28.08.2007, 10:33
…das Wiedersehen mit Ninniel, der Freundin aus Kindertagen, die das Schicksal als Tempelkriegerin ihr wiedergab, verlief nur kurz, denn schon drängte der Aufbruch. Endlich wurde ausgesprochen, wohin die Reise ging, wo das Ziel der Gemeinschaft lag: Rune.
Seit Wochen gingen die Gerüchte durch ganz Aden. In Spelunken, Marktständen, Königshallen wurde nur hinter vorgehaltener Hand darüber geflüstert, was der Zwergen- und Menschenstadt im Norden widerfuhr.
Ein Heer von Skeletten und Dämonen, auferstanden durch dunkle Magie, hatte die Ostlande durchzogen und die Stadt eingeschlossen.
Die Karawanen von Aden und Goddard lagen untätig in ihren Kontoren. Nur auf dem Seeweg war die Stadt noch zu erreichen, doch kein Kapitän fand sich, die See, deren Kreaturen von Erzählung zu Erzählung größer wurden, anzulaufen.
Der Coraxpriesterschaft war das Untotenheer nicht verborgen geblieben, zu groß waren die Zerwürfnisse im Manafluss, auf den die Priesterschaft so streng wachte. Die Torwächterin von Rune lag in Schmerzen darnieder, so sehr schnitt die dunkle Magie in ihre Seele, die mit dem Mana so eng verwoben war.
„Der Nebel wird stärker, eilen wir uns, so erreichen wir unerkannt die Festung der Banditen.“
Durch die Nebelschwaden der kahlen Nadelwälder führte Lasta die Gruppe, in braune und grüne lumpenhafte Umhänge gehüllt, zur befestigten Stadt der Gesetzlosen, das Schandmal des alten Königreichs von Oren. Roben und Stäbe und die eigene Herkunft verbergend, gelang es unerkannt auf einem kleinen Segler an einem frühen Wintermorgen die Bucht von Rune anzulaufen.
Einige Tage später. Rune, vor dem Wald der Toten
„Grimdeladaraugh°“ Niemals, niemals springe ich DA rein!“ wütend schnaubend blickte der Zwergenkrieger in die Dunkelheit. „Die Brücke ist streng bewacht, Ingrasch, samryn mer. Wir würden zudem nur die Aufmerksamkeit der Wachen auf uns ziehen. Uns bleibt keine andere Wahl.“ flüsterte die Stimme des elbischen Anführers. „Ews vel dormark°“ und gerade noch konnte die Elfenpriesterin einen Kussmund formen um den alten Zauber Evas auf ihn zu legen, da sprang der Zwergenkrieger schon als erster in das Schwarz der Nacht ((weitere Flüche des Zwergen ob des merkwürdigen Bades bleiben hier aufgrund des Jugendschutzes unerwähnt)).
Weitere, weniger große Platscher folgten, als die Gruppe nach und nach in den kalten Fluss sprang, der die Halbinsel von der Festungsstadt trennte. Dank elfischer Zauberkunst unter Wasser mit Atemluft versorgt, umgingen die sechs Elfen in Begleitung eines Zwergenkriegers und einer Zwergenkriegerin die Linien des Belagerungsheeres, erklommen nass und verfroren die Klippen der Halbinsel.
Sternenfunken sprühte tausendfach auf, hell und klar wie ein Sommertag war plötzlich der sonst auch tagsüber dunkle Wald. Ein greller Schrei stieg aus seinem Zentrum gen Himmel, verlor sich dort bis unter einem lauten Krachen die Sternensäule in sich zusammebrach. Die Macht des Himmels, vierfach gewirkt aus altem Elfenzauber, hatte den skeletthaften Heerführer der Untoten aus dem Managefüge gerissen und ihn in seine unheilige Dimension verbannt.
Kaum war der Sternenzauber erloschen, krochen sie in blinder Wut hervor. War der Heerführer auch besiegt, seine Diener stürzten sich nun in blinder Wut und kaltem Hass auf die Gruppe inmitten der kleinen Lichtung. Zwergen und Elfen, Schild, Streitäxte und Schwerter grimmig in der Hand, scharten sich schützend um die junge Priesterin, die bereits das Ritual zur Rückkehr vorbereite. Ein Hagelregen von rostigen Pfeilen, Speeren senkte sich auf ihre Schilde herab…
Rune, auf der Dachterrasse des Burgfriedes, Versammlungsort der Gildenmeister und Heerführer.
"Murgmal° Auf den gemeinsamen Sieg!" und mit einem Scheppern knallen ein gutes Dutzend Silberbecher bei den Worten des Stadtmeisters aufeinander.
