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Benji - Der Kampf eines Poeten
#51
23: Kinder Lomerias

Die Kinder versammelten sich um den Mann auf dem Holzschemel. Eines der Mädchen hielt einen abgegriffenen Hund aus Leinenstoff in beiden Händen, als es sich zu den Anderen setzte. Gespannt warteten die Kinder des friedlichen Dorfes der Menschen ~ Lomeria ~ darauf, dass der Geschichtenerzähler begann.

"Erzähl uns eine Geschichte, Geschichtenerzählermann!", forderte ein Mädchen mit blonden Zöpfen ihn auf. Dabei wippte sie aufgeregt auf und ab. Der Mann lächelte und fragte ihn die Runde der Kinder:

"Wollt ihr alle eine Geschichte hören?“.

Da die Eltern der Kinder ihre Arbeit in den Läden oder auf dem Acker verrichteten und den Kindern so langweilig war, dass sie sonst nur ihre Flausen die sie im Kopf hatten ausleben würden sagten sie einstimmig: "Jaaaaa!"

"Gut, wenn das so ist; Welche Geschichte wollt ihr hören?", der Geschichtenerzähler schaute ein Kind nach dem anderen an und deutete dann auf einen kleinen Jungen aus der hinteren Reihe: "Was für eine Geschichte magst du hören?"

Der Junge mit dem roten Haar steckte seine dreckigen Hände in seine ausgebeulten Hosentaschen, um dann aus einer Tasche einen Regenwurm zu ziehen und diesen in die Höhe zu halten.

„Erzähl uns etwas über Regenwürmer!“, sagte der kleine Rotschopf bestimmt. Die anderen Kinder lachten, aber der ältere Mann den man Geschichtenerzähler nannte lächelte.

„Regenwürmer… Ihr wisst doch bestimmt, dass man Regenwürmer zum angeln benutzen kann, ja?“, auffordernd nickte er mit dem Kopf, ein paar Kinder taten es ihm gleich.

„Ihr müsst wissen, Regenwürmer sind sehr nützlich. Nicht nur das die Fische und die Vögel sie gern verspeisen, sie verarbeiten auch den Dreck der Natur zu furchtbarer Erde.“ Langsam hatten die Kinder sich wieder beruhigt und lauschten dem Geschichtenerzähler.

„Diese Erde bringt neues Leben hervor, man kann darin Zwiebeln oder Erdäpfel pflanzen. Fragt einmal eure Eltern, die wissen wie wichtig fruchtbare Erde auf dem Acker ist…“

Der kleine rothaarige Junge sprang mit einem Mal auf, den Regenwurm fest umklammert und rannte durch das Dorf. Verwundert blickten ein paar der Kinder ihm hinterher, es dauerte nicht lange und sie folgten ihm ~ wollten wissen was er nun wieder anstellen würde.

Sie fanden ihn neben dem Haus seiner Eltern, hastig grub er mit den Händen ein kleines Loch, rupfte Grasbüschel aus dem Boden. „Was machst du da?“, fragte ein hagerer Junge mit laufender Nase.

„Helft mir mal.“, sagte der Rotschopf bestimmt. „Das muss ein ganz großes Loch werden.“ Seine himmelblauen Augen ruhten kurz auf der Handvoll Kinder die um ihn herumstanden, bevor er weiterbuddelte. Eines der Mädchen nickte und setzte sich neben ihn, vergrub ihre gewaschenen Hände in der Erde und half dem Jungen beim graben. Kurz darauf taten es ihr die anderen Vier gleich.

Als die Kinder bis zur Hüfte in dem Loch stehen konnten, krabbelte der rothaarige Junge wieder heraus und eilte in die Küche des Elternhauses. Es dauerte nicht lange und er rief zu den anderen heraus: „Helft mir mal bitte. Ich schaffe es nicht allein.“ Die fünf übrigen Kinder, alle bereits schmutzig durch die viele Erde, schauten sich fragend an. Sie wussten noch immer nicht was er eigentlich vorhatte, aber sie waren neugierig genug um mit zu machen.

So trugen die insgesamt sechs Kinder den schweren Zuber aus dem Haus, der mit Speiseabfällen gefüllt war, den später wohl die Schweine bekommen hätten. Schmeißfliegen hatten sich bereits darauf breit gemacht. Mit aller Kraft hievten die Kinder den Zuber zum Erdloch. „Jetzt da rein mit dem Abfall.“, ächzte der rothaarige Junge. Gesagt getan. Der ganze Speisematsch floss in das Loch.

„Ieh das stinkt.“, beschwerte sich eines der Mädchen und hielt sich die Nase zu. Der Rotschopf war schon wieder bei dem Erdhaufen und pulte die Regenwürmer heraus. „Erst die Regenwürmer hinein, dann die Erde wieder drauf.“, meinte er bestimmt. Auch bei diesem Vorhaben halfen die Kinder mit.

Es dauerte seine Zeit, bis die ganze Erde wieder auf dem alten Fleck war, ein Hügel war entstanden. Wenn der Geschichtenerzähler Recht hatte, würde aus dem Hügel bald ganz viel Erde kommen die für den Acker gebraucht werden konnte.

Die sechs Kinder schauten jeden Tag an dem Hügel neben dem Haus vorbei und beobachteten wie er sich veränderte. Einige Monde vergingen, bis sie das Ergebnis ihren Eltern präsentieren konnten. Aber es hatte sich gelohnt. Die Äcker wurden wieder fruchtbarer, die Ernte wurde besser und es wurden weniger Leute krank durch die Essensreste in den Küchen.

Eines Tages fragte die Mutter ihren rothaarigen Sohn: „Warum hast du das gemacht, wie bist du darauf gekommen?“

„Der Geschichtenerzähler hat mich auf diese Idee gebracht… aber ohne die Hilfe der anderen Kinder hätte ich es nicht geschafft.“

Sie lächelte: „Was ist das für ein Gefühl gewesen?“

„Es hat Spaß gemacht, etwas gemeinsam zu tun… und es hat mich gefreut, dass der Geschichtenerzähler Recht hatte. Später will ich auch andere Leute auf nützliche Ideen bringen. Ich werde Geschichtenerzähler!“

Die Mutter strich ihrem Sohn über den Kopf: „So soll es sein, Benji.“
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#52
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#53
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#54
24: Angst

Benji erwachte wieder, nicht zum ersten Mal in dieser Nacht. Der Schmerz in seiner Brust, dort wo der Eissplitter ihn durchbohrt hatte, weckte ihn erneut. Aus Gewohnheit wollte er seine rechte Hand auf die Stelle legen, doch die beantwortete die Bewegung mit einem stechenden Schmerz. Benji zog die Augenbrauen zusammen und ließ die Hand wieder sinken.

