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Viridis - der Anbeginn
#9
7.) Die fünf Ascania

„Nicht mehr weit“
„Nur noch ein kleines Stück“
Das war alles an was Viridis in diesem Moment denken konnte, die Anstrengungen der letzten Tage hatten auch an ihr bereits Spuren hinterlassen:
Sie hatte schwarze Ringe unter den Augen, Folge des chronischen Schlafmangels.
Ihr Haar war längst nicht mehr so Geschmeidig wie früher, begann sogar bereits zu verfilzen und sie war Müde.
So Müde das sie glaubte, würde die Reise auch nur einen Tag länger dauern, müsse sie aufgeben und am Wegerand einige Sonnenläufe rasten ehe sie einen weiteren Schritt tätigen konnte.
Ihre Füße waren in ihren, für solch eine weite Reise nicht geschaffenen, Schuhen längst wund gelaufen.
Alles in allem fühlte sie sich miserabel.

Der Turm hingegen der bei jedem Hinsehen ein wenig fragiler und unsicherer Wirkte, schien sie vom Gipfel herab zu verhöhnen zu sagen: Seht nur. „So weit seid ihr gekommen und nun versagt ihr auf der letzten Etappe.“
Und die Elfen waren wahrlich kurz davor, hatten ihre Körper bis ans äußerste beansprucht und der Weg war dennoch so steil und unwegsam wie noch nie zuvor.

Dennoch gaben die drei Geschwister nicht auf, zu knapp waren sie ihrem Ziel gekommen und Nevasúr hatte sich mit seiner Schätzung sie würden den Turm noch vor Sonnenuntergang erreichen erheblich vertan und so mussten die drei noch die gesamte Nacht hindurch ihren Aufstieg fortsetzen ehe sie den letzten Hang erreichten.
Die Sonne sandte bereits ihre ersten wärmenden strahlen die angenehm auf Viridis’ blasser Haut kribbelten.
Es war kalt in dieser Höhe und der eisige Wind der ihnen um die Ohren sauste ließ sie alle heftig frieren.
Langsam färbte sich der Himmel bereits orange, alles schien hier ein wenig schneller zu gehen als unten im Tal.
Die Zeit schien hier ohnehin in anderen Bahnen zu laufen, oder zumindest kam es Viridis so vor, sie wusste nicht einmal wie viel Tage seit ihrem Aufbruch vergangen waren.
Es spielte keine Rolle.

„Wir…“ keuchte Viridis, blieb stehen und schnappte vergeblich nach mehr Luft ehe sie fortsetzte „…wir sind da!“

Der Turm war vor ihnen groß, mächtig aber doch von schmaler Bauart und höher als jedes andere Gebäude das die Elfen je gesehen hatten.

„Mhh“ murmelte Nevasúr blieb stehen und beäugte den Turm misstrauisch. „Irgendetwas gefällt mir nicht an ihm…ich weiß nur noch nicht was.“
„Nun vielleicht das er schief ist?“ witzelte Le’kyth doch keiner lachte.
Sie alle fühlten sich beobachtet, sie wussten das da jemand war der sie Anblickte, die Präsenz war überdeutlich, spürbar.
„Ich wette er hockt da drinnen in seinem sicheren Turm und zittert vor Angst.“ Sagte Nevasúr und sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse die man als Ausdruck von Triumph, darüber, dass man ihn fürchte, hätte deuten können.
„Das sollte er auch. Nach allem was wir wegen ihm durchgemacht haben bin ich nicht mehr so gut auf ihn zu sprechen.“ Sprach Viridis immer noch ein wenig außer Atem.

Viridis bückte sich um ihre Lederschuhe fester zu schnüren, sie waren im Laufe ihres heutigen Aufstiegs immer lockerer geworden.

„So nun können wir weiter“ frohlockte sie und wusste selbst nicht warum sie so gut gelaunt war. Es lag wohl daran das dieses ganze Reise bald schon ein Ende haben würde.

