gründe mir zu folgen. Welche auch immer es waren...
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Das erste Zeichen für zivilisiertes Leben: Ein Trampelpfad. Aus dem Trampelpfad wurde ein gut begehbarer Fussweg und der führte uns geradewegs zu einem kriegerisch anmutendem Fort.
Wir stehen vor tiefen ausgehobenen Gräben, die mit Pfählen gespickt sind. Dahinter hölzerne Palisaden, so hoch, dass selbst der Verlorene nicht darüber hinweg schauen kann. Vor uns eine hochgezogene Zugbrücke.
"Hallo?!", rufe ich die befestigte Anlage hinauf.
Pulsschläge vergehen, dann hört man einige Schritte, als würde jemand Holzstufen hinaufeilen. Ein dunkelhaariger Menschling mit gelocktem Bart schaut mit verdutzter Miene zu uns hinab.
"Was wollt Ihr hier!?", krächzt er in forderndem Tonfall.
Einen Moment lang weiss ich nicht, ob ich lachen oder losbrüllen soll. Mir bietet sich für einen Oroka absurdes Bild dar und die Miene des Verlorenen verrät mir, dass in ihm ähnliche Gedanken Einzug halten. Ich verkneife mir eine bissige Antwort. Letztlich will ich nur nach dem Weg fragen und keinen Kleinkrieg vom Zaun brechen.
"Ich... ich meine wir... suchen ein Dorf, dass zwischen den Gebirgen gelegen ist. Es dürfte nicht weit von hier entfernt sein."
"Das nächste Dorf ist einen Sechs-Tage-Marsch von hier entfernt.", entgegnet er mit seiner unangenehmen Stimme und zeigt in die Richtung, aus der wir gekommen sind.
Der Verlorene beugt sich zu mir herunter und flüstert mir zu: "Er meint sicherlich vier Tage."
Ich grinse. "Für einen Menschen sechs Tage.", dann wende ich mich wieder mit ernster Miene dem Torhüter zu. "Wir kommen von dort. Das Dorf das wir suchen muss hier sein."
Der Mann mit der unangenehmen Stimme schweigt. Offenkundig kann er mir nicht ganz folgen. Bei Paagrio, dieses Volk scheint wahrlich nicht das klügste zu sein! Ich verdrehe die Augen und krame entnervt in meiner Tasche, ehe ich das Tagebuch des Menschen zu greifen bekomme und es energisch hoch halte.
"Es steht in diesem Tagebuch, ganz genau beschrieben!Soll ich es laut vorlesen oder reicht es, wenn ich es Euch mit Euren eigenen Holzpfählen in Eure Spatzenhirne schlage!?"
Der Torwächter starrt mich aus weit aufgerissenen Augen an. Ist ist klar, dass er mit so einer barschen Antwort nicht gerechnet hat und im gleichen Moment bereue ich meine Ungeduld. Beleidigt steigt der Mann von den Stufen und verschwindet hinter der Palisade.
Ich seufze schwermütig und wende mich ab. "Lass uns gehen. Es ist zwecklos..."
Der verlorene hebt eine Hand. "Warte."
Und tatsächlich erklingt im nächsten Augenblick das Gerassel von schweren Ketten. Ich wende mich um und sehe wie die Zugbrücke heruntergelassen wird.
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Die Palisaden zäunen ein weitläufiges Gebiet ein, in dem dutzende hölzerner, sehr stabil wirkender Bauten stehen. Sie sind alle fenster- und schmucklos und dienen scheinbar nur einem Zweck. Sie sollen Zuflucht bieten.
Man hat uns zur frühen Abendstunde in das größte der Gebäude zum gemeinsamen Essen eingeladen. Die Leute wirken alle sehr freundlich, bis auf den Griesgram mit der unangenehmen Stimme, der uns seit unsrer Ankunft oder besser gesagt seit meinem Wutausbruch nicht mehr aus den Augen lässt. Und trotz aller Freundlichkeit wirkt die allgemeine Stimmung doch eher beklemmend.
