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Amandrias Seelenklang
#13
(Wiewohl einer Kriegerin Heldentaten sich rasch wie von selbst verbreiten, so macht es doch der Kriegerin Geheimnisse aus, dass kaum jemand jemals von ihnen erfährt. Daher erscheint es lohnenswert, ein solch' Letzteres ans Licht zu zerren, und den beeindruckenden Kampf unter der Teufelsinsel den Poeten und Barden für ihre Heldengedichte und -balladen zu überlassen.)



DIE HÄRTE DES ONYX


... kaum berühren meine Tatzen den Boden ... als ob ich über die Ebene fliege ... die Entfernung zu meiner Beute verringert sich mit jedem Ausgreifen meiner muskulösen Läufe ... ich brülle die Lust der Jägerin aus mir heraus ... ein Zittern durchläuft meinen geschmeidigen Körper, als mir der Angstgeruch meines Opfers in die Nase steigt ... zu jung, sich dem Kampf zu stellen - das Horn gerade erst aus seiner Stirn gebrochen ... noch zehn Sprünge ... noch fünf ... noch einer ... JETZT! ... meine Fänge graben sich in das weiche, helle Fleisch ... meine Sinne berauschen sich an dem jungen Blut ...

Benommen erhebt sich die unbekleidete Halbelfe von der Leiche eines jungen Einhorns. Unverständnis spiegelt sich in ihren grünen Augen, dann nacktes Entsetzen, als das Blut an ihrem Gesicht und an ihren Händen das Ungeheuerliche belegt. "Corax, was habe ich getan! Goheno nin, un en Eva. Ich war nicht mehr ich selbst." - Tränen benetzen das blutige Fell des gerissenen Tieres. Die Worte des unseligen Verwandlungszaubers, den ihr die Zauberin im Elfenbeinturm lehrte, hallen in ihrer Erinnerung wider:

DIE VIELFALT MEINER GEDANKEN WERDE ZUR ZIELSTREBIGKEIT DER JÄGERIN.
DIE GEFÜHLE IN MEINEM HERZEN WERDEN ZU DEN INSTINKTEN DES TIERES.
DAS FLEISCH IN MEINEM KÖRPER WERDE ZUR HÄRTE DES ONYX.

NIE WIEDER, AMA! Jede Silbe soll vergessen sein! - Kraftlos sinkt sie auf dem noch warmen Tier zusammen, die Wunden mit ihrem nackten Körper zu bedecken suchend.


...


Wie Halme unter der Sense der Bauern so fallen die Ketra-Orks einer nach dem anderen unter den unbarmherzigen Klingen einer Handvoll schwer gerüsteter Elfen.
"Dieses Lager wird verwaisen, und trinken sollt ihr euer eigenes Gift, mit dem ihr eure Waffen bestreicht, Yrch!", gellt es aus dem Mund der Schwertsängerin, während ihre Gefährtinnen und Gefährten, sie mit undurchdringlichen Blicken bedenkend, ihr blutiges Werk schweigend verrichten. Nachdem der Kampf beendet, die Magolad Corax sich mit leuchtenden Augen dem Abschied jener widmet, mit denen sie Seite an Seite erfolgreich focht: "Mich erfüllt Stolz, mit euch den Sieg errungen zu haben, und Freude, jeden und jede von euch zum Abschied lebend in die Arme schließen zu dürfen."
Doch weder Elf noch Elfe finden sich auf das leichte Öffnen ihrer Arme hin in diesen ein; vielmehr meint sie, in einigen Gesichtern einen Hauch von Belustigung zu entdecken. Die Enttäuschung darüber nur unzureichend verwinden könnend, lässt sie hilflos die Arme hängen.
Schließlich nickt ihr ein Elf freundlich zu: "Cuio vae, Peredhin ... und für den nächsten Kampf solltet ihr berücksichtigen, dass jedes Gefühl, welches ihr dem Gegner offenbart, den Kampf zu seinen Gunsten entscheiden kann."
"Atenio", murmelt die Halbelfe mit tonloser Stimme und dreht rasch der Gruppe den Rücken zu, um dieser die leichte Röte, die ihr Gesicht zu überziehen beginnt, nicht sehen zu lassen. Ein hastig abgelesener Spruch bringt sie sogleich fort, in die Clanhalle der Coraxkinder.