Schnell tippelte sie voran, überholte ihre Brüder die vor ihr gingen und tänzelte dem Turm entgegen.
„Hoppla“ quietschte sie als sie mit ihrem Fuß in einem kleinen Felsriss stecken blieb und fast stolperte.
„Wo kam der denn her?“
Die Antwort auf diese Frage war mit einem Mal jedoch gänzlich unwichtig geworden.
Der Riss wanderte nämlich, wurde länger, größer und es gesellten sich noch einige andere hinzu.
Bald schon war der Boden überzogen mit einer Vielzahl feiner und auch größerer Risse
„Ihr seid hier nicht erwünscht.“ Die Stimme schienen aus dem Nichts zu kommen und die Geschwister waren sich nicht einmal sicher ob sie überhaupt außerhalb ihrer Gedanken existierte, dennoch konnten die drei sie deutlich wahrnehmen.
„Wir werden nicht umkehren…Prophet“ antwortete Nevasúr mit fester Stimme, seine Finger legten sich behutsam auf den Griff seines Schwertes.
„Wer war das denn schon wieder?“ fragte Le’kyth mit zittriger Stimme.
„Spielt es denn eigentlich noch eine Rolle wer da spricht?“ antwortete ihm Viridis die darauf bedacht war gelassen zu klingen, als hätten sie die Erlebnisse der letzten Tage abgehärtet gegen alle Gefahren dieser Welt.
Es misslang ihr.

Die Risse und Spalten übersäten bereits den Boden und hatten begonnen sie einzukreisen. Sie waren sich nun alle sicher, dass es sich nicht um gewöhnliche Naturphänomene handelte, manche der Risse schlossen sich auch wieder nur um sie an anderen Stellen wieder zu öffnen.
Dieses ganze Ereignis wurde von einem unheilvollen Grollen begleitet.

„Ich bin Niyuth, erster Ascanius, Wächter des weißen Turms. Ich bedaure das es so weit gekommen ist und ich bereue was ich gleich tun werde…“ sprach die Stimme in ruhiger melancholischer Stimme weiter.
„Zeig dich endlich!“ rief Nevasúr und schien langsam unruhig zu werden.
„…aber ihr reinblütigen entweiht diesen Boden. Eine Tat die nach unserem Recht mit dem Tod gesühnt werden muss.“ Fuhr die Stimme unbeirrt seiner Worte fort.

Danach wurde es still und diese Stille war unerträglich für jeden der drei.

„Aber natürlich. Die Ascania…“ entfuhr es Le’kyth und mit einem Mal war die gesamte Farbe aus seinem Gesicht verschwunden.
Er kam jedoch nicht seinen Gedanken zu Ende zu denken, denn mit einem Male hatten die Risse aufgehört sie zu Umkreisen. Sie stoben auseinander wie Funken von einem Lagerfeuer und schlängelten sich ein Stück den Berg empor.
„Was wie? Was geht hier vor?“ keuchte Nevasúr.
Die drei Geschwister hatten sich Rücken zu Rücken angeordnet und bildeten so einen Kreis mit dem sie sich vor Überraschungen schützen wollten.
Schließlich kamen die Risse zu Ruhe, behielten ihren Platz inne und schienen alles magische verloren zu haben, lediglich normale Felsrisse zu sein.

„War’s das denn nun?“ flüsterte Viridis die nicht wagte lauter zu sprechen.
„Schien bloß wieder eines seiner faulen Zauberkunststücke zu sein.“ Antwortete ihr Nevasúr.
Die Geschwister warteten noch einige Momente in denen jedoch nichts außergewöhnliches geschah. Keine magischen Risse, kein Grollen, keine Stimmen.
„Wir können nicht ewig warten, seht doch das Ziel ist schon so Nahe.“ Sprach Nevasúr schließlich aus.
Le’kyth sah aus als wolle er etwas sagen doch seine Stimme schien ihm den Dienst zu verweigern.
So setzten sie ihren letzten Aufstieg fort.

