Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Cael/Cell
#2
Blut.
Ich rieche das Blut, schmecke es. Es gehört einer jungen Elfe. Ich knie neben der
Leiche, ziehe meine Pfeile heraus, wische meinen Dolch ab. Nicht am Wams, lieber im
Gras. Warum habe ich getötet? Ich weiß es nicht. Sie verließ das Stadttor, ich habe
angelegt und geschossen. Die Wachen scheinen abwesend zu sein. Glück? Oder Pech?
Ich lade mir die Leiche auf die Schultern, trage sie zum Wald. Mit einem hastigen
Gebet wird sie verscharrt. Leere.. keine Leere, ein Auf blitzen von Reue. Und noch
etwas..Befriedigung. Panik. ich versuche Ruhe zu bewahren, vorsichtig spreche ich
einen Ältesten an, frage ihn, ob man den Tod überwinden kann.
Ich finde mich wieder in einer Dunklen Halle. Auf der einen Seite ich, auf der
andren der Älteste, zwischen uns die Leiche der Elfe.
Wieder die Elfe, es ist Tag, Dion. Verräter nennt sie mich.
Meine Erinnerung ist Lückenhaft. Wieder Dion, ich krümme mich am Boden unter den
Tritten einer Dunkelelfe.
Schwärze. Die Sümpfe, ich liege auf einem Hügel, in Schussweite die Dunkle. Aber ich
tue nichts..
Wieder eine Dunkle, sie trägt einen Bogen. Ich laufe so schnell ich kann, keuche,
will weg. Dann schlage ich einen Haken nach Westen..
Stille.
Dion, eine Elfe. Ich lache sie aus. Dann ein Elf, er fordert mich zum Duell. Keine
Waffen, er scheint Magier zu sein. Die Elfe ruft etwas, er schüttelt seinen Kopf.
Heute ist Bluttag.
Sein Zauber trifft mich, es riecht verbrannt. Meine Lederrüstung. Danke Ajumie. Ich
lasse mich fallen, schließe die Augen. Der Elf freut sich über seinen Sieg, achtet
mich nicht weiter, kehrt zurück zur Stadt. Ich habe all das satt. Ich will nicht
mehr töten. Ich will weg aus diesem Leben, neu anfangen. Doch dazu muss ich erst
sterben. Zuschauer. Ich bitte einen Klingentänzer, mich zu erstechen. Er weigert
sich, beginnt über Moral zu predigen. Ein neues Leben.. ein gehauchtes Atenio, ich
packe einen Pfeil, ramme ihn knapp an meinem Herzen vorbei, schmecke mein Blut. Ich
schließe die Augen, reduziere den Atem, den Herzschlag. Ein tritt in die Rippen. "Er
ist tot". Schritte entfernen sich, stille. Nicht einmal ein Grab habe ich verdient.
Langsam erhebe ich mich, ich kehre heim. Ein Heiler.. Nach einer Woche geht es mir
wieder gut. Die Welt hat mich vergessen und ich möchte es nicht ändern. Lange, sehr
lange Zeit besuche ich keine Stadt. Ich werde zum Schatten der Wälder, ich töte
nicht mehr..
Wieder Stille.
Das Elfenland, meine "Heimat". Eine Zwergin, sie wirkt verliebt, lächelt. Ich nehme
ihre Axt, sie grinst mich weiterhin an. Ein Ruck, ihr Kopf liegt in einer Pfütze.
Warmes Wasser, warmes Blut.
Und wieder falle ich..
Ein langer Steg, am Ende sitzt eine Menschenfrau. Sie sieht gut aus. Ich nähere mich
ihr, sie zuckt kurz zusammen, lässt sich aber ansonsten nichts anmerken. Mein Dolch
an ihrer Kehle, sie schweigt. Ein Ruck, dann Blut und Stille. Ich weine, gebe der
Leiche einen Tritt, sie fällt vom Steg.
Erneut eine Lücke.
Schnee, ich liege in einem Gebüsch. Ein Wolf. Er hat mich gewittert, ich weiß es.
Aber er gibt dem Morben der ihn hält kein Zeichen. Ich bin nur Zuschauer. Der Morben
redet auf eine junge Zwergin ein, sie scheint kurz vor der Ohnmacht zu stehen. Dann
packt er sie und schneidet ein Stück Fleisch aus ihrem Oberschenkel. Blut fließt,
die Zwergin bewahrt Fassung. Ein Feuer, es ist der Grund warum ich hier bin. Der
Morben hält das Fleisch in die Flammen, grinst. Dann reicht er der Zwergin das
Stück, schiebt es ihr in den Mund. Sie weint, kaut aber. Dann tritt sie weg. Der
Dunkle nimmt die Reste des Fleisches, kaut sie mit einem genussvollen lächeln, tritt
dann in den Wald, verschwindet.
Ein Hügel, Dion. Vor mir eine Dunkle, unbewaffnet. Ein Kleid, keine Rüstung. Leichte
Beute. Dennoch kein Grund den Dolch zu besudeln. Ein Rucken der Sehne, ein Sirren.
Sie stürzt. Nächster Pfeil, rucken, sirren, ein Schrei. Keine Tränen. Noch drei
Pfeile, dann wende ich mich ab.

