Übermut kommt vor dem Fall

[Lelwani]

Nach und nach versammelt sich tatsächlich eine kleine Menge an Oroka um die sprechende Schamanin, Oroka allen Alters und aller Professionen, wie es scheint. Einige gestandene Krieger und Kriegerinnen verschränken die Arme und lauschen zwar schweigend, doch in ihrem Gesicht zeigt sich offenes Missfallen gegenüber der Worte, die sie hören. Ein paar von ihnen schütteln den Kopf, ein besonders muskulöser Krieger mit pechschwarzem, langem Haar wagt es gar, auf den Boden zu spucken, bevor er sich umdreht und wutentbrannt den Platz verlässt.

Unter den Anwesenden sind allerdings auch ein paar Schamanen und Schamaninnen, die geteilter Meinung zu sein scheinen. Eine Schamanin mit kunstfertiger Tracht und aufwändig geflochtenem, rostrotem Haar murmelt beinahe bei jedem der Sätze der Sprecherin eine Zustimmung, solange, bis sie anscheinend in einen leisen Disput mit einem hochgewachsenen, kahlköpfigen Schamanen verfällt.

Als die die Rede haltende Schamanin plötzlich endet, tritt eine alte Orok hervor; eine sonderbare Erscheinung ist sie und es scheint, als wäre sie gerade plötzlich aufgetaucht, was um so seltsamer ist, da sie sich schwer auf einen Stock stützt und uralt wirkt. Ihr Gesicht ist zerfurcht von vielen Falten und Runzeln, durch die man die Tätowierungen auf ihrer Haut beinahe gar nicht mehr erkennt. Ihr langes, weißes Haar war wohl einmal zu Zöpfen geflochten, doch nun haben sich einzelne Haarsträhnen der Umklammerung der Haarbänder entwunden und stehen in alle Richtungen ab. Um ihren Hals trägt sie eine Knochenkette und für ihr Alter zeigt sie durch ihr Gewand eindeutig viel mehr Haut, als wäre erträglich gewesen. Durch ihre Ohrläppchen sind zwei recht große Steine gebohrt, die die Ohrläppchen bis auf ihre Schultern herabgezogen haben. Und offensichtlich fehlt ihr das linke Auge; sie hat sich dort ein Ersatzauge eingesetzt, bestehend aus einem weißen, bemalten Stein. Unangenehmerweise starrt dieses künstliche Auge gerade in eine ganz andere Richtung als ihr noch vorhandenes, milchiggraues, mit dem sie wohl auch nicht mehr allzu viel sieht. In der linken trägt sie eine entkorkte Flasche aus Ton, aus der es verdächtig nach garchcht riecht. Sie grinst und offenbart schwarze, zu Stummeln verkümmerte Zahnreste.

Dann spricht sie und ihre Stimme klingt so unangenehm wie Eisen, das gegeneinander reibt:
"Schöne Worte, Mädchen, schön!"

Sie gestikuliert beim Sprechen mit ihrer Linken, etwas zu ausschweifend, sodass immer wieder etwas der in der Flasche enthaltenen Flüssigkeit überschwappt.
"Denke, du hast voll und ganz recht, nicht wahr, Liebchen, uns wird einfach zu wenig Respekt entgegengebracht von den ganzen Lümmeln da! Wissen einfach nicht mehr was sich gehört, jaja, nicht wahr, Schätzchen... Na, pass auf, Kleine, was willst du da denn mobilisieren, hm? Wie wirst du das denn da angehen, den Bengeln mehr Respekt einzutrichtern, hm? Erklär mir das mal!"

Täuscht sich der geneigte Zuhörer oder beendet die Alte ihre Rede tatsächlich mit einem Rülpser?