Sie hatten erst wenige Schritte den Berg hinauf zurückgelegt da passierte es auch schon:
Der Boden geriet wieder in Bewegung und die Risse sammelten sich unheimlich schnell an einer Stelle nur wenige Schritte vor den Elfen.
Als sie dort angelangt waren stoppten sie und von den äußeren Enden weg begannen sie von innen heraus blass-bläulich zu leuchten.
Immer schneller sausten die Lichter auf das Zentrum zu.

Indes machten die Geschwister hastig einige Schritte zurück während sie nach ihren Schwertern griffen.
Keiner von ihnen wusste was sie erwarten wurde, doch damit hatten sie nicht gerechnet.

Als die Linien nach kurzer Zeit schon das Zentrum erreicht hatten ging alles furchtbar schnell.

Die Lichter pulsierten noch ein letztes Mal ehe sie erloschen und sich in einem gewaltigen Lichtimpuls entluden der so schrecklich in den Augen brannte, dass sich die Geschwister die Hände vorhalten mussten weil sie zu erblinden glaubten.
Nahezu Zeitgleich begann der Berg heftig zu Zittern und kaum das das Licht erloschen war schien der Boden an dem sich die Linien gesammelt hatten regelrecht zu explodieren und eine Gestalt schoss daraus hervor.
Es erwies sich als glücklich, dass die Elfen ihre Augen abgeschirmt hatten denn durch die kleine Explosion bedingt flogen tausende kleine scharfe Steinsplitter durch die Luft die so scharf waren wie kleine Messer und in der Haut der Elfen tiefe Schrammen hinterließen.
„Es tut mir leid…“ sprach die Stimme ironischerweise.

Langsam ließen die Drei ihre Hände wieder sinken und nun konnten sie die Kreatur genauer erkennen die nur wenige Schritte vor ihnen in der Luft schwebte.
„Ein Schatten!“ entfuhr es Viridis.
Sie erkannte das Wesen sofort doch von der Nähe betrachtet wirkte es gar nicht so groß wie sie immer vermutet hatte.
Es war ein fragiles geflügeltes Wesen das doch eine unglaubliche Aura der Kraft und Beständigkeit umgab. Es schien eine Symbiose aus etwas lebendigem und dem toten Gestein des Giráns zu sein und sein Körper war übersäht mit blauen stetig pulsierenden Linien.
Die Augen sahen direkt in die von Viridis.
Sie waren ebenso wie die Linien von blässlichem blau und wirkten auf seltsame Weise müde und traurig.
So standen die Elfen einige Moment dem Ascanius, oder Schatten wie er in der modernen Sprache oft genannt wird, gegenüber in denen sie sich bloß gegenseitig betrachteten.