Es ist das erste mal, dass man Elfen an jenem Ort zu sehen bekommt. Zwei Priesterinnen, ein Priester und eine Tempelritterin in der blauen Farbe ihres Gottes gewandet, nicken dankend den Ratsmitgliedern der Zwergenfestung zu.
"Im Kampf gegen jene untoten Kreaturen war uns eure Kampfeskunst sehr willkommen. Dank eurer Fähigkeiten ist der Heerführer der Untoten nun auf lange Zeit gebannt, Dank gilt euch und jenen beiden aus eurem Volk, die für immer im Wald geblieben sind! Nehmt diese Geschenke als Zeichen unserer Anerkennung." Mit geneigtem Haupte empfangen die Elfen nacheinander feinste Kettenhemden aus den Schmieden der Zwerge zu Rune, bis auf die jüngere der beiden Priesterinnen. "Euch Samiris, sei dieser Schlüssel überreicht, der euch Zugang zu allen Bereichen unserer Bibliothek gewährt." und endet die Ansprache mit den Worten:
"Möge die Kraft der Zwerge und die Macht der Elfen noch jedem Untotenheer auf solch’ tapfre Weise die Stirn bieten..."
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Hier endete ein Sammlung loser Blätter, die ich zu jener Geschichte rekonstruieren konnte. Offenbar blieb die Priesterin von nun an lange in Rune. Immer wieder taucht die Stadt, vor allem ihre Bibliothek, in ihren Notizen auf und in mir keimt immer mehr der Verdacht, es sei kein Zufall gewesen, der sie dorthin führte. Irgendetwas schien sie dorthin zu ziehen, irgendein Geheimnis schien sie dort zu bannen. Ich werde mich nun ebenfalls auf die Suche machen, was ich darüber ihren Aufzeichnungen entlocken kann…
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Was die Priesterin in Rune zu finden hoffte, entdeckte ich endlich nach langer Suche. Sie hatte es auf die Rückseite der Skizze eines Bibliothekssaales geschrieben. Es muss die damalige Bibliothek darstellen. Die Schrift war zum Glück noch gut erhalten, daher kann ich den Originaltext wiedergeben.
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Rune, Hoher Saal der Bibliothek
Auf diesen Moment hatte ich mich lange vorbereitet. Ich wusste, was ich suchte. Es befand sich in diesem Saal. Doch war es aus gutem Grund nicht nur vor der Allgemeinheit verborgen, sondern auch vor Magiekundigen und gerade vor denen, die den rechten Weg gewählt hatten. Hier in Rune, der Stadt dunkler Praktiken, fiel ich zum Glück nicht mehr auf, lange war ich hier nun schon Gast.
Monate hatte ich mit dem Studium der Sterne verbracht, um hinter das Geheimnis der Armillarsphären zu gelangen. In ihnen verband sich höchste zwergische Feinschmiedekunst mit menschlicher Sternenkunde zu einem astronomischen Wunderwerk. Die Positionen der Sterne waren mit Edelsteinen in filigrane, bewegliche Ringe gesetzt. Diese Ringe liesen sich um ein kristallenes Zentrum drehen und so jedes Firmament darstellen. Sie sollten mich an mein Ziel führen. Jene Gruppe verblendeter Geister bewahrte ihr unheiliges Buch in einem bestimmten System immer an einem anderen Platz auf. Eine Suche ohne jene Ordnung zu kennen musste in diesem gigantischen Büchertempel zum Scheitern verurteilt sein.
Dann ging es los. Jetzt musste alles schnell gehen! Der erste Lichtstrahl des Tages fiel durch den Lüftungsschacht in den grossen Sahl. Genau auf das Zentrum der äussersten der fünf Armillarsphären. Sie fing ihn in ihrem kristallenen Zentrum auf und lenkte das Licht im Blau meines Gottes schimmernd weiter. Sogleich stellte ich die edelsteinbesetzten Ringe auf Corax' Morgen- und Abenstern ein. Dort brach sich das Licht in seinem blauen Onyx und wurde zur nächsten Sphäre gelenkt. Aus deren Zentrum glimmte ein leuchtendes Rot und verlangte nach Shilens rubinroten Fesseln. So ging es weiter, Paagrios feuerrotem Dreigestirn aus Obsidian folgte das Sonnenkind Evas im blauweissen Diamant. Aus der letzten Sphäre schoss es in dunkelstem, fast schwärzlichem Rot hervor. In einem der Ringe war ein Edelstein zerbrochen. Gran Kains Sternbild des gebrochenen Kreises also. Die Ringe rasteten ein, mein Herz stand still und der letzte Lichtstrahl schoss...in die Leere des Raumes. Ich erstarrte. Ich hatte einen Fehler begangen. Dann erst erkannte ich sie, die obere, fast verborgene Gallerie. Ich stutze einen Moment, dann rannte ich los.