Niedergeschlagen sinkt sie dort auf weiche Kissen. Oh Ama, ist dein Platz wirklich bei den Edhil? Wer genau bist du? Wie soll ich sein? Wie will ich sein? - Die Vielfalt meiner Gedanken werde ... Je länger unruhige Gedanken ihr Herz zerreißen, desto stärker wächst in diesem Moment die Sehnsucht, in liebevollen Armen zu liegen. Sie seufzt, weiß sie doch Samiris just auf einer längeren Reise ... und Mikarion oder gar Thamisat - nur Corax weiß, wo diese grad' zu finden.
Vielleicht finde ich bei Alan Trost - mit einem Hoffnungsschimmer auf dem Gesicht schlägt sie den Weg zum Elmor ein. Doch wird ihr Herz nicht leichter, als sie vor der geschlossenen Tür steht und den Aushang liest: "für die Dauer von sieben Tagen geschlossen". - "Corax, welch' ein unsäglicher Tag", bricht es aus ihr heraus. Die Gefühle in meinem Herzen werden ...

Aufgewühlt verlässt sie Giran, um Ruhe zu finden zwischen den Bäumen des nahen Waldes, ... um die quälenden Zweifel an ihrem eigenen Wesen aus ihrem Geist zu verbannen, ... um frei zu sein. Frei wie ein Tier? - blitzt die Frage in ihr auf - Wie ein wildes Tier? - "Law, ein wildes Tier ... kann sich nicht kontrollieren", flüstert sie. Dich kontrollieren? Ist es das, wonach du strebst, Halbelfe? Oder ist es das, was dich zermürbt? - "Als ein wildes Tier bin ich nicht mehr ich selbst", begehrt sie auf. Du selbst? Wer bist du selbst, Ama? Als Raubkatze spürst du in jeder Faser deines Körpers, dass du DU bist. - "Mae", haucht sie erregt, "das ist wahr: in jeder Faser meines Körpers und in jedem noch so kleinsten Winkel meines Geistes."

Ihr Gang wird langsamer. Schließlich bleibt sie stehen. Eine lange Zeit verharrt sie, spitzt die Ohren, versucht, in den vereinzelten Lichtstrahlen der Nachmittagssonne Bewegungen auszumachen - Bewegungen von Wesen, denen sie gefährlich werden könnte.
Irgendwann legt sie fieberhaft Waffen und Rüstung ab, entkleidet sich und verbirgt ihre Habe in einem Brombeerstrauch. Dann kauert sie am Boden und spricht den Verwandlungszauber.

...

Hunger! ... ein Knurren in mir ... ich jage durch's Unterholz ... eine Jagd ohne Beute - bisher ... und dennoch: ICH BIN FREI! ... endlich - eine Fährte ... der Duft von Lebendigem ... wie von selbst zieht er mich an ... die Welt besteht nur noch aus diesem Geruch ... jetzt habe ich es gesichtet ... es wird mir nicht entkommen - auf seinen zwei jämmerlichen Beinen ... hat mich noch nicht einmal bemerkt ... ein gieriges Fauchen ... meine Muskeln spannen sich ... dann der Sprung ...

Das Fauchen der Onyx-Bestie lässt den Jungen herumschnellen. Starr vor Schreck, der Pilzkorb seiner Hand entglitten, springen ihm seine eigenen angstgeweiteten Augen entgegen, die sich in der glänzend-glatten Quarzoberfläche der Raubkatze widerspiegeln.




Goheno nin: Verzeih' mir
Un en Eva: Geschöpf der Eva
Yrch: Orks
Cuio vae: leb wohl
Peredhin: Halbelfe
Atenio: kurzer elfischer Abschiedsgruß
Edhil: Elfen
Law: nein
Mae: ja
Der Glanz der Sterne in die Herzen meiner Freunde - die Klingen meiner Schwerter in die Herzen der Feinde!
Amandria Hen en Aduial, Magolad Eva
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Amandrias Seelenklang - von Amandria - 10.12.2006, 21:36
RE: Amandrias Seelenklang - von Amandria - 10.12.2006, 21:58
RE: Amandrias Seelenklang - von Amandria - 11.12.2006, 00:45
[Kein Betreff] - von Amandria - 11.12.2006, 01:24
[Kein Betreff] - von Amandria - 14.12.2006, 15:41
[Kein Betreff] - von Balduin - 21.01.2007, 12:53
[Kein Betreff] - von Amandria - 21.01.2007, 14:47
Worte im Schlaf - von Balduin - 31.03.2007, 19:32
[Kein Betreff] - von Amandria - 02.04.2007, 21:29
[Kein Betreff] - von Samiris - 21.12.2007, 00:45
[Kein Betreff] - von Amandria - 21.12.2007, 19:11
[Kein Betreff] - von Samiris - 05.02.2008, 19:04
[Kein Betreff] - von Amandria - 14.07.2008, 00:46
[Kein Betreff] - von Platzhalter - 16.10.2009, 16:53
[Kein Betreff] - von Amandria - 16.10.2009, 18:03
[Kein Betreff] - von Platzhalter - 11.12.2009, 23:24
[Kein Betreff] - von Amandria - 12.12.2009, 01:10
[Kein Betreff] - von Amandria - 26.01.2013, 19:42
[Kein Betreff] - von Amandria - 20.12.2015, 23:28

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