Angst. Ich verspüre Angst..
Die Klinge sitzt an meinem Hals, ich will dem Dunklen ins Gesicht spucken, aber es
geht nicht. Ich bin ein Zuschauer in meinem eigenen Körper. Ich höre mich reden, den
Handel akzeptieren. Der kleine Dicke schleppt mich mit blutender Nase weg. Immerhin
habe ich gekämpft, jetzt kann ich sterben.
Auf einem Hinterhof halten wir an. Sie drücken mich auf die Knie. Ein letzter
Wunsch.. Bäume.
Ich spüre die Kontrolle zurückkehren, sie akzeptieren meinen Wunsch.
Ich lache sie aus, blicke mich um, bereite mich vor, erneut zu kämpfen. In einer
Ecke steht die verfluchte Dunkle, wegen der ich überhaupt eingekreist wurde.
Die Kontrolle entgleitet, ich Knie mich hin.
Schmerz.
Eine Woge des Schmerzes durchflutet mich, als sie mir das Auge aus hebeln. Der
Dunkle kostet grinsend mein Blut. Ich will spucken, beißen. Aber es geht nicht.
Wieder die Dunkle. Sie gibt sarkastische Kommentare von sich. Mein Zweites Auge..
der Tod wäre die bessere Alternative gewesen. Als blinder Jäger wird man zur Beute.
Meine Fesseln werden geöffnet, ich krieche davon, taste mich zu einem Baum. Die
Dunklen unterhalten sich, der Zwerg sucht eine Taverne.. Dunkelheit, ich kann die
Rinde fühlen, riechen, dann werde ich bewusstlos.
Schmerzen in meinem Arm. Eine Flasche hat mich getroffen. Ein Zwerg grölt.. ich
erhebe mich vorsichtig, taste an der Wand entlang, Gasse für Gasse. Irgendwann das
Stadttor. Vor der Stadt lasse ich mich ins Gras fallen, lehne mich gegen einen Baum,
versuche zu schlafen. Ist es Tag? Nacht? Es sieht alles gleich aus.
Eine Stimme. Die zuckersüße Stimme der Morbin, sie meint, sie möchte mir helfen. Ich
will sie auslachen, zur Hölle jagen, aber es geht nicht. Ich höre mich mein Leben
versprechen. Es ist zu spät. Sie nimmt meine Hand, führt mich. Ich will stehen
bleiben, mich widersetzen. Aber dieser Körper ist nicht mehr mein.. sie bringt mich
in eine Taverne, wischt mir das Blut ab.
Ich habe nicht einmal eine Waffe, hocke in einer Ecke auf dem Boden.. Ich wünschte
ich wäre tot.

Aber vielleicht bin ich das auch.

Der stolze Ce'lkoranor ist tot. Ich habe getan, was ich zu Lebzeiten niemals getan
hätte. Ich habe mich unterworfen.
Dieser Brief ist ein Abschied, ein Abschied eines Toten von Toten.
Auf dieser Welt bleibt mir niemand mehr. Meine Familie hat mich verstoßen, meiner
Gilde habe ich den Rücken gekehrt. Den Wald werde ich nie wieder sehen.

Dunkelheit umfängt mich, ich weiss nicht, ob Tag oder Nacht. Ich versuche nicht ein
zuschlafen, ich habe Angst vor dem was kommt. Lethargie.. stille, durchbrochen von
den spöttischen Kommentaren einer Dunklen. Ce'lkoranor hätte niemals Anweisungen,
besonders denen einer arroganten Morbin folge geleistet. Aber Cel ist tot.. er starb
auf ähnliche Weise wie sein Sohn, er folgte ihm wenig später. Niemals hatte er
gekniet. Er war oft geflohen, aber er hatte seinen Stolz behalten.
Aber nun ist er tot.
Sein Tod war meine Geburt. Ich.. ich teile seinen Körper, seine Seele, sein Denken.
Und dennoch bin ich nicht er.
Niemals hätte er sich helfen lassen von einer blinden dunkler Hautfarbe. Niemals
hätte er ihre Anweisungen befolgt.
Erneut ein Kommentar. "Elfchen" wird dieser Körper genannt. Für Cel Grund genug die
gesamte Familie der Dunklen auszurotten. Aber ich nehme es hin. Sie amüsiert sich
über mich, lacht. Dann droht sie mit Folter, Tod.
Ich erinnere mich, versuche zu handeln wie Cel, lache sie aus, verspotte sie.. aber
ich bin gebrochen, und ich habe es gezeigt. Mein Spott fällt zurück auf mich, sie
freut, wie sich nur eine Dunkle am Leid erfreuen kann.
Dann wieder Stille, eine zweite Stimme.. Arany. Auch eine Dunkle, aber keine freie.
Sie war Cels Sklavin.. ich habe ihr die Freiheit geschenkt, aber sie bleibt. Cel war
immer gut zu ihr. Es klingt wie eine abgestandene Ausrede. Aber sie hilft mir. Sie
führt mich heraus, in den Wald. Den Wald von Oren. Einstmals die Heimat dieses
Körpers. Ich setze mich unter einen Baum, schicke sie weg, warte, erwarte den Tod.
Nach einer langen Zeit der Stille ein Geräusch. Die Stimme der Dunklen..Iylistraee..
sie hat mich gesucht, will mich heimbringen. Und ich folge ihr.. ich bin kein Elf
mehr, ich bin ein Werkzeug.
Dieser Körper war schon vor meiner Zeit ein Werkzeug, eines des Todes.
So ist das Leben, besser die Existenz. Ein Wandel. Vielleicht werde auch ich
sterben, vielleicht werde ich erlöschen. Dann wird ein andrer meinen Platz
einnehmen, und der Zweck des Werkzeugs wird sich ändern.