Dann ohne jegliche Vorwarnung schoss der Schatten in die Luft. Hoch hinauf höher als der weiße Turm war und schoss dann mit einem gewaltigen Tempo das den Elfen kaum Zeit zu reagieren gab auf sie herab.
Viridis, die offensichtlich Ziel dieses Angriffs war riss gerade noch rechtzeitig ihr Schwert in die Höhe um zumindest zu verhindern in Stücke gerissen zu werden, denn die Klauen des Ascanius waren so scharf wie Klingen.
Die gewaltige Wucht mit der das Wesen gegen ihr erhobenes Schwert prallte ließ sie einige Schritte zurücktaumeln und schließlich auf den Boden fallen.
„Viridis schnell hier her!“ rief ihr Nevasúr zu der mit Le’kyth Deckung unter einem schmalen Felsvorsprung gefunden hatte.
Der Ascanius setzte wieder zum Angriff an, stieß sich von oben auf Viridis herab.
Mit einer impulsiven Reaktion die sie selbst nicht erwartet hätte rollte sie sich zur Seite und sah wie die scharfen Klauen in exakt die Stelle sausten an der kurz zuvor noch sie gelegen hatte.
Schnell rappelte sie sich auf und stolperte in Richtung des Felsvorsprungs.
Die Klauen gruben sich tief in ihren Rücken.
Sie fühlten sich kalt an. So kalt wie der eisige Wind der nun herrschte und kleine Felsstücke umherwehte.
„DU UNTIER!“ brüllte Nevasúr vor Wut auf als er sich aus dem Felsvorsprung dem Ascanius entgegen warf.
Viridis spürte wie der eisige Schmerz in ihrem Rücken langsam nachließ.
Sie hörte den gewaltigen Aufprall Nevasúr’s Schwertes auf dem Körper des Schattens und das schaben von Metall an Stein als sie mühsam und mit verklärtem Blick in den Schutz des Felsvorsprunges stolperte.
„Le’kyth…wir müssen ihm helfen…“ stammelte sie.
Ihr Bruder schwieg lediglich und sah seltsam abwesend aus als er den Kampf zwischen dem Elfen und dem Ascanius beobachtete.
„Le’kyth!“ sie schüttelte ihn wie um ihn wachzurütteln doch es änderte nichts an seinem Zustand.
„Sieh doch Viridis. Er kann den Ascanius nicht verletzen.“ Sprach er mit abwesender Stimme und deutete ihr den Kampf zu beobachten.
Es war wie Le’kyth es beschrieben hatte.
Nevasúr’s Schwert prallte wirkungslos an der steinigen Hülle des Ascanius ab. Es gelang ihm lediglich ihn ein paar mal von seiner Bahn abzulenken doch fügte er dem Wesen keine ernsthaften Verletzungen zu.
„Aber…“ stammelte Viridis.
Le’kyth deutete ihr zu schweigen.
„Ich habe viel Zeit in der Bibliothek verbracht Viridis…es gibt nur einen Weg einen Ascanius zu töten.“ Sprach er mit ruhiger Stimme weiter, ohne auf die wütenden Schreie seines Bruders zu achten.
„Du musst eine Klinge…“
Doch Le’kyth kam nicht dazu seinen Satz zu vollenden denn in diesem Moment hatten sich die Risse, unbemerkt durch den Trubel des Kampfes wieder in Zentren gesammelt und das Schauspiel das die Elfen vorhin schon erlebt hatten wiederholte sich von neuem.
Die Gesteinssplitter die die Luft nun erfüllten verdunkelten das Licht der aufgehenden Sonne und den blauen Himmel der über ihnen Thronte.
Mit einem Male stand Nevasúr nicht mehr einem sondern gleich fünf Ascania gegenüber die ihn mit ihren traurig-müden Augen anblickten.
„Nevasúr!“ kreischte Viridis panisch als die fünf Schatten synchron in den Himmel empor sausten.
Sie rannte los, hinaus aus dem Felsvorsprung, schüttelte die Hand ihres Bruders ab der sie noch zurückhalten wollte.
„Viridis los geh wieder unter den Felsvorsprung!“ rief ihr Nevasúr grimmig zu klang jedoch nicht gerade überzeugend.
Sein Arm hatte bereits einige Schrammen abbekommen doch Viridis stellte glücklich fest, dass er noch keine ernsthaften Verletzungen trug.

