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Oghtaqa - der blutrote Traum
#4
IV In der Höhle des Werwolfs


„Ich kenne dieses Zeichen,“ murmelte der alte Ork mit dem einen Auge und deutete auf etwas, das er in der Hand hielt. Er sprach zwar ihren Dialekt des Orkischen, allerdings mit einem so seltsamen Akzent, dass sie sich sehr konzentrieren musste, um das zu verstehen, was er sagte. „Ich könnte dir sagen, was ich davon weiß,“ meinte er mit einem schmierigen Lächeln auf den Lippen, „doch... ich weiß nicht, wieso ich dir das erzählen sollte... Stadtgardist!“ Das letzte Wort sprach er so verächtlich aus, dass es beinahe wie ein Schimpfwort klang. Sie spürte die Wut in sich hochsteigen, packte ihn am Kragen und zischte: „Wenn du heute Nacht nicht sterben willst, so sag mir, was du weißt!“ Der Ork, der scheinbar eine ähnliche Reaktion erwartet hatte, grinste sie an und richtete seinen Blick die dunkle Gasse entlang, in der sie sich befanden, und auf das sich im Wind hin- und herbewegende Holzschild mit einem ungelenk aufgemalten Wildschwein darauf, das an einem der recht schäbigen Häuser angebracht war. Er grinste noch immer, nickte mit dem Kopf auf das Haus und sagte höhnisch: „Dort drinnen befinden sich wohl um die zehn starke Krieger, die auf meinen Schrei hin angreifen würden. Das würdest du doch nicht riskieren wollen, nicht wahr?“ In ihrem Blick zeichnete sich für einen Moment Unentschlossenheit ab, so als würde sie die Worte des Einäugigen abwägen. Doch dann war es das Feuer, das in ihr brodelte und kochte, das sie dazu brachte, den Ork noch fester zu packen, sodass seine Füße kaum noch den Boden berührten, und ihn gegen die nächste Hausmauer zu drängen. „Sollen sie nur kommen!“ knurrte sie mühsam beherrscht zwischen ihren zusammengepressten Zähnen hervor, ihr Gesicht so nahe an seinem, dass er ihren Atem spüren konnte, „ich werde den Kampf mit ihnen aufnehmen, wenn es sein muss. Und wenn es sein muss, dabei untergehen!“ Der alte Ork, der bereits vieles gesehen hatte, sah aus ihrem Blick das Feuer sprühen und da wurde ihm klar, dass sie ernst meinte, was sie sagte. Langsam hob er die Hand, die das Amulett umklammert hielt, das sie ihm gereicht hatte, und setzte vorsichtig an, zu sprechen, jedes Wort sorgsam auswählend: „Du... sagtest, die menschlichen Zeichen rund um das Bild sind eine Abkürzung, aber dass du nicht wüsstest, was das Bild in der Mitte bedeutet. Nun... das Bild in der Mitte stellt einen Werwolf dar. Und dieser ist ein Zeichen der Timaks, die vor längerer Zeit aus dem Gebiet der Orks vertrieben wurden. Ich selbst war einst einer von ihnen, bis sie mich als Verräter aus ihrem Stamm jagten, nachdem sie mir mein Auge genommen hatten.“ Er verstummte und blickte die Orkin vor sich mit Unbehagen an. Diese hatte ihn noch immer in ihrem Griff und sah ihn mit einem Blick an, aus dem purer Zorn sprach. Sie schüttelte ihn und herrschte ihn an: „Wo finde ich die Heimstätten der Timaks?“ Der alte Ork, der seine Nervosität jetzt nur noch schwer verbergen konnte, wand sich und presste sich an die Mauer hinter ihm, dann beeilte er sich zu antworten: „Du... findest ihre Hütten in der Nähe der menschlichen Städte Giran und Oren, es... ist nicht weit von hier!“ Die Orkin sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an und erwiderte mit leiser, aber drohender Stimme: „Wenn du nicht die Wahrheit gesagt hast, dann komme ich wieder und töte dich. Und wenn du deine zehn Krieger, die auf dich hören, gegen mich schickst, komme ich wieder und töte dich.“ Mit diesen Worten lockerte sie den Griff, der den einäugigen Ork an der Mauer des Hauses festgenagelt hatte; dann hob sie die Linke und setzte den Ork mit einem Schlag ihrer Faust auf seinen Kopf außer Gefecht. Dann ließ sie ihn neben die Hausmauer fallen, entnahm seiner kraftlosen Hand das Amulett und verließ mit schnellen, entschlossenen Schritten die dunkle Gasse mit den schäbigen Häusern.
Und schon ärgerte sie sich über sich selbst. Dumm war sie gewesen, dass sie ihre Wut wieder einmal über ihre Vorsicht hatte siegen lassen. Dieses alte Schlitzohr hätte tatsächlich zehn Männer zu seiner Verfügung haben können, die sie nur zu leicht hätten töten können. Doch nun wusste sie, dass der Ork ein Verräter war, und sie wusste auch, dass Verräter niemanden hatten, der auf sie hörte. Aber es hätte anders sein können... sie schüttelte über sich selbst den Kopf und nahm sich vor, das nächste Mal zu versuchen, ihren Zorn besser unter Kontrolle zu halten. Dann eilte sie zur Halle der Stadtwache, um so schnell wie möglich das Nötigste für die Reise zusammenzupacken. Um Renor, dem Oberhaupt der Wache, mitzuteilen, dass sie nun ihre Rache vollziehen würde, rammte sie ihr langes Messer mit der gezackten Klinge in die Tür zum Schlafsaal, dann verließ sie die Hallen. Am Hauptplatz Dions angelangt, auf dem sich in dieser mondlosen Nacht niemand befand, schritt sie zum großen Baum und ritzte dort mit ihrem anderen, kleineren Messer orkische Zeichen ein, damit Corback wusste, wo sie war, was sie tat und dass sie, sofern sie es vermochte, bald zurück sein würde. Schließlich verließ sie die Stadt, ihren Hammer geschultert und ein orkisches Lied anstimmend, das von Vergeltung handelte.
Oghtaqa, Varasha-thaq, Urutu-ekk
urgh-na paash Paagrio-thaq

Thaarmakk, Oghtaqa-thaq, ?-ekk

Rorrth, Gorgh-thaq, Neruga-ekk
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Oghtaqa - der blutrote Traum - von Lelwani - 09.12.2006, 12:09
[Kein Betreff] - von Lelwani - 09.12.2006, 12:10
[Kein Betreff] - von Lelwani - 10.12.2006, 19:21
[Kein Betreff] - von Lelwani - 11.12.2006, 19:12
[Kein Betreff] - von Lelwani - 12.12.2006, 20:58
[Kein Betreff] - von Lelwani - 14.12.2006, 08:39
[Kein Betreff] - von Thandorak - 29.08.2008, 21:29
[Kein Betreff] - von Lelwani - 29.08.2008, 21:43

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