21.08.2008, 16:36
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Tagebucheintrag ohne Zeit und Ort. Loses Blatt ohne Paginierung.
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Während meiner langen Reise zu einem alten Palast der Edain war mir wohl bewusst, die Welt würde nicht stillstehen.
Doch die Geschwindigkeit, mit der die Ereignisse dann über mich hereinbrachen, liessen mir den Atem stocken. Als Priesterin wurde von mir verlangt, Handeln und Tun mit ruhiger Überlegung in Einklang zu bringen. Nun jagte mich das Schicksal und ich stolperte vorwärts – in der fiebrigen Hoffnung, wenigstens keinen Pfad zum Abgrund erwischt zu haben...
Ich kam gerade in Dion an, in der Stadt, der ich am meisten verdanke. Mit Knüppeln schlugen sie, die Krieger der Einhasad, vor meinen Augen auf die Elfe ein, welche zudem gefesselt und unter „Mörderin! Mörderin!“-Rufen der aufgebrachten Menge schändlich abgeführt wurde. War Dion nicht der Ort der Freundschaft zwischen Elfen und Menschen? „Elvellon! Elbenfreund!“, wie lange schon hatte ich jene Worte nicht mehr gehört? Verband sich hier nicht sogar hin und wieder Elfenblut und Menschenblut, in Liebe? Befremden, Angst, gar Abscheu gegen meine Herkunft, gegen mein Volk glaubte ich in jenen Tagen in ihren Gesichtern zu lesen.
Die vernagelte Kunstschmiede des Abgondrafn Syonisthil unweit des Marktplatzes schien mir auf einmal mehr zu bedeuten, als nur das Zeichen eines vorübergehenden finanziellen Engpasses. Konnten auch Elf und Zwerg keine Freunde sein?
Frech nannten sich schon die Lande von Gludio und Gludin Elfentrutz. Und Baronin Tesnia von Hohenberg trachtete nach einem Titel, für den die Elbensprache bislang keinen Begriff hatte: Elbenfeind.
Wie gross war meine Freude, in Barcaras das eigene Volk im Glanze neuer Kraft zu sehen! Jelindrael hatte die Kinder des Corax wieder aufgerichtet, sogar ein neues (und gar nicht mal so hässliches) Gesicht lächelte unter dem blauen Banner. Auch der Elfenrat unter Norelle, Mikarion und Seraein zeigte Einheit und Tatkraft, wie ich es noch nicht erleben durfte. Endlich die Elfengarde, angeführt von Jelindrael und Amandria, den drei Schwertern, denen ich am meisten vertraute.
Als sich am Abend - der in so schwer vermissten Armen viel zu schnell zu Ende ging - der Schein des Mondes auf die Schar des Hohen Volkes legte, erklang ein altes Lied:
Ir ithil ammen Corachín,
menel-vîr sila díriel
si loth a galadh lastho dîn!
Ar hîr Annûn, Gilthoniel,
le linnon im Tinúviel!
Tinúviel! Der Name hallte tief in meinem Innern nach. Die Hohepriesterin war es, die einst in mir die Liebe zu Corax entzündet hatte. Sie war es, die mich zu den Kindern des Corax geführt hatte. Ihre Ernsthaftigkeit und Würde als Coraxpriesterin würde ich ni*Tintenfleck* erreichen. Nun war sie gegangen, ihr Name in der Clanrolle von Esrandell getilgt und ich ahnte, sie würde nicht mehr wiederkehren.
Eine ferne Stimme erklang tief in meiner Seele. Im Westen, wo die Weissen Schiffe meines Volkes über den Horizont segeln, um nicht mehr zurückzukehren, blieb mein Blick hängen. War etwa auch meine Zeit schon gekommen? Doch da wurde die Stimme klarer und sie schien vielmehr aus dem Süden zu kommen, wo sich hinter dem Hithu Aeglir, dem Nebelgebirge, die Festungen von Gludin, Gludio und Dion - einer greifenden Klaue gleich - um die Silberauen reihen.