In der linken Hand lag noch immer die neue Panflöte, die Galenya ihm gegeben hatte. Er umklammerte das warme Holz, als wollte er damit den Schmerz vertreiben. Dann öffnete er die Augen, hob die Hand und betrachtete das Musikinstrument mit einem Lächeln. Das letzte Stück um ihn zurück zu holen, weg vom Morden. Weg aus der Dunkelheit. Er war glücklich darüber.

Er wusste, dass Galenya ebenso erleichtert war. Benji hatte es in ihren Augen deutlich sehen können. Erst die Angst vor seiner Schattenseite, die noch immer nicht ganz verflogen war… dann die Freude, welche ihm das Flötenspiel herangetragen hatte. Er war froh wieder den Ruf einer Flöte zu verspüren, all die Gefühlseindrücke die er damit einfing oder ausstrahlen konnte: Das hatte er vermisst. Er fühlte sich lebendig.

Die Panflöte verschwand in der Robe, die man ihm angezogen hatte. Dann wandte er den Kopf zur Seite, um in den Krankensaal blicken zu können. Er war allein. Damit hatte er nicht gerechnet.


„Du warst doch nicht etwa die ganze Zeit hier? Wehe du hast nicht geschlafen.“, Benji war froh, dass Galenya bei ihm war als er tief in der Nacht erwachte.

„Du glaubst doch nicht, dass ich dich je wieder aus den Augen lassen?“, war ihre berechtigte Antwort. Zuviel hatte sie durchgemacht mit ihm, ohne ihn.

„Nein…“, Benji schloss seine Augen und lächelte. Er würde sie auch nicht alleine lassen. „Nie mehr.“


„Galenya?“, frage Benji vorsichtig in den Raum hinein. Zweimal, dann setzte er sich auf. Ein Schwindelgefühl ereilte ihn, sodass er sich beinahe wieder hingelegt hätte. Doch er konnte nicht, er musste wissen wo sie ist. Etwas in ihm raste, als er die Beine über das Bett schon, die Füße auf den Boden gleiten ließ. Es war sein Herz. Schmerzen. Angst.

„Galenya…“, wieder suchte er mit den Augen den Raum ab, schaute zu den anderen Betten des Tempels. Sie waren leer. Es war Dunkel, nicht nur im Krankenlager. Benji presste nun doch die rechte Hand gegen seine Brust, der Schmerz verstärkte sich. Er erhob sich vom Bett, unterdrückte den Schmerzenslaut. Aber er konnte nicht sofort losgehen, musste stehen bleiben und warten bis die Schwärze vor seinen Augen wieder wich. Sein Herz raste noch immer. Wo war sie?

Die Torturen der letzten Tage lasteten schwer auf seinem Körper, die Priester hatten ihm nicht ohne Grund strikte Bettruhe verordnet. Er war noch nicht soweit wieder umherzuwandern, das spürte er nun auch deutlich. Dennoch, etwas trieb ihn dazu und er verließ nach einem weiteren Schwächeanfall das Krankenlager.

Im Mondschein über Heine wirkte der seltsame Umhang, de Galenya um Benjis rechte Hand gewickelt hatte noch skurriler. Er hatte wenig Hoffnung, dass er mit dieser Hand je wieder einen Text schreiben würde. Die Wunde ging ständig wieder auf, der stille Kampf seiner Schattenseite. Welch Ironie, dass dies ausgerechnet in der Schreibhand geschah, das Werkzeug zur Kreativität.

Benji musste sich am Geländer der Brücke abstützen, die vom Tempel in die Stadt führte. Galenyas Beine waren zerstört, jene die sie für ihre Berufung als Ritterin so dringend benötigte. Ihm selbst wurde die Schreibhand zerstört, jene die er brauchte um seiner Leidenschaft als Schreiber und Poet nachzugehen. Irgendjemand spielt ein böses Spiel mit den beiden. Sollte einer der Götter dahinter stecken, würde Benji sich irgendwie an ihm rächen, so entschloss er es.

Ziellos führten ihn seine entkräfteten Füße durch die Stadt, wo sollte er suchen? War sie überhaupt noch in Heine? Wie war sie weggekommen, konnte sie doch nicht laufen. Benjis Augen verengten sich. Irgendjemand musste sie mitgenommen haben, egal ob sie es wollte oder nicht. Wieder ein stechender Schmerz in seiner Brust, der ihn zusammenzucken ließ. Sein Herz raste noch immer.

Unbewusst führten ihn seine Schritte nun aus der Stadt heraus, die Nacht über Heine war schön und die Laternen, welche auch hier draußen den Weg beschienen gaben dem ganzen einen romantischen Touch. Kurz dachte er daran, dass er mit Viridis bei der ersten Begegnung zur Aussichtsplattform gegangen war. Dort wo die Statue Evas den Schiffen den Weg weißt und ein künstlicher Wasserfall die ganze Szenerie in eine beruhigende Stimmung versetzte. Das war nun sein neues Ziel. Vielleicht konnte er sie von dort sehen, hoch genug war die Aussichtsplattform ja.

Doch soweit brauchte er gar nicht zu gehen. Obwohl seine Hoffnung nicht sehr hoch war Galenya mitten in der Nacht zu finden, war er auch nicht erstaunt sie dort am Ufer zu sehen. Es war ein schöner Ort um sich seinen Gedanken hinzugeben und herum zu träumen. Doch Benji erstarrte in seiner Bewegung.

Galenya war nicht allein.

Der Griff zur leeren Dolchscheide mit der rechten Hand verursachte erneut Schmerzen in der Hand. Benji blieb im Schatten der Palmen stehen, betrachtete die Szenerie die sich da an der Küste vor ihm bot mit angehaltenem Atem. Denn die Begleitung Galenyas schien alles andere als eine Bedrohung für sie zu sein.

