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Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne..
#18
Heine- Die Stadt am Meer

Was er sich auch ausgemalt hatte, wie es sein würde, wenn er endlich in die Stadt zurück kehren würde, traf auch nicht nur annährend zu. Überwältigt von den Eindrücken konnte er nur schweigend, stauenden neben seiner Mutter her gehen, die sich hier mit völliger Sicherheit bewegte.
Der salzige Geruch des Meeres legt sich auf seine Reise und begleitet ihn. Verwundert staunt er über die fremden Pflanzen vor der Brücke, die zum Stadttor führt.

So lange war es her, dass er diesen Ort zum letzen Mal sah. Seine Erinnerungen war nur bruchstückhaft und es gab so viel Neues über das er nur staunen konnte.
Geschäftig eilen Elfen, Menschen, Zwerge und gelegentlich sogar ein paar Dunkle durch die Straßen.
Her und dort hält seine Mutter inne und erzählt dies und das, aber er kann ihr kaum folgen, so viel gibt es was ihn im nächsten Augenblick wieder ablenkt. Schließlich erreichen sie einen großen Platz, in dessen Mitte ein großes Wasserspiel zu sehen ist.
Norelle hält inne und blickt auf das Herrenhaus. Nichts scheint sich verändert zu haben, die Vertrautheit mit diesem Ort ist dieselbe wie vor all den Jahren. Fast will sie losgehen, die Tür öffnen, durch die Eingangshalle stürmen, den alten Elfen von seinen Papieren hoch scheuchen und sich in seine Arme werfen, glauben das alles nur ein böser Traum ist.
„Ohh Entschuldigung…ich habe Sie gar nicht gesehen“
Ein junger Bursche mit Stoffballen in den Armen, drängt sich schwerfällig an ihr vorbei.

„Dort kannst du den Tempel sehen…wir wollen zu erst dorthin gehen und dann heute Abend Ellen einen Besuch abstatten?“
Gebannt folgt Artamir ihrer Handbewegung und sicht sich die Fassade des Tempels an, der Ehrwürdig über die Stadt zu wachen scheint.
„Mae…“ Schon lenken ihn seine Schritte darauf zu und Norelle muss sich beeilen ihm zu folgen.

Beklommen steigt sie die Treppen zum Tempel hinauf, war sie doch, seit all den langen Jahren nicht mehr hier gewesen. Ungeduldig geht Artamir neben ihr die Treppen hinauf, schreitet durch den großen Torbogen und betrachtet die Wunder des Tempels, hält inne und betrachtet lange die Statur der Eva.
Mit niedergeschlagenen Augen betritt sie den Ort, der ihr einst Heil war und dann alles genommen hatte. Mit starrem Blick auf den Boden gerichtet, geht sie an der Wand vorbei, an der der verhängnisvolle Aushang geprangt hatte.
Stumm blickt sie das Bildnis Evas an.
„Verzeih mir…ich war blind, habe den rechten Pfad verloren. Dein Licht das mich leiten sollte, habe ich verschämt. Nun bin ich hier um dich zu bitten, mich wieder mit Licht zu erfüllen, dass ich es vermag mich den Schatten zu stellen.“

Artamir blickt zu seiner Mutter, die wohl in einem stummen Gebet versunken ist und wendet sich an eine der Priesterinnen, die gerade an ihm vorbei geht.
„Mae Govannen Schwester…wo finde ich den Weg zur Bibliothek? Ich würde gerne in die Archive sehen. Werden Aushänge der Stadt dort aufbewahrt?“
Freundlich erwidert die Elfe den Gruß und hört sich geduldig die Fragen an.
„Dort drüben ist die Treppe, die nach oben in die Bibliothek führt. Die Archive befinden sich dann am anderen Ende. Aber mach dir nicht allzu große Hoffnungen etwas zu finden, in den letzen Jahren wurden sie mehr schlecht als recht geführt. Es fehlt schlicht an Platz, nur was man als wichtig erachtet wird noch aufbewahrt.“

Kaum hat die Elfe das letzte Wort gesprochen, wendet er sich auch schon voller Tatendrang ab, bleibt jedoch dann abrupt stehen.
„Hannon le und könnt ihr meiner Mutter“, deutet auf Norelle, die ganz in ihr Gebet versunken zu sein scheint, „sagen, dass ich in der Bibliothek bin…und etwas für suche was der Hierach mir aufgegeben hat?“
Die Priesterin bejaht mit einem freundlichen Nicken und macht sich wieder daran, das zu tun, was auch immer sie sich gerade vorgenommen hat.
Ohne einen Blick an die Schönheit der Einrichtung zu verlieren, rennt der Elf die Gänge entlang bis er ans andere Ende gelangt.

