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Torn
#6
Der Nebel floss rasend schnell an ihm vorbei. Weiße, treibende Fetzen nahmen ihm die Sicht. Er versuchte den Boden auszumachen, doch ab seiner Hüfte starrte er in sich ständig veränderte Formen und Schemen. Nichts außer Nebel und diesem Namen den er nicht verstand. Kein Wind und keine Stimme die den Namen nannte. Unwohlsein stieg in ihm auf. Fliegender Nebel und kein Wind. Ein Name der in seinem Kopf dröhnte, den er aber von keiner Stimme vernommen hatte. Wo war der Wind, wie klang die Stimme? Angst breitete sich in ihm aus. Er musste weg, er musste diesem schrecklichen Ort entkommen, an dem er wusste, dass hier Wind sein musste, den er aber nicht Spüren konnte – an dem er wusste das er etwas hören musste, es aber nicht tat. Er musste weg von hier. Doch wohin sollte er seinen ersten Schritt setzen? Noch stand er fest, doch er fürchtete sich davor einen Schritt in diesem weißen, undurchsichtigen Meer zu tun. Aus der Angst wurde Panik. Er hatte Angst vor diesem Ort, aber er hatte auch Angst davor einen einfachen Schritt nach vorne zu machen. Die Panik wuchs und in letzter Verzweiflung zwang er sich sich Gewicht auf das linke Bein zu verlagern, das recht Bein anzuspannen, es hochzuheben und …

Durch deutliches Klopfen schreckte Torn auf. „Skip?“ Torn befand sich in seiner Kabine und richtete sich reflexartig von seinem Lager auf. „Skip?“ wiederholte eine vertraute Stimme am Schott. „Ja, Rulkos?“ gab Torn ebenso reflexartig von sich. „Wir sind da.“
Das war eine gute Nachricht für Torn. Vor seiner Kabine hörte er wie sich Schritte entfernten und dann die Treppe hinauf polterten. Er schwang die Beine aus der Koje und rieb sich mit den Händen den Schlaf aus Augen und Gesicht. Einen Moment lang blieb er noch sitzen und ließ die Gedanken baumeln, die sich zum größten Teil um die bevorstehende Landung im Hafen von Aurien drehten. Sein Blick streifte ohne Ziel durch seine Eignerkabine. Groß war sie nicht, bot aber Platz für einen Tisch mit zwei einfachen Holzstühlen, einem tiefen Regal zur Aufbewahrung der Seekarten, einer Kommode für Torns persönliche Habe und einer, für normale Seeleute ungewöhnlich geräumigen Koje. Zwei kleine runde Fenster ließen von der Steuerbordseite und Achtern etwas Licht in den sonst mit dunklen Holz getäfelten Raum fallen. Einzig ein geborstenes Stück einer Planke zierte den Raum als Dekoration. Die Aufschrift 'ell of Ade' erinnerte an vergangene Tage.
Torn stand auf, ging zum Regal und schnallte sich den Säbel um der darin gelegen hatte. Normalerweise trug er an Bord keine Waffe, denn sie behinderte ihn nur bei der täglichen seemännischen Arbeit. Danach nahm er seinen hellblauen Gehrock aus der Kommode und schlüpfte hinein. Auch dieses, nur mit an den Ärmeln mit silbernen Stickereien verzierte Kleidungsstück trug er nur bei besonderen Anlässen. Sein Dreispitz den sich Torn in die Stirn Zog, machte sein offizielles Erscheinungsbild komplett. Jeder würde nun sofort erkennen, dass er der Kapitän auf diesem Schiff war.
Er verließ die Kabine und stieg die Treppe zum Deck hinauf. Helles Sonnenlicht ließ ihn zuerst blinzeln, doch nach einigen Augenblicken hatte sich seine Augen an das Licht gewöhnt und er blickte über das Deck der Sigmar.
Die Sigmar war für diese Gewässer ein sehr untypisches Schiff, dass nach den Plänen aus einem fernen Land weit im Osten gebaut wurde. Für ihre Länge von 60 Schritt über Deck war sie mit knapp 16 Schritt Breite eher schlank und ihr vorderer Mast war kleiner als der hintere. Vorne standen drei kleine dreieckige Segel, die zwischen dem langen, flachen Bugspriet und dem vorderen Masten angeschlagen waren. An diesem vorderen Schonermasten war ein großes Gaffelsegel – und darüber noch zusätzlich ein kleineres Rahsegel gesetzt. Am hinteren Großmast war ebenfalls das mächtige Großsegel gesetzt und darüber wiederum ein Gaffeltoppsegel.
Die beeindruckende Segelfläche und Art der Takelung machte sie zu einem der schnellsten Schiffe entlang diesem Teil der Küste und trotzdem konnte sie mehr Höhe fahren als jedes andere Schiff. Sie trug den Namen ihres ersten Eigners, der aber nie einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatte, da er verstarb bevor das Schiff fertiggestellt war.