Noch nie habe ich mit Blicken um Gnade gefleht.. jetzt kann ich nicht mehr Blicken,
meine Augen sind fort, und der Reif um meinen Hals zieht sich immer enger.
Ich bin bereit aufzugeben, um Gnade zu flehen, und nun besteht keine Möglichkeit
dazu. Der Reif ist schon zu eng, um zu Reden, das Blut pocht in meinem Kopf, ich
röchle nur noch. Sogar, um die verdammte Magier zu verfluchen, bin ich zu schwach.
Schwach aussehen, nach Gnade heischend. Das ist mein einziges Ziel. Lacht sie? Sie
streichelt mich, hält meine Hand. Das seltsame Geräusch verstummt. Welches Geräusch?
Woher kam es überhaupt? Es war mein Atem. Die Luftröhre ist zu eng, ich schaffe es
nicht.. wenigstens sterbe ich an einem warmen Ort, nicht draußen in der Wildnis.
Immer noch hält sie meine Hand...
Sie hat mich losgelassen.. warum sollte man eine Leiche begrabschen?
Worte? Mein Kopf dröhnt. Anscheinend bin ich nicht tot. Vorsichtig greife ich an
meinen Hals, taste nach dem Halsband. Dann ein innerer Jubel, ich atme schon die
ganze Zeit.
Neuer Tag, neue Schmerzen. Ich bin müde.. ich war es. Jetzt liege ich in einer Wanne
auf Glassplittern. Wie um mich zu verhöhnen lässt die Morbin Wasser ein, setzt sich
neben mich. Noch nie wurde ich gefragt, ob die Temperatur des Wassers angenehm
finde. Wie ein Schlag ins Gesicht. Viel würde es auch nicht ausmachen. Irgendwann
ist es zu Ende.. bilde ich mir diese Vorsicht ein, mit der sie die Splitter
entfernt?
Wieder Scherben. Die Taverne, mit der Dunklen sitze ich in einer Ecke, ihr Diener
unterhält sich mit einer andren Morben. Im Verlauf der Unterhaltung zerbricht sie
ihr Glas. Wäre das nicht gewesen, hätte ich sie für gelangweilt gehalten.. aber
Elfchen steht es nicht zu, über so etwas nachzudenken. Der arrogante Diener
jedenfalls hat seinen Spaß, ein Wunder, dass er mich nicht als Opfer benutzt.
Unruhe, ein Elf betritt die Lokalität. Er bittet um eine Waffe, die Dunkle um seinen
weltlichen besitzt. Suizid.. auch eine Möglichkeit. Der Diener gibt ihm sein
Schwert, der Elf versucht mit dem Schwert das lokal zu verlassen. Er möchte hier
keinen Dreck machen. Das nächste woran ich mich erinnere ist sein Schrei.. kein
Todesschrei, nur ein Schmerzensschrei. Anscheinend hat der Morben das Schwert
zwischen seinen Beinen angesetzt und hochgezogen. Zeit für Mitleid, wenn auch
portionsweise. „Kümmre dich um ihn, er ist auch ein Elfchen“ mmh gut, tue ich das..
Anscheinend wurde ihm auch ein Halsband angelegt.. Egal, ich kümmere ihn.
Ein sonst so nutzloser Pfeil, aus meinem sonst so nutzlosen Köcher. Mit der Hand ins
Herzen befördert, der Elf vergeht in einer Fontäne aus Blut..
Eine Diskussion, dann soll ich die Scherben von der andren Morbin holen.. sie steht
mit dem Morben am Rand, sie unterhalten sich, er angeregt, sie kühl. Ich trete
heran. Kälte überkommt ihn.
Sie aber versucht sogar mit mir zu reden.. ich nehme die Scherben, kehre zu „meiner“
Dunklen zurück. Die schönen Schuhe.. und meinen schönen Füße. Ich soll laufen..
nicht bloß gehen.
Wieder außerhalb der Taverne.. ich würde es zärtlich nennen, wie mir die Dunkle, die
mit dem Reif über mein Leben verfügt, die Scherben aus den Füßen zieht..
Das Leben ist seltsam, meines zumindest.

Erwürgt werden stelle ich mir nicht sehr angenehm vor..
Fingernägel graben sich in meine Hände. Ignoranz, ich drücke fester zu. Ich will es
nicht, aber ich kann auch nicht anders. Schmerz zwischen meinen Beinen, ich krümme
mich zusammen. Er ist weg, hat mich allein gelassen mit dem Schmerz. Ich richte mich
auf, will beteuern, dass es mir Leid tut, aber da ist er wieder.
Pure Arroganz, ein Spiel mit dem Feuer. Erst, als ich gefesselt bin, ist er ganz
weg. Hat mich allein gelassen mit dem Schmerz. Wie lange hänge ich hier schon? Warum
hänge ich? Ich will schlafen, aber es geht nicht.
Verdammte Wörter. Er hat lediglich das Wort "immer" benutzt, und nur deshalb spüre
ich jetzt meine Arme nicht mehr.

