Danheel – Geboren aus Dunkelheit

[Shanti]

Flüsternde Stimmen


Aus der Sicherheit einer dunklen Gasse beobachtete eine verhüllte Gestalt, wie der Krieger des Hauses Kilate die Ilharess Valshenia erreichte. Alles lief genau so wie geplant. Sie war alleine, betete zu der Hand Shilens, welche sich in die luftigen Höhen der Höhle emporreckte. Aus Erfahrung wusste Danheel, dass die ehrenwerte Ilharess in regelmässigen Abständen das Mahnmal aufsuchen würde, um ein Gebet vor der mächtigen Göttin zu sprechen, das wurde ihr von einer vertraulichen Quelle berichtet. Auch heute war dies nicht anders. Valshenia hätte die Göttin besser um Gnade anflehen sollen, denn dies hier würde nicht so spurlos an ihr vorübergehen. Nein, bald würde sie der Göttin in ihrem Reich höchst persönlich gegenüberstehen.
Danheel’s Antlitz wurde in tiefe Schatten getaucht durch die Kapuze die tief in ihr Gesicht gezogen war. Nur das boshafte Lächeln das sich auf den sinnlichen Lippen abzeichnete war noch zu erkennen, das einzige Merkmal das die Schatten nicht für sich beanspruchten.

Jetzt bedurfte es nur noch etwas mehr Überzeugungskraft um ihrem Puppenkrieger die Augen zu öffnen. Sie hob die Strohpuppe in ihrer rechten Hand sachte an und betrachtete die Haarsträhne des Kilate Kriegers, welche der Puppe um den Hals geknotet war. Ein sachtes, violettes Glühen ging von der Strohpuppe aus, ein Zeichen dafür, dass der Zauber Wirkung zeigte…




„Seid ihr Valshenia de Cormra’el?“ Die Stimme des Kilate Kriegers war monoton und gleichgültig, kein Fünkchen Gefühl schwingte in ihr mit. Seine Augen schienen diese Leblosigkeit noch zu unterstreichen. Sie waren schwarz und leer, man konnte fast glauben durch sie hindurch in das Totenreich Shilens zu blicken.

„Wer will das wissen?“ Die Ilharess schien auf der Hut, wohlwissend, dass etwas mit diesem Dunkelelfen nicht stimmte. Doch sie schien noch nicht richtig einordnen zu können was das war…
Nun, sie würde es bald herausfinden….




Danheel hob die Strohpuppe an ihre Lippen und flüsterte dieser leise Worte zu mit einer Stimme so sanft und süss wie eine verbotene Frucht, welche die Unachtsamen in ewigen Schlummer lockt.

Dies ist nicht Valshenia de Cormra’el. Seht ihr den Dämon nicht, der von ihr Besitz ergriffen hat? Sie ist nur noch eine leere Hülle. Tötet sie. Tötet diesen Dämon… schickt ihn zurück in die Unterwelt aus der er entflohen ist…

Wie Worte die sie leise zu der Strohpuppe gesprochen hatte schienen den Krieger wie durch ein Wunder zu erreichen. Seine spitzzulaufenden Ohren begannen leicht zu zucken, als wäre ihre liebliche Stimme aus nächster Nähe an sein Ohr gedrungen… und irgendwie war sie das auch. Danheels Zauber bewirkte, dass ihre Worte in seinem Kopf widerhallten, ihn beeinflussten, ihn das sehen liessen was sie ihn sehen lassen wollte…
Sie wusste, dass sich in diesem Moment das Bild der Ilharess veränderte, von einer hübschen Dunkelelfe, in einen blutrünstigen Dämon mit Hörnern, rasiermesserscharfen Klauen und feuriger Haut. Wie einfach es doch war den schwachen Geist dieses Kriegers zu verdrehen, ihm Bilder aufzuzwingen welche in Wirklichkeit gar nicht existierten. Es entlockte ihr ein schadenfrohes Lächeln. Er war wie Wachs in ihren Händen, wie eine Puppe die sie an den Fäden ziehen konnte. Und genau das würde sie jetzt tun…

Die Augen des Kriegers weiteten sich ob dem, was mit der Gestalt der Ilharess geschah. Er zog sein Schwert aus der Scheide und stürzte sich mit einem lauten Schrei in den Kampf. Doch seine Klinge sollte sein Ziel nicht treffen. Ein Krieger, wohl eine Leibwache der Ilharess war wie aus dem Nichts aufgetaucht und zwischen ihren ihn und die Ilharess gesprungen, parierte seinen Schlag und verhinderte somit, dass die Ilharess ihren Arm verlor. Stattdessen wurde ihr nur eine einfache Fleischwunde zugefügt.
Danheels Augen begannen in einem giftigen violett aufzuleuchten. Diese Leibwache stand zwischen ihr und der Erfüllung ihrer Aufgabe! Wie konnte er es wagen sich einzumischen! Sie biss sich auf die Zähne, innerlich tobte sie vor Wut. Doch noch war nicht alles verloren. Wieder flüsterte sie leise zu der Strohpuppe in ihren Händen…

Kümmere dich nicht um ihn… er ist bloss ein Trugbild, hervorgerufen von dieser Dämonenbrut! Töte sie… Schlag ihr den Kopf ab!

