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Raani
#1
Es war ein eisiger Abend. Der kälteste in diesem Winter, wie sich noch zeigen sollte. Draußen lag der Schnee einige Zentimeter hoch, frisch gefallen am Tage und ohne Spuren, die die Idylle der Landschaft hätten zerstören können. Der Bauernhof war unter eine glitzernd weißen Schneedecke versunken. Aus dem Bauernhaus drangen leise, schrille Schreie, gefolgt von dumpferen, leisen Worten der Beruhigung. Kein Tier störte die sonstige Ruhe der Nacht. Nicht einmal eine der unzähligen Eulen, die den Waldrand bewohnten. Einzig die Schreie der Frau und die ruhigen Worte des Mannes waren zu hören. Wie aus dem Nichts traf eine gespenstische Stille den einsamen Bauernhof. Und genauso plötzlich wie die Stille, war kurze Zeit später das Schreien eines Babys zu hören. Die Frau war verstummt. Die Worte des Mannes überschlugen sich vor Freude. „Wir haben ein Mädchen! Ein Mädchen meine Liebste !!“


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Es war ein lauer Sommerabend. Raani lag nahe den Feldern im Gras und genoss die angenehme Kühle, die sich langsam mit dem Abend über das Land legte. Der Tag war heiß und anstrengend gewesen. Am frühen Morgen half sie ihrer Mutter beim Melken der Kühe und dem Reinigen der Ställe, während ihr Vater auszog die Felder zu bestellen. Den Mittag verbrachte sie bei ihrem Vater auf den Feldern und half Zäune zu reparieren oder Weizen zu sähen. Raani war erst 6 Sommer jung, doch half sie ihren Eltern bei deren Tagewerk so gut sie es vermochte. Ihre Familie war nicht reich, doch es reichte aus zum Leben. Und das Leben, welches sie führten, war keineswegs schlecht. Sie hatten ein Einkommen, ein Dach über dem Kopf und genug zu essen auf dem Tisch. Und als einziges Kind auf dem Hof schenkten ihre Eltern ihr besonders viel Geborgenheit und Zuneigung.

Die Sonne versank langsam am Horizont und die Grillen im Gras begannen ihren Gesang. Raani erhob sich langsam, streckte sich und lief langsam Richtung Wald. Sie hatte heute noch nicht die Zeit gefunden ihren verwunschenen Prinzen, wie sie ihn nannte, zu besuchen. Zielstrebig ging sie auf den kleinen Pfad zu, der sie tiefer in das Unterholz führen sollte. Der Schatten des Waldes schenkte eine erfrischende Kühle, wie sonst kein anderer Ort. Die Luft war rein, die letzten Vögel sangen ihr Balzlied und einige Glühwürmchen schwebten über den moosbewachsenen Boden. Raani bewegte sich behutsam und vorsichtig vorwärts, um ihren Prinzen nicht zu verschrecken. Sie wusste, er würde sie bei dem kleinsten Geräusch hören können und sich sofort in den dichteren Wald flüchten. Es dauerte einige Minuten, bis Raani die kleine Lichtung im Wald erreichte. Die letzten Strahlen des Tages bahnten sich ihren Weg durch das Blätterdach und tauchten die Lichtung in sanftes Dämmerlicht. Raani kannte diesen Ort genau. Sie hatte viele Abende hier verbracht und ihren Prinzen beobachtet. Manchmal glaubte sie, er wusste genau dass sie hier auf ihn wartet und würde nur für sie den Weg durch den dichten Wald bahnen.

Ein Geräusch vom anderen Ende der Lichtung lies sie aus ihren Gedanken und Erinnerungen hochschrecken. Ihr Prinz kam, doch sie hatte sich noch nicht unter ihren Strauch in Deckung begeben. Wollte sie dies noch rechtzeitig tun, so müsste sie sich beeilen und riskieren entdeckt zu werden. Aber bliebe sie dort wo sie nun war, würde ihr Prinz sicher sofort einen Blick auf sie werfen und zurück in den Wald flüchten. Es war eine schwere Entscheidung. Doch noch ehe sie sich selbst durchringen konnte eine Wahl zu treffen, übernahm ihr Prinz dies für sie. Der Hirsch betrat die Lichtung und sah Raani an. Er schien genauso überrascht wie sie, jemanden am anderen Ende der Lichtung zu entdecken. Raani bewegte sich nicht und auch der Hirsch stand still und sah sie einfach nur an, nicht wissend ob er bleiben oder fortgehen sollte. Die beiden sahen sich erwartungsvoll an, jeder auf eine Reaktion oder Bewegung des Anderen wartend. Raani vermochte nicht zu sagen wie lange beide einfach nur da standen und einander beobachteten. Hätte sie eine Zeitspannen nennen müssen, hätte die sich für einige Stunden entschieden, denn so kam es ihr vor. Selbst die letzten Lichtstrahlen konnten das Blätterwerk nun nicht mehr durchdringen und das einzige verbliebene Licht spendeten die vielen Glühwürmchen, die ihre Verstecke verließen um der Nacht ihre Aufwartung zu machen.