Dunkelheit.
Ich begreife es. Das Denken ist Dunkelheit, beinahe zumindest. Es gibt einen
Lichtstrahl, und ich stehe mittendrin. Ich kann nicht sehen, was um mich herum
passiert, wer im Schatten lauert. Ich weiß nur, dass er es ist, und dass es noch
andere gibt. Sie beobachten mich, forschen, spielen mit mir. Ich weiß, dass
zumindest er mir sofort die Kontrolle entziehen könnte..aber er tut es nicht.
Ich bin eine Schöpfung der Dunklen, ob ich will oder nicht. Spätestens mit ihr werde
ich sterben, und es wird sein, als wäre ich nie gewesen. Aber die anderen bleiben...
Er ist schlau, intelligenter, als ich es je sein werde. Aber er gibt sich auch
seinen Instinkten hin.. ein Inbegriff der Menschlichkeit, des Unberechenbaren.
Schmeckt das Leben mit dieser Erkenntnis besser? Mit dem Wissen, jederzeit die
Kontrolle verlieren zu können? Vielleicht sollte ich die Augenblicke mehr genießen..
Er kommt.
Ich höre, wie sich seine Schritte nähern.
Keine Schritte, lautlos. Der Schatten verhüllt alles, was geschieht. Aber ich weiß
das er kommt.
Ich lasse sie los, hastig geflüsterte Worte, Flucht.
Es ist schwer, einen Ort ohne Augenlicht schnell zu verlassen, aber ich laufe...
Licht. Er will im Licht wandeln. Aber das Blut ist überall, die Geister der Toten
suchen.
Ein kurzer Ruck geht durch den Körper, seinen Körper, in dem ich nur Gast bin..
Nur ein Gast, eine Episode, jemand, der zur Belustigung gerufen wurde. Immerhin
bemerke ich, dass etwas vor sich geht.. sehen es die andren genauso? Wo sind sie?
Stehe ich noch immer im Licht?
Stimmen, ein Gespräch. Die Worte von Dunklen, ein Flüstern, Kratzen im Wind. Es sind
drei.. sie umgeben ihn, mich, uns. Das Blut kocht, eine Hand ist bereits in der
Manteltasche verschwunden.
Kampfhaltung.
Wer ist gegen wen? Haben wir eine Chance zu überleben?
Ich weiß was er denkt..
„Wie schnell kann ich sie töten?“
Ist es Wahnsinn? Oder weiß er etwas, dass ich nicht weiß?
Einer von den Dunkelelfen, ein Weibchen. Es will ihn reizen, eine andre zu ermorden.
Ist er so stolz? Ich erinnere mich an Worte. „Stolz, Ehre, Mut führen nur in den
Tod“. War das nicht er? Oder einer von den anderen? Aber ich sehe sie nicht.
Allein, in einer Menge aus Leuten, die sind wie ich..
Er tritt nahe an die Morbin, setzt ihr die Spitze eines Dolchs an die Kehle, spricht
leise.
Rufe, die andren Dunklen feuern ihn an. Warum?
Eine flüssige Bewegung, Ellipse.
Der Dolch steckt in er Brust.
Der Aufprall dringt seltsam laut durch die akustischen Schemen.
Er will etwas beweisen.. zeigen, wer die Macht hat.
Er lacht über mich, über uns.
Spielt mit der Sterbenden, nimmt dann die Leiche aus.
Er hat es nur wegen mir getan.
Oder uns?
Ist da Angst? Er ist der Älteste, es ist sein Körper, wir sind Eindringlinge.
Will er nur sich selbst beweisen, dass er uns bloß duldet? Dass er frei sein kann?
Oder macht er sich etwas vor?
Wispern in den Schatten, Raunen, Blätter rauschen.
Ich bin nicht allein, auch nicht allein mit der Erkenntnis.
Eine menschliche Stimme. Er ist noch immer da, grinst, freut sich über seine Taten.
Warmes Blut kühlt ab auf seiner, meiner, unserer Hand. Der Mensch schreit, auch nach
Rache.
Lachen über Worte.
Das Leben ist ein Traum..
Grade ist jemand aufgewacht, und es ist Dunkel.
Er hat sich einen Patzer geleistet, wollte einem Gepanzerten zwischen die Beine treten.
Niemand ist unfehlbar, das freut mich.
Flucht mit hoch erhobenem Haupt, die Bogenschützin wird es regeln..oder sterben.
Nicht seine Sache.
Und ich werde wieder die Schmerzen ertragen müssen, leiden oder lügen und mehr
leiden.
Ich seufze, balle die Faust.
Kontrolle, wunderbar, aber ich bin alleine und blind, wie komme ich nach Hause?
„Dreh dich um“
Ich bin nur eine Spielfigur, aber das ist besser als in der Wildnis zu verhungern.
Ich muss meine Kleider waschen..
Er ist immer noch da, er hat gute Laune, pickt mich.
„Liebst du sie?“
Es sind Fragen, auf die ich Antworte wie er, ungern. Kann ich mich selbst belügen?
Warum nicht.
„Warum kümmerst du dich um sie? Nur aus Furcht vor dem Tod?“
Ich mag ihn immernoch.. er weiss, was er fragen muss, weil er genauso ungern gefragt
wird wie ich. Er will verletzen, nachdem mich seine letzte Eskapade nicht großartig
zu stören schien.
Wir sind uns so ähnlich..
„Ich liebe nicht“
Worte, er bekommt Angst.
Es ist ein Kampf, und beide Parteien besitzen einen Heimvorteil.
Ich bin wieder allein, Cel, heiße ich so? Haben wir alle den selben Namen?
Warum ist er weg? Hinter der nächsten Tür steht ein Bett. Er schickt noch ein Bild,
das Bild einer Toten in diesem Bett, dann ist er weg.
Das Leben ist seltsam, und ich weiß,dass das auch für das meine, geträumte gilt.

Der Mond scheint hell, nur einige Sterne sind von Wolken verdeckt. An meiner
Schulter spüre ich den beruhigenden Druck eines Baumes, gegen den man sich lehnt.
Mein Schatten ist lang, er wirkt verwachsen mit dem Stamm.
Dann kommen die Stimmen. Leise gewisperter Gesang, meine Muttersprache. Er ist kurz
gehalten, leise und hastig, aber ich habe gehört.
Sie sind da.
Durchs Halbdunkel schleichen einige Elfen, sehr junge Elfen, Kinder.
Der Mond in meinem Rücken.
Seine hellweissen Strahlen treffen das Gesicht einer Elfe, keine zwanzig Jahre alt.
Ihr Gesicht ist scharf geschnitten, wie die Rinde eines Baumes, dennoch..
Weich, zart, volle Lippen.
Ein Kind, wie alle andren dort hinten auch.
Meine Hände.. die Finger sollten länger sein, schmaler..
Verstecken. Es ist ein Spiel..
Ich bin ein Kind, dort unten sind Kinder.. wie sind ihre Namen?
Es ist so lange her..die Gesichter sind unscharf.
Ich weiß, dass sie mich suchen, und ich verstecke mich. Im Licht.
Schatten und Licht bieten Verstecke, Kämpfe finden nur dazwischen statt.
Verstecken..
War ich immer gejagt? Plötzlich stehen die Kinder um mich, ihre Gesichter verzerren
sich, werden dunkler. Dolche, überall, in mir drin.
Klingen brennen sich durch mein Fleisch, ich spüre Organe reißen, sehe, wie Arterien
durchtrennt werden.
Blut, Tröpfchen, fließen ungehemmt durch meinen Körper, dringen nach Außen, spritzen
den Dunklen ins Gesicht.
Sie lachen, kein Hass, es ist einfach die Freude am Tod.
Mein Blut berührt sie, Rauch steigt auf. Es verätzt ihre Gesichter, sie schreien,
brennen, treten zurück. Meine Finger sind lang und schmal, wie sie sein müssen.
Die Dolche stecken noch, ich habe einen Bogen.
Eine fließende Bewegung, ein Pfeil aus dem Köcher, er gleitet auf die Sehne, diese
wird durchgezogen. Meine Arme zielen in der Zeit, ein Surren.
Der Pfeil steckt im Herzen eines Dunklen. Er fällt nach hinten, wird blass.
Blasser als er sein dürfte, seine Zügen werden weicher.
Spitze Ohren, volle Lippen, helle Haut.
Meine Augen brennen, dann ist es Dunkel.