[Bild: Baltimore_Pride3.jpg]


Der Bleekman war trotz der einsetzenden Dämmerung noch gut zu sehen. Die mächtige Karavelle hing noch einige hundert Schritt steuerbord achteraus der Seeshell of Aden und schob sich aber langsam näher an das deutlich kleinere Frachtschiff heran, auf dessen Deck Torn mit besorgter Mine das Piratenschiff beobachtete.
„Torn, der Kapitän will dich sehen.“ Rulkos, der Bootsmann der
Seashell of Aden, war im Niedergang erschienen und winkte Torn zu sich. Rulkos war ein groß gewachsener Mann mittleren Alters. Sein gutmütig wirkendes Gesicht war von dunkeln Haaren umrahmt, die ihm bis auf die Schultern vielen. Torn folgte Rulkos in das finstere Innere der Seashell. Als Torn die Kabine des Kapitäns betrat, saß dieser an seinem Tisch und verstaute eine schmale Schriftrolle in einer Schatulle. „Kapt'n ?“ fragte Torn wie gewohnt. „Wie sieht es draußen aus?“ fragte Kapitän Sigmar fast beiläufig, während er die Ritzen der Schatulle mit Wachs versiegelte. „Der Pirat kommt näher, ich weiß nicht ob wir die Insel erreichen können, bevor wir in die Reichweite seiner Feuerwerfer kommen.“ meldete Rulkos. Der Kapitän verzurrte die Schatulle in den Riemen eines Depeschenhalfters und erhob sich vom Tisch. Sigmar war um einiges älter als Torn oder Rulkos. Seine Statur war eher schmächtig und wegen seinem, mittlerweile angegrauten, krausen Haar wirkte er etwas fehlproportioniert. Doch seine Augen und sein oft verschmitztes Grinsen ließen auf seine Intelligenz und Lebensfreude schließen. „Torn, ich habe eine Aufgabe für dich. Im Falle dass mir etwas zustoßen sollte, bringst du diese Schatulle ungeöffnet zum Werftmeister DeVichile in Darbos. Du weißt, dass ich dort ein Schiff bauen lasse, und die Dokumente die diese Schatulle enthält Regeln, wie in weiterer Folge mit diesem meinen Besitz verfahren werden soll.“ Er reichte Torn den Depeschenhalfter. „Steht's so schlimm um uns, Kapt'n ?“ frage Torn, als er das Ledergeschirr an sich nahm. „Es gibt viele Piraten die den Ruf haben, grausam zu sein, aber nicht alle sind es. Kapitän Fliesbreet allerdings gehört zu den Piraten auf die es auch tatsächlich sind. Ich habe hier am Schiff nicht einmal vierzig Seelen, die wenigsten wissen eine Waffe im Kampf zu führen. Fliesbreet hat auf der Schwarzen Koralle mindestens 70 Mann, die alle nur darauf warten jemanden das Messer anzusetzen. Er hat wahrscheinlich drei schwere Geschütze pro Seite und vermutlich noch einmal so viele Schwärmer. Wir als Kauffahrer verfügen nicht einmal über Armbrüste. Hier auf See haben wir nicht den Funken einer Möglichkeit eine Enterung zu überstehen. Verdammt diese Hurensöhne würden sogar die Ratten messern wenn nachdem sie uns alle die Kehle gespalten haben. Wenn wir das Schiff an Land setzen und uns im Unterholz der Insel verkriechen stehen unsere Chancen zwar nicht gerade gut, aber besser als hier auf offener See.“ Kapitän Sigmar versuchte zwar gelassen zu wirken, doch war ihm seine Unruhe durchaus anzusehen. Einen Moment lang herrschte Stille in der nur mit einer rußenden Öllampe spärlich ausgeleuchteten Kabine. „Kapt'n, …“ meldete sich Torn zögernd zu Wort. „Warum soll ich euren Nachlass verantwortlich sein und nicht, ...“ - “Rulkos?“ vervollständigte Sigmar Torns Satz. “Rulkos und du sind die beiden besten Seemänner an Bord dieses Schiffes.“ Torn wollte bereits zum Widerspruch ansetzen wurde doch vom Kapitän mit einer Geste davon Abgehalten. „Rulkos ist der bessere Seemann wenn es um seemännisches Handwerk geht, da gebe ich dir Recht Torn. Du allerdings bist der bessere Seemann, in den Belangen der Disziplin und der Fähigkeit eine Mannschaft zu führen und zu motivieren.“ Mit einem Blick gegen Rulkos fügte er hinzu „Keine Sorge, Rulkos weiß das auch.“ Sigmar atmete tief durch. „Außerdem hat Rulkos bereits einen anderen Auftrag erhalten.“ Torn bemerkte bei diesen Worten wie Rulkos und der Kapitän sich einander ansahen. Den Blick den die Beiden austauschten hatte Torn zuvor noch nie zwischen den Beiden gesehen. Es war als ob den Kapitän und den Bootsmann in diesem Moment mehr verband, als nur die Stellung ihrer Ränge auf diesem Schiff. Doch Torn kam nicht dazu sich mehr Gedanken darüber zu machen. Sigmar straffte sich und Torn Fiel erst jetzt auf, dass der Kapitän seine offizielle Kleidung angelegt hatte. „Nun, dann werden wir mal zusehen, ob wir unsere Ärsche diesmal noch aus der Schlinge ziehen können.“ Mit diesen Worten verließ der Kapitän das letzte Mal seine Kabine und die beiden Seeleute folgten ihm aufs Deck.