Unbemerkt landete ein Kauz in einer Tanne am Rande der Lichtung. Weder Raani noch der Hirsch schienen Notiz von seiner Ankunft genommen zu haben. Das erste Mondlicht breitete sanft seine Decke über dem Blätterdach des Waldes aus. Als würden die einzelnen Lichtstrahlen Nachrichten mit auf die Erde tragen, ließ der Hirsch seinen Blick von Raani in Richtung des Kauzes gleiten und verschwand wenige Momente später wieder im Wald. Es dauerte noch etwas, bis die Magie des Momentes Raani wieder frei gab und sie ebenfalls ihren Weg zurück antrat. Es war spät geworden


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„Raani liebes, lauf nicht so weit vor!“ Auf dem Markt herrschte ein buntes Treiben. Raani und ihre Eltern hatten es sich nicht nehmen lassen, diesem außergewöhnlichen Ereignis beizuwohnen. Nur selten fand ein so großer Markt in der Hauptstadt der Sprechenden Insel statt. Händler aus dem ganzen Land waren herbeigeeilt ihre Waren feilzubieten. Die meisten Händler waren Menschen, doch auch etliche Zwerge, sowie einige Orks und Elfen waren anzutreffen. Nicht zuletzt gab es sogar einen Dunklen, der seine Handwerksware zum Verkauf anbot. Neben den vielen Händlern waren auch etliche Besucher auf dem Markt. Nur selten hatte die Stadt eine solche Menschenmenge beherbergt. Die Zimmer waren ausgebucht und die Tavernen überfüllt.

Raani konnte es kaum abwarten, an jedem der Stände zu schauen, was zum Verkauf geboten wurde und ob es etwas gab, dass sie von ihrem Ersparten erwerben konnte. Die meisten Stände hatten nichts, dass für sie von Interesse oder Nutzen gewesen wäre. Zuletzt gelangte sie an den Stand des Dunklen, der ein wenig abseits aufgebaut war. Er schien die Nähe zu den anderen Händlern deutlich meiden zu wollen und auch die Besucher des Marktes schienen für ihn nicht von Interesse. Sein Stand wies lediglich einem kleinen Tisch, überdeckt mit einem dunklen Tuch auf. Darauf waren einige wenige kleine Holzfiguren aufgestellt. Der Dunkle schien sich keine Mühe gegeben zu haben, seine Waren sonderlich zur Geltung zu bringen. Sie standen scheinbar ungeordnet, ohne Sinn auf dem Tisch. Figuren von Tieren, Pflanzen und sogar Menschen standen dort. Bei einigen konnte Raani nicht erkennen was sie darstellen sollten, sie sahen für sie wie die Abbildungen eines Steines aus. Doch was hatte es für einen Sinn, das Abbild eines Steines zu formen? Raani nähert sich dem Dunklen langsam, war er doch der erste seines Volkes, den sie je gesehen hatte.