Es musste noch einen Eingang zur Bibliothek geben, der mir bislang entgangen war. Vielleicht über den Keller, wo auch der Eingang zu ihrem verfluchten Tempel sein sollte? Ich musste also an Flauron vorbei. Kurz vor der letzten Ecke brach ich meinen Lauf abrupt ab, hielt die Luft an. Er sollte keinen Verdacht schöpfen. Knapp, aber freundlich grüssend passierte ich, dann rannte ich wieder los, sprang die Stockwerke hinab, verlor dabei meine Sandalen und stand endlich vor einem spinnenwebenverhangenen Gang. Ich schlug mich wie durch einen Urwald, vergass vor Aufregung zu sterben, als ich auf eine Ratte trat und befand mich plötzlich auf einer Gallerie hoch oben unter der Decke der Bibliothek. In diesem Augenblick erlosch der Lichtstrahl. Nun war alles umsonst. Ich würde es nicht finden, nicht in tausend Jahren wieder.
Ich sank an die Bücherwand, meine Hände glitten verzweifelt über die kalten Bücherrücken uralter Werke. Dann tastete ich wie panisch alle Bücher im Umkreis ab. Das war sie, die allerletzte Chance! Das musste es sein! Das Buch atmete noch die Wärme des Lichtstrahls. Ich riss es mit einem Jubelschrei (den ich später noch bereuen sollte) aus dem Regal, trennte den Einband ab und stellte die leere Hülle wieder rein. Man sollte mein Tun ruhig so spät wie möglich bemerken. Ich verurteilte natürlich das Entwenden eines Buches auf's Entschiedenste, schob die Seiten unter meine Robe und sah zu, wieder nach oben zu kommen. Zwei alte Weinflaschen gabelte ich auf dem Rückweg irgendwo auf und steckte eine Flauron zu, während ich ihn in ein Gespräch über die rechte Weinlagerung verwickelte und mir geduldig seinen vor Halbwissen nur so strotzenden Vortrag anhörte. Ich hatte gefunden, was ich suchte. Das Buch der Untoten. Das umfangreichste Kompendium all ihrer Arten und Erscheinungsorte. Es sollte mich auf meiner Jagd nach ihnen noch in viele Abenteuer führen...
Seit Wochen gingen die Gerüchte durch ganz Aden. In Spelunken, Marktständen, Königshallen wurde nur hinter vorgehaltener Hand darüber geflüstert, was der Zwergen- und Menschenstadt im Norden widerfuhr.
Ein Heer von Skeletten und Dämonen, auferstanden durch dunkle Magie, hatte die Ostlande durchzogen und die Stadt eingeschlossen.
Die Karawanen von Aden und Goddard lagen untätig in ihren Kontoren. Nur auf dem Seeweg war die Stadt noch zu erreichen, doch kein Kapitän fand sich, die See, deren Kreaturen von Erzählung zu Erzählung größer wurden, anzulaufen.
Der Coraxpriesterschaft war das Untotenheer nicht verborgen geblieben, zu groß waren die Zerwürfnisse im Manafluss, auf den die Priesterschaft so streng wachte. Die Torwächterin von Rune lag in Schmerzen darnieder, so sehr schnitt die dunkle Magie in ihre Seele, die mit dem Mana so eng verwoben war.
„Der Nebel wird stärker, eilen wir uns, so erreichen wir unerkannt die Festung der Banditen.“
Durch die Nebelschwaden der kahlen Nadelwälder führte Lasta die Gruppe, in braune und grüne lumpenhafte Umhänge gehüllt, zur befestigten Stadt der Gesetzlosen, das Schandmal des alten Königreichs von Oren. Roben und Stäbe und die eigene Herkunft verbergend, gelang es unerkannt auf einem kleinen Segler an einem frühen Wintermorgen die Bucht von Rune anzulaufen.
Einige Tage später. Rune, vor dem Wald der Toten
„Grimdeladaraugh°“ Niemals, niemals springe ich DA rein!“ wütend schnaubend blickte der Zwergenkrieger in die Dunkelheit. „Die Brücke ist streng bewacht, Ingrasch, samryn mer. Wir würden zudem nur die Aufmerksamkeit der Wachen auf uns ziehen. Uns bleibt keine andere Wahl.“ flüsterte die Stimme des elbischen Anführers. „Ews vel dormark°“ und gerade noch konnte die Elfenpriesterin einen Kussmund formen um den alten Zauber Evas auf ihn zu legen, da sprang der Zwergenkrieger schon als erster in das Schwarz der Nacht ((weitere Flüche des Zwergen ob des merkwürdigen Bades bleiben hier aufgrund des Jugendschutzes unerwähnt)).