Auf der Sigmar war für das kommende Anlegemanöver die gesamte Mannschaft an Deck um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. Es herrsche gelassenes Treiben vor. Vor ihnen lag die Bucht von Aurien, deren Einfahrt von den beiden Leuchttürmen flankiert wurde. Dahinter waren bereits die Masten der anderen Schiffe im Hafen und die höheren Gebäude der Stadt deutlich zu erkennen. Besonders deutlich war die Festung von Aurien auszumachen, die oben auf der sich erhebenden Küste über der Stadt thronte.
Aurien lag westlich der Meerenge von Karbien und war eine der großen Hafenstädte des Königreichs Eridelien. Dieser Teil der Westmeerküste bot wegen seiner hohen Klippen aus fast weißem Stein immer eine besondere Kulisse. Weiter im Landesinneren wurde dieser weiße Stein abgebaut und in Aurien auf Schiffe verladen. Deswegen wurde Aurien auch manchmal Stadt der Steine genannt. Die beiden Leuchttürme waren ebenfalls auf solch weißen Klippen gebaut – der Turm auf der Steuerbordseite um ein Drittel Höher als der auf der Backbordseite. Diese Bauweise sollte den Schiffen dazu dienen, die Türme zu unterscheiden, um somit die Einfahrt in die Bucht in der richtigen Richtung durchzuführen. Da aber jeder ernsthafte Kapitän eines Schiffes Karten aller Häfen der Westmeerküste besaß, besaßen die Türme bei den Seefahrern eher den Status eines netten Wahrzeichens der Stadt.
Die schwache Briese ließ die Sigmar gemächlich über die ruhige See gleiten. Torn ging aufs Achterdeck und ließ Streek, seinen zweiten Steuermann, das Ruder übernehmen um das Anlegemanöver durchzuführen. Streek war ein gewitzter junger Bursche, der immer gut aufgelegt war und somit wesentlich zur guten Stimmung und Moral an Bord beitrug. Der junge Seemann hatte erst vor kurzem die Stelle des Steuermanns übernommen, da sein Vorgänger überraschend beim letzten Landaufenthalt, natürlich wegen einer Frau, das Schiff verlassen hatte.
„Wie werden wir bei dem Anlegemanöver vorgehen?“ fragte Torn Streek etwas oberlehrerhaft. „Wir werden auf jeden Fall vor der Hafeneinfahrt halsen müssen und anschließend nur unter Klüvern und Fock an die Pier gehen.“ Torn versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber insgeheim war er Stolz auf Streek. „Sehr gut, Streek“ lobte er seinen Steuermann knapp. „Rulkos, lass klar machen zur Halse!“ befahl er seinem Bootsmann, der sich nun ebenfalls am Achterdeck eingefunden hatte. „Aye Kapitän!“ nickte dieser und begab sich umgehend auf das Mitteldeck um den übrigen Seeleuten entsprechende Anweisungen zu geben. Befehle wurden gebrüllt und die Mannschaft begab sich auf ihre Posten. „Los geht’s.“ ließ Torn seinen Steuermann wissen, dass er das Manöver einleiten konnte. Langsam drehte das Boot so, dass der Wind immer mehr aus Richtung Achtern kam. „Vorsegel fällt!“ kamen Rufe vom Vordeck – das Zeichen, dass sich das genau vor dem Wind befand und dieser nun Exakt von Achtern in die noch weit aufgefierten Segel fiel. Ein weiteres Kommando ertönte und die Männer an den Schoten holten die Segel dicht an die Mittschiffslinie während Streek mit gefühlvollen Bewegungen am Steuerrad versuchte das Schiff exakt auf Kurs zu halten. Dann drehte er das Schiff etwas, und der Wind, der nun wieder etwas von der Seite kam, ließ die Segel auf die andere Schiffsseite schlagen. Gleichzeitig drehte der junge Rudergänger heftig am Rad, um das so entstandene Moment auszugleichen. Die Segel wurden wieder gefiert und das Schiff nahm nun Kurs auf den Hafen. Eine Halse wie aus dem Lehrbuch fand Torn und lobte seinen neuen Steuermann mit einem Zwinkern „Gut gemacht.“ Torn musste sich keine Sorgen um das Anlegen machen. Streek kannte das Boot sehr gut, schließlich war er ein Mitglied der Crew seit Torn das Schiff als sein Kapitän übernommen hatte.