Sie lag in den Armen eines Elfen, was durch sein goldenes Haar und die ~ unter der Laterne deutlich sichtbaren ~ langen Ohren gut zu erkennen war. Dieser schien sie zu wärmen, ein Mantel lag um sie. Rüstungsteile waren am Strand zu sehen. Benji wollte gar nicht wissen was die beiden hier gemacht hatten…

In dem Moment als der Elf Galenya küsste ballten sich Benjis Fäuste. Er war zu weit weg und im Schatten, sie würden ihn nicht sehen. Zärtlich löste der Elf sich wieder von Galenyas Lippen, Benji wurde heiß und kalt zugleich. Wieder ein stechender Schmerz in seiner Brust, er musste die Zähne zusammenbeißen. Die nachfolgenden Worte der beiden Turteltäubchen hörte Benji schon nicht mehr.

Er rannte.

Ein Gedankenkarussell stürzte auf den jungen Menschen ein, während seine Schritte ihn fort trugen. Er wusste nicht wohin, aber das war auch nicht mehr wichtig. Denn was davon war noch wahr, was war eine Lüge?

Benji stürzte, als seine Füße im Sumpf landeten. Völlig mit Schlamm bedeckt stützte er sich wieder hoch, kroch auf eine der kleinen Inseln inmitten des Sumpfes und setzte sich auf seinen Hosenboden.

Benji starrte den Nachthimmel an, Blut sickerte durch die Robe. Die Wunde an der Brust hatte sich wieder geöffnet. Schwarzer Nebel trat daraus hervor, seine rechte Hand zuckte. Schmerz. Angst…. Zorn.

Ein wütender Schrei ließ die Alligatoren des Sumpfes aufmerksam werden.

Dann war alles schwarz.
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#55
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#56
25: Zorn

Der Zwerg, welcher die Nachtschicht im Heiner Warenhaus übernommen hatte blickte Benji nachdenklich hinterher. Sollte er die Wachen informieren? Ihm war das Auftreten des jungen Menschen beinahe unheimlich, noch dazu wirkte dieser geistig verwirrt. Das er nach seinen eingelagerten Waffen und der dunklen Rüstung verlangt hatte gab dem Zwergen zusätzlich zu denken. Er ging vor die Tür des Warenhauses und blickte dem Menschen hinterher. Erleichterung machte sich breit, als Die Torwächterin Flauen den Menschen fortschickte.

Das eiskalte Wasser hielt Benji wach, Schlamm und Alligatorenblut wurde fortgespült. Seine Wunde hatte aufgehört zu bluten, dennoch trat immer noch etwas von dem schwarzen Nebel aus seiner Brust heraus. Er legte die Lederrüstung des dunklen Schicksals wieder an, schnallte die Dolchhalterung des Kris samt Dolch um die Hüfte fest und lies den Seelenspalter in der Halterung auf der Rückseite des Brustpanzers einrasten. Das Assassinenbild rundete er noch mit dem schwarzen Umhang ab, den er sich überwarf.

Benji schüttelte das nasse Haar aus und blickte noch einmal auf das Meer, welches sich ihm hier am Ufer des Giraner Hafens darbot. Stumm trieb die Leiche des Elfen auf das Meer hinaus und zeichnete mit roter Farbe ein trauriges Muster in das Wasser. Nach einiger Zeit löste Benji sich von dem Anblick seines Opfers und brachte die Angelausrüstung und den Federhut des Elfen zum Warenhaus Girans.

In der Handelsstadt heftete er sich dann unbemerkt an die Versen eines Dunkelelfens, der mit deutlichen Zeichen der Shilenpriesterschaft ausgestattet war. Sein Kragen verdecke den Mund und sein Haar wollte das fehlende Auge verschleiern. Vassnti war gerade aus Aden zurückgekehrt und erledigte seine üblichen Geschäfte, klapperte ein paar Wohnhäuser in der Handelsstadt ab um der handvoll ansässigen Dunkelelfen seinen Segen als Priester auszusprechen… Oder was auch immer er ohne seine Zunge noch trieb.

Im Schatten eines Baumes, welche in der Stadt hier und da gepflanzt waren, wartete Benji am letzten Haus, nahe des Treffpunktes der Kamael. Giran war selbst tief in der Nacht noch etwas belebt, doch die meisten Personen hielten sich wie üblich auf dem Marktplatz auf. Die Augen der Wachen waren mehr auf die Kamael gerichtet.

Vassnti verließ das Haus, steckte die Hände unter den Mantel und spazierte die Straße entlang, nichts Böses ahnend. Wahrscheinlich gingen ihm noch die Worte der Dunklen durch den Kopf die er gerade erst vernommen hatte. Er war in Gedanken versunken und bemerkte den Schatten aus den Augenwinkeln viel zu spät, der ihn von den Beinen riss und in die Dunkelheit der Gasse zerrte.

Benji hatte den Dunkelelfen mit der rechten Hand am Hals gepackt, die Linke umschloss den Mund Vassntis. Dieser ruderte mit den Armen und versuchte seinen Angreifer mit Hieben und Tritten wieder los zu werden. Einen Zauber konnte er ihm ohne die Fähigkeit zu sprechen nicht entgegen werfen. Abermals verfluchte Vassnti, dass ihm die Zunge herausgeschnitten wurde. Außerdem hätte er das Angebot der Menschenfrau Jissandre annehmen sollen. In ihrer Unterkunft wäre er weitaus sicherer gewesen.

Unsanft machte Vassntis Rücken eine Bekanntschaft mit der Hauswand, Benji hatte ihn noch weiter in die Dunkelheit gezerrt, in einen Spalt zwischen Haus und Stadtmauer. Nicht einmal das Mondlicht drang hier hin. Der Dunkelelf starrte den Menschen überrascht mit seinem einen Auge an. Die schwarzen Nebelschwaden Kylaras schienen ihn beinahe völlig einzuhüllen.

Hätte Vassnti noch etwas sagen können, wäre ihm wohl ein ‚Rothe’ von den Lippen gekommen. Doch so sank er nur in sich zusammen, während Benji den Seelenspalter wieder aus seinem Herzen riss. Dann ließ er den toten Dunkelelfen in der Gasse Girans allein. Sein Weg führte ihn über die Dächer der Stadt, der schwarze Nebel loderte wie Feuer um ihn herum.

