14.12.2006, 15:41
Von Dunkelelfen und Riesenameisen
Ich war schon seit geraumer Zeit mit einem Vertreter des kleinen Volkes unterwegs und saß mit ihm am abendlichen Lagerfeuer. Es war ein arbeitsreicher Tag gewesen und wir hatten uns, seit die Sonne untergegangen war, Geschichten aus unserem Leben erzählt. "Aber sagt, Spitzohr", ergriff der Zwerg wieder das Wort, nachdem er ein neues Bierfässchen hervorgezaubert hatte - ich weiß bis heute nicht, wie diese kleinen Gesellen soviel mit sich herumtragen können -, "wenn man euch zuhört, könnte man meinen, ihr würdet alle Wesen dieser Welt lieben." Ich lachte: "Nein, mein kleiner, bärtiger Freund. Ihr verwechselt Liebe mit Respekt. Ich achte alles Leben, auch die Kreaturen, denen ich keine freundlichen Gefühle entgegenbringen kann." - "Ho, ho, selbst eure dunklen Brüder und Schwestern?", polterte er ungläubig los. "Ganz recht, ich achte sie als unsere Gegner", antwortete ich.
"Denn ein Dunkelelf, der möglicherweise für meine Augen wie ein verfluchter Feind aussieht, kann aus der Sichtweise zum Beispiel eines Angehörigen seiner Rasse etwas nahezu Gegenteiliges bedeuten. Den meisten Dunkelelfen stehe ich ablehnend gegenüber, weil ich lediglich in meiner eigenen, kleinen Welt mit meinem begrenzten Verständnis von Gut und Böse zu leben vermag. Aber wenn ich als Dunkle geboren worden wäre, würde sich die Angelegenheit ganz anders darstellen. Auf diesem Wissenshintergrund kann ich nicht anders, als jedes Geschöpf zu achten, auch wenn mir nicht alles gefällt, was auf dieser Welt so herumläuft, und meine Schwerter gegebenfalls reiche Ernte halten müssen. Und noch etwas: Was wären wir Lichtelfen ohne Dunkelelfen? - Lediglich Elfen! Strahlt der Glanz unseres Volkes nicht so hell wie jemals zuvor, seit jene aufgetaucht sind? Sie verkörpern unsere dunkle Seite, und je stärker sie werden, desto größer auch die Gegenkraft der Meinen."
"Ich verstehe zwar nicht, was ihr da redet, Elflein, aber es muß schön sein, ohne Hass zu leben", unterbrach mich mein Gefährte. - "Ihr irrt euch schon wieder, Rundling. Hass und Respekt schließen sich nicht aus und ... ", ich zögerte, "es gibt ein Wesen, welches ich mit ganzem Herzen hasse." - Erzählt!", die Augen des Zwerges musterten mich neugierig.
"Es war kurz nach unserer Ernennung zu Elfenrittern", begann ich. "Wir zogen zu dritt durch die Lande und wollten unsere Kampffertigkeiten im freien Feld erproben. Südwestlich von Dion fanden wir den Eingang zu einem Höhlensystem. Wir merkten bald, dass es dort von angriffslustigen Riesenameisen nur so wimmelte. Doch wir kämpften uns tapfer immer weiter vor, bis wir auf eine gigantische Höhle stießen, angefüllt mit Ameisen, und in ihrer Mitte sahen wir sie: ihre Königin.
Wir hockten hinter einem Felsbrocken versteckt und beobachteten sie aus der Ferne. Wir sorgten uns um die Menschen in den umliegenden Dörfern und beschlossen schließlich in unserem fast noch jugendlichen Leichtsinn, die riesige Kreatur mit gezielten Schüssen zu erlegen. Wir spannten gleichzeitig unsere Bögen - ich besaß damals bereits einen verstärkten Langbogen, nicht mehr das Spielzeug aus der Jugendzeit - und schossen unsere Pfeile ab. Doch obwohl alle drei ihr Ziel trafen, blieb nur einer im Panzer der Königin stecken. Die anderen schienen einfach abzuprallen. Und dann stürmten sie auf uns los: Dutzende von Monsterameisen, die Königin mittendrin. Wütend attackierten sie uns. Wir wehrten uns verzweifelt, aber bald war klar, dass wir in dieser Flut untergehen würden. Rückzug - das war der einzige Weg. Wir hasteten zurück Richtung Höhlenausgang, doch die sechsbeinigen Kreaturen waren überall. Ich sah meine beiden Kameraden fallen und von den Zangen der Königin in Stücke gerissen. Blut- und tränenüberströmt erreichte ich dank eines starken Hasttrankes das Freie. Ich lief, bis ich zusammenbrach."