Die Seashell of Aden und die Schwarze Koralle hetzten in der frischen Brise unter voller Besegelung irgendwo im Norden der Inselgruppe der Vierlinge auf die Küste des Eilandes vor ihnen zu. Die Sonne war vermutlich bereits hinter dem Horizont verschwunden und hinterließ auf dem bewölkten Himmel einen schwindenden Schimmer. Die Mannschaft hatte sich an Deck gesammelt und bereitete sich vor, das Schiff zu verlassen oder um ihr Leben zu kämpfen – oder sogar beides. Die Stimmung war gedrückt, kaum jemand sprach. Die Segel und der Kurs waren gesetzt, außer dem Steuermann hatte niemand mehr etwas an Bord zu tun. Die Männer kauerten an den Masten oder am Schanzkleid und starrten abwechselnd zu näher rückenden Insel voraus oder zu dem sich ebenfalls nähernden Piratenschiff hinter ihnen.
Kapitän Sigmar bestieg das Achterdeck und hieß den Steuermann den Platz am Ruder frei zu machen. Der Kapitän würde selbst am Steuer stehen wenn sein Schiff auf Grund aufsetzte. Torn legte sein Hemd ab um sich den Depeschenhalfter anzulegen. Danach streifte er sich sein Hemd wieder über und sorgte dafür, dass das Ledergeschirr auf den ersten schnellen Blick nicht zu erkennen war. Danach schnallte er sich sein Schwert um die Hüften. Er war der einzige an Bord der eine echte Kriegswaffe besaß. Die an Bord übliche Bewaffnung waren meist zweckentfremdete Werkzeuge wie Messer oder die Beile der Zimmerleute. Die Zeit floss nur zäh dahin bis der dunkle Umriss der Insel in der Dämmerung fast das gesamte Blickfeld einnahm. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell.
Jemand an Bord rief „Er dreht ab!“ Darauf hin wendeten sich alle Köpfe dem Heck zu, wo man tatsächlich sehen konnte wie das Piratenschiff seien Kurs nach Backbord änderte und sich dem Kielwasser der
Seashell näherte. Augenblicke später rief der Kapitän aus „Klar zum anlegen! Festhalten!“ Der Galgenhumor des Kapitäns ließ Torn grinsen und weckte auch die Mannschaft restlos aus ihrer Lethargie. Vor dem Bug sah man deutlich den weißen Streifen eines Strandes, hinter dem sich das Dunkel des Waldes ausbreitete. Torn suchte sich schnell einen Platz bei den Wanten und hielt sich dort an den Belegnägeln fest. Rulkos folgte seinem Beispiel.
Es begann mit einem unauffälligen Scharren im Rumpf, das aber schnell zu einem ohrenbetäubenden Rauschen, Knacken und Bersten wurde. Torn musste sich mit aller Kraft halten um nicht über das Deck geschleudert zu werden, als das Schiff innerhalb von wenigen Augenblicken aus voller Fahrt zum Stillstand abgebremst wurde.Das Schiff legte sich leicht zur Seite als es von dem sandigen Untergrund aus dem Wasser gehoben wurde. Planken, Spieren und Taue gaben der plötzlichen Belastung nach und brachen oder bersteten. Der Rumpf erzitterte unter der Last, die der weiterhin unverminderte Wind in der Takelage erzeugte. Rahen polterten aufs Deck, Leinen, Taue und Beschläge wurden über das Deck geschleudert, Männer schrien. Der achterliche Besanmast brach auf halber Länge und erschlug zwei Seeleute als er auf das Deck schlug.
Zwischen all dem Getöse hörte Torn gerade noch ein dreimaliges Schnalzen weit hinter dem Heck des brechenden Schiffes. Umgehend wurde Torn sich dem ganzen Ausmaß der Situation bewusst in der sie sich befanden. Nicht nur wurden sie durch die Kräfte dieser brutalen Landung bedroht, sondern da das Schiff nun still stand, waren sie für die Geschütze der
Schwarzen Koralle nur allzu leichte Beute. Als Torn aufsah, konnte er die drei Leuchtspuren gegen den dunklen Himmel deutlich erkennen. Einen Wimpernschlag später schlugen zwei davon ans Heck der Seashell. Die Explosion der Tongefäße übertönte alles. Grellstes Licht tauchte das Achterdeck für einen Moment in eine bizarre Kulisse in deren Mitte man nur die Schemen des Kapitäns, der immer noch das Steuerrad in der Hand hielt, ausmachen konnte. Dann verschwand der Kapitän im wabernden Schein der ausbrechenden Feuersbrunst.
Neben Torn schrie Rulkos auf, der die Szenerie mit größten Entsetzen mitverfolgt hatte. Er ließ seinen Halt los, und wollte zum Achterdeck rennen, welches nun ganz und gar in Flammen stand. Torn bekam ihn aber noch rechtzeitig zu packen und hielt ihn so gut es ihm gelang zurück. Rulkos wehrte sich nach Kräften, aber als er den Blick mit Torns kreuzte beruhigte er sich schlagartig. Für einen Moment starrte Rulkos Torn mit einem vor Schmerz verzerrten Gesicht an, dass Torn schauderte. Dann tat Rulkos etwas, das Torn ganz und gar nicht erwartet hatte. Rulkos ergriff nun hingegen Torn am Arm und und zerrte ihn in Richtung des Buges über das Deck an dem das absolute Chaos regierte. Torn begriff schnell – sie musste runter von dem Schiff, bevor die Piraten eine weitere Salve Feuerkugeln abfeuern konnten. Ein leises aber penetrantes zischen in der Luft verriet Torn, dass auch bereits die Schwärmer ihre Bolzen auf den Weg geschickt hatten. So bahnten sich die beiden mehr stolpernd ihren Weg über das Deck während sich um sie herum Bolzen in Planken,Schanzkleid und Leiber bohrten.
An einer der tiefergelegenen Stellen am Bug sprangen sie ins hüfthohe Wasser und waten eilig den Strand hinauf, hetzten über den Sand und sprangen in das Dickicht des Waldes.



Das Anlegemanöver an der Pier von Aurien war ebenso problemlos verlaufen. An der Pier stand schon ein Trupp der Stadtgarde bereit um das Schiff und die Zollpapiere zu inspizieren. Die Sigmar hatte edle Stoffe und Zierutensilien, wie silbernes und goldenes Garn und edle Hölzer, für feine Kleidung geladen. Die Ladung sollte an ein Handelshaus übergeben werden, deren Vertreter bereits mit ein paar Trägern wartete um die Waren abzutransportieren.
Die Inspektion wurde gründlich durchgeführt und die Papiere sorgsam durchgesehen. Torn empfand, dass die Gardisten gründlicher arbeiteten als sonst, wurde aber nicht sonderlich misstrauisch. Nachdem die Soldaten das Schiff verlassen hatten, kam der kleinwüchsige und fettleibige Kommis an Bord und befahl seinen Trägern barsch, beim Ausladen nicht zu trödeln. Während die Mannschaft der Sigmar die Ballen, Säcke und Kisten durch die Ladeluke mit dem kleinen Schiffskran aus dem Frachtraum aufs Deck beförderten, wo diese von den Trägern aufgenommen wurde, saß der Handelsvertreter auf einem eigens mitgebrachten Schemel und trieb seine Träger weiter an oder verglich seine Inventarlisten mit den tatsächlich ausgeladenen Waren. Torn betrachtete das Treiben recht gelassen während er mit Koch besprach wie viel und welcher Proviant besorgt werden musste und mit Bootsmann und Segelmacherin diverse Schäden sichtete und Reparaturen oder andere Besorgungen anordnete.
Das Entladen dauerte gute zwei Stunden, und die Sonne stand bereits recht tief, als Torn mit dem Kommis endlich Listen und Rechnungen austauschen konnte und sein Geld für den geleisteten Transportdienst erhielt.
Er ließ umgehend die Mannschaft an Deck kommen, um sich bei ihnen für die Reibungslose Überfahrt zu bedanken und zu loben. Eigentlich war er kein großer Redner, er suchte eher das Gespräch mit den einzelnen Männern und Frauen an Bord, aber gelegentliche Ansprachen mussten sein um seine Autorität aufrecht zu erhalten und die Moral und Motivation seiner Seeleute als Gruppe zu stärken. Er teilte die Wachen ein und genehmigte dem Rest der Mannschaft Landgang bis zur zehnten Stunde des nächsten Tages.
Nachdem der Großteil der Seeleute bereits von Bord gegangen waren um die Vorzüge der Stadt zu erkunden und zu genießen, sprach Torn noch einmal mit den für die Wache eingeteilten Männern und machte sich selbst bereit dazu das Schiff zu verlassen. Er freute sich schon auf ein anständiges Mal und das eine oder andere Glas guten Weins. Als er seine Kapitänskleidung gegen eine anderes gesellschaftsfähiges Gewand getauscht hatte und seine Kabine verließ, wartete schon Rulkos an Deck. Beide machten sich auf, das Schiff zu verlassen als sie an der Pier von einem großen und schwer gebauten Mann in Marineuniform angehalten wurden. Es war Kapitän Graum vom königlichen Schlachtschiff Smaragt. Ein vorbildlicher Offizier der königlichen Marine mit grimmigen und scharfen Blick. Und er war einer der wenigen Freude, die Torn unter seinen seefahrenden Kollegen hatte.


