19.12.2006, 22:02
Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...
Norelle, die junge Elfe, war ganz in ihre Gedanken verloren auf dem Weg zum Iris See. Sie sehnte sich nach der ruhigen Idylle des Sees, der lange Aufenthalt in Giran hatte seine Spuren hinterlassen, der Lärm und die Hektik der Stadt, ließen sie rastlos werden.
Ihr fehlte die Natur und die Ruhe die sie ihr schenkte. Sie hatte den Platz am Ufer des Sees fast erreicht an dem eine alte Trauerweide ihre langen Äste in das seichte Wasser des Sees eintauchte.
Hier verweilte sie oft und gerne, hatte Zeit ihren Gedanken in Ruhe nach zu gehen. Sie setzte sich in das weiche Grass, das das Ufer umgab und lehnte sich an die alte Weide und blickte über den See hinaus.
Viel war in letzter Zeit geschehen und sie hatte bisher wenig Gelegenheit gehabt das Geschehene zu verarbeiten. Der Mittelpunkt dessen was sie so bewegte war ein Gespräch mit einem anderen Elfen gewesen. Dieser andere Elf war nicht einfach irgendwer weder für sie persönlich noch für die anderen Geschöpfe Imoriaths.
Er war der Wächter des Clans der schwarzen Drachen, ein Clan der sich für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einsetzte. Doch kannte sie ihn noch bevor er dieses bedeutungsvolle Amt bekleidete. Sie hatte ihn in Giran kennen und schätzen gelernt. Schon damals war er der edle Elf voll Sinn für die Gerechtigkeit gewesen, doch schien er ihr früher freier und nicht so trübsinnig wie bei ihrem letzen Gespräch in Heine, der Stadt, über die die schwarzen Drachen wachen, gewesen zu sein.
In Heine war er gezeichnet gewesen von den Spuren des Kampfes für die gerechte Sache, wie er ihr erzählte, befand der Clan sich in Streit mit den Orks und seine Wunden zeugten, wie sie sah, von der Brutalität der Orks im Kampf gegen die schwarzen Drachen. Es machte sie traurig ihn so zu gerichtet sehen zu müssen, doch mehr betrübte sie noch eine andere Sache. Die Last die seine Verantwortung mit sich brachte schien schwer auf seinen Schultern zu lasten. Es schien ihr das Beste zu sein, ihm einfach zu zuhören, ihm zu zeigen, dass ihre Sorgen und Gedanken ihm als Person galten und nicht seinem Amt.
Je länger sie so bei ihm saß und ihm zuhörte, umso mehr wurde ihr klar wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Doch nicht Elsyrion, der Wächter der schwarzen Drachen war es dem ihre Zuneigung galt, nein vielmehr war es der Elsyrion, den sie vor, wie es ihr vorkam, unendlich langer Zeit in Giran kennen gelernt hatte.
Er erzählte ihr, dass sein Leben lang und schon von vielen Kriegen gekennzeichnet war. Viel Leid hatte er sehen und ertragen müssen. In seinen Augen konnte sie es sehen. Seine Augen offenbarten sein langes Leben und seiner Unbeirrbarkeit, wenn es darum ging für das Gute einzustehen.
Immer mehr zog er sie in seinen Bann. Doch in gleicher Weise wurde ihr bewusst, dass sie gehen musste, denn es gab etwas in ihrem Leben wovon weder er noch sonst jemand wusste.
Es war ihr Segen und Fluch zugleich. Sie hatte Angst er würde es nicht verstehen und so zog sie es vor lieber jetzt zu gehen, denn sie wusste je länger sie blieb um so weniger würde es schaffen sich von seiner Anziehungskraft zu lösen.
Aber ihre Gefühle überwältigten sie, eine einzelne Träne lief ihre weiße Wange herunter und sie wusste nun würde er sie nicht gehen lassen*, ehe sie ihm den Grund für ihre Traurigkeit nannte.
Norelle legte sich ins Grass und lauschte den Wellen, die sanft ans Seeufer schlugen. Ihre Mutter Lyndwyn hatte ihr schon früh beigebracht auf die Natur zu hören. Sie musste daran denken wie sie ihr ihre erste Unterweisung in der Magie gab.
Lyndwyn war eine ebenso so schöne wie mächtige Elfe, unter den Magierinnen im Elfendorf war sie wohl eine der begabtesten. Doch war sie nicht darauf aus, sich durch diesen Ruhm und Ehre zu erarbeiten. Mit ihrem Mann verbannt sie wenig. Er war einmal mehr fern von ihr um in einer weiteren Schlacht sich eben diese Ehre und Mut zu verdienen.
Es war Herbst und der Wald leuchtete in Gelb- und Rottönen, während die Sonne wärmend auf sie herab schien. Sie war alleine in ihrem Haus, sie lag auf einem Diwan, der aus hellem Holz filigran gearbeitet war, auf ihrem Balkon. Das Buch, welches sie gerade gelesen hatte, hatte sie auf den Boden fallen lassen.
Sie sah in die Ferne und fragte sich wie es ihm wohl erginge, als sie ein stechender Schmerz durchzog. Zu früh, dachte sie. Das Kind in ihrem Leib wollte nicht länger auf die Rückkehr des Vaters warten.
Sie nahm ihre Tochter das erste mal auf den Arm und sah ihr in die Augen. Die wunderschönen grünen Augen ihres Vaters, dachte sie. Doch dann sah sie mehr. Die Augen waren nicht die eines Neugeborenen. Nein, sie konnte in ihnen lesen und was sie sah erschrak sie.
So viel Schmerz und Leid, Krieg und Dinge, die sie nicht zu deuten vermochte. Es war selten, dass eine Seele wieder geboren wurde bei den Elfen und noch ungewöhnlicher, dass es eine so alte war. Die anderen Elfen würde es sicher beunruhigen. Was mochte es sein, dass diese Seele keinen Frieden finden ließ?
Etwas ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken, die alte und doch eine wie aus Marmor gemeißelte Schönheit Magister Juris, trat an ihr Bett, ihr Blick drückte tiefste Besorgnis und auch Traurigkeit aus, und wusste Lyndwyn, dass sie nicht länger in die Ferne schauen musste um zu warten. Eine Träne rollte langsam ihre Wang herab.
Lyndwyn ließ ihrer kleinen Tochter all ihre Liebe zu kommen. Früh lehrte sie ihre Tochter, der sie den Namen Norelle gab, was es hieß eine Elfe zu sein, wie sie die Natur zu achten und zu ehren hatte und auch die Magie zeigte sie ihr früh. Sie schickte sie zum Unterricht zu Magister Juris, damit sie ein mal eine große Magierin werden würde, um die Aufgabe, die ihr zugedacht war, erfüllen zu können.
Den Kampf mit Schwertern oder dem Bogen hielt sie nicht als geeignetes Mittel, um ihrer Tochter ihren weiter Weg zu erleichtern. Einerseits hatte Norelle scheinbar die natürliche Begabung für Magie von ihrer Mutter geerbt, anderseits schien es Lyndwyn sinnvoll, da Magie viel Wissen erforderte, aber auch brachte und Wissen würde ihre Tochter ohne Frage brauchen.
Wieder war es Herbst und wie schon so oft war Lyndwyn auf dem Balkon ihres Hauses. Sie lehnte sich an das Geländer und sah in die Ferne. Doch war dort niemand mehr auf den es zu warten galt. Schon so lange war es her, dass er gefallen war, doch spürte sie immer noch den schmerzlichen Verlust.
Er hatte sie all die Jahre krank gemacht. Sie dachte sie hatte ihn davon abbringen können und sollen in diesen sinnlosen Krieg zu ziehen oder sie hätte bei ihm sein sollen, sein Leben mit dem ihren schützen sollen. Keiner wusste um ihren Kummer, doch hatte der Tod seine eisigen Finger bereits nach ihr ausgestreckt.
Sie ging hinein und legte sich auf ihr Bett, sie wusste das Ende war nah. Norelle, die spürte, dass es ihrer Mutter nicht gut ging, verabschiedete sich von Magister Juris, bei der sie gerade eine Lektion im Umgang mit Wasserzaubern erhalten hatte und eilte aus dem Tempel zu dem kleinen Haus ihrer Mutter. Sie kniete sich neben ihre Mutter ans Bett und hielt ihre Hand. „Es geht vorbei, endlich verlasse ich diese Welt. Sei nicht traurig meine kleine Tochter, wenn ich jetzt gehe. Das Licht wartet auf mich. Dieses Leben hat mir schon lange nichts mehr zu bieten gehabt. Allein du hast es mit Sonne gefüllt, wie schon bei deiner Geburt.“ Lyndwyn lächelte.
„Es war ein wunder schöner Tag. Dieser Tag zeugte schon damals von deiner Schönheit und Anmut, die dir zu eigen sein würden.“ Sie schloss die Augen.
„Nur eines noch, geh bald zu Magister Juris und sag ihr ich habe dich geschickt. Sie soll dir das Geheimnis der Seelen erzählen. Ich wusste immer, dass sie es gewusst hatte, doch hat sie mich nie damit beunruhigen wollen. Bei ihr ist es sicher, das wusste ich immer... Dir hat gehört all meine Liebe“ Sie drückte noch ein mal Norelles Hand und dann wurde sie schlaff.
Das Licht umgab Lyndwyn und spendete ihr wohlige Wärme...
Norelle schreckte auf.
Sie richtete sich im Grass auf und blickte wieder über den See. Ihre Gedanken waren abgeschweift.
Sie hatte an den Tod ihrer Mutter denken müssen und daran, wie dann das erste Mal die Erinnerungen in ihr erwachten. Damals wusste sie nicht was das zu bedeuten hatte. Diese sprunghaften, schemenhaften Bilder zeigten ihr Leid und Schmerz anderer, Elfen denen sie nie begegnet war. Das was die Leute an Schmerz und Verlust fühlten, schienen Norelles Gefühle zu beherrschen zu haben und sie in den Abgrund zu reißen. Doch mit Hilfe ihrer Magie hatte sie es geschafft, ihre Gedanken zu leeren und die Gefühle im Dunkeln zu halten.
Juris war damals zu ihr gekommen und hatte sie das Geheimnis ihrer Seele gelehrt. Sie hatte ihr viele Tage lang beigebracht, das Erinnern zu kontrollieren und mehr zu erkennen und mehr Abstand zu dem zu Halten was sie sah. Dann schickte Juris sie fort. Den Weg, den sie gehen musste, musste sie alleine gehen.