Wenig später stand Benji wieder in Heine, einige aufmerksame Stadtwächter hatten sich ihm bereits vorsichtig von hinten genähert. Er stand am Geländer, zwischen ihm und dem Eva Tempel klaffte der Wasserkanal. Er hätte über die Brücke zum Tempel gehen können um zu ihm zu gelangen, wenn er gekonnt hätte. Irgendetwas hielt ihn davon ab das gesegnete Gebiet des Tempels zu betreten. Der Rachefeldzug Kylaras, die sich mit ihrem letzten Zauber in den Menschen eingebrannt hatte, würde hier vorerst sein Ende finden. Das wiederum machte ihn rasend, Benji musste seine Mission beenden.

Das schwärzliche Schattenfeuer, welches ihn umhüllte zog bedrohliche Fäden, die wie Tentakel um sich schlugen. Die Stadtwachen wussten nicht mit was sie es da zutun bekamen, aber es sah nicht gesund aus. Sogar sehr bedrohlich, so näherten sich die fünf Gardisten weiter vorsichtig dem Schattenmenschen. Benji spürte keinen Schmerz, hatte kein Gefühl das ihn zurück in die Wirklichkeit holte. Da war nur Hass und Zorn, das Blut der Dunkelelfe welches in ihm brodelte, ihn lenkte.

Kyrie rannte aus dem Tempel heraus und blieb wie erstarrt stehen. Sie war ihrem Gefühl nachgegangen, etwas Schreckliches musste passiert sein. Aber mir Benji in solch einer grotesken Gestalt hatte sie nicht gerechnet. Er brauchte Hilfe! Eilig rannte die junge Elfe über die Brücke, ein besorgter Ruf des Priesters bei dem sie in der Lehre war: „Nicht, Kyrie! Das ist gefährlich!“ Doch sie ignorierte ihn.

Kyrie. Galenya. Elsyrion. Benji. Die Mordopfer waren in seinen Kopf gebrannt. Kylara wollte sie alle tot sehen. Die junge Elfe hatte ihren Zorn auf sich gezogen, weil sie Benji half Kilian zu überlisten. Sie sollte sterben, hier in Heine. Der Assassine in dem Schattenfeuer wandte den Kopf in ihre Richtung, als sie sich mit besorgtem Blick näherte. Die Schatten tanzten hasserfüllt um ihn herum, breiteten sich aus. Die Gardisten zogen ihre Schwerter.

Kyrie drängelte sich an den Wachen vorbei und machte erst halt, als sie direkt vor Benji stand, die Hand nach ihm ausstrecken konnte um ihn zu berühren. Doch soweit kam sie nicht. Die Schattententakel umwickelten sie, rissen die Elfe zu dem Menschen hin, der sie mit Nachtschwarzen Augen anstarrte ~ die Schatten schienen auch in ihnen zu lodern. Noch während Kyrie sich ungewollt auf Benji zu bewegte zog er den Seelenspalter aus der Rückenhalterung. Jetzt gab es kein Halten mehr für die Stadtwächter, sie griffen den seltsamen Menschen an, auch wenn eine gewisse Furcht mit im Spiel war.

Metall schlug auf Metall, durch das Schattenfeuer wirkte Benji wie ein schwarzer Wirbelwind, der tödliche Hiebe austeilte und selbst kaum zu fassen war. Einer der Wachleute wurde von einem der Schattententakel von den Füßen gerissen und krachte scheppernd zu Boden. Die Tempelkrieger rannten bereits über die Brücke, Schwert und Schild kampfbereit. Der seltsame Schattenmensch war eine sichtbare Bedrohung.

Während Benji immer wieder herumwirbelte und Treffer bei den Stadtwachen landete, war Kyrie an seinen Körper gebunden. Sie konnte ob der Dunkelheit, die sie festhielt nichts sehen, aber ihre Stimme verstummte nicht. Sie sprach immer und immer wieder ein Gebet. Es war das einzige, das sie bisher gelernt hatte.

„Eva, die du wachst über uns.
Liebe und Hoffnung gibst du uns.
Das Leben des Wassers fließt in uns.
Erwärme unsere Herzen mit Güte.
So wie wir die Schwachen beschützen wollen,
behüte uns mit deiner Weisheit.“

Nur leise drangen ihre Worte an Benjis Ohr, doch die einstige Shilen Priesterin Kylara bemerkte alsbald wie ihre Kräfte schwanden, wie die Kontrolle über den rasenden Menschen versiegte. Das musste ein Ende haben! Benji verpasste dem letzten Wachmann einen Tritt um ihn von sich zu schleudern und ergriff Kyrie am Hals, den Seelenspalter erneut zum Todesstoß erhoben.

Der wuchtige Dolch prallte am Schild des Tempelkriegers ab, der sich dazwischen warf. Sein Waffenbruder schmetterte das seinige Schild auf den Kopf des Menschen, sodass Benji loslassen musste. Kyrie und der Dolch fielen zu Boden. Die beiden Tempelkrieger versetztem Benji mehrere Hiebe, dass ihre Schwerter knisterten. Er konnte nicht einmal den Kris ziehen, als er bereits am Boden lag. Wütend flammte das Schattenfeuer wieder auf, peitschte um die Elfen.

Benji griff nach einer der Sandbomben an seinem Gürtel, schleuderte diese gegen die Panzerrüstung eines der beiden Tempelkrieger und sprang wieder auf die Füße. Er wusste, das Ablenkungsmanöver würde nur für einen Moment wirken und so nahm er die Beine in die Hand und suchte sein Heil in der Flucht. Vorerst.

Bei Sonnenaufgang war er weit weg von Heine.