Traum, ein verdammter bloßer Traum. Die Schreie sind verklungen, es ist still.
Bin ich wach?
Mir fehlt das Wispern in meinem Kopf, niemand spricht.
Nackenhaare stellen sich auf, sogar die sonst allgegenwärtige Existenz im Schatten
ist nicht zu spüren.
Wo sind sie? Wo verstecken sie sich? Was wollen sie?
Angst.
Ich zittere, hocke in einer Ecke.
Es ist so still und Dunkel um mich herum, so muss sich der Tod an fühlen.
Man könnte eine Nadel fallen hören, aber niemand lässt eine fallen. Warum nicht?
Ich will doch nur hören, dass ich lebe, will sehen, will atmen.
Ich schwitze, bebe. Fühlt sich so der Wahnsinn an?
Oder war ich wahnsinnig, und bin nun geheilt?
Selbst, wenn es ein Spiel mit dem Feuer war, ich kann doch nicht ohne sie leben.
Eine Stimme durchbricht die Stille, die Isolation ist verschwunden. Ich möchte weinen.
Das seltsame Gefühl in der Brust verblasst langsam, alles wirkt etwas realer.
Ich möchte danken, für die Worte, weinen, weil ich lebe, und schreien, weil ich
immer noch nichts bemerke von Cel.
Arme halten mich fest, ich bin nicht allein. Ich möchte Danken, für alles.

Ich weiß jetzt, was geschieht, kenne den Grund der Stille.
Cel ist nicht weg, er schläft bloß, träumt.
Die andren nehmen Teil an diesen Träumen, schauen zu, spielen mit.
Wenn ich mich treiben lasse, beginne ich es zu spüren. Stürme von Gefühlen brechen
über mich herein, wie Brecher über Kajaks.
Ich schlafe, glaube ich. Ich sehe Bilder, und ich weiß, ich bin nur Gast in diesem
Traum.
Warmes Sonnenlicht scheint auf meiner Haut, vor mir grasen Einhörner. Um die
Lichtung herum stehen hauptsächlich Birken. Wieder ein Traum, ich träume ihn im
Traum. Halbmond, Wolken, Schnee auf Laub. Ich weiß nun, wo ich bin, Weltenwanderer.
Immer noch der Traum im Traum, ich kann exakt sagen wo ich bin, aber der Weg ist
unklar. Waldläufer? Weltenwanderer? Den Weg finden mit Träumen. Ich bin Cel, lebe
seinen Traum.
Plötzlich ist der Schnee weg, wieder die Einhörner. Ich streichle über einen Stamm,
und plötzlich fühle ich es, wie alles zusammenhängt. Hammerschläge hallen wieder im
Halbdunkel meines Geistes. Halbdunkel, zwischen Licht und Schatten, der Ort des
offenen Kampfes.
Ich will auf die Knie sinken, aber es ist sein Traum. Mein Schrei verhallt ungehört,
ich will nur weg.
Die Hand löst sich wieder von dem Baum.
Langsam schreite ich zwischen die Einhörner, sie zeigen keine Furcht, lassen sich
flüchtig streicheln. Ist Cel nicht das Böse? Und Einhörner nicht Wesen des Lichts?
Weitere Schritte tragen mich an einen Laubhaufen. Erst jetzt wird mir der seltsame
Geruch bewusst, Cel hat ihn längst bemerkt. Mit einer Hand schiebt er das Laub
beiseite.
Tod.
Der Mensch ist nicht wirklich verstümmelt, aber halb verwest. Brechreiz, aber nicht
mein Traum.
Cel greift nach einem Stück Papier im Gürtelrest des Mannes. Es ist seltsam
unbeschädigt. Eine Zeichnung. Mit Kohlestiften ist eine Elfe dargestellt. Hübsch
sieht sie aus, aber das interessiert Cel nicht. Hinter der Elfe ist eine Eiche zu
sehen. Der Wanderer beschwört einen neuen Traum, Schwärze.
Im Dunkel leuchtet plötzlich die Eiche auf, nach wenigen Sekunden eine Buche
daneben, ein kleiner Strauch am Boden, Laub. Der Himmel ist blutrot, es dämmert.
Weitere Bäume entstehen, so weit ich sehen kann. Plötzlich ist es weg, der
Weltenwanderer schultert seinen Bogen, dreht sich gen Westen und beginnt zu laufen.
Vorbei an den wunderbar glatten Stämmen von Buchen, leuchtend roten Früchten der
Eberesche. Zwischendurch auch gerade erst treibende Bäume, und Ahorn mit gelben und
roten Blättern.
Plötzlich ein Dorf, Marktplatz.
Ein tiefes Gefühl der Heimatlosigkeit, Schmerzen. Ich leide, bin allein. Nicht
allein in der Wüste, sondern wie ein Geist in einer Menschenmenge. Ich sehe sie,
höre sie, aber sie können mich nicht wahrnehmen. Ich will nach Hause.
Ein Hügel, Wiesen. Immer noch rennen. Auf dem Hügelkamm vor mir taucht eine
aufrechte Gestalt auf. Fallen Lassen, Verharren. Plötzlich schneit es.
Ich begreife es. Der Weltenwanderer, Herr des Ortes, hat ein Problem mit der Zeit.
Orte, Dinge, Pflanzen bewegen sich nicht. Lebewesen tun es, aber mit ihnen hat er
nichts mehr zu tun.
Vertraute Gesichter ziehen vorbei, unter ihnen Unsterbliche. Aber sie sind alle weg,
und Cel ist geblieben. Es gibt auf dieser Welt niemanden mehr, der ihnen gleicht,
der sie ersetzen könnte. Oder wenigstens den Schmerz vertreiben. Cel ist ein Elf. So
wird er bis ans Ende der Zeit leiden müssen.