Sie, Norelle, solle es aus eigener Kraft schaffen ihre Aufgabe zu finden und zu bestehen. Juris hatte sie damals nach Giran und Heine in die Tempel und Bibliotheken geschickt. Dort sollte sie lernen und dienen, bis sie ihre Bestimmung gefunden hätte. Man hatte ihr jeweils bei den Gelehrten ein eigenes Zimmerchen zugewiesen.
So reiste, lernte uns studierte sie viel, verbesserte ihr Können in der Kunst der Magie erheblich und diente den Gelehrten. Ja dachte Norelle, so war es lange Zeit gewesen. Viel hatte sie bis zu diesem Moment auch aus ihren Erinnerungen gelernt.
Ihr zartes Alter merkte ihr niemand mehr an. Ihr Benehmen, ihre Gesten ihr ganzes Handeln schien von einer Erhabenheit und Bestimmtheit gelenkt, die nur das Alter verlieh. Besonders ihre Augen schienen um viel zu Wissen, was längst vergangen war.
Ein sanfter Windhauch strich durch ihr Haar, sie lächelte. Doch war sie nicht allein geblieben.
Schon früh während ihres Studierens hatte sie die Elfe Aurelia kennen gelernt. Aurelia hatte in Dion unter einem Baum gesessen und das Schild, welches sie kurz zuvor mit einem dunklen Geschöpf, welches sie urplötzlich aus dem Hinterhalt angegriffen hatte, bei einem Kampf hatte abnehmen können. Aurelia schien ganz verzaubert von ihr gewesen zu sein. Es schien Aurelia gerade zu als ein Privileg mit einer, wie sie wohl fand, so erfahren und gebildeten Elfe ihre Zeit zu verbringen. Doch verging dies schnell und sie wurden zu engen Vertrauten, Schwestern gleich.
Ein Blatt fiel von der Weide auf das Wasser des Sees und schaukelte leicht in den sanften Wellen. Norelle strich versonnen, noch ganz in ihren Erinnerungen versunken, über ihr schönes purpurnes Gewand. Sie selber hätte sich eine solche Kostbarkeit nicht leisten können, es war eine Leihgabe Elsyrions, bis sie sich ein mal selber etwas so schönes würde kaufen können.
Ihre Gedanken wendeten sich wieder zu Elsyrion zu. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie würde noch heute nach Heine reisen, um ihre Bewerbung um die Mitgliedschaft im Clan der Schwarzen Drachen abzugeben.
Lange hatte sie mit sich gerungen, ob das das Richtige für sie sei. Doch wollte sie ihm nah sein, um ihm zu schützen so es ihr geling und was viel wichtiger war um bei ihm zu sein und ihm ein wenig Freude in seine trüben Tage zu bringen. Ihre ganze Seele schien ihm zu zustreben, als wenn er eine Art Gleichgesinnter war, seine Augen zeugten wie die ihren von dem Leid und Schrecken, was man nur alles in einem wahrhaft langen Leben hatte erfahren können.
Auch wollte sie dem Clan unterstützen.
Die Aufgabe, die sie zu erfüllen hatte, hatte sie noch nicht gefunden. Doch sie glaubte zu wissen, dass der Kampf der Drachen auch der ihre sei. Ein Kampf für die Gerechtigkeit, was könnte edler sein als das, was könnte mehr Frieden geben als der Kampf für eine solch edle Sache.
Langsam stand sie auf und ging wohlbedachten Schrittes zum Elfendorf um von dort nach Heine zu gelangen.
Doch hatte sie auf dem Weg keine Ruhe sich die schöne Landschaft anzusehen, sie hoffte Elsyrion würde ihre Entscheidung gut heißen, sie hatte ihm nicht davon unterrichtet, dass sie vorhatte sich bei dem Clan über den er wachte zu bewerben. Sie hatte Angst er würde sie dort nicht haben wollen, es vielleicht als zu gefährlich erachten, doch hoffte sie er würde ihre Beweggründe verstehen.
Ein kleiner Drache
Im Elfendorf angekommen, begab sie sich in ihr Haus, das am Rande des Dorfes gelegen war.
Es war weiß, wie die anderen Häuser dort und wenn es auch nicht besonders groß war, so hatte es doch seinen ganz eigen Scharm mit schönen verschnörkelten Verzierungen.
Sie machte die Tür auf und betrat die kleine Eingangshalle. Auch im Inneren war das Haus in weiß gehalten, nur die vereinzelten in Vasen gestellten Blumensträuße stellten einen Farbtupfer dar, die dem Haus eine freundliche Atmosphäre verliehen.
Norelle seufzte, trotz allem fühlte sie sich immer sehr einsam, wenn sie nach hause kam und niemand da war um sie zu begrüßen. Sie streifte ihre Stiefel ab, sie liebte es barfuss zu gehen. „Wo Winson wohl wieder steckt“, dachte sie. Winson, ihr kleiner schwarzer Kater, der ihr in Giran zugelaufen war, war wohl wieder auf einem seiner Streifzüge, dachte sie schmunzelnd.
Sie hatte in Dion auf dem Marktplatz gesessen, an einen der Bäume gelehnt und hatte das Treiben auf dem Markt beobachtet, als ein kleiner schwarzer Kater sich an sie heran schmiegte.
Norelle erschark ein wenig, als sie jedoch das Tier sah lächelte sie. Sie streichelte den kleinen Kater und krauelte ihn hinter den Ohren, was ihm zu gefallen schien, denn er begann schnorren. Dann hobste er auf ihren Schoß und sah sie mit seinen grünen Augen an.
Er schien wohl etwas zu essen zu wollen. Sie kramte in ihrer kleinen Tasche, fand jedoch nichts. Sie sah den Kater traurig an "Ich habe leider nichts für dich mein kleiner." Er legte den Kopf schief und sah sie mit seinen intelligenten Augen an und wie es ihr schien, verstand er was sie sagte.
Er rollte sich auf ihrem Schoß zusammen und legte sich einfach schlafen. Auch als sie gehen wollte war er noch nicht wieder wach. Als hätte er gewusst, dass sie ihn nun nicht zurücklassen würde, nahm sie ihn auf den Arm und nahm ihn mit nach hause.
Dort angekommen schien er nicht im geringsten verwundert zu sein, sich nicht mehr in Giran zu befinden und erkundete neugierig das Haus der Elfe.
Sie ging leichtfüßig die Treppe hinauf und dann gerade aus auf die Glastüren zum Balkon zu. Sie öffnete sie und lächelte. Der Himmel über dem Elfenwald war in ein sanftes Abendrot getaucht. Sie liebte diese Dämmerstunden. Sie ging auf den Balkon hinaus und blickte über den Wald hinaus. „Ja dies ist der richtige Augenblick“, dachte sie bei sich und ging wieder hinein um sich eine Rolle Pergament, ein Tintenfass und eine Feder und vorsorglich eine Kerze zu holen.
Sie brachte alles zu einem kleinen weißen mit sterilisierten Blumenmustern verzierten Holztisch auf dem Balkon. Sie setzte sich auf einen aus weißen Bast geflochtenem Stuhl mit einem zartblauen Kissen darauf. Sie zündete die Kerze an und setzte sich.
Sie strich das Pergament glatt, tauchte die Feder in die Tinte und begann mit feinen geschwungenen Lettern an zu schreiben.
Sie lass alles noch einmal durch und nickt zufrieden. Sie rollte das Schriftstück zusammen und versiegelte es mit ein wenig Wachs von der Kerze. Noch lange nach dem die Kerze verloschen war, saß sie da und blickte in die Nacht hinaus.
Sieh betrachtete die Sterne und dachte an Elsyrion. "Ob er wohl gerde in den selben Sternenhimmel hinaufblickt?"
Dann schweiften ihre Gedanken ab und sie dachte an die Begegbung Elsyrions mit einem Ork in Giran. Aurelia war bei dieser Begegnung auch anwesend gewesen. Norelle hatte da einen Zusammenbruch erlitten.
Sie hatte zuvor zu lange in ihren Erinnerungen geforscht und zu viel aufgewühlt. Sie hatte die Bande gelockert, die sie vor ihren Erinnerungen abschirmten, wenn sie sie zu überwältigen drohten.
Doch dann war es geschehen.
Die Sorge um Elsyrion der sich in einem Streitgespräch mit dem Ork befand, löste eine Welle von Erinnerungen aus denen sie nicht gewachsen war. Aurelia hatte sie gestützt und wollte ihr helfen als sie fiel, doch verstand sie nicht was passierte.
Wie sollte sie auch, dachte Norelle verbittert. Sie hatte es immer noch nicht über sich gebracht darüber mit der Freundin zu sprechen. Es tat ihr weh, dies der Freundin zu verschweigen, doch fand sie nie den richtigen Zeitpunkt es ihr zu erzählen.
Doch würde es diesen 'perfekten' Zeitpunkt je geben, dachte sie traurig. Sie musste mit Aurelia reden. Sie würde es ihr endlich sagen. Länger wollte sie nicht mehr mit dieser Last leben.
Doch hatte sie auch aus diesem Ereignis gelernt und ihre Erinnerungen wieder besser verschlossen. Jedoch fühlte sich sich seitdem leer. Ihr fehlte ein Teil ihrer Selbst, doch waren die Zeiten, so ahnte sie nicht so friedvoll asl könnte sie sich einen solchen Luxus leisten. Ein weiter solcher Anfall könnte ihr oder anderen im falschen Augenblick das Leben kosten, dachte sie wehmütig.
Schließlich kam Winson vom Balkongeländer her angeschlendert und schmiegte sich an ihre Beine. Sie hob den Kater auf und ging mit ihm und der Pergamentrolle hinein. Sie legte die Rolle auf ihren Schreibtisch zu den Büchern, die sie gerade studierte. Sie ging mit dem Kater im Arm zu ihrem Bett. Sie setzte das Tier auf dem Bett ab und schlüpfte in ihr Schlafgewand.
Sie legte sich unter die Decke und nahm Winson wieder in den Arm. In ihre Gedanken versunken schlief sie ein.
Am nächsten Morgen brach sie früh nach Heine auf.
Dort angekommen begab sie sich in die Bibliothek der Schwarzen Drachen, in der sie schon manche Stunde zugebracht hatte und gab der Elfe, die über die Bücher wachte ihre Rolle.
„Gib sie bitte dem Rat der Schwarzen Drachen.“ , sagte sie und ging.