Weitere, weniger große Platscher folgten, als die Gruppe nach und nach in den kalten Fluss sprang, der die Halbinsel von der Festungsstadt trennte. Dank elfischer Zauberkunst unter Wasser mit Atemluft versorgt, umgingen die sechs Elfen in Begleitung eines Zwergenkriegers und einer Zwergenkriegerin die Linien des Belagerungsheeres, erklommen nass und verfroren die Klippen der Halbinsel.
Sternenfunken sprühte tausendfach auf, hell und klar wie ein Sommertag war plötzlich der sonst auch tagsüber dunkle Wald. Ein greller Schrei stieg aus seinem Zentrum gen Himmel, verlor sich dort bis unter einem lauten Krachen die Sternensäule in sich zusammebrach. Die Macht des Himmels, vierfach gewirkt aus altem Elfenzauber, hatte den skeletthaften Heerführer der Untoten aus dem Managefüge gerissen und ihn in seine unheilige Dimension verbannt.
Kaum war der Sternenzauber erloschen, krochen sie in blinder Wut hervor. War der Heerführer auch besiegt, seine Diener stürzten sich nun in blinder Wut und kaltem Hass auf die Gruppe inmitten der kleinen Lichtung. Zwergen und Elfen, Schild, Streitäxte und Schwerter grimmig in der Hand, scharten sich schützend um die junge Priesterin, die bereits das Ritual zur Rückkehr vorbereite. Ein Hagelregen von rostigen Pfeilen, Speeren senkte sich auf ihre Schilde herab…
Rune, auf der Dachterrasse des Burgfriedes, Versammlungsort der Gildenmeister und Heerführer.
"Murgmal° Auf den gemeinsamen Sieg!" und mit einem Scheppern knallen ein gutes Dutzend Silberbecher bei den Worten des Stadtmeisters aufeinander.
Es ist das erste mal, dass man Elfen an jenem Ort zu sehen bekommt. Zwei Priesterinnen, ein Priester und eine Tempelritterin in der blauen Farbe ihres Gottes gewandet, nicken dankend den Ratsmitgliedern der Zwergenfestung zu.
"Im Kampf gegen jene untoten Kreaturen war uns eure Kampfeskunst sehr willkommen. Dank eurer Fähigkeiten ist der Heerführer der Untoten nun auf lange Zeit gebannt, Dank gilt euch und jenen beiden aus eurem Volk, die für immer im Wald geblieben sind! Nehmt diese Geschenke als Zeichen unserer Anerkennung." Mit geneigtem Haupte empfangen die Elfen nacheinander feinste Kettenhemden aus den Schmieden der Zwerge zu Rune, bis auf die jüngere der beiden Priesterinnen. "Euch Samiris, sei dieser Schlüssel überreicht, der euch Zugang zu allen Bereichen unserer Bibliothek gewährt." und endet die Ansprache mit den Worten:
"Möge die Kraft der Zwerge und die Macht der Elfen noch jedem Untotenheer auf solch’ tapfre Weise die Stirn bieten..."
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Hier endete ein Sammlung loser Blätter, die ich zu jener Geschichte rekonstruieren konnte. Offenbar blieb die Priesterin von nun an lange in Rune. Immer wieder taucht die Stadt, vor allem ihre Bibliothek, in ihren Notizen auf und in mir keimt immer mehr der Verdacht, es sei kein Zufall gewesen, der sie dorthin führte. Irgendetwas schien sie dorthin zu ziehen, irgendein Geheimnis schien sie dort zu bannen. Ich werde mich nun ebenfalls auf die Suche machen, was ich darüber ihren Aufzeichnungen entlocken kann…
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Was die Priesterin in Rune zu finden hoffte, entdeckte ich endlich nach langer Suche. Sie hatte es auf die Rückseite der Skizze eines Bibliothekssaales geschrieben. Es muss die damalige Bibliothek darstellen. Die Schrift war zum Glück noch gut erhalten, daher kann ich den Originaltext wiedergeben.
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Rune, Hoher Saal der Bibliothek
Auf diesen Moment hatte ich mich lange vorbereitet. Ich wusste, was ich suchte. Es befand sich in diesem Saal. Doch war es aus gutem Grund nicht nur vor der Allgemeinheit verborgen, sondern auch vor Magiekundigen und gerade vor denen, die den rechten Weg gewählt hatten. Hier in Rune, der Stadt dunkler Praktiken, fiel ich zum Glück nicht mehr auf, lange war ich hier nun schon Gast.