Träume ich immer noch? Ja..ich bin blind. Meine Arme kann ich nicht bewegen, Cel ist
an der Macht. Ich drehe den Kopf.
Ich bin gefesselt, nicht er hält mich auf.
Vorsichtig richtet er mich auf, steht so gut es geht.
Ein Bett steht im Raum, auf der Bett kante sitzt meine Schöpferin, mustert uns.
Sie weiß das Cel da ist. Er redet, lacht sie aus, spricht dann von ihrem Tod.
Ein ruhiges Lächeln ist die Antwort, ich bin gefesselt.
Ich stoße mich ab vom Boden, werfe mich mit einem Sprung auf sie.
Cel ist gefesselt, aber er drückt sie mit seinem Gewicht nach hinten.
Ich reißen den Mund auf, nehme ihre Kehle zwischen die Zähne.
Er beißt fest zu, reißt den Kopf hoch, beißt wieder zu.
Ich zerreiße ihre Kehle, keine Worte, nur ein Gurgeln.
Die Laken färben sich rot, sie ist schön..
Dann drückt irgendetwas meine Kehle zusammen.
Bevor ich ersticke, ist mein Kopf abgetrennt.

Ich bin gefesselt, liege auf dem Boden. Ich kann das Bett sehen, auf dem sie sitzt.
Ich erhebe mich langsam, ich will nicht. Ich drehe mich herum, werfe mich mit Gewalt
gegen das Fenster. Es zerspringt, die Scherben dringen in meine Haut ein, schneiden
durchs Fleisch. Mit meinem Schwung durchbreche ich auch die Bretter vor dem Fenster,
ich drehe mich im Flug. Mein ganzer Körper scheint zu brennen. Ein Knacken.
Ein lang anhaltender Seufzer sollte alles Sagen. Ein Pakt mit der Bestie, meinem
Beschützer.
Es war schwer, sehr schwer, und es hat Überwindung gekostet. Ein kurzer gedachter
Satz mit drei Buchstaben. Er feixt, lacht. Aber er wird Wort halten. Man kann nur
sich selbst trauen.
Die Wärme geht mit dem Moment, als er die Kontrolle übernimmt. Jetzt bin ich nur
noch Zuschauer.
Ein Bild. Es zeigt junge Bogenschützen, denen die Augen verbunden wurden. Es sind
Dunkelelfen.
Du willst kontrolliert werden, Elfchen. Sie oder ich?
Meine Hand holt Waffen hinter einem Schrank hervor. Ich wusste nicht, dass der Dolch
dort ist. Auch die Pfeile, Sehnen..
Er kann frei über meine Erinnerung verfügen.
Und morgen schände ich das Grab der Dunklen.
Das Biest entpuppt sich als guter Geist. Plötzlich ist der Schleier verschwunden,
der sonst alle Wahrnehmung verhüllt, wenn er den Körper kontrolliert. Die Sinne
wirken sogar noch geschärft, ich höre Stimmen aus der Symphonie der Nacht heraus,
die eigentlich unhörbar sind.
Und ich spüre die diebische Freude, die ihn bewegt. Die Dunkle vor ihm ist nur ein
süßes kleines Spielzeug, und absolut niedlich.
Dann lässt er mich wieder träumen.
Weltenwanderer, wie ist dein Name?
Diese Szene kenne ich. Oder eine Ähnliche. Vor mir sitzt ein Mensch, gefesselt. Ich
lächle, rede sanft auf ihn ein. Neben uns brennt ein Feuer. Grinsend bewege ich den
Dolch auf seinen Arm zu. Langsam, sehr langsam wird geschnitten, auf die Miene des
Menschen geachtet, gekichert.
Nur ein kleines Stück Fleisch, Unmengen Blut. Eine Hand drückt den Kiefer des
Menschen auseinander, die andre schiebt das Fleisch hinein. Eine geflüsterte
Aufforderung zu Kauen, sadistische Freude.
Die Bestie ist ein Teil von mir, und sie wird es bleiben.