Viel Zeit war vergangen, sehr viel Zeit…
Eine Elfe lehnt an einem Balkon und sieht in die Abenddämmerung hinaus. Ihr langes schwarzes Harr fällt weich auf die kostbare weiße Robe, die sie trägt. Traurig sieht sie der Sonne dabei zu wie sie im Meer versinkt.
„Lehrmeisterin Norelle, es wurde ein Brief für euch abgegeben“ eine Elfe tritt herein und legt einen Brief auf einen Schreibtisch. Die Elfe am Balkon dreht sich herum und geht wieder hinein.
Norelle betrachtet den Brief und sagt dann beiläufig: “Ich danke dir, ich werde mich sofort darum kümmern.“ Die Überbringerin des Briefes entfernt sich still. Norelle lässt sich seufzend in ihren Sessel fallen.
Sie sehnte sich zurück ins Elfendorf, zurück zur der Geborgenheit die dieser Ort ausstrahlte. Aber sie kann nicht gehen, ihr Pflichtgefühl hält sie in Heine fest.
Sie griff nach der Weinflasche auf dem Tisch und schenkte sich ein Glas ein, nahm einen Schluck und sah auf den Balkon hinaus, die Sonne war mittlerweile in den Fluten verschwunden.
Sie mochte die Abenddämmerung, das warme Licht bevor der Tag sich verabschiedete, doch sie fürchtete Nacht, die Dunkelheit und die Erinnerungen, die sie immer wieder einholten. Sie hatte Angst die Augen zu schließen, Angst was sie in ihren Träumen erwarten würde. Sie hatte Angst wach zu bleiben, Angst davor welche Streiche ihr ihr Verstand noch spielen würde.
Sie nahm einen tiefen Schluck und sah in die Dämmerung hinaus, bald würde es ganz dunkel sein.
Sie dachte an Elsyrion. Er hatte eine Leere in ihr zurückgelassen, die sie nicht zu füllen vermochte. Weder tot noch lebendig liegt er in seinem Zimmer, alleine in seinem Schloss.
Sie hatten Abschied genommen und sie wussten beide, es würde ein Abschied für immer sein. Seine Worte er würde für sie weiter kämpfen, waren nichts als eine süße Lüge. Sie hatten beiden gewusst, dass es keinen Morgen mehr für sie geben würde.
Und trotz alledem kann sie ihn immer noch nicht gehen lassen.
Sie fühlt sich haltlos, dessen beraubt was ihr am wichtigsten ist.
Doch gab es keine Tränen mehr um zu trauern, keine Tränen, die ihrer Trauer noch hätten Ausdruck verleihen könnten. Den Verlust den sie erlitten hatte, war endlos.
Timru tot und ohne Grab, Aurelia fern von ihr beim Elfenrat.
Sie schenkt sich nach.
Die letzten Lichtstrahlen lassen ihre blaugrünen Augen aufblitzen.
Es ist nun völlig dunkel draußen bis auf den Mond, der ein wenig kaltes Licht ins Zimmer fallen lässt. Sie nimmt einen weitern Schluck, doch der Wein hat längst keinen Geschmack mehr für sie.
Die Nacht
Es knarrt an der Tür. Sie erschrickt und blickt sich um, doch es war wohl nur der Wind. „Du Närrin, denkst du wirklich er kommt noch einmal…?“, sie schließt die Augen.
Sie wollte nicht an ihn denken. Sie wollte überhaupt nicht mehr denken. Sie war wütend und enttäuscht.
Aber es war zu spät.
Von allen Erinnerungen die auf sie einprasseln, muss sie doch immer wieder an ihn denken.
Wie er sie verlegen anlächelt, wie er sie in den Arm nahm, wie er einfach immer da gewesen war…
…aber Elsyrion kam ihr wieder in den Sinn.
Sie spähte in die Nacht hinaus, hinüber zu dem Turm in dem er lag.
Sie hatte ihn aufgegeben…
…hatte nun ein für allemal Abschied genommen…
…..Tief in der Nacht war sie zu ihm in den Turm gekommen, hatte sie an den Wachen vorbei geschlichen.
Sie war an sein Bett heran getreten und hatte ihm gesagt, dass sie nun gehen würde, für immer. Aber hatte sich nicht geregt. “Meine Liebe…mein Herz…ich gehe nun…hier soll es nun enden…“, sie hatte sich zu ihm heruntergebeugt, wobei ihre dunklen Haare auf sein aschfahles Gesicht gefallen sind.
Sie streichte die Haare weg und legte ihren Kopf auf sein kaum noch schlagendes Herz. So verharrte sie lange bis die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne sie zum gehen gemahnten. Einen letzten Kuss hauchte sie auf seine Stirn und schlich sie leise wieder davon.
„Mein Herz…“, mit diesen Worten verschwand sie…
Der Betrug
„Dewan“, murmelt sie und nimmt erneut einen Schluck Wein. Sein Betrug schmerzt sie mehr als sie es sich einzugestehen vermochte.
Sie war so wütend gewesen, als er ihr von der Dunklen erzählte, so unendlich wütend. „Wie hatte er es nur wagen können? Wie nur?“
Sie hat ihre Erinnerungen nicht mehr im Griff. Sie kamen und gingen, Erinnerungen an ferne Orte und Leute, die schon lange tot waren. Hass und Liebe, Wut und Enttäuschung tobten in ihr. Es fällt ihr schwer auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
„Mit einem Menschen glücklich werden, was für eine Närrin bin ich doch! Sie können nicht treu sein…nein sie sind viel zu grob, als das sie etwas von unserer Ewigkeit mit uns teilen sollten.“
Sie steht auf, nimmt ihr Glas mit und bleibt unvermittelt stehen. Sie wirft das Glas gegen ein Regal und schreit: „Verschwinde aus meinem Leben, hörst du? Verschwinde aus meinem Kopf!“ Sie sinkt auf die Knie.
Er war ihr das liebste auf der Welt geworden, hatte sie aus ihrer Traurigkeit geholt. Er hatte es vermocht an die Anstelle der Leere zu treten, die ihr innegewohnt hatte und die sie nicht mehr zu füllen geglaubt hatte.
Aber nun…
Da fällt ihr der Weinbrand ein, der noch im Regal steht. Sie steht auf, holt die Flasche, lässt sich wieder in den Sessel fallen.
Sie schenkt sich großzügig ein und sieht weiter in die Nacht hinaus.
„Eine Dunkle, das ist ja mal was…was soll man da noch zu sagen?...Er kann mich doch nicht einfach durch eine Dunkle ersetzen?...Das kann er nicht“, flüstert sie und nimmt einen neuen Schluck.
Schließlich schläft sie doch ein, zusammengesunken in ihrem Sessel. Im Zimmer ist es kalt, sie hat die Balkontür nicht geschlossen.
Am Morgen wacht sie auf, zitternd vor Kälte. Sie steht auf und tritt auf den Balkon hinaus, die Sonne steht schon hoch am Himmel.
Sie sieht über das Meer hinaus. Die Sonne glitzert auf den Wellen, wie kleine Diamanten.
Der Morgen
Sie tritt auf den Balkon hinaus. Der Himmel in ein sanftes Morgenrot gehüllt.
Ein lauer Wind weht über das Meer zu ihr herüber und spielt mit ihrem dunklen Haar und dem dünnen Seidennachthemd das sie trägt.
Ein Lächeln umspielt ihre Züge.
Jemand tritt von hinten an sie heran und schließt sie zärtlich in seine Arme.
„Dewan“, geht es ihr durch den Kopf, sie dreht sie um und küsst ihn ebenso zärtlich.
„Es gut, dass nun alles vorbei ist…“, sagt sie lächelnd.
Er lächelt ebenfalls und drückt sie sanft an sich: “Ja…nun wird uns nichts mehr trennen“
Er lässt sie los und nimmt ihre Hand und bei de gehen wieder hinein
Draußen kommt ein heftiger Wind auf, der dunkle Wolken vor sich hertreibt.
Der Himmel verfinstert sich und Regen prasselt nieder.
Norelle sitzt vor ihrer Frisierkommode, die aus hellem Holz gefertigt ist und mit Blumenschnitzereien verziert ist. Sie summt und betrachtet sich im Spiegel während sie ihr langes dunkles Haar pflechtet und es am Hinterkopf mit einer silbernen Spange, die eine blaue Blume zeigt, zusammensteckt.
Als sie fertig ist betrachtet sie zufrieden ihr Werk und blickt dann lächelnd auf einen kleinen silbernen Ring an ihrer linken Hand.
Dann blickt sie missbilligend auf ihre Handgelenke, die noch rote Striemen geziert werden, ein Andenken an ihre Gefangenschaft bei den Orks von Kaikas Wehr.
Doch daran wollte sie nun nicht mehr denken.
Sie steht auf und betrachtet sich in einem großen Spiegel. Sie streicht über den weichen Stoff der langen tief blauen Robe, die sie trägt und lächelt.
Plötzlich fällt ihr ein, dass sie noch nach Giran muss, um den Stoff abzuholen, den sie für das Hochzeitskleid bestellt hatte. Sie betrachtet sich noch mal im Spiel und geht dann in ihr Ankleidezimmer, um sich etwas weniger auffälliges anzuziehen.
„Ja die Robe wird ihm gefallen“, sagt sie leise, als sie wieder in den Schrank hängt. Sie streift noch die passenden Handschuhe über und macht sich auf den Weg.
Totgeglaubte leben länger
In Giran angekommen geht sie Treppen zum Markt hinab und schaut sich nach dem Händler um bei dem sie ihren Stoff bestellt hatte.
Ihr Blick schweift noch über den Markt während sie die Treppen hinab steigt, bis er plötzlich an einer Gestallt hängen bleibt.
Unbewusst hatte sie zu dem Platz zwischen den beiden großen Bäumen geblickt.
Aber dieses Mal war er nicht leer gewesen wie gewöhnlich.
Sie erstarrte, unfähig ihren Blick abzuwenden.
„Nein…dass kann nicht sein…“
Sie mustert den Elfen, der dort ein wenig zusammengesunken liegt.
Sie geht ein wenig näher heran, als sie eine Dunkle entdeckt. Sie scheint einen Streit angefangen zu haben.
Wie sie nun erkennen kann, ist der Elf in keiner besonders guten körperlichen Verfassung.
„Elsyrion“, flüstert sie leise.
Ihre Hand legt sich auf den Knauf ihres Schwertes, das sie aus Gewohnheit angelegt hatte.
Sie bewegt sich langsam auf die Dunkle zu.
Und dann…
…sie erinnert sich nicht mehr genau, alles ging so schnell….