Monate hatte ich mit dem Studium der Sterne verbracht, um hinter das Geheimnis der Armillarsphären zu gelangen. In ihnen verband sich höchste zwergische Feinschmiedekunst mit menschlicher Sternenkunde zu einem astronomischen Wunderwerk. Die Positionen der Sterne waren mit Edelsteinen in filigrane, bewegliche Ringe gesetzt. Diese Ringe liesen sich um ein kristallenes Zentrum drehen und so jedes Firmament darstellen. Sie sollten mich an mein Ziel führen. Jene Gruppe verblendeter Geister bewahrte ihr unheiliges Buch in einem bestimmten System immer an einem anderen Platz auf. Eine Suche ohne jene Ordnung zu kennen musste in diesem gigantischen Büchertempel zum Scheitern verurteilt sein.
Dann ging es los. Jetzt musste alles schnell gehen! Der erste Lichtstrahl des Tages fiel durch den Lüftungsschacht in den grossen Sahl. Genau auf das Zentrum der äussersten der fünf Armillarsphären. Sie fing ihn in ihrem kristallenen Zentrum auf und lenkte das Licht im Blau meines Gottes schimmernd weiter. Sogleich stellte ich die edelsteinbesetzten Ringe auf Corax' Morgen- und Abenstern ein. Dort brach sich das Licht in seinem blauen Onyx und wurde zur nächsten Sphäre gelenkt. Aus deren Zentrum glimmte ein leuchtendes Rot und verlangte nach Shilens rubinroten Fesseln. So ging es weiter, Paagrios feuerrotem Dreigestirn aus Obsidian folgte das Sonnenkind Evas im blauweissen Diamant. Aus der letzten Sphäre schoss es in dunkelstem, fast schwärzlichem Rot hervor. In einem der Ringe war ein Edelstein zerbrochen. Gran Kains Sternbild des gebrochenen Kreises also. Die Ringe rasteten ein, mein Herz stand still und der letzte Lichtstrahl schoss...in die Leere des Raumes. Ich erstarrte. Ich hatte einen Fehler begangen. Dann erst erkannte ich sie, die obere, fast verborgene Gallerie. Ich stutze einen Moment, dann rannte ich los.
Es musste noch einen Eingang zur Bibliothek geben, der mir bislang entgangen war. Vielleicht über den Keller, wo auch der Eingang zu ihrem verfluchten Tempel sein sollte? Ich musste also an Flauron vorbei. Kurz vor der letzten Ecke brach ich meinen Lauf abrupt ab, hielt die Luft an. Er sollte keinen Verdacht schöpfen. Knapp, aber freundlich grüssend passierte ich, dann rannte ich wieder los, sprang die Stockwerke hinab, verlor dabei meine Sandalen und stand endlich vor einem spinnenwebenverhangenen Gang. Ich schlug mich wie durch einen Urwald, vergass vor Aufregung zu sterben, als ich auf eine Ratte trat und befand mich plötzlich auf einer Gallerie hoch oben unter der Decke der Bibliothek. In diesem Augenblick erlosch der Lichtstrahl. Nun war alles umsonst. Ich würde es nicht finden, nicht in tausend Jahren wieder.
Ich sank an die Bücherwand, meine Hände glitten verzweifelt über die kalten Bücherrücken uralter Werke. Dann tastete ich wie panisch alle Bücher im Umkreis ab. Das war sie, die allerletzte Chance! Das musste es sein! Das Buch atmete noch die Wärme des Lichtstrahls. Ich riss es mit einem Jubelschrei (den ich später noch bereuen sollte) aus dem Regal, trennte den Einband ab und stellte die leere Hülle wieder rein. Man sollte mein Tun ruhig so spät wie möglich bemerken. Ich verurteilte natürlich das Entwenden eines Buches auf's Entschiedenste, schob die Seiten unter meine Robe und sah zu, wieder nach oben zu kommen. Zwei alte Weinflaschen gabelte ich auf dem Rückweg irgendwo auf und steckte eine Flauron zu, während ich ihn in ein Gespräch über die rechte Weinlagerung verwickelte und mir geduldig seinen vor Halbwissen nur so strotzenden Vortrag anhörte. Ich hatte gefunden, was ich suchte. Das Buch der Untoten. Das umfangreichste Kompendium all ihrer Arten und Erscheinungsorte. Es sollte mich auf meiner Jagd nach ihnen noch in viele Abenteuer führen...