Es gibt einen Ausdruck dafür, es heisst „Magie der Träume“. Wenn ich träume, dann
träume ich einfach. Oder ich sehe Bilder, erlebe Szenen, die mir von ihm geschickt
werden. Ihm, dem großen Wanderer..
Dieser Traum war anders. Seine Bilder waren irgendwie flüssiger, als die jedes
andren Traumes. Außerdem schien jedes Detail perfekt, ausgewogen.
Wie die meisten Träume begann er in einem Wald.
Um mich herum war es zu erkennen, das lichte grün des Unterholzes, Lichtstrahlen die
durch Blätter fielen, der Geruch von Moos.
Hoch waren sie, die Buchen um mich herum, ich selbst stand am Rande einer Lichtung.
Handlung scheint immer auf Lichtungen zu geschehen..oder abgebildet zu werden.
Vielleicht, weil eine Lichtung einen abgeschlossenen Bereich bildet, gegen den der
Wald an sich unendlich scheint.. aber das ist nur ein Gedanke.
In meinem Traum spürte ich die Magie, die Magie des Bildes, die Magie des Ortes, die
Magie der Zeit.
Da war er. Auf der Mitte der Lichtung.
Wenn man einem uralten, magischen Geschöpf begegnet, wie einem Einhorn zum Beispiel,
spürt man etwas. Dieses etwas kann man unterschiedlich wahrnehmen, aber es ist nicht
möglich, sein Herz davor zu verschließen. Sogar Jäger, die Einhörner fangen, spüren
es, und so mancher weiss davon zu berichten.
Wenn das Gefühl, das dieser Traum, oder besser seine Magie auslöste, so war wie das,
dass die Berührung eines Einhornes bringt, dann war er, der auf der Lichtung stand,
pure Magie, gesandt von einer Macht, weit höher als alles, was ich kenne. Ob es
Gottheiten gibt, ob es sich lohnt an sie zu glauben, ist mir egal.
Aber ich weiß, dass er kein Gott war. Der Körper bildete einen Elfen, er lächelte,
trug eine Rüstung wie für einen Kampf. Als er mir seinen Kopf zuwandte, schien es,
als hätte er mich die ganze Zeit angeblickt. Seine Augen strahlten farblos in jeder
Farbe, die man sich nur erdenken kann. Die Sanftheit, die aus seinem Blick sprach,
stand im Widerspruch zu der Rüstung, dem gezackten Dolch in seinem Gürtel, aber es
passte dennoch.
Frieden, das war die einzige Botschaft, die aus seinen Augen sprach, und sie war
großartig.
Zum ersten mal in meinem Leben wollte ich niederknien, um meine Unwürdigkeit zu
zeigen.
Dieser Elf war alles, er war reine Magie. Der ganze Traum trug auf einmal sein
Zeichen, die Bäume um mich sahen so aus wie er. Nein, nicht sahen, sie fühlten sich
an wie er. Es war nicht so, wie ein Hund eine Marke hinterlässt an einem Stamm,
damit dieser sein Zeichen trägt, wie sein Besitz wirkt. Es war nicht wie das
Halsband, dass zeigt zu wem ich gehöre.
Der Wald gehörte nicht zu dem Elfen, er war der Elf.
Das Licht, dass ich auf meiner Haut spürte, es war wie ein Lächeln. Es trug den
selben Ausdruck, wie die Augen jenes ..Wesens auf der Lichtung. Ich wusste, dass ich
tot war, aber es kümmerte mich nicht. Ich sah, wie die Welt sein könnte, und dann
spürte ich..Aden, das Glück. Ich erinnerte mich an die Welt, auf der ich gelebt
hatte, auf der ich schuldig geworden war, schuldig an allem.
Ich taumelte zurück, ich wollte ihn nicht anblicken, ich schämte mich für alles, was
ich getan und gesehen hatte. Ich schämte mich für mich selbst. Meine Beine taten,
was sie immer taten, wenn ich nicht wusste, was zu tun war. Ich rannte, so schnell,
wie ich noch nie gerannt war. Hinein in den Wald, zwischen den Bäumen. Aber es war
nicht wie früher, die Bäume boten keinen Schutz. Er war überall, laufen war
zwecklos. Dennoch rannte ich, schneller, als es Lebenden möglich ist. Er war
überall, und ich rannte.
Wenn ich als Lebender von Lebenden geträumt hatte, und gerannt war, spürte ich
irgendwann Erschöpfung. Hier nicht. Ich rannte, und der Wald trug immer noch dieses
Lächeln, das Lächeln von all dem, das ich verraten hatte. Und ich wurde nicht müde.
Der Winkel der Strahlen, die durch das Blätterdach brachen, änderte sich mit der
Zeit. Als es Zeit wurde für die Dämmerung, endete das Grün. Ich fand mich auf einer
Klippe wieder, einem Felsvorsprung, nur noch bewachsen mit kleinen Büschen. Hinter
mir das Grün, für das ich gelebt hatte. Unter mir war Schwärze, dunkles Land, totes
Land, Eigentum der Verderbnis. Die Sonne meines Traumes versank in der Ferne, hinter
einem Grat, zwischen zwei Spitzen dunkler Berge. Ich hatte aufgehört zu laufen, ich
stand.
Auf einmal war es da. Ein junges Einhorn, es stand neben mir, folgte meinem Blick
über die verbrannte Erde. Irgendetwas bewog mich, das Tier zu streicheln. Als es
dann meine Hand ableckte und mich ansah, mit einem Blick voller Vergebung, wusste
ich: Es war der Elf, der Wald, der Traum.
Seine Botschaft war nicht nur Frieden, sondern auch Vergebung. Aber ich konnte sie
nicht akzeptieren, nicht ganz.
Celkoranor, ich, erwarte keine Vergebung. Es gibt nur Rache.
Rache und Tod, Rache für Tod, Rache für Blut, Tod für Blut, Sterben für Macht.
Aber es, das Wesen, dass diesen Traum gesandt hatte, vergab mir. Ich glaube, es hat
etwas in mir geweckt. Aus der Nemesis wurde eine Genesis. Noch eine.
Manchmal, wenn ich allein bin, jetzt, stelle ich mir einen Sonnenuntergang vor. Und
ich frage mich, was passiert, wenn ich zu lieben beginne.
Ich spüre das Blut, dass in meinem Kreislauf fließt. Ich erinnere mich, von wem es
stammt, und meine Angst wächst. Ich hätte niemals geglaubt, dass
Einsamkeit..Schmerzen bereiten kann.
Ich möchte heimfinden.
Und dann kommt die Frage auf, ob es jemals einen Ort für mich geben wird. Ich
erinnere mich an die Vergebung, die ich gespürt habe, und ich nehme mir vor, mein
Leben zu ändern.
Und am nächsten Tage schmecke ich bereits wieder Blut.

Aber ich verstehe das Leben nun. Es ist nicht alles egal, es gibt einen Richter. Ich
halte meine Seele für verloren. Aber vielleicht bedeutet verloren auch nur, dass ich
weitermachen muss. Dass ich gezwungen bin zu Leben, bis ich meinen Frieden gefunden
habe. Im Grunde zielt alles, was ich in diesem Traum erfahren habe ab auf den
Frieden. Irgendwann bin ich befreit von Ängsten und diesem Gefühl der Einsamkeit.
Irgendwann bin ich befreit von Begierde. Und wenn dieser Punkt gekommen ist, wird es
Zeit für meinen Aufstieg. Dann werde ich Teil des Waldes, der die Macht ist.

Die Dunkelheit scheint im Licht
Frieden ist das eine, große Ziel
Die Macht im Schatten sagt fürchtet euch nicht
Das Grau ist das Ende vom Spiel

Der unendliche Wald
Das eine Reiche
Wir finden es bald
Damit Lichte weiche

Frieden, Tod der Seiten,
Wir erwarten dich,
Nimmer wollen streiten,
Grau soll ersetzen lich.

Böse und Gut, beides sind nur Worte. Worte für das eine, das den Tod bringt. Ich bin
Böse, ich bin Licht, ich bin das Gute, ich bin der Schatten.