Doch der Gedanke ihn zu verlieren, wo sie ihn gerade wieder gefunden hatte, beherrscht ihr ganzes Handeln. Sie wollte ich nicht wieder aufgeben, er musste leben…
Verzweiflung.
„Eine Priesterin…eine Priesterin Evas“, haucht er.
…
Er sieht sie an und sein Blick, sagt ihr, dass es nun nichts mehr zu sagen gab. Die Elfe sah weg, nicht im Stande seinen Blick noch länger zu ertragen.
Es ging ihm gut, die Priesterin hatte ihn gerettet und Norelle geholfen ihn ins ElfenDorf zu bringen, doch wusste sie was sie ihm angetan hatte, wog schwerer als sein körperlicher Schmerz, sie sah es in seinem Blick.
„Ich werde für dich weiter kämpfen….“, diese Worte schmerzten sie nun ungemein, die Erinnerungen…ein Schmerz den sie nicht mehr ausdrücken vermochte, mit keinen Tränen der Welt.
Sie sieht ihn an und ihr ist als müsste ihr das Herz brechen….
„Ich muss dir noch etwas wiedergeben…“, mit diesen Worten wendet sie sich ab und geht rasch die Treppen des Tempels hinunter.
Doch dann versagen ihr ihre Beinen den Dienst, sie bricht zusammen, sich am Geländer der Treppe festhaltend, unfähig ihres Körpers wieder Heer zu werden, unfähig die Gefühle und Gedanken wie auch Erinnerungen, die auf sie einprasselten zu ordnen, geschweige denn ihnen Herr zu werden.
Und dann…
stand sie auf, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, obwohl nicht viel mehr als eine Minuten vergangen sein konnte. Eine Leere erfüllte sie, die sie ebenso schmerzte wie die Gefühle zuvor, doch nun konnte sie gehen und sie ging…
Ging mit dem Wissen, dass sie jeder Schritt, den sie nun wieder auf ihn zu gehen würde sie doch jedes Mal weiter von einander entfernen sollte. Ein Abgrund tat sich vor ihr auf und sie denkt es wäre nur eine Frage der zeit bis sie selbst in diesem Abgrund läge…
Die Elfe reichte ihm einen in ein weißes Seidentuch eingewickelten Gegenstand. Das Seidentuch war auffallend bestickt mit einem schwarzen Drachen und ein Name stand in elfischen Buchstaben darunter.
Er wickelt den Gegenstand aus und erkannte seine einstige Krone.
„Ich habe sie für dich verwahrt. Niemand sonst ist würdig sie zu tragen…nun ist sie wieder dein“, mit diesen Worten verließ sie ihn ging die Treppen hinab und ganz ohne ihr zu tun machte sie sich auf den Weg zu ihrem See.
Sie hörte ihn noch, wie er schrie und klagte, doch wollte ihr Verstand dieses nicht fassen, als würde er ihr die Ohren zu halten, wohl wissend, dass sie es nicht mehr ertragen könnte.
Der See
Sie lehnt sich gegen eine alte Weide und sah auf den See hinaus, sah wie die Sonne ein sanftes Glitzern auf den See zauberte.
Wie lange er wohl schon friedlich hier gewesen war? Wie lange er es wohl noch sein würde, so vollkommen unberührt von der Zeit und dem Schmerz der Welt in seiner friedvollen Idylle.
Welche Geschichten er wohl zu erzählen wüsste?
Sie lauscht auf das Geräusch der Wellen wie sie sanft ans Ufer schlugen. Langsam wiegte sie dieses in einen traumlosen Schlaf.
Die Elfe erwacht als sie Schritte hören kann, diese Schritte waren ihr nur zu gut bekannt. Sie setzt sich auf und sieht dann in seine liebevollen und besorgt blickenden Augen.
Sie seufzt, muss sie ihm erzählen was geschehen ist, wohl wissend, dass es dann nie wieder so sein würde wie es war.
Sie sah ihn traurig an: “Dewan…“begann sie ihm zu erzählen, was vorgefallen war.
„Ich…Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich aus deinem Versprechen entbinde, du bist frei“, mit den Worten gibt er ihr einen letzten zärtlichen Kuss und verlässt sie.
Sie fühlt sie unendlich leer und zerrissen. Sie hat keine Worte, um auszudrücken, was sie fühlt.
Sie geht nach Heine zurück, verlässt die bezaubernde Idylle des Elfendorfes, denn diese konnte ihr keinen Trost spenden. Sie verlangte keinen Trost, nicht mehr, war sie selber, doch Quell der dieser Umstände. Das Wissen darum, die beiden ihr liebsten Wesen auf dieser Welt so verletzt zu haben, schien ihr den Verstand zu rauben.
Sie selbst hatte keinen Trost verdient…
Das Abendlicht
Sie liegt in einem Sessel auf dem Balkon ihrer Gemächer in Heine und sieht auf das Meer hinaus. Es ist bereits dunkel draußen und die Nacht legt bereits ihren kalten Schleier auf die Stadt.
Die Elfe spürte ihn nicht in ihrer dünnen Robe, sie lauschte nur auf das Geräusch der Brandung. Sie lauscht wie die Wellen in einem monotonen Widerklang gegen den Strand schlagen.
Seit Tagen hatte sie weder etwas gegessen noch getrunken. Sie hatte nur still dort gelegen und dem Klang der Wellen gelauscht.
Für ihr sonst so geliebtes Abendrot hatte sie keinen Blick mehr, es hatte wie ihr schien an Glanz verloren, ebenso wie ihr sonst so neugierigen und doch stets wissend blickenden Augen.
Eine Bedienstete klopfte Scheu an ihre Tür.
„Komm herein“ reif sie ihr zu.
Norelle kam auf die nun eingetretene Frau zu.
Die Elfe trägt eine tief rote Robe, die zwar schlicht aber dennoch kostbar wirkt. Ihre Haare hatte sie aufwändig zu einem langen Zopf geflochten.
Sie lächelt „Nun was bringt dich zu mir?“
Die Frau blickte sie scheu, noch verwirrt von dem abweisenden Verhalten der Elfe Tage zuvor. Sie blickte in die blaugrünen Augen der Elfe und sie sah, dass der Glanz, der sonst stets in ihnen gelegen hatte, verschwunden war und das Lächeln so Lügen strafte.
„Ich bringe eine Nachricht für Euch…Ihr sollt euch mit einer Bewerberin in Heine in der Taverne in Giran treffen. Ihr Name ist Thalelah. Ihr werdet sie an ihrem roten Haaren erkennen.“
„Ich danke dir“, mit diesen Worten geht sie ihren Mantel suchend in ihr Zimmer zurück, gewillt sich nun wieder ihrer Arbeit zu widmen. Es sollte nicht noch mehr unter ihr leiden müssen, also fing sie an sich wieder in die Arbeit zu stürzen.
Der Brief
Wie immer hatte sie die Nacht draußen auf ihrem Sessel auf dem Balkon verbracht, lauschend auf den Klang des Meeres. Nun wecken sie sanft die ersten Strahlen des Morgens.
Sie steht auf und geht langsam in das Zimmer, auf ihrem Schreibtisch entdeckt sie ein Pergament und ein gebundenes Buch, ihre stille Bedienstete wird es wohl noch nachts hier her gebracht haben. Sie lächelt.
Sie beginnt das Pergament zu lesen. Es ist eine Bewerbung.
Sie lässt sich in den Sessel, der neben dem Schreibtisch steht, gleiten und liest weiter.
Am Ende des Briefes angekommen, kann sie ihre Verzweiflung nicht zurück halten.
Eine einzige Träne läuft ihre Wange hinab und tropft auf das Pergament, auf dem die Tinte nun verläuft.
„Verschwunden?“, geht es ihr durch den Kopf. „Wie konnte das passiert sein? Warum nur? War nicht schon genug Unheil passiert“
Da fällt ihr das Buch wieder ein. Sie nimmt es zur hand und beginnt hastig zu lesen, begierig eine Antwort zu finden.
Das Buch war wie sich herausstellte das Tagebuch der Enkelin Elsyrions, Elianna. Sie war es auch die sich nun um die Gilde bewerben wollte.
„Ein Dunkler?“, Norelle weiß, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hat. Er war in das Haus Elsyrions in Heine gekommen, in dem nun auch Elianna lebte, wie sie erfuhr. Dann war er verschwunden mit dem Rat an seine Enkelin sich an seine Gilde zu wenden, war auch Elsyrion verschwunden.
Sie setzte sich auf und holte schnell einen Bogen Papier heraus und begann etwas zu schreiben.
Gedanken kamen ihr in den Sinn: “Nun konnte ich wieder nicht an deiner Seite stehen, viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt…ich habe dich wieder verloren mein Herz…“
Der Schmerz und die Verzweiflung schienen ihr endlos und doch zwang sie sich einen klaren Verstand zu bewahren. Sie musste ihn finden, ihm helfen. Was sie dabei fühlte war ihr unwichtig.
Geehrte Elianna,
dieses Schreiben soll nun für dich sein. Ich habe deine Bewerbung erhalten und ich denke in Anbetracht dessen, dass du die letzte bist die etwas über den Verbleib unseres Wächters weiß, sollten wir uns schnellst möglich treffen.
Komm zur zehnten Stunden der Nacht zu den Docks in Heine. Ich werde dort auf dich warten.
Norelle Abendlicht
Der Brief war nicht in der sonst so schönen Schrift der Elfe verfasst. Die Buchstaben waren teilweise kaum entzifferbar. Man konnte dem Brief leicht die heftigen Gefühle ansehen, die seine Verfasserin beim Schreiben gehabt haben muss.
Sie rief nach ihrer Bediensteten.
„Lass diesen Brief unverzüglich zum Haus Elsyrions bringen, er ist von höchster Wichtigkeit“, damit übergab die Elfe ihr den Brief, hoffend er würde schnell an sein Ziel gelangen.
Norelle, die junge Elfe, war ganz in ihre Gedanken verloren auf dem Weg zum Iris See. Sie sehnte sich nach der ruhigen Idylle des Sees, der lange Aufenthalt in Giran hatte seine Spuren hinterlassen, der Lärm und die Hektik der Stadt, ließen sie rastlos werden.
Ihr fehlte die Natur und die Ruhe die sie ihr schenkte. Sie hatte den Platz am Ufer des Sees fast erreicht an dem eine alte Trauerweide ihre langen Äste in das seichte Wasser des Sees eintauchte.
