06.12.2008, 15:46
Irgendwann ... nach jahre-, vielleicht jahrzehntelangem Studieren und Erforschen der Menschen, schien es wohl nötig zu sein, die Gestalt von einem von Ihnen zu versuchen. Lange bevor die für einen Jungen doch recht uninterressante Geschichte diesen in den Schlaf wog, beobachtete die Schöpfung einen durschnittlichen Menschen, groß und hager, mit ansehlichen Zügen und dunkelblondem Haar, männlich, bürgerlich.
Tag für Tag wurden die Aktionen, die dieser Mensch tätigte, aufgefasst, verinnerlicht, nachgeahmt, so lernte das Wesen, das Instabile, sich Verändernde, wie es wohl sei, ein Mensch zu sein.
Tag für Tag, Jahr für Jahr, Fähigkeit für Fähigkeit, Sinn für Sinn.
So staunte der Beobachtete nicht schlecht, als eines Morgens sein komplettes Abbild, makellos gleich, vor seinem Bett stand. Ratlosigkeit und Verblüffung schossen durch seinen Sinn, bevor ein Fausthieb eben dies beendete, ihn wieder zurück in den Schlaf fallen ließ, woraufhin noch einer folgte, bis Blut spritzte, bis der Schlaf abgelöst wurde, vom Tod.
An diesem Morgen fand das Abbild sein erstes Opfer, sowie es auch seine erste, naturnahe Gestalt fand.
Ein Mensch...
Seltsam, wie die Gefühle ihn gleich durchströmten, als er mit einem funktionierenden, menschlichen Gehirn auch das Bewusstsein, das Gefühlsempfinden lernte.
Seltsam, wie es sich anfühlte, erst die Schuld, jemanden erschlagen zu haben.
Dann den sonnigen Erfolg, das erste Mal wurde durch die Schöpfung irgendetwas im Weltgeschehen verändert.
Dann der Hunger ... Eine der Bürden, die man als Mensch wohl tragen muss.
Es hatte gelernt, wie die anderen Menschen zu ihm sprachen, dem Gefallenen, brauchte seine Zeit, um die Zunge unter Kontrolle zu halten, Worte zu formen, das aussprechen zu können, was er sprach.
Vortor nannten die anderen ihn...
Von nun an sollte dieser Name keinem Menschen mehr zuteil werden, sondern dem Klon, der ihm das Leben nahm.
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Herz und Leber, Magen, Fetzen von Haut, Lungen, Hirnteile und unabsehbar viel Blut fand sich auf dem Teppich wieder. Nachteile des Menschen? Sie lagen alle in den wichtigsten Funktionen.
Essen?
Atmen?
Fühlen?
Altern?
Nichts befand sich mehr im Körper des Klons, er weidete sich selbst aus, den menschlichen Körper ausnutzen, genießen wollend. Nachdem sich die Haut wieder über den Stellen schloss, die er aus sich heraus gerissen hatte, den leeren Körper, durch den kein Stoffwechsel mehr lief, mit Fleisch und Muskeln füllte, rappelte sich Vortor auf und verließ das Haus des Ehemaligen.
Viel Entdeckbares bot die Welt der Menschen an,
viel Entdeckbares würde auf ihn zukommen.
Macht nutzt den ab, der sie nicht besitzt.
Giulio Andreotti