"Und habt ihr eure Kameraden rächen können?", wollte der Zwerg nach einem Augenblick lähmender Stille wissen. "Ich bin seitdem viele Male dort gewesen, um mit den Ameisen abzurechnen", entgegnete ich grimmig. "Die Menschen in diesem Landstrich sind alle getötet worden oder geflohen, man nennt ihn jetzt das wüste Land. An die Königin ist nicht heranzukommen. Ihre Wachen sind stark und zahlreich. Abgesehen davon habe ich sie bei meinen letzten Vorstößen nicht mehr entdecken können."
"Laßt sie uns erlegen!", rief mein bärtiger Gefährte aus. "Seht ihr diese Axt? Ich werde euer Insekt in zwei Hälften spalten. Wohlan! Morgen machen wir uns auf die Suche." - "Sie ist zu übermächtig", seufzte ich, "man bräuchte eine kleine Armee von Kämpfern unseres Formates, um sie und ihre Brut zu vernichten." - "Wo ist euer Mut geblieben, Elfe? Ich werde sie auch ohne euch zur Strecke bringen. Und ihren Stachel werde ich ihr abschlagen und euch vor die Füße werfen. Ihr werdet schon sehen!" Erbost legte sich der kleine Mann schlafen. "Selbst wenn Ameisen Stachel hätten, eure Mission wird scheitern", meine leise Stimme durchdrang die nächtliche Stille. Ein verächtliches "Hrmpf!" war die Antwort. Es war das letzte Wort, das ich von ihm hören sollte. Am nächsten Morgen war der wackere Geselle bereits aufgebrochen. Ich bin ihm nie wieder begegnet und befürchte, dass ich nun einen Grund mehr habe, die mörderische Königin zu hassen.
Ich trainiere hart - jeden Tag - und sehne den Tag herbei, an dem ich stark genug sein werde, dieses Untier zu töten. Wenn dieser Tag gekommen ist, dann - bei Corax, das schwöre ich - werde ich die Königin jagen. Ich werde sie finden, auch wenn sie sich in der hintersten Ecke ihrer dunklen Höhlen versteckt hält, und ihr mit meinen Schwertern gegenübertreten. Dann wird eine von uns ihr Leben beenden, und ich hoffe - bei allem Respekt auch vor dieser Kreatur - dass sie es sein wird, für die in diesem Moment die ewige Dunkelheit anbricht.
Ich war schon seit geraumer Zeit mit einem Vertreter des kleinen Volkes unterwegs und saß mit ihm am abendlichen Lagerfeuer. Es war ein arbeitsreicher Tag gewesen und wir hatten uns, seit die Sonne untergegangen war, Geschichten aus unserem Leben erzählt. "Aber sagt, Spitzohr", ergriff der Zwerg wieder das Wort, nachdem er ein neues Bierfässchen hervorgezaubert hatte - ich weiß bis heute nicht, wie diese kleinen Gesellen soviel mit sich herumtragen können -, "wenn man euch zuhört, könnte man meinen, ihr würdet alle Wesen dieser Welt lieben." Ich lachte: "Nein, mein kleiner, bärtiger Freund. Ihr verwechselt Liebe mit Respekt. Ich achte alles Leben, auch die Kreaturen, denen ich keine freundlichen Gefühle entgegenbringen kann." - "Ho, ho, selbst eure dunklen Brüder und Schwestern?", polterte er ungläubig los. "Ganz recht, ich achte sie als unsere Gegner", antwortete ich.
"Denn ein Dunkelelf, der möglicherweise für meine Augen wie ein verfluchter Feind aussieht, kann aus der Sichtweise zum Beispiel eines Angehörigen seiner Rasse etwas nahezu Gegenteiliges bedeuten. Den meisten Dunkelelfen stehe ich ablehnend gegenüber, weil ich lediglich in meiner eigenen, kleinen Welt mit meinem begrenzten Verständnis von Gut und Böse zu leben vermag. Aber wenn ich als Dunkle geboren worden wäre, würde sich die Angelegenheit ganz anders darstellen. Auf diesem Wissenshintergrund kann ich nicht anders, als jedes Geschöpf zu achten, auch wenn mir nicht alles gefällt, was auf dieser Welt so herumläuft, und meine Schwerter gegebenfalls reiche Ernte halten müssen. Und noch etwas: Was wären wir Lichtelfen ohne Dunkelelfen? - Lediglich Elfen! Strahlt der Glanz unseres Volkes nicht so hell wie jemals zuvor, seit jene aufgetaucht sind? Sie verkörpern unsere dunkle Seite, und je stärker sie werden, desto größer auch die Gegenkraft der Meinen."
