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Galenya - Das Herz einer Kriegerin
#85
Teil I:
Unentwegt ronn das Blut über ihren sterbenden Leib, tief prangte sein eigenes Schwert in Ihrer Brust, welches Sie ihm entwendet hatte als sie aufbrach. Er riss sich die Handschuhe von den Händen, seine linke Hand presste sich auf die Wunde, er versuchte sie zu stoppen mit bloßer Kraft. Verzweiflung trat in seine braunen Augen, als er aus bebenden Lippen Ihr ins Antlitz schrie.

„Du wirst nicht sterben, hörst du! DU WIRST NICHT STERBEN!“

Er versuchte ein Gebet für sie zu finden, eines welches die göttliche Gnade für sie herabbeschwören sollte, doch sein Geist war benebelt vor Sorge, seine Augen verloren ihren Glanz als sie vor ihm lag, die Farbe ihrer Haut sich langsam ins fahle wandelte, Blut über ihre Lippen trat beim Husten.
Seine linke Hand glitt an die Klinge, deren scharfe Kante zwischen seinen Zeige- und Mittelfinger gefasst. „Verzeih mir Galenya, verzeihe mir..“ Er senkte den Blick, er biss sich auf die Lippe, sein Atem wurde schwerer – seine Konzentration legte sich auf das pulsierende Leben in seinen eigenen Adern. Mit einem harten Griff umschloss seine Rechte den Griff des Schwertes, damit beginnend diese behutsam aus ihrem Fleisch heraus zu lösen. Er schnitt sich dabei in seine aufgelegte Hand, ein kalter Schmerz durchfuhr ihn und ließ ihn sich aufbäumen. Ein Geräusch jenseits von ihrem schmerzerfüllten Keuchen lag in der Luft, es klang wie sanftes Rauschen oder das Wehen einer Frühlingsbrise.

„Du entschuldigst dich? Oh, Ghad, ich bin es doch...“ Er hörte Ihr nicht zu, er wollte nichts hören, er wollte nichts sehen, außer dem Bild von Ihr, welches er noch wenige Stunden zuvor in gemeinsamer Eintracht gesehen hatte. Vor seinen Augen lag jene Frau, der er versprochen hatte in einem magischen Augenblick, sie zu beschützen, sie glücklich zu machen war fortan sein einziger Wunsch. „Galenya, schweig...bitte..“ Er bäumte sich erneut auf, er begann zu Husten, ein Rinnsal aus Blut floß aus seinen eigenen Lippen hinab, eine Spur über sein Kinn und seinen Hals ziehend hinab in den Kragen der Rüstung.

Immer mehr Blut war aus Ihrer klaffenden Wunde getreten, doch das Schwert war bereits nahezu aus ihrem Leib gezogen. Als sich ihr Blick auf den Schaft senkte konnte sie ein weiches Licht sehen, welches unter seiner aufgelegten Handfläche glomm, sich wärmend und sanft wie Seide um ihr freigelegtes Fleisch legte. „Ich muss sie beschützen, um alles was mir lieb ist, ich kann es nicht zulassen, dass sie hier..jetzt...so..stirbt...“„ Es ist so kalt Ghad..bitte lass mich nicht allein..“ Ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen legte sich ihr entgegen, es waren Worte die er genoß zu hören, doch sie waren belanglos in jenem Augenblick, er war alleinig auf das konzentriert was er tat. Seine eigene Kraft, gebündelt, gesammelt in seiner Hand floss hinüber in ihren Leib, schloß jene Wunden, die das Schwert verursacht hatte, während er noch dabei war es herauszuziehen. „Du hast es mir versprochen, du wolltest leben..du wirst leben“ Sein rechter Arm stand aufrecht zum Himmel gestreckt, die Klinge fiel blutgetränkt zu Boden neben ihren Leib. Ghad lächelte erleichtert in Galenyas Antlitz, seine Lippen bläulich und grau, das Gesicht aschfahl und frei von jedem Lebenshauch. „Ich bin bei dir..“

Sein Blick ging auf ihre Brust unterhalb des Herzens, noch immer klaffte die Wunde, es war ein Augenblick der Entscheidung, so entschied er sich für sie und gegen sich, sie war es wert, er sollte sein Leben aushauchen, um das Ihrige zu retten. „Verzeihe mir, denn ich werde mein Versprechen brechen...“ Galenya sah ihn fragend an, unwissend was er meinte, so hatte sie auch noch nicht erkannt was er da tat. Die Blässe war aus ihrem Gesicht gewichen, nicht länger trat das Blut über ihre Lippen.