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doom, engl.: das Schicksal, der Untergang, das Verhängnis, drohendes Unheil, dunkles Schicksal
to doom, engl.: verbannen, verurteilen
Meine freie Übersetzung: Leather Armor of Doom – Lederrüstung des dunklen Schicksals.
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#57
*ANGST!*
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#58
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#59
OOT: Das Bild ist sehr genial, danke dafür HUm1_01



26: Der Spiegel

Die Panflöte prallte von der Felswand ab und landete unversehrt am Boden. Zornig trat der in einen schwarzen Mantel gehüllte Mann noch einmal gegen das Musikinstrument. Beinahe höhnisch blieb die Panflöte am Rand der Steinbrücke liegen, der Assassine fluchte ein paar dunkelelfische Worte, Kylara war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Noch ein Tritt gegen die Felswand, die einfach nicht zur Seite weichen wollte und das Schattenfeuer loderte erneut um den Menschen.

Es war zum verrückt werden. Hinter der Felswand häuften sich vermutlich magische Artefakte, Schätze, Zauberbücher und andere Dinge, mit denen Kylara ihre Macht vergrößern könnte. Aber sie lies sich nicht öffnen.

Solange sie mittels der dunklen Schattenmagie über Benji herrschte war er einfach nicht imstande auf der Panflöte zu spielen. Diese war der Schlüssel zu der geheimen Kammer hinter den singenden Wasserfällen. Aber mehr als ein paar schiefe Töne kamen einfach nicht hervor.

Plötzlich ein Schlag ins Gesicht, der Assassine strauchelte überrascht ein paar Schritte zurück. Die nachtschwarzen Augen huschten umher. Für einen Augenblick war der Angreifer wieder sichtbar, dieses Mal kam er von der Seite. Die rechte Hand schnellte zum Blocken hoch, umgeben von Schattententakeln. Tatsächlich prallte die zweite Ohrfeige daran ab und der kleine Waldelf hopste wieder zurück, verschränkte die Arme vor der Brust.

Das Abbild des rothaarigen Waldelfen war beinahe durchsichtig, seine einst so edle Kleidung hing in Fetzen an ihm herab, das samtene Cape hatte große Löcher und die zu einem Zopf gebundenen Haare standen verwuschelt zu allen Seiten ab. Er atmete schwer, als hätte er einen Dauerlauf von Heine bis nach Schuttgard hinter sich. Aber noch konnte er sprechen und es klang sehr vorwurfsvoll:

„Mann hau ab du Schatten deines Selbst, du hattest deinen Spaß mit ihm. Geh endlich zu deiner Göttin und heul’ dich da aus. Du nervst!“, erneut kassierte der Assassine eine gehörige Ohrfeige. Es wirkte beinahe so, als hätte sich der Waldelf direkt vor ihn teleportiert und schlug wie aus dem Nichts auf ihn ein. Immer und immer wieder. Bei jedem Pfiff durch das Mundstück der alten Panflöte gab es einen Hieb gegen den Assassinen.

Galenya war an den singenden Wasserfällen angekommen und blies in das Mundstück, welches sie von Benji erhalten hatte. Jede andere Flöte oder Pfeife wäre in dem rauschen der Wasserfälle verstummt, doch nicht diese magische Flöte die aus dem seltenen Holz von hier stammt. Der Ton aus dem Mundstück war in der stofflichen Welt nicht mehr wahrzunehmen, doch durch die magischen Sphären erreichte der Klang sein Ziel. Benji gewann wieder an Kraft, drängte den Horror aus dunkelelfischer Schattenmagie langsam wieder zurück.

Kylaras Zorn war jedoch längst nicht verebbt, so versuchte der Assassine zurück zu schlagen. Der Seelenspalter war zwar in Heine geblieben, bei dem Angriff auf Kyrie, aber auch ohne den wuchtigen Dolch war der Mensch eine gefährliche Waffe. Er wirbelte herum und verteilte nun Gegenhiebe, doch keiner traf. Die Anstrengungen verschwanden im Nichts ~ der Waldelf war nicht angreifbar für den Assassinen, obwohl er ihn sehen konnte.

„Komm’ endlich raus, du Feigling! Deine Liebste ruft dich!“, schrie der Waldelf und verpasste dem Menschen einen Kinnhaken. Dieser landete auf dem Hosenboden und für einen kurzen Moment konnte man wieder das himmelblau in seinen Augen sehen. Ein Hoffnungsschimmer für den Waldelfen, welcher Benji nun anlächelte.

„Meine Liebste? Die hinter meinem Rücken mit einem Langohr rummacht?“, war die scharfe Antwort. Der Waldelf kniff die Augen prüfend zusammen. Benji hatte zwar für einen Moment wieder die Kontrolle über seinen Körper, aber das kleine Stimmchen in seinem Kopf hielt ihn in seiner Depression fest. Die Dunkelelfe reizte ihn im Hintergrund mit seinen größten Ängsten und verdrehte die Erlebnisse nur noch mehr. Genau so, wie sie es brauchte um Benji dahin zu bringen wo sie ihn haben wollte.

Ein letzter Pfiff durch das Mundstück und der Waldelf packte Benji am Arm, zerrte ihn zum Felsvorsprung: „Versuch’ es wenigstens! Aus irgendeinem Grund sucht sie dich ja trotzdem!“

Benji blickte die Felsen herab auf Galenya. Sie saß am Wasser und starrte gedankenverloren hinein. Einige Minuten betrachtete er sie, die linke Hand legte sich auf das Horn an seinem Gürtel, welches sie ihn gegeben hatte damit er sie damit rufen könnte falls er in Not wäre. Sein Blick wurde wehmütig. Sie saß dort und wartete, wartete nur auf ihn. Vielleicht war das Treffen mit dem Elfen doch nur ein schlechter Traum von Benji gewesen. Er wollte es glauben, aber die Schatten in ihm gaben keine Ruhe.

Wie ist sie wohl hierher gekommen, wo sie doch nicht mehr laufen kann? Der Elf hat sie bestimmt begleitet und wartet nur darauf, dass du in die Falle gehst. Sieh’ dich vor und achte auf deinen Rücken.

Die Tatsache, dass nun auch schon Kylaras Stimme in seinem Kopf hallte, interessierte Benji jetzt auch nicht mehr sonderlich. Er glaubte ihr sogar, seine rechte Hand löste die Halterung des Hornes von seinem Gürtel. Dann warf er das Horn nach vorne, weit über Galenyas Kopf hinweg. Mit einem lauten Platschen Schlug das Kriegshorn im Wasser ein.