Da verstand ich: ein neues Zeitalter war angebrochen. Das Zeitalter der Menschen. Würde das der Elfen zu Ende gehen? Oder würde das Volk von Corax und Eva an der Seite der Aphradim und Hadhodrim neuen Gefahren trotzen? Die Stimme klang nun vertraut, wie seit Kindestagen. Ninniel! Das „zarte Mädchen“ hatte seinen schweren Schild gepackt, war als Tempelkriegerin ausgezogen, ihren Brüdern und Schwestern jenseits des Nebelgebirges Schutz und Trutz zu sein und hatte immer wieder auch Aphradim und Hadhodrim darunter aufgenommen. Nun rief sie zu neuem Bund jene zusammen, die ausserhalb der Heimat dem Frieden und der Freundschaft unter Elfen, Menschen und Zwergen dienen wollten.
In den kommenden Tagen wurde die Stimme immer deutlicher und ich spürte, es war nun auch meine innere Stimme, die mitklang und mich vorwärts trieb. Meine Zeit bei den Kindern des Corax war gekommen. Neue Schwerter, Stäbe und Schilde würden unter dem blauen Banner die Traditionen bewahren und die Heimat schützen – und auch an ihrer Seite würde ich die kommenden Jahre noch viele erfolgreiche Schlachten schlagen, in Katakomben, in Ruinen und an manchem Weinfass.
Dennoch, die Schritte, die mich ein letztes Mal zu Esrandell im blauen Wappen der Kinder des Corax führen sollten, waren die schwersten, die ich je gegangen bin.
Ir ithil ammen Corachín,
menel-vîr sila díriel
si loth a galadh lastho dîn!
Ar hîr Annûn, Gilthoniel,
le linnon im Tinúviel!
Wenn der Mond auf uns, die Coraxkinder, scheint,
ein himmlisches Juwel aus Silber, das über uns wacht
dann lauschen Blume und Baum in Schweigen
Oh Herr des Westens, Sterne entzündend,
zu Dir singe ich, die Nachtigall!
Aphradim und Hadhodrim: respektvolleBezeichnung der Elben für Menschen und Zwerge
Tagebucheintrag ohne Zeit und Ort. Loses Blatt ohne Paginierung.
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Während meiner langen Reise zu einem alten Palast der Edain war mir wohl bewusst, die Welt würde nicht stillstehen.
Doch die Geschwindigkeit, mit der die Ereignisse dann über mich hereinbrachen, liessen mir den Atem stocken. Als Priesterin wurde von mir verlangt, Handeln und Tun mit ruhiger Überlegung in Einklang zu bringen. Nun jagte mich das Schicksal und ich stolperte vorwärts – in der fiebrigen Hoffnung, wenigstens keinen Pfad zum Abgrund erwischt zu haben...
Ich kam gerade in Dion an, in der Stadt, der ich am meisten verdanke. Mit Knüppeln schlugen sie, die Krieger der Einhasad, vor meinen Augen auf die Elfe ein, welche zudem gefesselt und unter „Mörderin! Mörderin!“-Rufen der aufgebrachten Menge schändlich abgeführt wurde. War Dion nicht der Ort der Freundschaft zwischen Elfen und Menschen? „Elvellon! Elbenfreund!“, wie lange schon hatte ich jene Worte nicht mehr gehört? Verband sich hier nicht sogar hin und wieder Elfenblut und Menschenblut, in Liebe? Befremden, Angst, gar Abscheu gegen meine Herkunft, gegen mein Volk glaubte ich in jenen Tagen in ihren Gesichtern zu lesen.
Die vernagelte Kunstschmiede des Abgondrafn Syonisthil unweit des Marktplatzes schien mir auf einmal mehr zu bedeuten, als nur das Zeichen eines vorübergehenden finanziellen Engpasses. Konnten auch Elf und Zwerg keine Freunde sein?
Frech nannten sich schon die Lande von Gludio und Gludin Elfentrutz. Und Baronin Tesnia von Hohenberg trachtete nach einem Titel, für den die Elbensprache bislang keinen Begriff hatte: Elbenfeind.