Ghad trug ein seliges und auch zugleich so schmerzerfülltes Lächeln auf seinen Lippen. Er fiel nach vorne über, lag mit seiner blassen Wange auf ihrer blutüberströmten Robe. „Es fühlt sich so warm an..sie wird leben..gut..“ Er umfasste ihre Schulter mit seiner rechten Hand, zog sich die wenigen Zentimeter an ihr empor, es schienen hunderte von Atemzügen vergangen zu sein als er ihr in die Augen sah, er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, wohl der letzte den er je einem geliebten Wesen, gar für immer, schenken sollte.

Seine kalten Lippen lösten sich, die Welt wurde glanzlos vor seinen Augen. Erst erloschen die Farben, dann vermengten sich die verbliebenen Konturen ineinander, es wurde grau, dann schien es dunkler zu werden und füllte sich mit einem Schwarz, einem ruhigen, erfüllenden Schwarz. Ghad lächelte zufrieden, seine Augenlider sanken hinab und schlossen sich, die Hand um ihre Schulter verlor den Halt und sein Leib sank hinab in ihren Schoß. Kein Atem, kein Geräusch, kein Schrei, kein Schmerz.

Das wärmende Gefühl seiner Hand an ihrer Brust schien vergangen, doch ihre Wunde schien sich geschlossen zu haben. Mit letzter Kraft hatte er seine Lebensgeister in Ihren Körper gepresst, fast schon so gewaltvoll vor Angst um ihr Verscheiden, dass er selbst sein eigen Schicksal besiegeln hatte.

Seine Stimme verblasste, wie er selbst, leise noch einmal ihren Namen hauchend.
"Ga le ny a.."

„Ghad? GHAD?

Teil II:

Es war so dunkel, Furcht wollte sich seiner bemächtigen, doch er war gefasst auf das was ihn erwartete. Es fühlte sich an als ob sich eine Hand an seine Wange schmiegen würde, ein Licht rückte in der Ferne auf ihn zu. „Ja, ich komme nach Hause...“ Tränen des Glücks ronnen über seine Wangen, er fühlte sich so leicht, als ob all seine Sorgen zurückblieben, wie von Schwingen der Freude getragen hinauf zu jenem Ort, den er erstrebte.

Es wurde immer wärmer, ein Gefühl der abschließenden Freude umfasste sein Herz, doch da packte es eiskalt sein Herz, eine kalte Hand tief in seiner Brust, schien es ihn fast zu zerreißen wollen. Er sank auf die Knie, stützte sich auf seine Arme auf, Tränen ronnen seine Wangen hinab und fielen lautlos auf den formlosen Boden. Doch, wieso schmeckten die Tränen nicht bitter, sondern so süßlich? Seine Finger striffen über den Boden, seine Finger waren blutrot verschmiert, er erschrack und betrachtete ungläubig seine Hand. „Was geschieht hier? Induron, was willst du mir sagen?“

Er hörte ein leises Tropfen in der Nähe, es war das einzige Geräusch in dieser farb und klanglosen Welt. Er kroch auf allen vieren auf dieses zu, der Boden schien von dem matten Schwarz in ein leicht glänzendes Schwarz überzugehen. Seine Finger striffen über die Oberfläche, unsicher tastete er weiter, als es von kalt und hart in ein warmes und weiches Gefühl umschlug. „Tropf“ es klang diesesmal so laut und deutlich, er sah wie aus dem dunklen Nichts ein klarer Tropfen hinab glitt und aufschlug vor seinem Gesicht.

Entfernt drang eine Stimme an sein Gehör, er sah zum Licht in der Ferne, doch es kam nicht von dort, es kam von jener Stelle, die vor ihm lag. Erneut rann ein Tropfen hinab und wieder hörte er es leise. „Ghad“ ein erneuter Tropfen „Ghad?“ die Stimme kam ihm so bekannt vor, es schien die Erinnerung noch so frisch „Ghad!“ Die Stimme wurde schriller, gar flehend. Er spürte wie ihn etwas packte, er stürzte auf die kleine Pfütze zu, er schloß die Augen, erwartete den Aufschlag, doch er fiel nur in ein weißes Licht hinein.

„Ghad, bitte bleib bei mir..geh nicht..“ Seine Hand umschloss das Schwarz, es war weich, es war warm..es war Galenyas Robe gewesen. Seine Augen rissen weit auf und er atmete tief ein. Ein Augenblick verging, da krümmte er sich vor Schmerzen in ihre Arme hinein, keuchend vor Pein. Sie strich ihm behutsam über die Wange, nahm seine Hand in seine und glitt mit dem Daumen über seinen Handrücken. Er blickte kraftlos zu ihr hinauf, sie schien so erleichtert und glücklich, als sie seinen Blick fand. Er ließ sich in ihren Schoß gleiten.