Galenya blickte auf, wandte sich um und sah Benji an. Die schwarze Kapuze war noch immer auf seinem Kopf, wodurch sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Aber sie wusste das er es war: „Benji…“ Tausend Nadelstiche fuhren durch sein Herz, während der Assassine in ihm weiterhin die gefühllose Maske aufrechterhielt. Nicht fühlen, nicht reden. Nur handeln.

So kam aus dem jungen Mann nur ein verächtliches ‚hmph’ heraus und er wandte sich von ihr ab, ging an dem Felsvorsprung entlang und nahm den Weg über die Felsbrücke. Galenya verzweifelte, sie hatte gehofft zu erfahren was passiert war, wollte mit ihm reden. Aber er ignorierte sie einfach. Falsch. Der Assassine ignorierte sie, Benji wusste noch immer nicht was er von all dem halten sollte. Er war verunsichert und das war es, was Kylara nutzte.

„Ich bin hergekommen um dich zu sehen.“, rief Galenya ihm hinterher. Benji blieb abrupt stehen, wandte den Kopf zu ihr. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Sie weiß nicht, dass du von ihrer Affäre weißt. Sie Heuchelt dir immer noch etwas vor. Benjis Augen waren wieder schwarz wie die Nacht, sein Zorn sorgte immer noch dafür, dass der Assassine ~ Kylara gestärkt wurde.

Mit einem eleganten Sprung ging es abwärts, von dem Felsvorsprung hinab zu Galenya ~ hinter sie. Der Mensch rollte sich ab und blickte Galenya an, ein schneller Angriff und sie würde sofort liegen. Auch Galenya spürte, dass er seine derzeitige körperliche Überlegenheit deutlich gemacht hatte, vielleicht als Warnung. Sie hielt in der Bewegung inne und man könnte meinen ihr Herz wäre kurz stehen geblieben.

Ihre folgenden Worte nahm er schon nicht mehr wahr, Kylara schürte das Misstrauen Galenya gegenüber noch mehr, bis es aus ihm herausplatze:

„Lügnerin!“

Galenya wandte sich zu ihm herum und er griff mit seiner rechten Hand nach ihrem Hals, presste sie gegen die Felswand hinter ihr. Langsam quoll schwarzer Nebel fädenartig aus seiner Hand. Der Assassine erhielt viel Kraft durch Benjis Emotionen.

Viel schlimmer war aber, dass Kylara ihre Racheliste abarbeiten konnte. Kyrie, Galenya, Elsyrion und Benji. Sie würden alle sterben und als nächstes war die Ritterin mit den gebrochenen Beinen an der Reihe. Nichts würde Benji dann noch aufhalten auf ihrem Rachefeldzug. Galenya musste sterben. Jetzt!

Mittlerweile war Renkasch aufgetaucht, er hatte sich auf die Jagd nach dem Assassinen gemacht, nachdem Kyrie angegriffen wurde. Hier war er fündig geworden, aber er wusste auch, dass hinter dem Schattenkrieger der einstige Poet Benji Draug steckte. Renkasch hatte den Menschen bereits begleitet und ihn vor den Echsenmenschen gerettet, außerdem war er durch Michael auf dem Laufendem gehalten worden und hatte mit Kyrie das Liebesdrama von Galenya und Benji miterlebt. So war der Kamael gewarnt und konnte sich beinahe denken womit er es hier zutun bekommen würde.

Er sprach zu Benji, welcher ihn aber ignorierte. Sein Ziel war klar definiert und der Kamael stand nicht auf seiner Tötungsliste. So saß der erste Hieb von Renkasch zumindest so gut, dass der Mensch von seinem Opfer ablassen musste. Das Schattenfeuer hüllte ihn ein und mit den Tentakeln schlug es wild um sich, vergriff sich während des Handgemenges im Flügel des Kamaels.

Es war ein Ablenkungsmanöver, denn Galenya hatte den Seelenspalter bei sich, wollte sich damit schützen. Benji entwaffnete sie und nahm seine Waffe wieder an sich. Jetzt wurde er sogar für den Kamael gefährlich. Obwohl Benji immer wieder versuchte seinen momentanen Auftrag auszuführen und Galenya zu töten, musste er sich dann doch um Renkasch kümmern. Der Söldner war mit seinem großen Schwert nicht einfach wegzudenken.

Renkasch versuchte an der Seele des Schattenfeuers zu saugen, vielleicht konnte er es damit vernichten. Doch leider nährte sich die zähe Masse direkt aus Benjis Seele, Renkasch brach den Prozess sofort wieder ab. Jedoch war das kleine Stück, das er von Benji erhalten hatte genug um den Kamael zu verwirren: Das Mundstück der alten Panflöte um Galenyas Hals glimmte auf einmal. Der Waldelf, der daran gebunden war, war nun auch für einen kleinen Moment für Renkasch sichtbar.

„Was zur Hölle?“, sprach er aus während er auf das notorisch glimmende Mundstück starrte. Benji führte einen der tödlichen Stöße aus, die den Assassinen eigen waren, wobei der den Seelenspalter mit beiden Händen führte. Es war mehr Glück als Verstand, dass Renkasch in diesem Moment einen Schritt zur Seite machte. Sein Brustteil wurde von dem wuchtigen Dolch aufgeschlitzt, der Flügel war bereits blutig durch das reißen der Schattententakel daran. Es sah schlecht aus und bald würde Renkasch nur noch die Wahl haben Benji zu töten um selbst zu überleben.

Galenya hatte den Kampf wie benommen beobachtet, zusammengekauert an der Felswand lehnend. Die Schulter schmerzte, Benji hatte mit dem Dolch dort einen Treffer gelandet. Gerade als der Mensch zu einem weiteren tödlichen Schlag ansetzt, griff Galenya geistesgegenwärtig zu dem Mundstück und blies herein.

Nau! kreischte Kylaras Stimme in Benjis Kopf schrill auf. Reflexartig hob er beide Hände an die Ohren, während er zu Boden ging. Das Schattenfeuer lodere zornig um ihn herum, aber der Pfiff durch das Mundstück war hier an den singenden Wasserfällen besonders machtvoll.

Der Waldelf zerrte quasi an Kylaras Haaren und verpasste dem Assassinen mehrere Schläge in die Magengegend. Ein Kampf in Benjis Kopf war ausgebrochen und er war nur bestimmt vom Pfiff des Mundstückes.