Oft hatte sie den abendlichen Geschichten am Tische ihres Vaters gelauscht, wenn er mit seinen Freunden zu später Stunde noch einen Humpen Bier leerte und sie eigentlich hätte im Bett sein sollen. Meistens waren es harmlose Gespräche, über die Arbeit auf den Feldern oder einen Bekannten, der vom dem Schoße einer Frau gejagt wurde. Doch gelegentlich wurden auch Neuigkeiten vom Festland besprochen, die ein fahrender Händler in einer Taverne in der Hauptstadt der Insel zum Besten gab. Einst, so erinnerte sie sich genau, wurde von einem Überfall einiger Dunkler auf ein kleines Dorf gesprochen. Damals konnte sie sich nicht vorstellen, wie eine Gruppe Elfen ein ganzes Dorf überfallen konnte. Doch dies allein war nicht das schlimmste was sie an diesem Abend mit angehört hatte. Die Freunde ihres Vater hatten erzählt, dass die Dunkeln die Frauen und Kinder des Dorfes in ihre Heimat verschleppt hatten und sie dort schlimmer als Vieh hielten. Einer der Männer sagte sogar, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis die Dunklen auf ihre Insel kämen und dort das gleiche taten. Raani wollte mehr hören, wollte wissen wieso die Dunklen so etwas getan hatten, doch ihre Mutter hatte den heimlichen Lauscher bemerkt und sich auf dem Weg zu ihr gemacht und sie ins Bett gesteckt. Zu Raanis Enttäuschung hatte ihre Mutter ihr dann auch noch so lange ein Lied vorgesungen, bis sie ihre Augen nicht mehr offen halten konnte. Kurz bevor sie einschlief fragte sie sich noch einmal selbst, wieso jemand nur so etwas tun sollte, Frauen und Kinder schlechter als Vieh zu behandeln. Man konnte soviel von Tieren lernen, und sie gaben einem so viel. Das war ungerecht. Dann schlief sie ein.

Plötzlich wurde sie sich gewahr, dass sie immer noch auf dem Marktplatz der Stadt stand, vor dem Stand des Dunkeln. Dieser schaute sie schon ein wenig missmutig an, da sie nur gedankenverloren seine Waren ansah. Oder hatte sie gar ihn die ganze Zeit angesehen? Sie wusste es nicht. Er jedenfalls schien sie genau zu beobachten und auf etwas zu warten. Hastig wendete sie ihren Blick wieder den Waren zu. Sie waren filigran gearbeitet, man konnte nahezu einzelne Teile eines Fells oder die Gesichtszüge eines Menschen erkennen. Der Handwerker hatte sich viel Mühe gegeben. Es dauerte nicht lange, da entdecke Raani zwischen den Figuren die eines Hirsches. Sie schaute den Dunklen kurz fragend an und nahm die Figur dann zaghaft in ihre Hand. Genau sah sie sich das Stück Holz an. Es erinnerte sie an ihren Prinzen. Sie betrachtete den Kopf der Figur näher. Langsam stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, es war ihr Prinz. Sie war sich sicher. Genauso sah er aus, genau dieses Gesicht hatte sie schon so oft auf der Lichtung im Wald gesehen und bewundert. Sie zog die Figur näher an sich heran und richtete dann ihren Blick auf den Dunklen. Noch immer lag ein Lächeln auf ihren Lippen. Leise, aber doch sicher fragte sie ihn, was er für den Hirsch verlangte. Es dauerte einen kurzen Moment bis der Dunkle überhaupt eine Regung zeigte, doch schließlich richtete er das Wort an Raani: „Nimm. Geh.“ war alles was er ihr sagte. Sein Tonfall und seine Züge verrieten nichts über ihn, sie waren ausdruckslos, gleichgültig. Raani schaute ihn noch einen Moment überrascht an, unschlüssig ob es sein Ernst war oder ob er ihr jeden Moment nachlaufen würde, um ihr die Figur wieder aus der Hand zu nehmen. Er schien ihre Unsicherheit bemerkt zu haben und deutete ihr dann mit einer Geste an, die Figur zu nehmen und sich von seinem Stand zu entfernen. Sie zögerte nicht länger, lächelt ihn zum Abschied noch einmal an, drehte sich dann um und suchte ihre Eltern in der Menschenmenge auf dem Platz. Die Dunkeln sind doch nicht so, wie der alte Lutz immer sagt, dachte sie noch bevor sie freudestrahlend ihrem Vater in die Arme lief.
Elfen sind schwul, hocken auf Bäumen und überfallen harmlose Reisende.

P.S. Bin ne Elfe Wink

Fahlyn - Lvl 7x - SWM / lvl 4x - PW
Raani - Lvl 8x - AM (Main) / lvl 7x - Proph
Shalawyn - Lvl 7x - ES / lvl 5x - WC
Leomedes - Lvl 5x - Hawkeye
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#2
sehr nett geschrieben - die detailierten Schilderungen ergeben ein rundes, stimmiges und nachvollziehbares Bild.
Mich würd's freuen wenn's noch weiter geht ...
Now the problem about making yourself stupider than you really are, is that you often succeed C.S. Lewis
Norix - DarkAvanger
Rauvaonar - RP-DE
[Bild: Nbanner9.jpg]
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