"Ich verstehe zwar nicht, was ihr da redet, Elflein, aber es muß schön sein, ohne Hass zu leben", unterbrach mich mein Gefährte. - "Ihr irrt euch schon wieder, Rundling. Hass und Respekt schließen sich nicht aus und ... ", ich zögerte, "es gibt ein Wesen, welches ich mit ganzem Herzen hasse." - Erzählt!", die Augen des Zwerges musterten mich neugierig.
"Es war kurz nach unserer Ernennung zu Elfenrittern", begann ich. "Wir zogen zu dritt durch die Lande und wollten unsere Kampffertigkeiten im freien Feld erproben. Südwestlich von Dion fanden wir den Eingang zu einem Höhlensystem. Wir merkten bald, dass es dort von angriffslustigen Riesenameisen nur so wimmelte. Doch wir kämpften uns tapfer immer weiter vor, bis wir auf eine gigantische Höhle stießen, angefüllt mit Ameisen, und in ihrer Mitte sahen wir sie: ihre Königin.
Wir hockten hinter einem Felsbrocken versteckt und beobachteten sie aus der Ferne. Wir sorgten uns um die Menschen in den umliegenden Dörfern und beschlossen schließlich in unserem fast noch jugendlichen Leichtsinn, die riesige Kreatur mit gezielten Schüssen zu erlegen. Wir spannten gleichzeitig unsere Bögen - ich besaß damals bereits einen verstärkten Langbogen, nicht mehr das Spielzeug aus der Jugendzeit - und schossen unsere Pfeile ab. Doch obwohl alle drei ihr Ziel trafen, blieb nur einer im Panzer der Königin stecken. Die anderen schienen einfach abzuprallen. Und dann stürmten sie auf uns los: Dutzende von Monsterameisen, die Königin mittendrin. Wütend attackierten sie uns. Wir wehrten uns verzweifelt, aber bald war klar, dass wir in dieser Flut untergehen würden. Rückzug - das war der einzige Weg. Wir hasteten zurück Richtung Höhlenausgang, doch die sechsbeinigen Kreaturen waren überall. Ich sah meine beiden Kameraden fallen und von den Zangen der Königin in Stücke gerissen. Blut- und tränenüberströmt erreichte ich dank eines starken Hasttrankes das Freie. Ich lief, bis ich zusammenbrach."
"Und habt ihr eure Kameraden rächen können?", wollte der Zwerg nach einem Augenblick lähmender Stille wissen. "Ich bin seitdem viele Male dort gewesen, um mit den Ameisen abzurechnen", entgegnete ich grimmig. "Die Menschen in diesem Landstrich sind alle getötet worden oder geflohen, man nennt ihn jetzt das wüste Land. An die Königin ist nicht heranzukommen. Ihre Wachen sind stark und zahlreich. Abgesehen davon habe ich sie bei meinen letzten Vorstößen nicht mehr entdecken können."
"Laßt sie uns erlegen!", rief mein bärtiger Gefährte aus. "Seht ihr diese Axt? Ich werde euer Insekt in zwei Hälften spalten. Wohlan! Morgen machen wir uns auf die Suche." - "Sie ist zu übermächtig", seufzte ich, "man bräuchte eine kleine Armee von Kämpfern unseres Formates, um sie und ihre Brut zu vernichten." - "Wo ist euer Mut geblieben, Elfe? Ich werde sie auch ohne euch zur Strecke bringen. Und ihren Stachel werde ich ihr abschlagen und euch vor die Füße werfen. Ihr werdet schon sehen!" Erbost legte sich der kleine Mann schlafen. "Selbst wenn Ameisen Stachel hätten, eure Mission wird scheitern", meine leise Stimme durchdrang die nächtliche Stille. Ein verächtliches "Hrmpf!" war die Antwort. Es war das letzte Wort, das ich von ihm hören sollte. Am nächsten Morgen war der wackere Geselle bereits aufgebrochen. Ich bin ihm nie wieder begegnet und befürchte, dass ich nun einen Grund mehr habe, die mörderische Königin zu hassen.
Ich trainiere hart - jeden Tag - und sehne den Tag herbei, an dem ich stark genug sein werde, dieses Untier zu töten. Wenn dieser Tag gekommen ist, dann - bei Corax, das schwöre ich - werde ich die Königin jagen. Ich werde sie finden, auch wenn sie sich in der hintersten Ecke ihrer dunklen Höhlen versteckt hält, und ihr mit meinen Schwertern gegenübertreten. Dann wird eine von uns ihr Leben beenden, und ich hoffe - bei allem Respekt auch vor dieser Kreatur - dass sie es sein wird, für die in diesem Moment die ewige Dunkelheit anbricht.
Der Glanz der Sterne in die Herzen meiner Freunde - die Klingen meiner Schwerter in die Herzen der Feinde!
Amandria Hen en Aduial, Magolad Eva
Amandria Hen en Aduial, Magolad Eva