Gleich würden sich die Ascania auf sie herabstürzen.
Viridis fühlte das warme Blut, das aus der offenen Wunde ihren Rücken hinab rann, doch sie fühlte keinen Schmerz.
Noch nicht.
Mit zittrigen Fingern klammerte sie sich um den Griff ihres Schwertes, noch nie hatte sie sich in einem echten Kampf, in dem es um Leben und Tod ging, befunden.
Nevasúr schien zu beten.
Und mit einem Mal, Viridis hatte sie noch nicht einmal hören kommen waren die Ascania da.
Drei von ihnen stürzten mit ungebremster Wucht auf Nevasúr herab, zerschnitten mit ihren Klauen seine blasse Haut und warfen ihn, bedingt durch ihren enormen Schwung mehrere Schritte den Berghang hinab.
Die anderen zwei stießen auf Viridis hinab.
Einzig ein Reflex der sie zur Seite springen ließ rettete ihr das Leben und die Ascania funkelten böse.
Nun aber lag Viridis auf dem Boden, viel zu langsam um sich erneut vor den Klauen beider Schatten zu retten.
Einer der beiden musste sie unweigerlich Treffen, sie sah keinen Ausweg und gerade als einer der Ascania erneut auf sie zu sauste und sie die Augen schließen wollte sah sie wie Le’kyth mit wild funkelnden Augen, im Hechtsprung hoch durch die Luft segelte und den Schatten mit sich auf die Seite riss.
Überrascht durch diese unerwartete Situation wandte sich auch der zweite Ascanius von Viridis ab und als sie sich aufsetzte konnte sie sehen, dass auch zwei von Nevasúrs Angreifern von ihm abgelassen hatten.
Dennoch stockte ihr der Atem als sie ihn so liegen sah. Hilflos, den letzten der Ascania über sich schwebend der sich auf den Todesstoß vorbereitete.
Sie rappelte sich auf, viel wieder hin, griff panisch nach ihrem Schwert und lief los.
Aus den Augenwinkeln konnte sie Le’kyth erkennen wie er sich gegen vier Ascania gleichzeitig zur Wehr setzte.
Für einen kurzen Augenblick fanden sich ihre Blicke und es war ein glitzern in seinen Augen wie sie es noch nie gesehen hatte. Er war in Rage.
Verzweifelt versuchte er sich mit seinem Schwert Luft zu schaffen.
„Viridis!“ rief er und hieb nach zwei der Schatten.
Sie wusste nicht warum doch sie blieb stehen.
In diesem Moment warfen sich die vier Ascania Zeitgleich ihrem jüngeren Bruder entgegen und ließen ihn in einem Wirbel aus schwarzen Flügeln verschwinden.
„VIRIDIS…DU..MUSST…IHR HERZ!“ drangen seine Wortfetzen durch die Reihen der Angreifer danach verschwand er völlig.
Viridis stand einen Moment perplex da, wusste nicht was er meinte noch was sie zu tun hatte, bloß das sie etwas tun musste.
Die Entscheidung wurde ihr durch einen entsetzten Schrei Nevasúrs abgenommen.
Sie wirbelte herum und legte die verbleibende Distanz zu ihrem Bruder in wenigen Augenblicken zurück.
Der Ascanius stieß gerade auf Nevasúr herab um ihm den Hals auf zu schlitzen.
Sie warf sich das letzte Stück nach vorne, dem Schatten entgegen und hieb mit aller Kraft die sie besaß und der Macht der Verzweiflung gegen den steinharten Oberkörper des Wesens.
Erneut das Schaben von Metall auf Stein, funken Stoben von der Klinge, doch das Ergebnis war mehr als nur ernüchternd.
Zwar wurde der Ascanius aus seiner Bahn geworfen, doch drang die Klinge nicht einmal ein winziges Stück durch die harte Steinhaut.
Nevasúr lag immer noch unbewaffnet auf dem steinigen Boden, er hatte einige neue Verletzungen zugefügt bekommen doch wie es schien keine schweren.
Der Ascanius schwebte in einiger Höhe über ihren Köpfen, seine Augen blickten Viridis traurig an.
Ihre hingegen wurden von den pulsierenden Linien in Bann gezogen die den Körper zierten und schließlich in eine Stelle unterhalb der rechten Schulter mündeten.
Die Erkenntnis durchzuckte sie wie ein Blitz.
„Ihr Herz…“ wisperte sie.
Der Ascanius schien zu wissen was sie gesehen hatte und seine Augen wirkten alles andere als feindlich und hatten sogar ihren traurigen Blick verloren.
Viridis schienen sie sogar freudig zu Funkeln.