Galenya setzte das Mundstück ab, holte Luft und blickte auf Benji, welcher am Boden lag. Sofort öffneten sich seine nachtschwarzen Augen wieder. Sie schaltete schnell, blies wieder in die alte Panflöte hinein. Benji krümmte sich wie unter Schmerzen, das Schattenfeuer wurde immer weniger, bis es schließlich ganz in ihm verschwand. Ein letztes Aufbäumen durch den ganzen Körper des Menschen, dann war die Kraft des Assassinen erschöpft. Benji fühlte sich, als würde jemand das Licht ausmachen, so waren seine Augen auch noch einen Spalt geöffnet, als er in Ohnmacht fiel. Sie wurden wieder himmelblau.





Als Benji wieder zu sich kam, waren die letzten Minuten nur eine dumpfe Erinnerung in seinem Kopf. Er hatte nicht selbst gekämpft, wie so oft wenn der Asssassine zum Vorschein kam. Benji war nur stiller Beobachter in seinem eigenen Körper und die Handlungen währenddessen kamen ihm immer nur wie ein böser Traum vor, nie als hätte er sie selbst getätigt.

Renkasch hockte neben ihm, presste die blutende Hand Benjis mit einem Leinen ab. Es dauerte einige Augenblicke, bis Benji realisierte was gerade geschehen war.

Dann vernahm er eine fremde Stimme, drehte den Kopf. Jemand sprach mit Galenya, es war der Elf! Besorgt wollte er sich um sie kümmern. Benjis Herz krampfte sich zusammen. Der hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt. Galenya schickte den Elfen zu Benji mit der Aufforderung, dass er sich besser um ihn als um sie kümmern sollte.

Benjis Faust flog dem Elfen entgegen, als dieser sich zu ihm herunterbeugte. Er konnte ausweichen, verstand aber nicht womit er das verdient hätte. Benji wollte sich ganz sicher nicht von ihm helfen lassen. Die Wunde in seiner Brust war wieder aufgegangen und schmerzte, als er sich mühsam erhob. Aber das war ihm egal, sein Herz schmerzte ihn sowieso.

Benji war sehr abweisend gegenüber Galenya und Tameriel, sollten die beiden doch ohne ihn glücklich werden. Jedenfalls versuchte er sich das selbst einzureden.

„Ich werde hier ja nicht mehr gebraucht.“, mit diesen Worten wandte er sich zum gehen. Renkasch kam zu ihm, sprach darüber, dass er ihn beim nächsten Mal vielleicht töten würde. Er hatte den Mordversuch von Kyrie nicht vergessen.

„Dann tut das besser gleich.“, Benji war deprimiert. Die beiden Turteltauben hielt er nicht mehr aus, sollte der Kamael ihn doch töten. Was machte das jetzt noch?

Galenya ging, sie hatte vorerst genug davon das Benji sie ignorierte. Auch das anschließende Gespräch mit Tameriel sorgte nicht dafür, dass Benji seine Laune änderte. Jedes Wort des Elfen war wie ein Schlag ins Gesicht. Sehr ihr denn nicht, dass sie euch liebt? ICH habe sie geküsst, nicht sie mich. Sie wies mich ab. Euretwegen!

Benji brauchte Luft: „Geht besser, bevor ich heute noch einen Elfen töte.“, Tameriel ging, beinahe konnte Benji Zorn in dem Lichtelfen verspüren. Doch nur beinahe. Er fühlte sich selbst so taub. Gefühllos. Aber das machte ihm keine Angst, er hatte längst aufgegeben. Was war noch wahr, was war eine Lüge? Es war ihm egal, etwas in ihm drückte es einfach weg.

Benji kletterte die Felswand wieder hoch, er hatte die Panflöte noch bei dem geheimen Eingang liegen lassen. Doch soweit kam er nicht. Galenya war nicht fort gegangen, sie saß an einem der Felsen, zusammengekauert. Erst jetzt wunderte Benji sich darüber das sie scheinbar wieder des Gehens mächtig war. Ihre Beine schienen nicht ganz so schlimm zerstört worden zu sein wie sie es geglaubt hatten. Ein Lichtblick?

Ohne ein Wort zu sagen ging Benji zu ihr hin, setzte sich neben sie. Erst vor einigen Minuten hatte er… Kylara… versucht sie umzubringen. Verständlich, dass sie angespannt war als er sich zu ihr gesellte. Benji hatte viele Fehler gemacht.

„Verzeihst du mir?“, er blickte sie nicht an. Er konnte nicht.

„Was?“, in ihrer Stimme schwang Ungläubigkeit mit, als wollte sie sagen: Das ist nicht dein Ernst!

„Verzeihst du mir, dass ich an dir gezweifelt habe?“, er hatte Angst vor der Antwort. War alles vorbei zwischen den Beiden?

Doch Galenya beschäftigte etwas Anderes. Sie schaute Benji traurig an. Sein Entschluss war gefasst: „Besser du gehst. Kyrie, Galenya, Elsyrion, Benj;i das ist die Liste derer die noch sterben sollen. Du bist bei mir nicht sicher. Tameriel soll auf dich aufpassen.“

Galenya schüttelte mit dem Kopf, sie wollte nicht fort von ihm. „Alles Andere wäre zu gefährlich…“, fügte er noch an. Er wollte sie nicht verlieren, wollte sie nicht töten. Aber das gerade eben hatte ihm gezeigt, dass es möglich war. Ohne Renkasch wäre sie vielleicht schon tot.

„War es das nicht immer?“, hakte sie nach. Doch er antwortete ihr nicht mehr, versuchte seine Gefühlstaubheit weiter aufrecht zu erhalten. Er durfte jetzt nicht nachgeben. Sie durfte nicht sterben. Nicht durch seine Hand. Niemals.

Verzweiflung und Wut klangen in ihrer Stimme, als sie ihn fast anschrie, ohne es zu merken: „Das ist alles? Eine kleine Entschuldigung… du versuchst mich umzubringen und dann schickst du mich fort. Einfach so?“ Benji starrte geradeaus, blickte sie noch immer nicht an. Er würde sie nicht gehen lassen, wenn er sie nun anblickte. Aber er musste. Um ihres Lebens willen.