Hier verweilte sie oft und gerne, hatte Zeit ihren Gedanken in Ruhe nach zu gehen. Sie setzte sich in das weiche Grass, das das Ufer umgab und lehnte sich an die alte Weide und blickte über den See hinaus.
Viel war in letzter Zeit geschehen und sie hatte bisher wenig Gelegenheit gehabt das Geschehene zu verarbeiten. Der Mittelpunkt dessen was sie so bewegte war ein Gespräch mit einem anderen Elfen gewesen. Dieser andere Elf war nicht einfach irgendwer weder für sie persönlich noch für die anderen Geschöpfe Imoriaths.
Er war der Wächter des Clans der schwarzen Drachen, ein Clan der sich für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einsetzte. Doch kannte sie ihn noch bevor er dieses bedeutungsvolle Amt bekleidete. Sie hatte ihn in Giran kennen und schätzen gelernt. Schon damals war er der edle Elf voll Sinn für die Gerechtigkeit gewesen, doch schien er ihr früher freier und nicht so trübsinnig wie bei ihrem letzen Gespräch in Heine, der Stadt, über die die schwarzen Drachen wachen, gewesen zu sein.
In Heine war er gezeichnet gewesen von den Spuren des Kampfes für die gerechte Sache, wie er ihr erzählte, befand der Clan sich in Streit mit den Orks und seine Wunden zeugten, wie sie sah, von der Brutalität der Orks im Kampf gegen die schwarzen Drachen. Es machte sie traurig ihn so zu gerichtet sehen zu müssen, doch mehr betrübte sie noch eine andere Sache. Die Last die seine Verantwortung mit sich brachte schien schwer auf seinen Schultern zu lasten. Es schien ihr das Beste zu sein, ihm einfach zu zuhören, ihm zu zeigen, dass ihre Sorgen und Gedanken ihm als Person galten und nicht seinem Amt.
Je länger sie so bei ihm saß und ihm zuhörte, umso mehr wurde ihr klar wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Doch nicht Elsyrion, der Wächter der schwarzen Drachen war es dem ihre Zuneigung galt, nein vielmehr war es der Elsyrion, den sie vor, wie es ihr vorkam, unendlich langer Zeit in Giran kennen gelernt hatte.
Er erzählte ihr, dass sein Leben lang und schon von vielen Kriegen gekennzeichnet war. Viel Leid hatte er sehen und ertragen müssen. In seinen Augen konnte sie es sehen. Seine Augen offenbarten sein langes Leben und seiner Unbeirrbarkeit, wenn es darum ging für das Gute einzustehen.
Immer mehr zog er sie in seinen Bann. Doch in gleicher Weise wurde ihr bewusst, dass sie gehen musste, denn es gab etwas in ihrem Leben wovon weder er noch sonst jemand wusste.
Es war ihr Segen und Fluch zugleich. Sie hatte Angst er würde es nicht verstehen und so zog sie es vor lieber jetzt zu gehen, denn sie wusste je länger sie blieb um so weniger würde es schaffen sich von seiner Anziehungskraft zu lösen.
Aber ihre Gefühle überwältigten sie, eine einzelne Träne lief ihre weiße Wange herunter und sie wusste nun würde er sie nicht gehen lassen*, ehe sie ihm den Grund für ihre Traurigkeit nannte.
Norelle legte sich ins Grass und lauschte den Wellen, die sanft ans Seeufer schlugen. Ihre Mutter Lyndwyn hatte ihr schon früh beigebracht auf die Natur zu hören. Sie musste daran denken wie sie ihr ihre erste Unterweisung in der Magie gab.
Lyndwyn war eine ebenso so schöne wie mächtige Elfe, unter den Magierinnen im Elfendorf war sie wohl eine der begabtesten. Doch war sie nicht darauf aus, sich durch diesen Ruhm und Ehre zu erarbeiten. Mit ihrem Mann verbannt sie wenig. Er war einmal mehr fern von ihr um in einer weiteren Schlacht sich eben diese Ehre und Mut zu verdienen.
Es war Herbst und der Wald leuchtete in Gelb- und Rottönen, während die Sonne wärmend auf sie herab schien. Sie war alleine in ihrem Haus, sie lag auf einem Diwan, der aus hellem Holz filigran gearbeitet war, auf ihrem Balkon. Das Buch, welches sie gerade gelesen hatte, hatte sie auf den Boden fallen lassen.
Sie sah in die Ferne und fragte sich wie es ihm wohl erginge, als sie ein stechender Schmerz durchzog. Zu früh, dachte sie. Das Kind in ihrem Leib wollte nicht länger auf die Rückkehr des Vaters warten.
Sie nahm ihre Tochter das erste mal auf den Arm und sah ihr in die Augen. Die wunderschönen grünen Augen ihres Vaters, dachte sie. Doch dann sah sie mehr. Die Augen waren nicht die eines Neugeborenen. Nein, sie konnte in ihnen lesen und was sie sah erschrak sie.
So viel Schmerz und Leid, Krieg und Dinge, die sie nicht zu deuten vermochte. Es war selten, dass eine Seele wieder geboren wurde bei den Elfen und noch ungewöhnlicher, dass es eine so alte war. Die anderen Elfen würde es sicher beunruhigen. Was mochte es sein, dass diese Seele keinen Frieden finden ließ?
Etwas ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken, die alte und doch eine wie aus Marmor gemeißelte Schönheit Magister Juris, trat an ihr Bett, ihr Blick drückte tiefste Besorgnis und auch Traurigkeit aus, und wusste Lyndwyn, dass sie nicht länger in die Ferne schauen musste um zu warten. Eine Träne rollte langsam ihre Wang herab.
Lyndwyn ließ ihrer kleinen Tochter all ihre Liebe zu kommen. Früh lehrte sie ihre Tochter, der sie den Namen Norelle gab, was es hieß eine Elfe zu sein, wie sie die Natur zu achten und zu ehren hatte und auch die Magie zeigte sie ihr früh. Sie schickte sie zum Unterricht zu Magister Juris, damit sie ein mal eine große Magierin werden würde, um die Aufgabe, die ihr zugedacht war, erfüllen zu können.
Den Kampf mit Schwertern oder dem Bogen hielt sie nicht als geeignetes Mittel, um ihrer Tochter ihren weiter Weg zu erleichtern. Einerseits hatte Norelle scheinbar die natürliche Begabung für Magie von ihrer Mutter geerbt, anderseits schien es Lyndwyn sinnvoll, da Magie viel Wissen erforderte, aber auch brachte und Wissen würde ihre Tochter ohne Frage brauchen.
Wieder war es Herbst und wie schon so oft war Lyndwyn auf dem Balkon ihres Hauses. Sie lehnte sich an das Geländer und sah in die Ferne. Doch war dort niemand mehr auf den es zu warten galt. Schon so lange war es her, dass er gefallen war, doch spürte sie immer noch den schmerzlichen Verlust.
Er hatte sie all die Jahre krank gemacht. Sie dachte sie hatte ihn davon abbringen können und sollen in diesen sinnlosen Krieg zu ziehen oder sie hätte bei ihm sein sollen, sein Leben mit dem ihren schützen sollen. Keiner wusste um ihren Kummer, doch hatte der Tod seine eisigen Finger bereits nach ihr ausgestreckt.
Sie ging hinein und legte sich auf ihr Bett, sie wusste das Ende war nah. Norelle, die spürte, dass es ihrer Mutter nicht gut ging, verabschiedete sich von Magister Juris, bei der sie gerade eine Lektion im Umgang mit Wasserzaubern erhalten hatte und eilte aus dem Tempel zu dem kleinen Haus ihrer Mutter. Sie kniete sich neben ihre Mutter ans Bett und hielt ihre Hand. „Es geht vorbei, endlich verlasse ich diese Welt. Sei nicht traurig meine kleine Tochter, wenn ich jetzt gehe. Das Licht wartet auf mich. Dieses Leben hat mir schon lange nichts mehr zu bieten gehabt. Allein du hast es mit Sonne gefüllt, wie schon bei deiner Geburt.“ Lyndwyn lächelte.
„Es war ein wunder schöner Tag. Dieser Tag zeugte schon damals von deiner Schönheit und Anmut, die dir zu eigen sein würden.“ Sie schloss die Augen.
„Nur eines noch, geh bald zu Magister Juris und sag ihr ich habe dich geschickt. Sie soll dir das Geheimnis der Seelen erzählen. Ich wusste immer, dass sie es gewusst hatte, doch hat sie mich nie damit beunruhigen wollen. Bei ihr ist es sicher, das wusste ich immer... Dir hat gehört all meine Liebe“ Sie drückte noch ein mal Norelles Hand und dann wurde sie schlaff.
Das Licht umgab Lyndwyn und spendete ihr wohlige Wärme...
Norelle schreckte auf.
Sie richtete sich im Grass auf und blickte wieder über den See. Ihre Gedanken waren abgeschweift.
Sie hatte an den Tod ihrer Mutter denken müssen und daran, wie dann das erste Mal die Erinnerungen in ihr erwachten. Damals wusste sie nicht was das zu bedeuten hatte. Diese sprunghaften, schemenhaften Bilder zeigten ihr Leid und Schmerz anderer, Elfen denen sie nie begegnet war. Das was die Leute an Schmerz und Verlust fühlten, schienen Norelles Gefühle zu beherrschen zu haben und sie in den Abgrund zu reißen. Doch mit Hilfe ihrer Magie hatte sie es geschafft, ihre Gedanken zu leeren und die Gefühle im Dunkeln zu halten.
Juris war damals zu ihr gekommen und hatte sie das Geheimnis ihrer Seele gelehrt. Sie hatte ihr viele Tage lang beigebracht, das Erinnern zu kontrollieren und mehr zu erkennen und mehr Abstand zu dem zu Halten was sie sah. Dann schickte Juris sie fort. Den Weg, den sie gehen musste, musste sie alleine gehen.
Sie, Norelle, solle es aus eigener Kraft schaffen ihre Aufgabe zu finden und zu bestehen. Juris hatte sie damals nach Giran und Heine in die Tempel und Bibliotheken geschickt. Dort sollte sie lernen und dienen, bis sie ihre Bestimmung gefunden hätte. Man hatte ihr jeweils bei den Gelehrten ein eigenes Zimmerchen zugewiesen.
So reiste, lernte uns studierte sie viel, verbesserte ihr Können in der Kunst der Magie erheblich und diente den Gelehrten. Ja dachte Norelle, so war es lange Zeit gewesen. Viel hatte sie bis zu diesem Moment auch aus ihren Erinnerungen gelernt.