Na endlich haben sich die Leichtwindmatrosen dazu entschieden doch auch mal von ihrer Spielzeugschiffchen herunter zu kriechen!“ rief Graum mit volltönender Stimme zu den beiden Seeleuten hinüber. „Sieh einer an, die Süßwassernase hat auch mal seinen Zuber verlassen!“ konterte Rulkos fröhlich. Sie schüttelten einander herzlich die Hände und scherzten über einander. „Leute es gibt Neuigkeiten.“ berichtete Graum und deutete mit einer einladenden Geste ans uferseitige Ende der Pier. „Suchen wir uns ein nettes Plätzchen zu plaudern – ich kenne eine Stube, wo ein Tisch auf uns wartet.“ Graum schritt voran und Torn und Rulkos folgten ihm.
Während die Drei durch den Hafen in Richtung Stadtinneres spazierten, begann Graum zu erzählen. „Jungens, ich hoffe ihr habt nicht vor in nächster Zeit über die Meerenge oder nach Flaadern zu fahren.“ Torn und Rulkos sahen Graum nur fragend an. „Es riecht verdammt nach Krieg. Der König von Eridelien hat alle seine Diplomaten aus Flaadern abgezogen. Anscheinend haben flaadernsche Schiffe die Karbschen Inseln abgeriegelt und von Handelsschiffen Zoll erpresst. Der Graf von Karbien hat Eridelien bereits um Beistand gebeten. Wie es aussieht war der Prinz von Flaadern schon länger auf Krieg aus und ist nun drauf gekommen, wie er eine Konfrontation provozieren kann.“ erklärte dieser grimmig. „Aber was soll dem Prinzen das bringen?“ warf Torn ein „Die eridelische Flotte ist die Größte in diesem Teil des Westmeeres. Ihr könntet Flaaderns Hafenstädte allesamt in rauchende Ruinen verwandeln wenn ihr wolltet - selbst wenn Flaadern die Karbischen Inseln einnehmen würde“ „Ich weiß Torn – und mit jeder neuen Nachricht aus Flaadern will ich das auch immer mehr. Aber dass der Prinz gerade jetzt die Muskeln spielen lässt, lässt auch darauf schließen, dass er irgend ein Ass im Ärmel hat.“ erklärte Graum und fügte hinzu „Unser Geheimdienst weiß zwar genau die Haarfarben der Huren die sich der Prinz täglich ins Gemach kommen lässt, aber welches Süppchen er nebenbei köchelt haben diese Amateure noch nicht herausgefunden. Es wird aber gemunkelt, dass er sich ein paar gierige Zwerge aus den Bergen im Norden geangelt hat.“ Rulkos warf ein, dass sich Zwerge aber bisher noch nie in die Politik der Menschenreiche eingemischt haben. Graum nickte bedeutend und fuhr fort „Passt mir jedenfalls gut auf, ihr fahrt immer noch nicht unter Flagge, das macht euch im Kriegsfall noch mehr zum Freiwild als ihr es ohnehin schon seid.“ Graum hatte Recht. Torn hatte bisher darauf verzichtet sein Schiff in einem Flottenregister eines Landes eintragen zu lassen. Es war eigentlich üblich, dass sich jedes Schiff eben so registrieren ließ und darauf hin ermächtigt war, die Flagge dieses Landes zu führen. Zwar mussten entsprechende Abgaben an das Heimatland entrichtet werden, doch dafür stand man im Fall des Falls unter militärischen oder diplomatischen Schutz. Torn hatte es bisher noch nicht notwendig gefunden, sein Schiff zu registrieren. Kaum ein anderes Schiff war schneller oder wendiger als die Sigmar. Also hatte Torn auf See nichts zu fürchten und die Häfen die er ansteuerte waren weitestgehend sicher. Außerdem empfand er für keines der bisher angesegelten Länder soviel Sympathie um mit deren Flagge seine Takelage zu schmücken.
Schließlich führte Graum die Truppe zu einer, auf einem Hügel gelegenen Schenke, von der man im goldenen Abendlicht den ganzen Hafen überblicken konnte. Sie setzten sich an einen Tisch und während ihnen der Wirt Speisen und Getränke servierte fragte Graum mit heiterer Stimme „Also Torn, wann stellst du mir denn nun deine Frau vor?“ Torn seufzte. Natürlich wusste Graum, dass Torn keine Frau hatte, aber er liebte anscheinend Torn damit aufzuziehen. „Die hab ich heute im Schrank gelassen.“ entgegnete Torn resigniert. „War sie denn nicht artig?“ hakte Graum mit übertrieben besorgtem Gesicht nach. „Sie hat zu viel geredet.“ erklärte Torn gelassen. „Was hat sie denn gesagt, dass es dich so erzürnt hat?“ wollte Graum natürlich wissen. „Das Wort mit 'L'.“ gab Torn trocken zurück. „Nein!“ rief Graum künstlich aufgeregt, „du meinst …“ und formte mit seinen Lippen das Wort Liebe nach. „Doch, doch.“ bestätigte Torn. „Wie gemein aber auch!“ rief Graum. Nun konnte er sich nicht mehr halten vor Lachen. „Und da hast du sie in den Schrank gesperrt?“ brach er lachend hervor „Auf meinem Schiff hätte ich sie kielgeholt - wenn bei uns Frauen am Schiff erlaubt wären!“ Er lachte schallend während Rulkos leise kicherte. Torn grinste auch. Natürlich hatte er keine Frau in den Wandschrank gesperrt, sondern sich die Geschichte ausgedacht um Graum etwas zum Lachen zu geben. Tatsächlich konnte Torn mit Frauen eigentlich nicht so recht etwas anfangen, außer sie waren in seiner Mannschaft – dann waren sie Seeleute wie jeder andere auch. Während seiner Zeit im fernen Land Aden hatte er zwar durchaus Bekanntschaften mit netten Mädchen und Frauen, aber keine hatte es damals geschafft, dass er sich in sie verliebte. So hielt ihn auch nichts, als er nach nicht einmal zwei Jahren in diesem seltsamen Land, auf dem Handelsschiff mit dem er ursprünglich angereist war, anheuerte und zum Seemann wurde. Torn ging die Gesellschaft einer Geliebten auch nicht ab, er kam recht gut mit sich alleine zurecht. Seinen Seeleuten gestand er natürlich zu, sich bei Landgang entsprechend zu unterhalten und zu amüsieren. Er selbst war einmal, in einer Zeit bevor er Kapitän wurde, nach einer recht wilden durchzechten Nacht im Bett einer Hure erwacht. Allerdings konnte er sich nicht recht erinnern ob ihm diese Episode Vergnügen bereitet hatte oder nicht. Als Kapitän wollte er es sich nicht erlauben, dass ihn die Mannschaft unter Umständen besoffen sah und deshalb hielt er sich bei Wein, Bier und Schnaps eher zurück und kam daher auch nicht in die Stimmung oder Verfassung um sich erneut auf so ein Erlebnis einzulassen. Und doch – jedes mal wenn dieses Thema aufkam, musste sich Torn unwillkürlich an das einzige Wesen erinnern, das bei Torn vielleicht mehr als nur reines Interesse geweckt hat. Doch diese Hand hatte er damals losgelassen, so wie er auch seine Vergangenheit loslassen hatte müssen.
Graum und Rulkos witzelten weiterhin über die Frauen und das Bordleben, während Torns Gedanken abglitten, an einem dämmrigen Ort in der Vergangenheit – über fünf Jahre war es jetzt her ...