Wie gross war meine Freude, in Barcaras das eigene Volk im Glanze neuer Kraft zu sehen! Jelindrael hatte die Kinder des Corax wieder aufgerichtet, sogar ein neues (und gar nicht mal so hässliches) Gesicht lächelte unter dem blauen Banner. Auch der Elfenrat unter Norelle, Mikarion und Seraein zeigte Einheit und Tatkraft, wie ich es noch nicht erleben durfte. Endlich die Elfengarde, angeführt von Jelindrael und Amandria, den drei Schwertern, denen ich am meisten vertraute.
Als sich am Abend - der in so schwer vermissten Armen viel zu schnell zu Ende ging - der Schein des Mondes auf die Schar des Hohen Volkes legte, erklang ein altes Lied:
Ir ithil ammen Corachín,
menel-vîr sila díriel
si loth a galadh lastho dîn!
Ar hîr Annûn, Gilthoniel,
le linnon im Tinúviel!
Tinúviel! Der Name hallte tief in meinem Innern nach. Die Hohepriesterin war es, die einst in mir die Liebe zu Corax entzündet hatte. Sie war es, die mich zu den Kindern des Corax geführt hatte. Ihre Ernsthaftigkeit und Würde als Coraxpriesterin würde ich ni*Tintenfleck* erreichen. Nun war sie gegangen, ihr Name in der Clanrolle von Esrandell getilgt und ich ahnte, sie würde nicht mehr wiederkehren.
Eine ferne Stimme erklang tief in meiner Seele. Im Westen, wo die Weissen Schiffe meines Volkes über den Horizont segeln, um nicht mehr zurückzukehren, blieb mein Blick hängen. War etwa auch meine Zeit schon gekommen? Doch da wurde die Stimme klarer und sie schien vielmehr aus dem Süden zu kommen, wo sich hinter dem Hithu Aeglir, dem Nebelgebirge, die Festungen von Gludin, Gludio und Dion - einer greifenden Klaue gleich - um die Silberauen reihen.
Da verstand ich: ein neues Zeitalter war angebrochen. Das Zeitalter der Menschen. Würde das der Elfen zu Ende gehen? Oder würde das Volk von Corax und Eva an der Seite der Aphradim und Hadhodrim neuen Gefahren trotzen? Die Stimme klang nun vertraut, wie seit Kindestagen. Ninniel! Das „zarte Mädchen“ hatte seinen schweren Schild gepackt, war als Tempelkriegerin ausgezogen, ihren Brüdern und Schwestern jenseits des Nebelgebirges Schutz und Trutz zu sein und hatte immer wieder auch Aphradim und Hadhodrim darunter aufgenommen. Nun rief sie zu neuem Bund jene zusammen, die ausserhalb der Heimat dem Frieden und der Freundschaft unter Elfen, Menschen und Zwergen dienen wollten.
In den kommenden Tagen wurde die Stimme immer deutlicher und ich spürte, es war nun auch meine innere Stimme, die mitklang und mich vorwärts trieb. Meine Zeit bei den Kindern des Corax war gekommen. Neue Schwerter, Stäbe und Schilde würden unter dem blauen Banner die Traditionen bewahren und die Heimat schützen – und auch an ihrer Seite würde ich die kommenden Jahre noch viele erfolgreiche Schlachten schlagen, in Katakomben, in Ruinen und an manchem Weinfass.
Dennoch, die Schritte, die mich ein letztes Mal zu Esrandell im blauen Wappen der Kinder des Corax führen sollten, waren die schwersten, die ich je gegangen bin.
Ir ithil ammen Corachín,
menel-vîr sila díriel
si loth a galadh lastho dîn!
Ar hîr Annûn, Gilthoniel,
le linnon im Tinúviel!
Wenn der Mond auf uns, die Coraxkinder, scheint,
ein himmlisches Juwel aus Silber, das über uns wacht
dann lauschen Blume und Baum in Schweigen
Oh Herr des Westens, Sterne entzündend,
zu Dir singe ich, die Nachtigall!
Aphradim und Hadhodrim: respektvolleBezeichnung der Elben für Menschen und Zwerge