Der Ascanius stieß erneut aus der Luft herab, direkt auf Viridis zu.
Sie wusste was zu tun war.
Mit vollster Konzentration hob sie ihr Schwert an und trieb es tief in die Stelle in welche die pulsierenden Linien liefen.
Die elfische Klinge wanderte durch den Körper des Ascanius wie durch Butter und kaum hatte sie ihn völlig durchquert zerfiel es zu Asche und ein lauter Schrei, der jedoch nicht qualvoll sonder vielmehr erlöst klang, erfüllte die Luft:
„NIYUTH!“
Aus der am Boden liegenden Asche erhob sich ein winziges blaues Flämmchen das langsam in Richtung der aufgehenden Sonne schwebte.

Für einen kurzen Moment wollte Viridis einfach nur verharren und der Flamme zusehen, so einmalig erschien ihr der Anblick jener.
Sie wurde jedoch je aus ihren Gedanken gerissen als sie Nevasúr an sich vorbei hasten sah, das Schwert erhoben.
Es galt keine Zeit zu verlieren.

Die Klinge wirbelte wütend umher, versuchte seinen Gegnern Schaden zu zufügen und prallte doch nur ab.
Le’kyth sah sich immer noch gleich vier der Schatten gegenübergestellt, hatte sich jedoch bis jetzt immer wieder durch waghalsige Manöver das Leben retten können und sich sogar ein wenig Luft geschaffen.
Der Schrei des gefallenen Ascanius ließ die anderen vier kurz in der Luft inne halten.
Le’kyth blickte sie an, wie sie nur ein wenig über ihm schwebten und wagte kaum zu Atmen, aus Angst er würde sie damit wieder auf ihn Aufmerksam machen.
Dem Schrei folgte Stille, selbst der Wind der sie zuvor noch umstürmte hatte sich gelegt.
Und dann, ohne jede Vorwarnung nahmen die Ascania den Kampf wieder auf, entschlossener als zuvor.
Der schlaksige Elf war am Ende seiner Kräfte und dennoch versuchte er sich mit unheimlicher Entschlossenheit dem Angriff zu erwehren.
Er holte aus, schwang das Schwert mit voller Wucht gegen den Schädel des ersten der Schatten der auf die Seite geschleudert wurde, lenkte seine Kraft um und versuchte das Herz des zweiten zu treffen das er nur knapp verfehlte und ließ die Klinge mit einem kläglichen Schrei fallen.
Er konnte jede der eisigen Klauen spüren und wie sie sich ihren Weg durch seinen rechten Arm gruben.
Tief und immer tiefer ins Fleisch.
Der Ascanius ließ nicht locker und grub sie lediglich tiefer in Le’kyths Arm hinein.
Der Schmerz war so gewaltig, so entsetzlich als sich die Klauen endlich zurückzogen, dass er nicht einmal die Kraft hatte vor den übrigen Ascania zu flüchten.
So sank sein Körper zu Boden, den rechten Arm fest an den Körper gepresst sodass seine Kleidung von dem vielen Blut getränkt wurde das aus seinem verletzten Arm sprudelte wie das Wasser aus einer Bergquelle.
Er zitterte, seine Augen wollten nicht blicken, wollten geschlossen sein für immer.
Die Szenerie verschwamm langsam vor seinem Auge, der Schmerz übernahm Besitz von ihm führte ihn einen langen Pfad des Leidens entlang.
Doch gerade als ihn diese gesammelten Gedanken im Geiste zu erdrücken versuchten sah er etwas an sich vorbei huschen, so schnell, dass er es kaum registrierte und er folgte dieser Erscheinung und sah wie sie, mit dem Wesen über ihm zusammenprallte, die beiden Schatten zu verschmelzen schienen ehe sich der Ascanius mit einem Schrei in eine andere Form des Seins überging, verschwand.
„YSTHRIN!“
Le’kyth riss ungläubig seine Augen auf doch es blieb eher bei dem Versuch, langsam wurde es dunkel um ihn doch ehe die Ohnmacht ihn zur Gänze übermannte flüsterte noch erstaunt ein einziges Wort:
„Nevasúr“