Ihr zartes Alter merkte ihr niemand mehr an. Ihr Benehmen, ihre Gesten ihr ganzes Handeln schien von einer Erhabenheit und Bestimmtheit gelenkt, die nur das Alter verlieh. Besonders ihre Augen schienen um viel zu Wissen, was längst vergangen war.
Ein sanfter Windhauch strich durch ihr Haar, sie lächelte. Doch war sie nicht allein geblieben.
Schon früh während ihres Studierens hatte sie die Elfe Aurelia kennen gelernt. Aurelia hatte in Dion unter einem Baum gesessen und das Schild, welches sie kurz zuvor mit einem dunklen Geschöpf, welches sie urplötzlich aus dem Hinterhalt angegriffen hatte, bei einem Kampf hatte abnehmen können. Aurelia schien ganz verzaubert von ihr gewesen zu sein. Es schien Aurelia gerade zu als ein Privileg mit einer, wie sie wohl fand, so erfahren und gebildeten Elfe ihre Zeit zu verbringen. Doch verging dies schnell und sie wurden zu engen Vertrauten, Schwestern gleich.
Ein Blatt fiel von der Weide auf das Wasser des Sees und schaukelte leicht in den sanften Wellen. Norelle strich versonnen, noch ganz in ihren Erinnerungen versunken, über ihr schönes purpurnes Gewand. Sie selber hätte sich eine solche Kostbarkeit nicht leisten können, es war eine Leihgabe Elsyrions, bis sie sich ein mal selber etwas so schönes würde kaufen können.
Ihre Gedanken wendeten sich wieder zu Elsyrion zu. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie würde noch heute nach Heine reisen, um ihre Bewerbung um die Mitgliedschaft im Clan der Schwarzen Drachen abzugeben.
Lange hatte sie mit sich gerungen, ob das das Richtige für sie sei. Doch wollte sie ihm nah sein, um ihm zu schützen so es ihr geling und was viel wichtiger war um bei ihm zu sein und ihm ein wenig Freude in seine trüben Tage zu bringen. Ihre ganze Seele schien ihm zu zustreben, als wenn er eine Art Gleichgesinnter war, seine Augen zeugten wie die ihren von dem Leid und Schrecken, was man nur alles in einem wahrhaft langen Leben hatte erfahren können.
Auch wollte sie dem Clan unterstützen.
Die Aufgabe, die sie zu erfüllen hatte, hatte sie noch nicht gefunden. Doch sie glaubte zu wissen, dass der Kampf der Drachen auch der ihre sei. Ein Kampf für die Gerechtigkeit, was könnte edler sein als das, was könnte mehr Frieden geben als der Kampf für eine solch edle Sache.
Langsam stand sie auf und ging wohlbedachten Schrittes zum Elfendorf um von dort nach Heine zu gelangen.
Doch hatte sie auf dem Weg keine Ruhe sich die schöne Landschaft anzusehen, sie hoffte Elsyrion würde ihre Entscheidung gut heißen, sie hatte ihm nicht davon unterrichtet, dass sie vorhatte sich bei dem Clan über den er wachte zu bewerben. Sie hatte Angst er würde sie dort nicht haben wollen, es vielleicht als zu gefährlich erachten, doch hoffte sie er würde ihre Beweggründe verstehen.
Ein kleiner Drache
Im Elfendorf angekommen, begab sie sich in ihr Haus, das am Rande des Dorfes gelegen war.
Es war weiß, wie die anderen Häuser dort und wenn es auch nicht besonders groß war, so hatte es doch seinen ganz eigen Scharm mit schönen verschnörkelten Verzierungen.
Sie machte die Tür auf und betrat die kleine Eingangshalle. Auch im Inneren war das Haus in weiß gehalten, nur die vereinzelten in Vasen gestellten Blumensträuße stellten einen Farbtupfer dar, die dem Haus eine freundliche Atmosphäre verliehen.
Norelle seufzte, trotz allem fühlte sie sich immer sehr einsam, wenn sie nach hause kam und niemand da war um sie zu begrüßen. Sie streifte ihre Stiefel ab, sie liebte es barfuss zu gehen. „Wo Winson wohl wieder steckt“, dachte sie. Winson, ihr kleiner schwarzer Kater, der ihr in Giran zugelaufen war, war wohl wieder auf einem seiner Streifzüge, dachte sie schmunzelnd.
Sie hatte in Dion auf dem Marktplatz gesessen, an einen der Bäume gelehnt und hatte das Treiben auf dem Markt beobachtet, als ein kleiner schwarzer Kater sich an sie heran schmiegte.
Norelle erschark ein wenig, als sie jedoch das Tier sah lächelte sie. Sie streichelte den kleinen Kater und krauelte ihn hinter den Ohren, was ihm zu gefallen schien, denn er begann schnorren. Dann hobste er auf ihren Schoß und sah sie mit seinen grünen Augen an.
Er schien wohl etwas zu essen zu wollen. Sie kramte in ihrer kleinen Tasche, fand jedoch nichts. Sie sah den Kater traurig an "Ich habe leider nichts für dich mein kleiner." Er legte den Kopf schief und sah sie mit seinen intelligenten Augen an und wie es ihr schien, verstand er was sie sagte.
Er rollte sich auf ihrem Schoß zusammen und legte sich einfach schlafen. Auch als sie gehen wollte war er noch nicht wieder wach. Als hätte er gewusst, dass sie ihn nun nicht zurücklassen würde, nahm sie ihn auf den Arm und nahm ihn mit nach hause.
Dort angekommen schien er nicht im geringsten verwundert zu sein, sich nicht mehr in Giran zu befinden und erkundete neugierig das Haus der Elfe.
Sie ging leichtfüßig die Treppe hinauf und dann gerade aus auf die Glastüren zum Balkon zu. Sie öffnete sie und lächelte. Der Himmel über dem Elfenwald war in ein sanftes Abendrot getaucht. Sie liebte diese Dämmerstunden. Sie ging auf den Balkon hinaus und blickte über den Wald hinaus. „Ja dies ist der richtige Augenblick“, dachte sie bei sich und ging wieder hinein um sich eine Rolle Pergament, ein Tintenfass und eine Feder und vorsorglich eine Kerze zu holen.
Sie brachte alles zu einem kleinen weißen mit sterilisierten Blumenmustern verzierten Holztisch auf dem Balkon. Sie setzte sich auf einen aus weißen Bast geflochtenem Stuhl mit einem zartblauen Kissen darauf. Sie zündete die Kerze an und setzte sich.
Sie strich das Pergament glatt, tauchte die Feder in die Tinte und begann mit feinen geschwungenen Lettern an zu schreiben.
Sehr geehrter Clan der Schwarzen Drachen,
mit diesem Schreiben möchte ich um meine Aufnahme in Euren Clan bitten. Ich möchte mit Euch für die gerechte Sache einstehen. Ich möchte mein Leben ganz der Gerechtigkeit und Freiheit widmen und dies so scheint es mir kann ich am besten in dem ich Euch in eurem Kampf gegen Sklaverei und Rassenhass unterstütze.
Ich möchte hiermit um die Ehre einer Audienz bitten, um meine Beweggründe noch näher zu erklären.
Ich hoffe auch eine baldige Antwort
Hochachtungsvoll Norelle Abendlicht
mit diesem Schreiben möchte ich um meine Aufnahme in Euren Clan bitten. Ich möchte mit Euch für die gerechte Sache einstehen. Ich möchte mein Leben ganz der Gerechtigkeit und Freiheit widmen und dies so scheint es mir kann ich am besten in dem ich Euch in eurem Kampf gegen Sklaverei und Rassenhass unterstütze.
Ich möchte hiermit um die Ehre einer Audienz bitten, um meine Beweggründe noch näher zu erklären.
Ich hoffe auch eine baldige Antwort
Hochachtungsvoll Norelle Abendlicht
Sie lass alles noch einmal durch und nickt zufrieden. Sie rollte das Schriftstück zusammen und versiegelte es mit ein wenig Wachs von der Kerze. Noch lange nach dem die Kerze verloschen war, saß sie da und blickte in die Nacht hinaus.
Sieh betrachtete die Sterne und dachte an Elsyrion. "Ob er wohl gerde in den selben Sternenhimmel hinaufblickt?"
Dann schweiften ihre Gedanken ab und sie dachte an die Begegbung Elsyrions mit einem Ork in Giran. Aurelia war bei dieser Begegnung auch anwesend gewesen. Norelle hatte da einen Zusammenbruch erlitten.
Sie hatte zuvor zu lange in ihren Erinnerungen geforscht und zu viel aufgewühlt. Sie hatte die Bande gelockert, die sie vor ihren Erinnerungen abschirmten, wenn sie sie zu überwältigen drohten.
Doch dann war es geschehen.
Die Sorge um Elsyrion der sich in einem Streitgespräch mit dem Ork befand, löste eine Welle von Erinnerungen aus denen sie nicht gewachsen war. Aurelia hatte sie gestützt und wollte ihr helfen als sie fiel, doch verstand sie nicht was passierte.
Wie sollte sie auch, dachte Norelle verbittert. Sie hatte es immer noch nicht über sich gebracht darüber mit der Freundin zu sprechen. Es tat ihr weh, dies der Freundin zu verschweigen, doch fand sie nie den richtigen Zeitpunkt es ihr zu erzählen.
Doch würde es diesen 'perfekten' Zeitpunkt je geben, dachte sie traurig. Sie musste mit Aurelia reden. Sie würde es ihr endlich sagen. Länger wollte sie nicht mehr mit dieser Last leben.
Doch hatte sie auch aus diesem Ereignis gelernt und ihre Erinnerungen wieder besser verschlossen. Jedoch fühlte sich sich seitdem leer. Ihr fehlte ein Teil ihrer Selbst, doch waren die Zeiten, so ahnte sie nicht so friedvoll asl könnte sie sich einen solchen Luxus leisten. Ein weiter solcher Anfall könnte ihr oder anderen im falschen Augenblick das Leben kosten, dachte sie wehmütig.
Schließlich kam Winson vom Balkongeländer her angeschlendert und schmiegte sich an ihre Beine. Sie hob den Kater auf und ging mit ihm und der Pergamentrolle hinein. Sie legte die Rolle auf ihren Schreibtisch zu den Büchern, die sie gerade studierte. Sie ging mit dem Kater im Arm zu ihrem Bett. Sie setzte das Tier auf dem Bett ab und schlüpfte in ihr Schlafgewand.