„Du hast aufgegeben! Du bist nichts weiter als ein elender Feigling!“, ihre Stimme zitterte. Innerlich zuckte Benji zusammen. Volltreffer. So hatte er das noch gar nicht gesehen. Der Kampf war vorbei.

Galenya erhob sich und holte ihr Pferd mit einem Pfiff durch die Finger zu sich, stieg auf und ritt davon. Benji hob den Blick, schaute ihr nach und seine ganze Emotionswelt stürzte über ihm zusammen. Es war vorbei. Er hatte sie fortgeschickt, hatte Tameriel, ihre Jugendliebe, beauftragt auf sie zu achten. Er war so ein Idiot!

Benji schlug mit der rechten Hand auf den felsigen Boden, immer und immer wieder, bis er die Knochen knacken hörte. Dann vergrub er sein Gesicht zwischen den Händen und ließ seinen Tränen freien Lauf. Leider war es kein böser Traum, aus dem er einfach erwachen konnte. Das geschah wirklich, auch wenn er hoffte er würde sich irren.





Stunden später stand Benji am geheimen Zugang hinter den singenden Wasserfällen. Seine Augen waren gerötet vom vielen weinen und seine rechte Hand konnte er nicht mehr bewegen durch die Knochenbrüche. Er hob die Panflöte vom Boden mit der Linken auf und betrachtete diese eine zeitlang, bevor er ansetzte und eine Melodie spielte. Die Melodie wirkte unwirklich, wie aus einer anderen Welt, und dennoch hatte sie etwas Bezauberndes. Es war das Lied der singenden Wasserfälle, das Lied um die Felswand zu öffnen, hinter der die Schatzkammer lag.

Doch die Felswand schon sich nicht etwa mit lautem Getöse zur Seite, sie verlor einfach an Konsistenz, wurde immer durchsichtiger bis sie ganz verschwand. Benji trat ein, während er weiterspielte. Die Leuchtkristalle begannen zu schwingen und erleuchteten die Höhle unter den Wasserfällen. Erst als Benji das Flötenspiel ausklingen ließ gewann auch die Felswand wieder ihre alte Form zurück.

Die Höhle war sehr groß und es gab noch ein zweites Tor, welches in den Felsen ragte. Dahinter befand sich eine weitere Kammer, zu der Benji aber keinen Zugang hatte. Die Artefakte in seinem eigenen kleinen Reich waren sowieso mehr als genug. Die Leuchtkristalle gaben der Höhle etwas magisches, das Gefühl schwankte zwischen unheimlich und wunderschön.

Während Benji durch die Höhle schritt, steckte er die Panflöte wieder ein.
Auf Selbstgeschnitzten Puppen in Menschengröße hingen Rüstungen und Gewänder, hier und da lag eine Waffe; Schwert, Zauberstab oder Bogen.

Ein paar Truhen, die mit Adena oder Schmuck gefüllt waren standen an der Höhlenwand. Benji ging an all den Kostbarkeiten vorbei in seine Schlafnische. Diese bestand aus einem Heulager, einem notdürftig zusammen gehämmerten Schreibtisch, in dessen Schubladen unzählige Tintenfässer verschiedener Farben und Schreibfedern unterschiedlicher Regionen ruhten. An der Wand standen große Holzrahmen auf denen ein Leinentuch gespannt war. Diese trugen Symbole der verschiedenen Rassen Imoriaths in einer bestimmten Reihenfolge.

Benji entledigte sich der Assassinen-Rüstung und warf diese achtlos zu Boden, dazu den Seelenspalter. Die Hüfthalterung für den Kris legte Benji auf seinen Schreibtisch, mitsamt Dolch darin. Dann blickte er an seinem nackten Oberkörper herab. Das Blut floss noch immer. Leise fluchend ging Benji zu der Holzkiste wo er alte Leinenfetzen aufbewahrte. Er nahm sich ein paar und spazierte ~ nackt wie er war ~ durch die Höhle zu einer anderen Nische, die nichts anderes enthielt als einen Spiegel.

Der Spiegel war so hoch, dass er nur in einem Tempel bequem Platz fände. Auch die breite war beachtlich, man hätte bestimmt drei Orks nebeneinander vor den Spiegel stellen können und sie würden sich alle noch ganz sehen. Der Rahmen des Spiegels war mit Ornamenten und Verschnörkelungen bestückt und war aus einem weißen Metallartigem Material. Ein großes Tuch hing über dem prunkvollen Spiegel, wohl um ihn vor Staub und der Feuchtigkeit die in der Höhle herrschte zu schützen.

Benji zögerte kurz, ehe er das Tuch zur Seite nahm. Die Leuchtkristalle setzten einen vor diesem Spiegel besonders in Szene. Benji benötigte sein Spiegelbild lediglich, um sich mit den Leinentüchern vernünftig zu verbinden. Mürrisch betrachtete er sein Spiegelbild: Er war dreckig, überall war getrocknetes Blut, egal ob seines oder fremdes. Die Wunde in seiner Brust sah böse aus, von ihr gingen schwarze Äderchen ab die sich über den gesamten Oberkörper zogen. Die Fäden der Elfen waren nicht gerissen, dennoch sickerte unaufhörlich etwas Blut hindurch.

Also entschloss Benji sich, den Verband erst nach einem Bad anzulegen. Es gab eine kleine Quelle innerhalb der Höhle, das Wasser war eiskalt aber erfrischend. Benji wusch sich ausgiebig und wünschte sich nach dem Bad einen warmen Kamin. Also legte er den Verband eilig an und griff sich seine Straßenkleidung, band den grünen Umhang um, der von den Elfen verstärkt geworden war. Sie hatten nicht gelogen, er hielt wirklich warm und das spürte man auch gleich. Benji wickelte sich darin ein und legte sich hin.

Lange lag Benji noch wach und blickte an die Höhlendecke. Sein Heulager war nicht gerade der gemütlichste Schlafplatz, aber er war völlig ausgelaugt und da war ihm das auch egal.

Er hatte vergessen das Tuch wieder über den Spiegel zu hängen und so schlichen sich flüsternde Stimmen in seine Träume ein…
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#60
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Lady Galenya v. Drachenfels / Galenya Draug
~Das letzte Kapitel online~
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