Zwei Tage später war die Sigmar wieder bereit zum Auslaufen. Diesmal war das Schiff schwer mit Weinfässern beladen die schnellstmöglich in den Hafen der Stadt Ferens im Norden geschafft werden mussten. Torn hatte den Auftrag von einem eifrigen Weinbauern fast aufgedrängt bekommen. Die Fässer waren für den Tromdenschen Hof bestimmt. Entsprechend hoch war die Qualität des Weines und entsprechend hoch auch die Entlohnung, die Torn erhalten würde.
Zwar war die Ladung schon am Vortag gebunkert worden, doch das Ausfertigen der notwendigen Listen, Rechnungen und Papiere zog sich bis Mittag hin. Als die Taue von der Pier losgemacht wurden, setzte leichter Regen ein, doch die frische Briese ließ ein rasches Vorankommen erwarten. Nachdem sie nur unter dem vorderen Schonersegel die Hafenausfahrt hinter sich gelassen hatten, ließ Torn das Großsegel und die Vorsegel setzten. Der Wind blies aus nordwestlicher Richtung und so musste die Sigmar gegen den Wind kreuzen um ihr Ziel zu erreichen. Torn entschied die beiden Topsegel aufgrund von Wetter und Kurs nicht setzten zu lassen, da diese das Schiff auf diesem Kurs nur unwesentlich schneller machten und aber das Boot leichter zu steuern war.
Das Schiff lag mit mäßiger Krängung in den Wellen und erzeugte im Auf und Ab der Dünung Gischt am Bug die Teilweise über das Deck geweht wurde. Torn hatte, wie der Rest der arbeitenden Mannschaft eine langen Seemannsmantel aus Leder übergeworfen um sich vor Nässe und der ihr folgenden Kälte zu schützen. Er übernahm kurz das Ruder um zu fühlen ob das Schiff gut im Wasser lag. Das Schiff wollte leicht nach Backbord drehen, doch aufgrund der Verhältnisse war das ein Zeichen dafür, dass mit dem Schiff alles in Ordnung war. Die Segel waren gut getrimmt und das Gewicht der Ladung gut verteilt. Er ließ die Steuerfrau wieder an das Ruder und blieb aber noch eine Weile am Achterdeck stehen und beobachtete die Szenerie. Es waren Momente wie diese, warum Torn die Seefahrt liebte.
Obwohl es leicht regnete war es ideales Wetter zum Segeln. Der kräftige Wind zerrte an Torns Haaren und rauschte in seinen Ohren, je nachdem wie er den Kopf drehte. Der Druck in den Segeln, die Bewegung des Schiffsrumpfes in den Wellen, das aufstoben der Gischt, das knarren in der Takelage und das Knacken des Rumpfes – all das ließ Torn jedes mal aufs neue gewahr werden, welchen Kräften das Schiff und die Mannschaft trotzten. Es war ein erhebendes Gefühl das Wirken dieser Kräfte zu steuern und zu beobachten.
Seid Torn damals vor über fünf Jahren das erste Mal auf ein Schiff gestiegen war, um in das ferne Land Aden zu reisen, hatte ihn das Seemannsleben in den Bann gezogen. Torn hatte gehofft an diesem fernen Ort seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, doch er hatte diese Erlösung dort nicht gefunden. So heuerte er eines Tages dem Schiff mit dem fremd klingenden Namen Seashell of Aden an und wurde Seemann. Torn lernte in kurzer Zeit alles was es auf dem Handelsschiff zu lernen gab – von der Bezeichnung der einzelnen Planken über das richtige Trimmen der Segel und das fahren der notwendigen Manöver bis hin zur Navigation mit Hilfe der Sonne und der Gestirne. Obwohl Torn am Land, weit entfernt von jeglichen größeren Gewässer aufgewachsen war, bezeichnete ihn der alte Kapitän Sigmar oftmals als 'wahres Kind der See'. Trotzdem war Torn mehr als nur überrascht, als er erfuhr, dass ausgerechnet er das Erbe von Kapitän Sigmar antreten sollte.