Der erste der vier verbliebenen Ascania war besiegt, noch ehe er Nevasúr heran nahen gesehen hatte und auch der zweite verabschiedete sich mit einem lauten Ausruf seines Namens noch bevor er Zeit hatte zu reagieren.
„ASHMAEL!“
Nevasúr zog die Klinge zurück die ehe noch im Körper des Schattens gesteckt hatte und nun in der Luft schwebte.
Gerade als er damit rechnete, dass die eisigen Klauen des dritten Ascanius seinen Körper zerschnitten stürmte Viridis heran und bescherte dem Schatten einen schnellen Tod.
„ISALDIA!“ waren die letzten Worte des Wesens und dieses Mal war es der Stimme nach wohl weiblich gewesen.

Die Flügel des letzten Ascanius schlugen ruhig, nahezu gelassen über ihren Köpfen. Er machte keine Anstalten sie zu attackieren. Stattdessen blickte er Viridis mit seinen seltsamen Augen intensiv an und sprach:
„Es tut mir Leid…“
„Dafür ist es zu spät.“ Keuchte Viridis und nahm ihr Schwert empor was ihr aufgrund ihrer Verletzung mitunter recht schwer fiel.
„Ich freue mich schon ihn zu sehen…lass es uns zu Ende bringen…“
Danach herrschte für einen kurzen Moment totale Stille, keiner wagte etwas zu sagen und Viridis wünschte er würde nie zu Ende gehen um ihr das unvermeidbare zu ersparen.

Ihr Wunsch wurde nicht erfüllt.
Der letzte der Ascania hob sich noch ein wenig höher in die Luft und sauste auf Viridis zu, direkt auf die Klinge die seinen Körper Bruchteile später durchbohrte und seinem Leben ein Ende bereitete.
„HYRALUS“

Beim Klang dieser Worte ließ Viridis ihr Schwert fallen, sie blickte sich um in die Gesichter ihrer Geschwister.

Mit ungläubigem Blick sah sie der Essenz des Ascanius mit dem Namen Hyralus zu wie sie langsam in den Himmel tänzelte.
„Hab…Habe ich gerade...? Aber er war doch schon tot.“ Stammelte sie und die Panik die sie ergriffen hatte ließ sie nicht mehr zur Ruhe kommen.
„Viridis…Viridis! Sieh mich an. Das war nichts als ein Zufall. Du hast ihn nicht getötet, zumindest nicht den Hyralus den wir kannten, der in Rihángis lebte.“ Sprach Nevasúr mit sanfter Stimme und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter.

Viridis beruhigte sich wieder, sie wusste, dass es albern war so etwas auch nur zu denken doch das Wesen schien ihr so seltsam vertraut.

Erst nachdem sie sich wieder gefangen hatte bemerkte sie das Le’kyth immer noch schwer verletzt und bewusstlos auf dem steinigen Boden lag der vom Blut seiner Hand leicht rötlich gefärbt war.
„Le’kyth! Du musst aufwachen! Sprich zu uns!“ kreischte sie als sie sich zu ihm kniete und ihn packte.
„Das ist eine schwere Verletzung. Ich denke nicht, dass sie zur Gänze Heilbar sein wird.“ Murmelte Nevasúr der einigermaßen bewandert in Heilkunde war, als er den Arm seines Bruders genauer musterte.
„Er…fühlt sich so taub an…“ krächzte Le’kyth und starrte sie mit entsetzten Augen an.
„Mhh…möglicherweise wurden die Sehnen durchtrennt. Ich werde die Wunde versiegeln und die Blutung stoppen Le’kyth, doch ich fürchte du wirst in Zukunft mit linker Hand deine Klinge führen müssen.“

Le’kyth schluchzte nur noch und brach in Tränen aus.
So verbrachten sie den restlichen Tag damit ihm gut zu zureden, ihn zu trösten und seine Wunde zu heilen so gut es ihre bescheidenen Kenntnisse der Heilkunde es zuließen.