Ein Augenblick des Gegenseitigen Glücks verging, bis sie ihn aus seinem Wachtraum riss. „Wir müssen gehen Ghad, es wird kalt..du musst dich ausruhen..“ Er schüttelte sein Haupt, er war schwach, er war müde und er wollte sich nicht bewegen. Sie schloß die Arme um seinen Leib und hielt Ihn fest, wollte ihm die Wärme geben, welche er so dringend brauchte.

„Oh, Ghad, du musst mir verzeihen, ich habe noch nie soviel falsch gemacht, seitdem ich heute morgen die Augen aufschlug.“ Er presste seinen Finger auf Ihre Lippen, denn er hatte trotz aller Umstände soviel Glück an diesem Tag erlebt, dass er keinen Gedanken an das Schlechte verschwenden wollte.
„Ich habe solange an seiner Seite gekämpft um glücklich zu werden, doch ich habe dir so weh getan, es war vielleicht ein Fehler..deinetwegen, aber es war nie meine Absicht gewesen dir weh zu tun, ich habe gehofft, ich dachte ich wäre bereit...“

„Ich verstehe deinen Schmerz und deine Last Galenya...“ Er stützte sich auf einen Arm auf, ein zweiter folgte und er richtete sich unter schweren Atem und Ächzen auf. „..aber eines Tages musst du lebe wohl sagen, ich sage nicht, dass du vergessen solltest, aber du lebst noch und solltest in deinen jungen Jahren nicht alle Hoffnungen auf Glück seinetwegen verschenken.“ „Ich wünschte ich hätte nur einen Tag um ihm zu sagen, dass ich zurückgekehrt war, um ihn zu meinem Mann zu nehmen. Es ist zu spät um lebe wohl zu sagen, wenn noch alles so frisch ist..“

Sie stockte, was hatte sie da jenem Mann gesagt, der gerade Ihretwegen bereit war sein Leben zu geben. „Er muss wahrlich ein glücklicher Mann gewesen sein, eine so liebende und gütige Frau an seiner Seite zu wissen, sie seinetwegen sogar bereit ist Ihr Leben zu geben, um in Hoffnung die Ewigkeit mit ihm zu verbringen.“
Galenya wendete den Blick ab, sie schüttelte ihr Haupt. „Gütig...? Ich habe dir mehr Kummer bereitet als je einem Menschen zuvor, du wärest beinahe meinetwegen gestorben. Du gibst mir ein lange verloren Gefühl wieder, doch ich weiß nicht was ich erwiedern kann..“

Ghads Hand glitt langsam empor, sie schmiegte sich an ihre Wange. Das seinige Blut vermischte sich dort mit dem ihrigen, die Bewegung tauchte die Wange mit dem gemeinsamen Blut in ein dünnes Rot. „Sei einfach ehrlich zu mir, ein gebrochenes Herz mag heilen, doch ein Schweigen lässt es sterben.“
„Wenn du dir eine Antwort ersehnst, so blicke in meine Augen, bis ich mich dir gänzlich offenbaren kann, zu groß ist meine Furcht, dass etwas wie heute sich wiederholt. Ich hoffe dir bald eine Antwort geben zu können.“ Sie erhebt sich und greift ihm stützend unter die Arme, so unglaublich schwach lag er in diesen, es war ihm gar fast unrecht seine eigene Schwäche zu offenbaren.

„Überanstreng dich nicht, ich brauche dich doch noch.“ Er nutzte jedoch diesen Augenblick um in ihre Augen zu sehen, Ihre letzten Worte und ihre kastanienbraunen Augen schienen ihm Hoffnung zu schenken. „Wie auch immer du dich entscheiden magst, wisse, meine Versprechen gelten ewig, auf Lebzeit und noch länger. Ich möchte nur wissen, dass du glücklich bist. Lass uns nach Hause gehen, ja?“

Die Beiden schoben sich hin bis zum Tore, wo sie ihm auf Ihren stolzen Hengst half, hinter Ghad in den Sattel glitt und ihn umarmte, die Zügel ergreifend und losreitend. Weg von dem Ort des Schreckens, Ihn hinter sich lassend.



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Gesprochenes Ghad
Gedachtes Ghad
Gesprochenes Galenya

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59 (Teil 1) - von Benji - 28.02.2009, 13:06
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Kapitel 61 - das letzte Kapitel - von Galenya - 28.11.2009, 20:54
Epilog - von Ghadbuloth - 29.11.2009, 10:15

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