Die Nacht im Wald war kühl und feucht und Torn fand wenig Schlaf. Spät in der Nacht erst hatten sie ein Versteck gefunden in dem sie sich einigermaßen sicher fühlten.Unruhig warteten Rulkos und Torn bis die Dämmerung einsetzte. War die Nacht noch verhältnismäßig ruhig gewesen, wurde der Tag zum Alptraum. Die Piraten hatten vor der Insel geankert und waren an Land gekommen, um auf die Überlebenden der Strandung der Seashell of Aden Jagt zu machen. Kapitän Sigmar hatte bei seiner Beschreibung von Fliesbreets Meute ganz und gar nicht übertrieben. Den ganzen Tag über waren auf der nur wenige Quadratmeilen großen Insel Schreie und Gebrüll zu hören. Rulkos und Torn mussten mehr als einmal das Versteck wechseln, um den Piraten zu entgehen. Erst als die Sonne auf dem halben Weg zum Horizont war, kehrten die Piraten zurück auf ihr Schiff und lichteten den Anker. Auch Torn und Rulkos kehrten zurück zum mittlerweile ausgebrannten und geplünderten Wrack der Seashell. Als die beiden den Strand betraten, bot sich ihnen ein grausames Bild. Leichen lagen am Strand verteilt, Trümmer des gestrandeten Schiffes trieben im Wasser während das Schiff noch qualmenden und geschändet schräg auf der Seite Lag wie ein Monument des Grauen.
Rulkos überquerte den Strand und steuerte auf das Wrack zu. Torn folgte ihm. Rulkos kletterte auf das Schiff und ging auf den geschwärzten Planken dorthin, wo einmal das Achterdeck gewesen war. Die Halterung des Steuerrads war nur noch ein verkohlter Stumpf, dahinter gähnte ein Loch – das Heck fehlte komplett. Torn blieb wenige Schritte hinter Rulkos stehen, als sich dieser umdrehte. Noch nie hatte Torn einen Menschen so verzweifelt und zerstört gesehen. Rulkos bot einen erbärmlichen Anblick. Tränen liefen über das schmerzverzerrte Gesicht. „Er war mein Bruder.“ flüsterte Rulkos, dann sank er auf die Planken nieder und Weinte verbittert. Torn war erschrocken und entsetzt. Auch wenn er gewusst hatte, dass sich Rulkos und Sigmar nahe standen, so hätte er es nie für möglich gehalten, dass die beiden tatsächlich Brüder waren. Umsomehr wurde ihm gerade bewusst was Rulkos durchmachen musste, als sie am Abend zuvor Kapitän Sigmar sterben sahen und das Schiff verlassen mussten. Torn stand da und schämte sich, seiner Unfähigkeit Rulkos auch nur ein Wort des Trostes zu spenden – er selbst fand keines für sich. Es gab nichts was er für den gebrochenen Seemann tun könnte, außer ihn um seinen Bruder trauern zu lassen. Nach einiger Zeit wandte er sich ab, kletterte vom Wrack und begann die am Strand zu begraben. Nachdem die Sonne untergegangen war, kam Rulkos zu ihm – ein Schatten seiner selbst. Wortlos trugen sie solange das Licht reichte die Leichen zusammen, um sie im Sand am Waldrand zu verscharren.
Von den insgesamt 37 Männern der Seashell hatten nur 8 überlebt.
Vier Tage brachten die Überlebenden auf der Insel zu, bis die von einem Kauffahrer aufgenommen wurden.
Nachdem Torn und Rulkos sich von den Strapazen einigermaßen erholt hatten, machten sie sich auf nach Darbos. In der Südstadt hatte Kapitän Sigmar in einer der berühmten Werften ein Schiff in Auftrag gegeben, dass er nach besonderen Plänen aus dem Osten bauen ließ. Die finanziellen Mittel hatte er dem Erbe eines reichen Onkels zu verdanken, doch das Geheimnis, wie er an die Pläne gekommen war, hatte er mit in seinen Tod genommen.
Der dunkelhäutige Werftmeister DeVichile nahm die Nachricht vom Tod des Kapitän mit ehrlicher Bestürzung auf. Mit zeremonieller Sorgsamkeit öffnete dieser die Schatulle die ihm Torn überreichte. Darin befand sich eine Pergamentrolle, die DeVichile bedächtig vorlas. Nachdem der Werftmeister aufhörte zu lesen, herrschte eine Zeit lang Stille im Raum. Torn zitterte, denn er war gerade durch das Testament des verstorbenen Kapitän Sigmars zum Eigner und Kapitän des neuen Schiffes geworden. Viel Zeit um das ganze zu Begreifen blieb Torn allerdings nicht, da DeVichile bereits darauf drängte den beiden Seeleuten das Schiff, welches er selbst immer wieder als 'wahres Schmuckstück' bezeichnete, zu zeigen.
Während sich Torn staunend auf Deck des neuen Schiffes, auf dem noch immer gehobelt, gesägt und gehämmert wurde, umsah, klopfte ihm Rulkos anerkennend auf die Schulter. „Und weißt du schon einen Namen für sie?“...