Nun sitzen wir an einer runden Tafel. Der Griesgram, ein alter grauhaariger Greis, ein stämmiger dunkelhäutiger Mensch mit kurzem Stoppelhaar und ein älterer Rothaariger, der mit dem Griesgram verwandt schien, blicken erwartungsvoll auf den Verlorenen, mich und das Tagebuch, welches auf der Tafelmitte lag. Eine junge Frau mit langem blondem Haar bewirtet uns und scheint vor allem Interesse an meinem Begleiter zu Haben. Dieser hat zu meiner Überraschung den Alkohol abgelehnt und stattdessen einen Krug Wasser erbeten.
Der Rothaarige, der das Sagen zu haben scheint ergreift das Wort, nachdem jeder aufgegessen hat und die Getränke nachgegossen wurden: "Ich kenne den Verfasser dieses Tagebuches. Ich traf ihn damals als Jugendlicher in diesem Dorf, dass darin genannt wird, ebenso wie die alle andren, die hier außer Euch an der Tafel versammelt sind."
Seine Miene wird nachdenklich, fast so, als schwelge er tief in Erinnerungen. "Dieses Dorf existiert bereits seit Jahren nicht mehr. Die Idylle, die in dem Buch beschrieben wird ist unlängst trister Fassade und dem bitteren Beigeschmack des Krieges gewichen..."
Ich schaue ihn ungläubig an. "Mit wem solltet Ihr im Krieg sein, wenn weit und breit kein andres Dorf steht?"
Der Greis, der der Älteste des Forts zu sein scheint, ergreift das Wort: "Mit den Bergen."
Zeitgleiches Nicken geht durch die Runde der Menschen. Der Verlorene zeigt keine Regung. Einzig und allein ich scheine diejenige zu sein, die von allen nicht zu verstehen scheint was gemeint ist.
"Im Krieg mit den Bergen...", wiederhole ich ungläubig.
Der Greis nickt bekräftigend. "Tagsüber vertreibt die Sonne alle Schatten aus diesem Tal, doch in der Nacht öffnen sich die Berge und lassen das Grauen frei. Das friedliche Leben hier nahm vor Jahren ein jähes Ende, als sich die Götter gegen uns wandten. Seither Leben wir hier in Terror."
"Wieso seid ihr dann nicht von hier weggezogen?", wirft der Verlorene ein.
Der dunkelhäutige mit den Stoppelhaaren, der vom Krieg und Kämpfen am meisten zu verstehen scheint antwortet: "Weil der nächste Ort Tage entfernt ist. Wir würden beim ersten Nachteinbruch hilflos sein."
"Also wir kamen ohne große Probleme durch..."
Verschwörerische Blicke gehen durch die Runde, doch dann ergreift der Greis wieder das Wort: "Der Fluch lastet auf uns und schickt in jeder Nacht Kreaturen der Hölle nach uns. Sie mögen nicht einmal einen Schritt groß sein, doch sie haben mächtige Kiefer, mit denen sie einen Bullen reissen können, und Pranken, mit denen sie Knochen brechen, wie Streichhölzer!"
"In etwa so?!", mein Begleiter hebt seinen Krug an, so dass alle ihn sehen können. Der massive hölzerne Trinkbehälter knarzt beschwerend unter dem Druck des Griffes und zersplittert kurz darauf, den flüssigen Inhalt auf der Tafel verteilend. Der Verlorene grinst schelmisch in die Runde. Es wird klar, dass er sich von den Erzählungen des Alten nicht sonderlich beeindruckt gibt. Ich selber halte von den theatralisch dargebotenen Schauergeschichten ähnlich wenig. Doch diese Menschen haben ihre Gründe. Und eines steht fest:
Heute Nacht werden wir Zeugen dessen, was diese Menschen so sehr fürchten.
To be continued