Sie legte sich unter die Decke und nahm Winson wieder in den Arm. In ihre Gedanken versunken schlief sie ein.
Am nächsten Morgen brach sie früh nach Heine auf.
Dort angekommen begab sie sich in die Bibliothek der Schwarzen Drachen, in der sie schon manche Stunde zugebracht hatte und gab der Elfe, die über die Bücher wachte ihre Rolle.
„Gib sie bitte dem Rat der Schwarzen Drachen.“ , sagte sie und ging.
Viel Zeit war vergangen, sehr viel Zeit…
Eine Elfe lehnt an einem Balkon und sieht in die Abenddämmerung hinaus. Ihr langes schwarzes Harr fällt weich auf die kostbare weiße Robe, die sie trägt. Traurig sieht sie der Sonne dabei zu wie sie im Meer versinkt.
„Lehrmeisterin Norelle, es wurde ein Brief für euch abgegeben“ eine Elfe tritt herein und legt einen Brief auf einen Schreibtisch. Die Elfe am Balkon dreht sich herum und geht wieder hinein.
Norelle betrachtet den Brief und sagt dann beiläufig: “Ich danke dir, ich werde mich sofort darum kümmern.“ Die Überbringerin des Briefes entfernt sich still. Norelle lässt sich seufzend in ihren Sessel fallen.
Sie sehnte sich zurück ins Elfendorf, zurück zur der Geborgenheit die dieser Ort ausstrahlte. Aber sie kann nicht gehen, ihr Pflichtgefühl hält sie in Heine fest.
Sie griff nach der Weinflasche auf dem Tisch und schenkte sich ein Glas ein, nahm einen Schluck und sah auf den Balkon hinaus, die Sonne war mittlerweile in den Fluten verschwunden.
Sie mochte die Abenddämmerung, das warme Licht bevor der Tag sich verabschiedete, doch sie fürchtete Nacht, die Dunkelheit und die Erinnerungen, die sie immer wieder einholten. Sie hatte Angst die Augen zu schließen, Angst was sie in ihren Träumen erwarten würde. Sie hatte Angst wach zu bleiben, Angst davor welche Streiche ihr ihr Verstand noch spielen würde.
Sie nahm einen tiefen Schluck und sah in die Dämmerung hinaus, bald würde es ganz dunkel sein.
Sie dachte an Elsyrion. Er hatte eine Leere in ihr zurückgelassen, die sie nicht zu füllen vermochte. Weder tot noch lebendig liegt er in seinem Zimmer, alleine in seinem Schloss.
Sie hatten Abschied genommen und sie wussten beide, es würde ein Abschied für immer sein. Seine Worte er würde für sie weiter kämpfen, waren nichts als eine süße Lüge. Sie hatten beiden gewusst, dass es keinen Morgen mehr für sie geben würde.
Und trotz alledem kann sie ihn immer noch nicht gehen lassen.
Sie fühlt sich haltlos, dessen beraubt was ihr am wichtigsten ist.
Doch gab es keine Tränen mehr um zu trauern, keine Tränen, die ihrer Trauer noch hätten Ausdruck verleihen könnten. Den Verlust den sie erlitten hatte, war endlos.
Timru tot und ohne Grab, Aurelia fern von ihr beim Elfenrat.
Sie schenkt sich nach.
Die letzten Lichtstrahlen lassen ihre blaugrünen Augen aufblitzen.
Es ist nun völlig dunkel draußen bis auf den Mond, der ein wenig kaltes Licht ins Zimmer fallen lässt. Sie nimmt einen weitern Schluck, doch der Wein hat längst keinen Geschmack mehr für sie.
Die Nacht
Es knarrt an der Tür. Sie erschrickt und blickt sich um, doch es war wohl nur der Wind. „Du Närrin, denkst du wirklich er kommt noch einmal…?“, sie schließt die Augen.
Sie wollte nicht an ihn denken. Sie wollte überhaupt nicht mehr denken. Sie war wütend und enttäuscht.
Aber es war zu spät.
Von allen Erinnerungen die auf sie einprasseln, muss sie doch immer wieder an ihn denken.
Wie er sie verlegen anlächelt, wie er sie in den Arm nahm, wie er einfach immer da gewesen war…
…aber Elsyrion kam ihr wieder in den Sinn.
Sie spähte in die Nacht hinaus, hinüber zu dem Turm in dem er lag.
Sie hatte ihn aufgegeben…
…hatte nun ein für allemal Abschied genommen…
…..Tief in der Nacht war sie zu ihm in den Turm gekommen, hatte sie an den Wachen vorbei geschlichen.
Sie war an sein Bett heran getreten und hatte ihm gesagt, dass sie nun gehen würde, für immer. Aber hatte sich nicht geregt. “Meine Liebe…mein Herz…ich gehe nun…hier soll es nun enden…“, sie hatte sich zu ihm heruntergebeugt, wobei ihre dunklen Haare auf sein aschfahles Gesicht gefallen sind.
Sie streichte die Haare weg und legte ihren Kopf auf sein kaum noch schlagendes Herz. So verharrte sie lange bis die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne sie zum gehen gemahnten. Einen letzten Kuss hauchte sie auf seine Stirn und schlich sie leise wieder davon.
„Mein Herz…“, mit diesen Worten verschwand sie…
Der Betrug
„Dewan“, murmelt sie und nimmt erneut einen Schluck Wein. Sein Betrug schmerzt sie mehr als sie es sich einzugestehen vermochte.
Sie war so wütend gewesen, als er ihr von der Dunklen erzählte, so unendlich wütend. „Wie hatte er es nur wagen können? Wie nur?“
Sie hat ihre Erinnerungen nicht mehr im Griff. Sie kamen und gingen, Erinnerungen an ferne Orte und Leute, die schon lange tot waren. Hass und Liebe, Wut und Enttäuschung tobten in ihr. Es fällt ihr schwer auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
„Mit einem Menschen glücklich werden, was für eine Närrin bin ich doch! Sie können nicht treu sein…nein sie sind viel zu grob, als das sie etwas von unserer Ewigkeit mit uns teilen sollten.“
Sie steht auf, nimmt ihr Glas mit und bleibt unvermittelt stehen. Sie wirft das Glas gegen ein Regal und schreit: „Verschwinde aus meinem Leben, hörst du? Verschwinde aus meinem Kopf!“ Sie sinkt auf die Knie.
Er war ihr das liebste auf der Welt geworden, hatte sie aus ihrer Traurigkeit geholt. Er hatte es vermocht an die Anstelle der Leere zu treten, die ihr innegewohnt hatte und die sie nicht mehr zu füllen geglaubt hatte.
Aber nun…
Da fällt ihr der Weinbrand ein, der noch im Regal steht. Sie steht auf, holt die Flasche, lässt sich wieder in den Sessel fallen.
Sie schenkt sich großzügig ein und sieht weiter in die Nacht hinaus.
„Eine Dunkle, das ist ja mal was…was soll man da noch zu sagen?...Er kann mich doch nicht einfach durch eine Dunkle ersetzen?...Das kann er nicht“, flüstert sie und nimmt einen neuen Schluck.
Schließlich schläft sie doch ein, zusammengesunken in ihrem Sessel. Im Zimmer ist es kalt, sie hat die Balkontür nicht geschlossen.
Am Morgen wacht sie auf, zitternd vor Kälte. Sie steht auf und tritt auf den Balkon hinaus, die Sonne steht schon hoch am Himmel.
Sie sieht über das Meer hinaus. Die Sonne glitzert auf den Wellen, wie kleine Diamanten.
Der Morgen
Sie tritt auf den Balkon hinaus. Der Himmel in ein sanftes Morgenrot gehüllt.
Ein lauer Wind weht über das Meer zu ihr herüber und spielt mit ihrem dunklen Haar und dem dünnen Seidennachthemd das sie trägt.
Ein Lächeln umspielt ihre Züge.
Jemand tritt von hinten an sie heran und schließt sie zärtlich in seine Arme.
„Dewan“, geht es ihr durch den Kopf, sie dreht sie um und küsst ihn ebenso zärtlich.
„Es gut, dass nun alles vorbei ist…“, sagt sie lächelnd.
Er lächelt ebenfalls und drückt sie sanft an sich: “Ja…nun wird uns nichts mehr trennen“
Er lässt sie los und nimmt ihre Hand und bei de gehen wieder hinein
Draußen kommt ein heftiger Wind auf, der dunkle Wolken vor sich hertreibt.
Der Himmel verfinstert sich und Regen prasselt nieder.
Norelle sitzt vor ihrer Frisierkommode, die aus hellem Holz gefertigt ist und mit Blumenschnitzereien verziert ist. Sie summt und betrachtet sich im Spiegel während sie ihr langes dunkles Haar pflechtet und es am Hinterkopf mit einer silbernen Spange, die eine blaue Blume zeigt, zusammensteckt.
Als sie fertig ist betrachtet sie zufrieden ihr Werk und blickt dann lächelnd auf einen kleinen silbernen Ring an ihrer linken Hand.
Dann blickt sie missbilligend auf ihre Handgelenke, die noch rote Striemen geziert werden, ein Andenken an ihre Gefangenschaft bei den Orks von Kaikas Wehr.
Doch daran wollte sie nun nicht mehr denken.
Sie steht auf und betrachtet sich in einem großen Spiegel. Sie streicht über den weichen Stoff der langen tief blauen Robe, die sie trägt und lächelt.
Plötzlich fällt ihr ein, dass sie noch nach Giran muss, um den Stoff abzuholen, den sie für das Hochzeitskleid bestellt hatte. Sie betrachtet sich noch mal im Spiel und geht dann in ihr Ankleidezimmer, um sich etwas weniger auffälliges anzuziehen.
„Ja die Robe wird ihm gefallen“, sagt sie leise, als sie wieder in den Schrank hängt. Sie streift noch die passenden Handschuhe über und macht sich auf den Weg.
Totgeglaubte leben länger
In Giran angekommen geht sie Treppen zum Markt hinab und schaut sich nach dem Händler um bei dem sie ihren Stoff bestellt hatte.
Ihr Blick schweift noch über den Markt während sie die Treppen hinab steigt, bis er plötzlich an einer Gestallt hängen bleibt.
Unbewusst hatte sie zu dem Platz zwischen den beiden großen Bäumen geblickt.
Aber dieses Mal war er nicht leer gewesen wie gewöhnlich.
Sie erstarrte, unfähig ihren Blick abzuwenden.