Die Regale hier sind mit Schriftrollen und vielen dicken Buchbänden unordentlich vollgestopft. Die Priesterin hatte nicht gelogen. Außer Atem sieht Artamir sich das Chaos an. Vergeblich versucht er ein System in der Ablage der Aushänge zu finden und so beginnt er ganz einfach mit der Schriftrolle, die seiner Hand am nächsten ist.
Die Rolle ist vergilbt und die Tinte nur noch undeutlich zu erkennen, es war wohl ein Aushang für einen Ball.
Zu alt, viel zu alt. Seine Augen huschen durch die Reihen und erfindet einige Schriftrollen, die er als passend ansieht und zieht ein paar dicke Bände heraus, die wohl auch jüngeren Datums sind.

Die meisten sind von eher belanglosem Inhalt, Feste, Verkündigungen, Erlässe. Entmutig sinkt er gegen das schwere Holz des Regals.
Wenige Erinnerungen hatte er an die Zeit, als das Unglück seinen Anfang nahm und noch weniger an die Zeit davor. Doch deutlich erinnert er sich daran wie seine Mutter ihn auf dem Arm hielt, durch die Straßen trug und ihm vom Tempel erzählte. Dunkel kann er sich an das Bildnis erinnern und wie seine Mutter mit anderen Elfen gemeinsam um ein Papier herum stand. Nachdem sie diese gelesen haben musste, konnte er spüren wie sie beinahe den Boden unter Füßen verlor. Dort muss etwas gestanden haben, etwas was ihm der Wahrheit näher bringen muss.

Noch einmal nimmt er sich einen dicken Band vor und blättert durch die Seiten, bis ihm ein Blatt entgegen fällt, was man wohl vergessen hatte zu binden. Seine Augen fliegen über die Zeilen. Kopfschüttelnd liest er sie wieder und wieder, doch es ändert sich nicht an ihrem Inhalt.
Mörder…Mörder…Mörder. Das Wort beherrscht seine Gedanken, scheppernd entgleitet ihm das dicke Buch und fällt zu Boden.
„Artamir?“ Norelles Stimme durchscheidet seine Gedanken und er steckt das Schrifstück in sein Hemd, greift eine Pergamentrolle heraus und macht sich daran wieder ein wenig Ordnung zu schaffen.
Seine Bewegungen sind fahrig und schwerfällig. „Hier…ich habe gefunden, was ich gesucht habe…“
„Ahh da bist du ja, es ist schon spät geworden, wir sollten die alte Frau nicht zu spät aufsuchen“
„Natürlich…Entschuldige…“, gähnt, sein Kopf war ihm mittlerweile so schwer geworden, dass er am liebsten geschlafen hätte, um alles zu vergessen, „der Tag hat mich sehr ermüdet.“
Liebevoll streicht seine Mutter über seinen Arm und bedeutet ihm ihr zu folgen.

Nur dunkel erinnert er sich an die folgenden Ereignisse, zu konfus sind seine Gedanken. Sie sind zum Herrenhaus gegangen und Ellen hat die beiden überschwänglich begrüßt. Die alte Frau hatte sich erst beruhigen lassen, als Norelle versicherte, dass sie über Nacht bleiben würden. Er ist schnell in eine der vielen leeren Zimmer im Obergeschoss verschwunden. Seine Mutter und Ellen hatte wohl noch spät bis in die Nacht mit einander geredet.