((so weit so gut - es kommt noch mehr, keine Sorge! Es folgen Karte, Begriffserklärungen, etc... ))

1 Schritt -> 0.5 Meter
1 Meile -> 1 Kilometer

Steuerbord – Richtung rechts wenn man am Schiff nach vorne blickt
Backbord – Richtung links wenn man am Schiff nach vorne blickt
(blickt man auf einem Schiff nach Achtern ist entsprechend Steuerbord links und Backbord rechts)
Achtern – hinten
Steuerbord achteraus – der halbe Winkel zwischen Richtung Achtern und Steuerbord, also 45° 'schräg nach hinten' Richtung Steuerbord
Backbord voraus – 45° in Richtung vorne und Backbord
Bug – vorderer Bereich des Schiffes
Bugspriet - Stange die den Bug nach vorne hin verlängert
Schonermast – vordere Mast auf einem Schoner
Gaffelsegel – viereckiges Segel, dessen Oberliek an einer Spiere, der sog. Gaffel – und dessen Vorderliek am Masten angeschlagen ist
Liek – Kante eines Segels (folglich Vor-, Achter-, Unter-, Oberliek)
Spiere – Stange, Rundholz
Gaffel – Spiere des Gaffelriggs
Rahsegel – viereckiges Segel, welches an zwei Rahen (eine unten, eine oben) quer zum Masten steht
Rah – Spiere, an welche das Ober - bzw. Unterliek eines Rahsegels festgemacht wird
Großmast - auf einem Schoner der hintere, größere Mast
Takelung – Art und Weise wie Segel auf einem Schiff gefahren werden
Höhe – Weg den ein Segelschiff gegen die Windrichtung zurücklegen kann
Bleekman – Totenkopfflagge eines Piraten auf Beutezug
Karavelle – klassisches altertümliches Segelschiff mit 2-4 Masten
Feuerwerfer – schweres Torsionsgeschütz, dessen Munition meist aus Tonkugeln, gefüllt mit gut brennbarer Flüssigkeit, besteht
Schwärmer – mittelschweres Torsionsgeschütz, welches bis zu einem Dutzend Bolzen in schneller Abfolge verschießt
Bootsmann – erster Offizier oder auch erster Maat, erster Stellvertreter der Kapitäns auf einem Schiff
Schanzkleid - massive, brüstungsartige Fortsetzung oder Erhöhung der Bordwand über das Deck hinaus
Want – Taue oder Taunetze die den Masten seitlich stützen
Belegnagel – Holzzapfen an dem Taue oder Leinen festgemacht – 'belegt' – werden
Besanmast – achterlicher, meist kleinerer Mast hinter den Hauptmast
Wende – Manöver, bei dem das Schiff mit dem Bug durch den Wind dreht und der Wind in weiterer Folge von der anderen Seite in die Segel bläst.
Halse – wie Wende, nur dass das Heck durch den Wind gedreht wird
Rudergänger - Steuermann
Außenklüver – vorderstes der drei Vorsegel
Innenklüver – mittleres Vorsegel
Fock – größte und hinterste der drei Vorsegel
fieren – die Segel so bedienen, dass sie einen größeren Winkel zum Mittschiffslinie einnehmen können
Dicht holen – das Gegenteil von fieren
Schoten – jene Leinen mit denen die Segel bedient werden
Kommis – Handelsangestellter
kielholen – eine Strafe bei dem der Bestrafte unter dem Schiff mit einer Leine durchgezogen wurde. Wegen dem meist starken Bewuchs des Unterwasserschiffs, endete die Strafe meist tödlich.
Topsegel – Segel die am Masttop gesetzt werden (Gaffeltopsegel, Rahtoppsegel am Schonermast)
Krängung – Schräglage des Schiffes auf Grund des Winddrucks in den Segeln und der bremsenden Wirkung des Rumpfs im Wasser
Dünung – Wellengang
Gischt – zerstäubtes Wasser

Windstärke in Bft / Bezeichnung der Windstärke / Bezeichnung des Seeganges und Wirkung auf dem Wasser

3 schwache Brise / Anfänge der Schaumbildung
4 mäßige Brise / leicht bewegte See / kleine, länger werdende Wellen, überall Schaumköpfe
5 frische Brise / mäßig bewegte See / mäßige Wellen von großer Länge, überall Schaumköpfe


[Bild: Karte_Westmeerkueste.jpg]
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Norix - DarkAvanger
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[Bild: Nbanner9.jpg]
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Torn - von norix - 05.09.2007, 12:59
[Kein Betreff] - von Uriel - 06.09.2007, 09:22
[Kein Betreff] - von Lia - 07.09.2007, 14:50
[Kein Betreff] - von norix - 08.09.2007, 14:34
[Kein Betreff] - von Uriel - 08.09.2007, 20:37
[Kein Betreff] - von norix - 23.11.2008, 19:35
[Kein Betreff] - von Gwenhwyfar - 07.12.2008, 17:12
[Kein Betreff] - von Galenya - 08.12.2008, 14:39
[Kein Betreff] - von norix - 08.12.2008, 21:06
[Kein Betreff] - von Gwenhwyfar - 03.01.2009, 20:16

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