„Nein…dass kann nicht sein…“
Sie mustert den Elfen, der dort ein wenig zusammengesunken liegt.
Sie geht ein wenig näher heran, als sie eine Dunkle entdeckt. Sie scheint einen Streit angefangen zu haben.
Wie sie nun erkennen kann, ist der Elf in keiner besonders guten körperlichen Verfassung.
„Elsyrion“, flüstert sie leise.
Ihre Hand legt sich auf den Knauf ihres Schwertes, das sie aus Gewohnheit angelegt hatte.
Sie bewegt sich langsam auf die Dunkle zu.
Und dann…
…sie erinnert sich nicht mehr genau, alles ging so schnell….
Doch der Gedanke ihn zu verlieren, wo sie ihn gerade wieder gefunden hatte, beherrscht ihr ganzes Handeln. Sie wollte ich nicht wieder aufgeben, er musste leben…
Verzweiflung.
„Eine Priesterin…eine Priesterin Evas“, haucht er.
…
Er sieht sie an und sein Blick, sagt ihr, dass es nun nichts mehr zu sagen gab. Die Elfe sah weg, nicht im Stande seinen Blick noch länger zu ertragen.
Es ging ihm gut, die Priesterin hatte ihn gerettet und Norelle geholfen ihn ins ElfenDorf zu bringen, doch wusste sie was sie ihm angetan hatte, wog schwerer als sein körperlicher Schmerz, sie sah es in seinem Blick.
„Ich werde für dich weiter kämpfen….“, diese Worte schmerzten sie nun ungemein, die Erinnerungen…ein Schmerz den sie nicht mehr ausdrücken vermochte, mit keinen Tränen der Welt.
Sie sieht ihn an und ihr ist als müsste ihr das Herz brechen….
„Ich muss dir noch etwas wiedergeben…“, mit diesen Worten wendet sie sich ab und geht rasch die Treppen des Tempels hinunter.
Doch dann versagen ihr ihre Beinen den Dienst, sie bricht zusammen, sich am Geländer der Treppe festhaltend, unfähig ihres Körpers wieder Heer zu werden, unfähig die Gefühle und Gedanken wie auch Erinnerungen, die auf sie einprasselten zu ordnen, geschweige denn ihnen Herr zu werden.
Und dann…
stand sie auf, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, obwohl nicht viel mehr als eine Minuten vergangen sein konnte. Eine Leere erfüllte sie, die sie ebenso schmerzte wie die Gefühle zuvor, doch nun konnte sie gehen und sie ging…
Ging mit dem Wissen, dass sie jeder Schritt, den sie nun wieder auf ihn zu gehen würde sie doch jedes Mal weiter von einander entfernen sollte. Ein Abgrund tat sich vor ihr auf und sie denkt es wäre nur eine Frage der zeit bis sie selbst in diesem Abgrund läge…
Die Elfe reichte ihm einen in ein weißes Seidentuch eingewickelten Gegenstand. Das Seidentuch war auffallend bestickt mit einem schwarzen Drachen und ein Name stand in elfischen Buchstaben darunter.
Er wickelt den Gegenstand aus und erkannte seine einstige Krone.
„Ich habe sie für dich verwahrt. Niemand sonst ist würdig sie zu tragen…nun ist sie wieder dein“, mit diesen Worten verließ sie ihn ging die Treppen hinab und ganz ohne ihr zu tun machte sie sich auf den Weg zu ihrem See.
Sie hörte ihn noch, wie er schrie und klagte, doch wollte ihr Verstand dieses nicht fassen, als würde er ihr die Ohren zu halten, wohl wissend, dass sie es nicht mehr ertragen könnte.
Der See
Sie lehnt sich gegen eine alte Weide und sah auf den See hinaus, sah wie die Sonne ein sanftes Glitzern auf den See zauberte.
Wie lange er wohl schon friedlich hier gewesen war? Wie lange er es wohl noch sein würde, so vollkommen unberührt von der Zeit und dem Schmerz der Welt in seiner friedvollen Idylle.
Welche Geschichten er wohl zu erzählen wüsste?
Sie lauscht auf das Geräusch der Wellen wie sie sanft ans Ufer schlugen. Langsam wiegte sie dieses in einen traumlosen Schlaf.
Die Elfe erwacht als sie Schritte hören kann, diese Schritte waren ihr nur zu gut bekannt. Sie setzt sich auf und sieht dann in seine liebevollen und besorgt blickenden Augen.
Sie seufzt, muss sie ihm erzählen was geschehen ist, wohl wissend, dass es dann nie wieder so sein würde wie es war.
Sie sah ihn traurig an: “Dewan…“begann sie ihm zu erzählen, was vorgefallen war.
„Ich…Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich aus deinem Versprechen entbinde, du bist frei“, mit den Worten gibt er ihr einen letzten zärtlichen Kuss und verlässt sie.
Sie fühlt sie unendlich leer und zerrissen. Sie hat keine Worte, um auszudrücken, was sie fühlt.
Sie geht nach Heine zurück, verlässt die bezaubernde Idylle des Elfendorfes, denn diese konnte ihr keinen Trost spenden. Sie verlangte keinen Trost, nicht mehr, war sie selber, doch Quell der dieser Umstände. Das Wissen darum, die beiden ihr liebsten Wesen auf dieser Welt so verletzt zu haben, schien ihr den Verstand zu rauben.
Sie selbst hatte keinen Trost verdient…
Das Abendlicht
Sie liegt in einem Sessel auf dem Balkon ihrer Gemächer in Heine und sieht auf das Meer hinaus. Es ist bereits dunkel draußen und die Nacht legt bereits ihren kalten Schleier auf die Stadt.
Die Elfe spürte ihn nicht in ihrer dünnen Robe, sie lauschte nur auf das Geräusch der Brandung. Sie lauscht wie die Wellen in einem monotonen Widerklang gegen den Strand schlagen.
Seit Tagen hatte sie weder etwas gegessen noch getrunken. Sie hatte nur still dort gelegen und dem Klang der Wellen gelauscht.
Für ihr sonst so geliebtes Abendrot hatte sie keinen Blick mehr, es hatte wie ihr schien an Glanz verloren, ebenso wie ihr sonst so neugierigen und doch stets wissend blickenden Augen.
Eine Bedienstete klopfte Scheu an ihre Tür.
„Komm herein“ reif sie ihr zu.
Norelle kam auf die nun eingetretene Frau zu.
Die Elfe trägt eine tief rote Robe, die zwar schlicht aber dennoch kostbar wirkt. Ihre Haare hatte sie aufwändig zu einem langen Zopf geflochten.
Sie lächelt „Nun was bringt dich zu mir?“
Die Frau blickte sie scheu, noch verwirrt von dem abweisenden Verhalten der Elfe Tage zuvor. Sie blickte in die blaugrünen Augen der Elfe und sie sah, dass der Glanz, der sonst stets in ihnen gelegen hatte, verschwunden war und das Lächeln so Lügen strafte.
„Ich bringe eine Nachricht für Euch…Ihr sollt euch mit einer Bewerberin in Heine in der Taverne in Giran treffen. Ihr Name ist Thalelah. Ihr werdet sie an ihrem roten Haaren erkennen.“
„Ich danke dir“, mit diesen Worten geht sie ihren Mantel suchend in ihr Zimmer zurück, gewillt sich nun wieder ihrer Arbeit zu widmen. Es sollte nicht noch mehr unter ihr leiden müssen, also fing sie an sich wieder in die Arbeit zu stürzen.
Der Brief
Wie immer hatte sie die Nacht draußen auf ihrem Sessel auf dem Balkon verbracht, lauschend auf den Klang des Meeres. Nun wecken sie sanft die ersten Strahlen des Morgens.
Sie steht auf und geht langsam in das Zimmer, auf ihrem Schreibtisch entdeckt sie ein Pergament und ein gebundenes Buch, ihre stille Bedienstete wird es wohl noch nachts hier her gebracht haben. Sie lächelt.
Sie beginnt das Pergament zu lesen. Es ist eine Bewerbung.
Sie lässt sich in den Sessel, der neben dem Schreibtisch steht, gleiten und liest weiter.
Am Ende des Briefes angekommen, kann sie ihre Verzweiflung nicht zurück halten.
Eine einzige Träne läuft ihre Wange hinab und tropft auf das Pergament, auf dem die Tinte nun verläuft.
„Verschwunden?“, geht es ihr durch den Kopf. „Wie konnte das passiert sein? Warum nur? War nicht schon genug Unheil passiert“
Da fällt ihr das Buch wieder ein. Sie nimmt es zur hand und beginnt hastig zu lesen, begierig eine Antwort zu finden.
Das Buch war wie sich herausstellte das Tagebuch der Enkelin Elsyrions, Elianna. Sie war es auch die sich nun um die Gilde bewerben wollte.
„Ein Dunkler?“, Norelle weiß, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hat. Er war in das Haus Elsyrions in Heine gekommen, in dem nun auch Elianna lebte, wie sie erfuhr. Dann war er verschwunden mit dem Rat an seine Enkelin sich an seine Gilde zu wenden, war auch Elsyrion verschwunden.
Sie setzte sich auf und holte schnell einen Bogen Papier heraus und begann etwas zu schreiben.
Gedanken kamen ihr in den Sinn: “Nun konnte ich wieder nicht an deiner Seite stehen, viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt…ich habe dich wieder verloren mein Herz…“
Der Schmerz und die Verzweiflung schienen ihr endlos und doch zwang sie sich einen klaren Verstand zu bewahren. Sie musste ihn finden, ihm helfen. Was sie dabei fühlte war ihr unwichtig.
Geehrte Elianna,
dieses Schreiben soll nun für dich sein. Ich habe deine Bewerbung erhalten und ich denke in Anbetracht dessen, dass du die letzte bist die etwas über den Verbleib unseres Wächters weiß, sollten wir uns schnellst möglich treffen.
Komm zur zehnten Stunden der Nacht zu den Docks in Heine. Ich werde dort auf dich warten.
Norelle Abendlicht
Der Brief war nicht in der sonst so schönen Schrift der Elfe verfasst. Die Buchstaben waren teilweise kaum entzifferbar. Man konnte dem Brief leicht die heftigen Gefühle ansehen, die seine Verfasserin beim Schreiben gehabt haben muss.
Sie rief nach ihrer Bediensteten.
„Lass diesen Brief unverzüglich zum Haus Elsyrions bringen, er ist von höchster Wichtigkeit“, damit übergab die Elfe ihr den Brief, hoffend er würde schnell an sein Ziel gelangen.