Erschöpft liegt er auf dem Bett, noch all seine Kleidung an sich. Das Licht der Lampen, die die Stadt erhellen und sie auch bei Nacht strahlen lassen, erfüllen sein Zimmer mit einem Dämmerlicht.
Er sucht nach dem Schriftstück in seinem Hemd, zieht es mit zitternden Fingern hervor und überfliegt die Zeilen. Aber sie sagen ihm immer noch das gleiche, nichts hat sich verändert.
Mit einem Knarren springt das Fenster auf und bringt die kalte Meeresluft mit sich, schon will der junge Mann aufstehen als er einen flimmernden Schatten auf dem Glas des Fensters erkennt.

„Das war nicht das, was du zu finden gehofft hast. Ich hätte es dir sagen können, aber ich empfand es für wichtiger, dass du es selber liest.“
Die goldenen Augen starren zornig vor sich hin, nun ist ihm klar, warum dieses Blatt ihm so zufällig in den Schoss gefallen ist. Vermutlich hatte er jedoch recht, Artamir hätte es ihm nie geglaubt, selbst jetzt fiel es ihm schwer. Vieles erklärt sich jetzt, warum seine Mutter und all die anderen sich in Schweigen gehüllt haben, warum niemand über ihn sprach und wenn nur Hinterrücks. Ein scheußliches Puzzle vervollständigt sich für den jungen Elfen und er kann nicht anders als wütend auf das Kissen neben ihn einzuschlagen.

„Wenn du weiter suchst wirst du Dokumente finden, die deine Mutter selbst unterschrieb. Er wird noch immer gesucht und muss sich sofern man ihn findet vor unsrem Volk verantworten. Es scheint eine Verschwörung zu sein, aber es gibt niemanden, der etwas Erhellendes erzählen könnte. Das letzte was man von deinem Vater weiß, ist dass er aus dem Kerker geflohen ist. Seitdem ward er nicht mehr gesehen und die Regierung dort schient das Interesse an ihm verloren zu haben.“

Ohne es zu wollen, laufen heiße Tränen seine Wangen, mutlos werden die Schultern hängen gelassen. Was sollte er noch tun?
„Hat sie mich deswegen weggegeben? Ist sie gegangen weil sie ihn suchen wollte?“
„Natürlich. Sie hat versucht seinen Namen reinzuwaschen, ihren Verlobten zu finden, dir deinen Vater wiederzugeben und für die Zeit solltest du in Sicherheit sein“
„Wenn du immer alles weißt, warum weißt du nicht wo er ist? Warum findest du ihn nicht, wenn du sagst, dass es das einzige ist was sie glücklich machen wird? Warum bist du hier und erzählst mir das alles?“
Ein plötzlicher Ansturm von Trauer umfängt ihn, Trauer, die nicht die seine ist.

„Verzeih mir…wenn es in meiner Macht liegen würde, dann hätte ich es längst getan. Selbst dem Tod habe ich getrotzt, um bei ihr zu sein…hab die Möglichkeit ins licht zu gehen verwirkt, weil ich sie finden musste.“
Wie sooft versteht der junge Elf kaum etwas von dem was der andere ihm erzählt, aber er spürt, dass das Bedauern echt ist.
Aden, keine Lüge der Welt könnte so gut ein, dass er seiner Mutter einen plausiblen Grund geben könnte dorthin gehen zu müssen. Lügen, er hatte genug von diesem Wort, es muss einen anderen Weg geben…es würde einen anderen Weg geben.

Schon lange steht der Mond am Himmel als Norelle sich schließlich von der alten Haushälterin verabschiedet um sich zur Ruhe zu begeben.
Es scheint der Elfe wie ein Wunder, dass Ellen, deren Haar schon lange ergraut ist es immer noch schafft, das Herrenhaus völlig sauber und ordentlich zu halten. Als würde sie warten, als wäre der Hausherr nur auf einer Reise und würde morgen zurückkehren und das es wieder mit Leben füllen.

Ihre Gedanken werden jäh von einem Hustenanfall unterbrochen. Ihre Hand sucht Halt an der Wand ihres Zimmers. Ihre Gielder schmerzen und fühlen sich schwer an, fast verliert sie den Halt.
Kratzig hustet sie die Luft aus ihren Lungen. Verkrampft sinkt sie auf die Knie und blickt auf die Hand, die sie sich vor den Mund gehalten hat.
Blut. Nicht zum ersten Mal. Bis jetzt hatte sie es verbergen können, aber lange würde sie es nicht mehr können.

Schließlich lässt der Husten nach und die Elfe kann sich wieder aufrichten. Mit vertrauter Gewohnheit lässt sie sich in das Bett fallen, sucht aus ihrer Tasche, sie dort hingelegt hatte, ein Taschentuch und säubert ihre Hand. Als sie fertig ist lässt sie es mit einer schwachen bläulichen Flamme in ihrer Hand vergehen bis nur noch dunkle Asche davon über ist, die sie achtlos auf den Boden fallen lässt.

Erschöpft kriecht sie unter die Decke, noch Robe und Schuhe tragend und versucht sich zitternd zu wärmen.
Schließlich gleiten sie in einen leichten Schlaf hinüber, der von einem weiteren Hustenanfall unterbrochen wird.

Der nächste Morgen

Dunkle Augenringe, blicken der Elfe entgegen als sie sich am nächsten Morgen im Spiegel betrachtet. Sie setzt ein Lächeln auf, aber es ist nicht zu leugnen, dass sie nicht besonders gesund aussieht. Ihre Haut ist äußerst blass und man kann deutlich die blauen Adern unter der Haut erkennen. Sie würde es darauf schieben müssen, dass sie zu lange wach geblieben war mit der alten Dame gestern.

Die Waldgrüne Robe die sie trägt, ist hoch geschlossen und aus einem dicken Stoff und noch streicht sich die Elfe fröstelnd über die Arme.
Von unten hört sie vergnügte Stimmen, lässt dann von ihren trüben Gedanken ab, schnappt sich ihre Tasche und folgt den Stimmen in die Küche.

Artamir und Ellen sind in der Küche und unterhalten sich amüsiert, während die alte Dame damit beschäftigt ist ein opulentes Frühstück herzurichten, als wollte sie eine ganze Festgesellschaft verköstigen.
Die Unterhaltung stoppt jäh, als die Elfe die Küche betritt. Sowohl ihr Sohn als auch Ellen sehen sie besorgt an, sagen jedoch nichts.
„Komm mal Kindchen…ich hab hier erstmal einen Tee für dich…“ Ihr wird ein dampfender Becher mit einem wohlriechenden Inhalt gereicht, als ihre Hände die der Haushälterin berühren, schreckt diese unmerklich zurück. Zu kalt waren die Hände der Elfe.

„Wie ich sehe hast du meinen Sohn schon fürstlich umsorgt…nicht, dass du ihn mir verwöhnst“, scherzt sie, doch ihre Stimme klingt ungewohnt rau.
„Ab und zu muss auch das mal sein, der Junge muss doch was essen!“, geschäftig werkelt Ellen weiter mit ihren Töpfen und Pfannen herum.
Die Gespräche gehen weiter, die Stimmung wird wieder herzlich und die Zeit vergeht.
„Ellen…sei uns nicht böse, aber wir sind nur auf einen kurzen Besuch eingerichtet.“

So herzlich der Empfang war umso rührender ist der Abschied. Tränenreich werden die beiden Elfen von der alten Frau verabschiedet.
Mutter und Sohn verlassen das alte Herrenhaus und machen sich auf den Weg in den Tempel, will doch Norelle noch einmal ein Gebet sprechen. Wieder steigen die beiden die Treppen zum Heiligtum Evas hinauf. Sie suchen sich eine leere Bank und die Elfe verfällt in ein stilles Gebet.
Der junge Elf neben ihr, sitz still dar, beobachtet das Kommen und Gehen im Tempel und hängt seinen Gedanken nach. Doch dann schreckt er auf, ein keuchender Husten, drängt sich in seine Gedanken. Er sieht sich um, erst spät erkennt er, dass es seine Mutter ist, das Treiben im Tempel zum Erliegen bringt.

Entsetz sieht er sie an, völlig hilflos was zu tun sei. Deutlich kann er das Blut erkennen, dass zwischen ihren Handflächen hin durchrinnt. Schon kommen zwei Priesterinnen auf ihn und seine Mutter zu und sehen die Elfe besorgt an, die von heftigen Hustenanfällen geschüttelt wird.
„Wir werden sie in das Krankenzimmer bringen…“
Vorsichtig nimmt er seine Mutter in den Arm und hebt sie von der Bank hoch und trägt sie den Priesterinnen folgend durch den Tempel. Norelle hatte schwach protestiert, doch ihr Sohn lies keinen Widerspruch zu.
Erschreckt stellt er fest, wie leicht die Elfe in seinen Armen ist, wie eisig der Körper. Er beeilt sich sie in eines der Betten zu legen und sie den Händen der Priesterinnen zu übergeben.

Norelles Augen sind geschlossen, ihr Gesicht hebt sich kaum noch gegen die Decke ab. Die dunklen Haare umgeben sie unwirklich. Ihre Lippen bewegen sich dann und wann ihm Schlaf. Eine Priesterin wickelt sie in ein am Kohlebecken aufgewärmtes Tuch ein, dass nach aromatischen Kräutern richt. Eine andere holt eine weitere Decke. Schweigend gehen sie ihrer Arbeit nach, jeder Handgriff geübt.
Eine der Priesterinnen nimmt den erschrockenen Sohn beiseite und spricht leise und eindringend auf ihn ein. Die Worte der Priesterin dringen nur oberflächlich an sein Ohr, ihr Sinn bleibt ihm ganz verborgen. Die Elfen in den weißen Roben entfernen sich und lassen Mutter und Sohn allein zurück.

Kniend befindet sich Artamir neben dem Krankenbett und sieht auf das schlafende Gesicht seiner Mutter. So etwas hätte nicht passieren dürfen, er hätte doch jetzt auf sie aufpassen müssen.
Er muss Vater finden, wenn er wieder da wäre, dann würde schon alles wieder gut werden. Es würde alles wieder gut werden…es muss alles wieder gut werden.
Entschlossen steht er auf, streicht nur ganz sacht über die kalte Hand in dem Bett.

„Ich werde ihn zurück holen und du wirst sehen, dann wird alles wieder gut…du wirst schon sehen“
Er nimmt seine Tasche und macht sich auf zu gehen ohne den Weg zu kennen, er würde ihn eben finden müssen, er würde es müssen.

Verlorengeglaubtes


Ich sehe aus dem Fenster, hinaus aus dem Turm, über die Baumkronen hinweg. Unruhig wandere ich durch das Zimmer, rastlos. Meine Hände fahren durch die Seiten vergilbter Bücher, sie raschen leise unter der Berührung.
Warten…man wartet sein ganzes Leben und doch wenn das Ersehnte so nah ist, dann wird jede Sekunde zur Qual.
Schritte sind zu hören, sie bahnen sich eilig den Weg zu mir. Ich drehe mich um und starre auf die Tür.

Endlich…

Traurige Augen sehen mir entgegen.

Wie hatte ich nur so dumm sein können? Hatte ich wirklich gedacht es würde so einfach enden?

„Sie sind außer sich…ER ist außer sich. Er kann nicht verstehen, wie du entkommen konntest und…er glaubt sie haben hätten dich geraubt. Ich lies ihn in diesem Glauben.“

Seine Hand streicht über mein Haar, wagt es nicht meine Wange zu berühren.

„Er will nicht gehen lassen….er kann es nicht…und ich wagte nicht mich seinem Zorn auszusetzen. Er sagte…die Fesseln hätten dich an ihn binden müssen, an die Feste in den Bergen, in denen der Wind singt.“

Sein Arm sinkt zurück und er sieht mich unverwandt mit seinen wunderschönen Augen an.

„Was hat zu bedeuteten…von welchen Fesseln sprach er?“

Aber mein Mund vermag nicht zu sprechen, mein Kopf keine Worte zu formen. Ich sehe es in seinen Augen, zu gerne würde er mich jetzt in seine Arme schließen, zu gerne würde ich bei ihm halt suchen, aber verharre still.

„Sieh mich…an oh bitte so sieh mich doch an. Er ist verrückt…völlig verrückt. Ich werde vor den Rat gehen, sie müssen wissen was hier geschehen ist…er muss für seine Taten gerichtet werden.“

Ich schüttle nur den Kopf. Der Rat würde es nicht glauben…nicht glauben wollen. Es schmerzt weniger, wenn man sich der Illusion hingeben kann, dass die großen unseres Volkes, nicht dem dunkeln Schatten anheimfallen, der ihr Herzen erstarren lässt. Die Stimmen vernebeln seinen Verstand…ich konnte sie manchmal selber hören, wie sie ihm schmeichelten, umgarnten. Er meinte es wäre gut…er würde es für unser Volk tun, aber die Dunkelheit vermag listigere Wege zu gehen.

Seine Augen blicken mich noch immer von Traurigkeit erfüllt an.
Sein Schmerz erfüllt mich mit einem nie gekannten Gefühl. Ich will etwas sagen, etwas tun, will sein Leiden mildern. Meine Lippen öffnen sich und schließlich sprechen sie folgende Worte:

„Für ein Licht in der Dunkelheit“


Unter Schmerzen richtet sich die Elfe auf, es dauert einige Augenblicke bis sie erkennt, wo sie sich befindet. Sie schiebt die Decke zurück und erhebt sich schwankend.
Von Fern kann sie einen Gesang vernehmen, die Priesterschaft ist zu einem gemeinsamen Gebet versammelt.

Zittrig nimmt sie ihre Sachen, die man fein säuberlich über einen Stuhl gelegt hatte und schlupft hinein. Norelle streift ihren Mantel über und hängt sich schließlich ihre Tasche über die Schulter.
Heine liegt im schönsten Morgenrot vor ihr, als se die Stufen des Tempels hinab steigt.

Für ein Licht in der Dunkelheit

Sie dreht sich noch einmal herum und sieht auf die Statur Evas, für einen Moment vereilt sie so, dann zieht sie sich ihre Kapuze über den Kopf und geht weiter.
Niemand hätte ihr sagen müssen, dass Artamir fortgegangen ist. Ihr Herz wusste es, in dem Augenblick, als sie die Augen aufschlug. Wo ihn wohl sein Weg hinführen würde?

Aber das war vorerst nicht wichtig. Eva würde über ihn wachen, sie hatte ihn ziehen lassen und so muss er diesen Weg wohl allein beschreiten. Vielleicht war er ja auch nur in die Auen zurück gekehrt und wollte Aduial holen…mae das würde es wohl sein.
Ein feiner Nebel liegt über dem Wald, als Norelle in die Auen zurückkehrt. Eilig führen sie ihre Schritte zu ihrem Haus.

Das Unterholz knackt leise unter ihren Schritten und mischt sich mit dem Geräusch ihres rasselnden Atems. Kühler Wind weht vom See zu ihr herüber und kühlt ihre heißen Wangen.
Da…seicht zeichnet sich das kleine Haus gegen den Nebel ab. Norelle rennt zum Haus, im Wissen ihre Lieben dort zu finden. Sie reißt die Tür auf, doch das Haus liegt völlig still dar, verlassen.

Sie tritt über die Türschwelle, alles ist noch genauso, wie sie es verlassen hat. Vielleicht hatte sie die beiden einfach nur verpasst? Mae das würde es sein…
Sie tritt in ihr kleines Ankleidezimmer und sucht sich eine tiefblaue Robe heraus. Der dicke Stoff fühlt sich weich unter ihren Fingern an, versonnen streicht sie über den Silberfaden, der eine kunstvolle Stickerei auf der Robe bildet.

Schnell schlüpft sie hinein und holt dann aus einer Truhe den passenden Mantel und Handschuhe heraus. So angetan geht sie in die Wohnstube, kritzelt ein paar Zeilen auf einen Bogenpapier. Das Geräusch der Feder durchdringt als einziges die Stille des nahenden Morgens.
Sie würde diesen Weg gehen müssen…es muss ein Ende

Auf der Suche

Die Nacht hat sich über die Stadt gelegt und schon erhellt ein Meer aus Lichtern, die Straßen und Häuser. In dieser Stadt schien es keine Dunkelheit zu geben.