Schließlich begann die Sonne wieder zu sinken und Le’kyth war neben seinem Bruder in einen unruhigen Schlaf gesunken.
„Der Wille Eva’s ist unergründlich…“ sprach Nevasúr langsam.
„Ach bitte erspar mir das.“ Entgegnete ihm Viridis wütend.
Sie blickten sich an und Viridis fühlte, dass sie einiges zu bereden hatten und Le’kyth sie beide brauchte, auf sie angewiesen war.
Dennoch sagte sie lediglich:
„Der Turm ist nur noch ein paar Steinwürfe entfernt. Wir sollten Prioritäten setzen.“
Die Worte taten ihr schon in dem Augenblick da sie ihren Mund verließen Leid doch sie konnte sie nicht rückgängig machen.
„Du hast Recht. Geh und beende diese Hoffnungslose Reise alleine…ich setze meine Prioritäten und bleibe hier.“ Antwortete ihr und seine Worte waren so voller Enttäuschung das sie es nicht länger ertragen konnte in seiner Nähe zu sein.

Wortlos nahm sie ihre Tasche, hing sie um und stapfte das letzte Stück zum weißen Turm empor.

Nur wenig später stand sie vor ihm und blickte empor bis zur Spitze.
„Hier wohnst du also, gottloser Bastard.“
Mit diesen Worten griff sie zittrig nach dem Knauf und zog daran.
Die Tür öffnete sich quietschend, sie war offenbar lange nicht mehr benutzt worden.

Im inneren herrschte absolute Dunkelheit.
Viridis machte einige Schritte hinein und verschmolz mit der Schwärze um sie herum.
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Viridis - der Anbeginn - von Viridis - 09.05.2007, 22:03
[Kein Betreff] - von Aadieson - 11.06.2007, 12:08
[Kein Betreff] - von Lariiel - 22.06.2007, 10:22
[Kein Betreff] - von Nebelkatze - 22.06.2007, 12:44
[Kein Betreff] - von Viridis - 12.08.2007, 16:22
[Kein Betreff] - von Lariiel - 13.08.2007, 18:02
[Kein Betreff] - von Aadieson - 06.09.2007, 11:58
[Kein Betreff] - von Nebelkatze - 07.09.2007, 21:54
[Kein Betreff] - von Viridis - 18.09.2007, 16:23
[Kein Betreff] - von Lariiel - 18.09.2007, 18:01
[Kein Betreff] - von Viridis - 20.09.2007, 11:21
[Kein Betreff] - von Aadieson - 21.09.2007, 06:42
[Kein Betreff] - von Lariiel - 25.09.2007, 12:51
[Kein Betreff] - von Aadieson - 25.09.2007, 13:41
[Kein Betreff] - von Viridis - 26.09.2007, 17:32
[Kein Betreff] - von Lariiel - 26.09.2007, 18:06
[Kein Betreff] - von Viridis - 16.11.2007, 15:49
[Kein Betreff] - von Lariiel - 18.11.2007, 19:59
[Kein Betreff] - von Aadieson - 20.11.2007, 08:13
[Kein Betreff] - von Lariiel - 27.11.2007, 16:02
[Kein Betreff] - von Viridis - 01.01.2008, 16:32
[Kein Betreff] - von Aliana - 05.01.2008, 12:15
[Kein Betreff] - von Lariiel - 17.02.2008, 01:02

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