Ihr Krieger schleuderte die Leibwache mit seiner freien Hand zur Seite, angefacht durch die Worte die in seinem Kopf widerhallten. Mit gezucktem Schwert und einem lauten Kampfesschrei auf den Lippen, setzte er zum Sprung an, warf sich in Richtung der Ilharess.
Bald wäre es geschafft, bald wäre sie tot. Kilate und Cormra’el würden sich bekämpfen…. bis auf den letzten Mann.
Die Klinge des Kriegers beschrieb eine sichelförmige Bewegung, nur noch eine Handbreite trennten sie von dem warmen Hals der Ilharess. Doch bevor die Klinge in die zarte Haut geschlagen werden konnte, war die Leibwache zur Stelle. Sie hatte schnell reagiert…zu schnell. Sie versetzte ihrem Krieger einen Tritt in den Rumpf wobei er die Treppen des Mahnmales runtergeschleudert wurde und sich aufs Übelste überschlug. Sie hätte damit rechnen müssen. Die Fähigkeiten der Leibwache waren eben denen eines simplen Soldaten überlegen.
Doch noch war ihre Puppe nicht tot… sie sah wie ihr Krieger sich mühsam wieder aufrappelte, die freie Hand auf seine Seite gelegt, die Schwerthand zitternd zum Angriff erhoben. In diesem Zustand konnte er unmöglich gewinnen. Doch das war bei weitem nicht das Schlimmste was geschehen konnte. Wenn sie ihn lebend fangen würden, dann würde irgendwann ihr Zauber von ihm abfallen und er würde sich wieder erinnern …an den Salon, an den Duft den ihn langsam einschlafen liess…und was noch viel schlimmer war... an ihre Gestalt…
Das durfte nicht geschehen!
Wieder säuselte Danheel der Strohpuppe leise Worte zu.

Es ist zu spät mein stolzer Krieger. Du hast versagt… Der Dämon hat seine Hülle abgestreift und ist nun in dich eingedrungen. Bald wird er deine Seele vollkommen verschlungen haben und dann wirst auch du nur noch ein lebloser Schatten deiner selbst sein. Befreie dich… solange du noch kannst…

Immer wieder schienen die Worte in seinem Kopf zu hallen, sich zu überschlagen, wie ein Chor der plötzlich aufwallt und wieder verstummt. Er hielt seine freie Hand nun an seine Schläfe, sein Kopf drohte zu explodieren von den Stimmen die ihn heimsuchten, ihn beeinflussten und manipulierten. Er hob sein Schwert langsam an, bis die Spitze seiner Klinge auf seinem Hals ruhte.

… töte dich…TÖTE DICH… T Ö T E D I C H!!!

Immer wieder hallten die Worte in seinem Kopf, liessen ihn nicht zur Ruhe kommen, vernebelten seinen Geist mit ihrem süssen Singsang, bis seine Hand den Sirenen in seinem Kopf nachgab.
Blut spritze in alle Richtungen und er sackte zusammen wie eine Puppe der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Zur gleichen Zeit begann in Danheels Händen die Strohpuppe Feuer zu fangen. Achtlos liess sie diese auf den Boden fallen, wo sie vollkommen ausbrannte.
Ihr Puppenkrieger hatte seinen Wert verloren, er hatte versagt….Ihre Pläne waren zunichte gemacht. Doch es gab noch Hoffnung. Sie würde warten, Geduld war etwas das dem Hause Despana schon immer anhaftete. Irgendwann würde sich wieder eine passende Gelegenheit bieten und diese würde sie nutzen.

Danheel sah nicht mehr zu wie die Leibwache die Stufen hinabstieg und dem leblosen Krieger den Kopf abschlug, sie wich immer weiter in die Schatten zurück, liess sich von ihnen umgarnen… schon bald war ihre Gestalt vollkommen in ihnen aufgegangen, nicht mehr auffindbar, als hätte sie niemals existiert.