Artamirs Schritte führen ihn zielstrebig zur Torwächterin. Er hat keinen Blick für die Schönheit der Stadt am Meer.
Aden…er muss die Stadt erreichen, dort würde er doch etwas über den verbleib seines Vaters erfahren?
Selbstbewusst bittet er die Torhüterin ihn einen Weg nach Aden zu öffnen. Der Blick der Elfe ist unergründlich. Sie zögert einen Moment, der dem jungen Elf wie eine Ewigkeit vorkommt. Dann erhebt sich ein Bogen aus schillerndem Licht.

Aden…

Staunend betrachtet er die weiße Stadt, die einst der Sitz der Könige war.
Schnellen Schrittes geht er an die Stadttore heran. Er klopft an das schwere Tor. Nichts scheint sich zu regen.

Schon hat der Elf die Hand erhoben und will sich nochmals Gehör verschaffen, als sich ein kleiner Schlitz innerhalb des Tores öffnet und ihn ein mürrisches Gesicht entgegen sieht.

Mit einem starken elfischem Akzent bittet Artamir um Einlass.
„Nein, die Tore bleiben geschlossen während der Nacht.“
„Ich bitte euch guter Herr…ich bin erschöpft von meiner Reise und suche nur ein Gasthaus um mich auszuruhen.“

Der Elf hat das Gefühl als würde ihm das Herz bis zum Hals schlagen, bemerkte der Soldat seine Unsicherheit?
Eine Hand fährt über das unrasierte Gesicht des Mannes.
„So wollen es nun mal die Vorschriften…da hättest du früher dran denken sollen.“
Die Klappe wird wieder vorgeschoben, es still vor dem Tor.

Artamir wendet sich ab. Hatte er wirklich gedacht, es würde so einfach sein?

Seine Schritte entfernen sich von dem Tor und führen ihn beinahe wie von selbst zu dem angrenzendem Wald.
Die Welt der Menschen ist ihm ein Rätsel, so fremd. Wie konnten die anderen seines Volkes darin zu recht finden?

Die Geräusche des Waldes umfangen ihn, während seine Schritte ihm einen gleichbleibenden Rhythmus vorgeben. Dann und wann kann er durch die Baumkronen einen Blick auf die Sterne erhaschen. Auch sie wirken hier fremd.

Morgen würde er in die Stadt zurückkehren…morgen würde sich alles zum Besseren wenden.

Kälte umfängt den Elf in einem Maße wie er es noch nie gekannt hat. Innerlich verfluchte er sich, dass er nicht daran gedacht hatte einen warmen Mantel mitzunehmen. Und…erschrocken bleibt er stehen. Auch seinen Bogen hatte er in den Auen gelassen. Wer weiß schon was ihn hier in den Wäldern der Menschen erwarten würde?
Mit gesengtem Kopf nimmt der Elf seinen Weg wieder auf. Er hätte an seinen bogen denken sollen…er…hätte an so vieles denken sollen. Wie hatte er sich einbilden können, dass die Dinge sich einfach fügen, wenn man es sich nur fest genug wünscht?

Verbittert schlägt er einen tief hängenden Ast beiseite. Wie sehr hatte er sich gewünscht sie mögen zurück kehren…sie würden eine Familie sein. Jeden Abend hatte er dagesessen und auf sie gewartet, als würden sich wie Schatten aus der Dunkelheit lösen und ihm in die Arme schließen. Aber er hatte Abend um Abend vergeblich gewartet. Selten sehr selten hatte seine Mutter ihn besucht…aber die Trauer hatte ihr Gesicht erstarren lassen. Auch als sie schließlich bei ihm blieb, war sie doch so unendlichweit entfernt.

Abend um Abend, Tag um Tag hatte er nach Wegen gesucht sie glücklich zu sehen. Jedes Lächeln, das sie ihm schenkte hatte die Wunden heilen lassen, aber die Narben verschwanden nie.

Beinahe läuft der Elf gegen einen uralten Baum. Staunend fährt er über die alte knorrige Rinde. Er spürt, dass der Baum schon Jahrhunderte überdauerte. Seltsam, gerade hier einen solchen Schatz zu finden. Artamir lässt sich erschöpft nieder und schmiegt sich an die großen Wurzeln.
Ruhe umfängt seine Gedanken. Seine Ohren lauschen auf die Geschichten, die der Baum dem Wind mitgibt, wenn dieser durch seine Blätter fährt.
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