Auf jede Genesis folgt früher oder später eine Nemesis. Nach dieser eigentlich
nichts mehr...
Ich habe meine zweite Genesis erlebt, eine Wiedergeburt, und ich danke meiner
Schöpferin.
Sie hat mir einen Teil ihres Lebens zum Geschenk gemacht, und ich weiß nicht, ob ich
jemals sagen werde, was es mir bedeutet.
Magie ist eine Begabung, und Begabungen können vererbt werden, wie das Aussehen.
Mein neues Blut hat eine seltsame Wirkung auf ihn, der sich nun „Bestie“ nennt.
Manchmal spüre ich, wie der Teil meines Blutes, der von ihr stammt, durch meinen
Körper fließt. Langsam, umflossen vom Rest, als wäre es Öl in Wasser. Kleine Blasen,
die für sich bleiben wollen, die nichts mit dem anderen Blut zu tun haben möchten.
Und dann kommt er.. die Blasen ihres Blutes verharren an einigen Stellen, fließen an
anderen wiederum schneller, und plötzlich ist es eine einzige Ansammlung purer
Macht. Dann spüre ich, wie er sich freut, ich stelle mir die kleine Flamme vor, die
er tanzen lässt und irgendwie genieße ich es mit ihm. In solchen Momenten sind wir
eines, sind wir derselbe Elf. Es ist unsagbar schön, zu spüren, eine vollwertige
Person zu sein.

Und dann spielt er wieder, zeigt mir, was er mit dieser Macht und einem Geschöpf
anstellen kann.
Er ist seltsam.. manchmal sehnt er sich nur nach Nähe, Zuneigung... und manchmal
will er bloß Leid bringen. Eine gespaltene Persönlichkeit..


Arlin ist der Name, er soll kalt sein. Er spielt mit dem Tod. Und er ist nett.
Seltsame Informationen..
Er redet mit mir, er ist höflich, ein Mensch. Sie mag ihn, aber er ist nicht mal
witzig. Cel ringt mit sich, er würde ihn allein für seine Art töten. Stattdessen
scheint er mich zu parodieren. Bin ich wirklich so wenig, wie er zeigt? Ein
Haustier..
Der Mensch ist seltsam, sehr seltsam. Interessant vielleicht, aber irgendwie nervend.
Brav antworten, nett sein, artig.
Nennt man so etwas höflich? Wenn ich der billige Abklatsch einer Person bin, dann
ist er viel zu dick aufgetragene Freundlichkeit. „Forscher“.. vielleicht hatte er
kein Leben, vielleicht versteht er es nicht. Er, die.. Bestie.. lässt sich dazu
herab, Mitleid zu empfinden.
Überheblichkeit pur, aber immerhin muss ich mich nicht selbst um meine Antworten
kümmern.
Man wird aus dem Menschen nicht schlau, ich spüre einen Witz. Cel möchte ihn
studieren..
Humor...
Irgendwann bin ich wieder da, allein. Kein Arlin, keine Iylistraee, und wo ich bin,
weiß ich auch nicht.
Ich kann es erahnen, man redet mit mir. Es ist wieder eine von diesen Zucker
ähnlichen Stimmen, die nach meine Herrin fragen, ob sie mich vergessen hat. Die
Dunkle will mich mitnehmen. Dann etwas vertrautes. Erst ein Geruch, dann eine
Stimme. Die Fremde hat den kürzeren gezogen, es geht nach Hause..


Wieder ein Erwachen, wieder die Stimmen Dunkler. Er will mich testen, es sind drei.
Einer hinter mir, zwei vor mir. Fragen, ich antworte ruhig, neue Fragen, dann
Aussagen. Krüppel...dieses Wort benutzt sie, nennt sich Nynneth. Und sie meint
Iylistraee, nicht bloß mich.
Cel ist da, schlägt nach ihr, will sie zerreißen, töten. Sie lacht ihn aus..
Chancenlosigkeit, Rückzug.

Die Taverne, Stimme von Arlin. Er berichtet von Iylistraees Tod.. an viel mehr
erinnere ich mich nicht.. ich weiß, dass ich irgendwann erwacht bin, neben ihr, sie
trug überall Verbände, wollte bloß Wasser..
Cel zeigt mir.. keine Bilder, keine echten Geräusche.. Erinnerungen einfach..
Schmerzen im Arm, Blut. Der Körper neben mir ist gemacht aus meinem Blute..ihrem
Blut.
Nynneth war es, mit einem Schwert. Er, wir, ich wollen sie sehen. Hören, wie sie
leidet, fleht um Gnade, den Tod. Und wir gönnen ihn ihr nicht. Eines Tages werde ich
sie haben, langsam zerstören, mehr Schmerzen verteilen, als in meinem, seinem
gesamten Leben. Und sie wird weiterleben, Tag für Tag aufwachen, nur um aufs neue zu
Leiden. Es gibt keine Gnade für Nynneth. Nicht nachdem sie meine Schöpferin zu
zugerichtet hat.


Letzte Nacht habe ich sie gesehen, Nynneth, die Dunkle. Ihr Körper war wie der der
meisten Dunklen. Schön, würden ihn Menschen und Orks nennen. Sie saß auf einem
Baumstumpf auf einer Lichtung. Aus dem Wald trat ein Einhorn näherte sich ihr
langsam. Im gehen richtete es sich auf, verwandelte sich in einen Elfen. Er kam mir
sehr bekannt vor..ein andrer Traum. Er nahm ihre Hand, sie schien sich nicht wehren
zu können. Sie gingen langsam auf den Waldrand zu, verschwanden dann nebeneinander
im Dickicht.
Dann waren sie fort, Elf und Morbin. Aber irgendetwas leitete mich, ich schwebte
durch den Wald, über den Wald. Sie standen an einer Klippe, am Ende des Waldes. Dann
erwachte ich.
Vergebung..

Nicht für sie. Nie. Kein Tod, nur Leid. Ewiges Leid.

Leben als Qual. Aber es gibt auch das andere, das Leben voller Schönheit.
Es ist ein Zwiespalt, und statt die Mitte zu finden, pendle ich hin und her. Einst
war das Leid.
Jetzt halte ich sie fest, streichle sie, will nirgendwo anders sein. Es ist
seltsam.. wie im Grunde alles, wozu also sich Sorgen machen? Sie ist warm, zart.
Zartes Fleisch..er denkt an ein Feuer, einen Spieß, Kauen.
Ich glaube Cel hat Angst davor, verstanden zu werden. Wenn man Beute ist und
verstanden wird, muss man nicht einmal mehr gejagt werden.. dann reicht eine simple
Falle.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Cael/Cell - von Celkoranor - 15.12.2006, 12:17
[Kein Betreff] - von sorry - 23.01.2007, 12:05

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste